Blau - die Farbe des Meeres, die Farbe unserer Reise. Wussten wir vorher eigentlich, wie viele Blautoene es gibt, wie viele Schattierungen und vor allem: in wie vielen Blautoenen Wasser schimmern kann? Hier lernen wir es. Jeden Tag, den wir unterwegs sind, aufs Neue. Unser heutiges Etmal ist nicht besonders spektakulaer verlaufen. Kein Wal, keine Delphine (die ich gestern uebrigens im Salon glatt verschlafen habe), noch nicht mal ein anderes Boot. Wir sind absolut allein auf dem Atlantik. Vereinzelte Fischerfaehnchen kuenden von sonstiger Zivilisation. Die Kueste ist von einem feinen Dunststreifen verhuellt. Nur die hoeheren Berggipfel schauen raus. Steil ragen Felsnasen ins Wasser, einzelne vorgelagerte Felsen luken wie Nadelspitzen aus den Schaumkronen. Schon sehr fruehzeitig koennen wir das naechste Cap erkennen: Cabo de Sao Vicente. Aber bis wir es querab haben, dauert noch einige Stunden. Das ist das tueckische auf See: man sieht vieles schon so frueh und dann zieht sich wie Kaugummi, bis man es endlich querab hat. Unter Autopilot (hach, ist das angenehm) faehrt unser Schiff zuegig Seemeile um Seemeile Richtung Cap. Die Wellenhoehe und Frequenz wechseln immer wieder, was unseren 3. Steuermann, Jack genannt nach unserem portugiesischen Elektrofachmann der ihn uns auch wieder repariert hat, aber wenig beeindruckt. Wellen und Wolken gucken macht irgendwie muede. Da nutzt es auch nix, dass wir relativ und fuer uns ungewohnt dicht unter der Kueste fahren und es also auch in dieser Richtung was zu schauen gibt. Naja, das ist jetzt auch relativ. Man muss es schon moegen, sich steile, schroff abfallende karge Felsen ohne Baum und Strauch anzuschauen. Ab und an wird diese Felslinie durch eine kleine Sandbucht unterbrochen. Da stehen dann auch gleich Haeuser. Aber das kommt nur selten vor. Wir doesen abwechselnd im Cockpit vor uns hin, wobei es dieses Mal Werners Part ist, von der Bank geworfen zu werden. Er hat wohl meinen Absturz noch in guter Erinnerung und kann sich gerade noch so abfangen. Ich stelle fest, dass es mir relativ gut geht, wenn ich rittlings auf dem Cockpitsuell sitze oder auf der Querbank in der Naehe des Ruders sitze oder stehe. Den Nachmittag und die in Capnaehe etwas heftigeren Wellen verschlafe ich unten im Salon. Liegend auf der Salonbank koennte man meinen, das Schiff bewegt sich kaum. Werner dagegen wird oben in der Plicht hin und her geworfen und ich bekomme die abgeschwaechte Form beim Aufstehen ebenfalls noch zu spueren, schiesse von einer Ecke in die andere beim Versuch, meine Hose anzuziehen. Jack (also der Mensch) hatte uns geraten, ziemlich dicht am Cap vorbei zu gehen um die Stroemung dort auszunutzen. Weiter draussen haetten wir Gegenstroemung. Um 15:45 fahren wir entgegen unserer sonstigen Art in einem Abstand von 2 SM am Cap vorbei. So ganz wohl ist uns nicht dabei. Es ist schon beeindruckend, wie die Wellen hier in Richtung Land schieben, wie sich das Wasser unterhalb des Caps bricht. Wir haben den suedwestlichsten Punkt Europas passiert!!! Wuhuhuhu! “Weisst Du noch, im September in Deutschland, da hast Du mir auf der Karte die Kueste Portugals erklaert. ?Das wird nicht einfach bis wir da unten sind’ hast Du gesagt und gemeint, dann wird es wieder einfacher und wir haben das meiste hinter uns.” Nur zu gut erinnern wir uns an die Wochen zu Hause in Deutschland, als unsere Gedanken doch zum Grossteil beim Schiff, in Spanien und eben auch bei der noch vor uns liegenden Strecke waren. “Petra und Tom sind mit Santos jetzt schon auf den Kanaren” sinniere ich weiter. Aber wir hatten ja von Anfang an andere Ziele, andere Plaene bzw. Optionen und waren uns eigentlich schon klar darueber, dass wir die Kanaren dieses Jahr noch nicht anlaufen. Und es fuehlt sich gut an, so wie es ist. Aber zurueck zum hier und jetzt. Auf dem Cap liegt ein Fort und Werner erzaehlt mir von der letzten Bratwurstbude vor Amerika, die ebenfalls irgendwo da oben stehen soll (oder zumindest in grauer Vorzeit stand). In der naechsten Bucht bzw. oberhalb davon ist Sagres zu sehen und eine Bucht weiter ist geschichtstraechtiger Boden, pardon Wasser: von hier hat Heinrich der Seefahrer seine frisch ausgebildeten Seeleute starten lassen, um die Welt zu entdecken. Ob hier irgendwo auch ein Denkmal zur Erinnerung daran steht? Zu sehen ist vom Wasser aus jedenfalls nix. Die Felsen sind hier jetzt mehr rotgelb und von der Brandung stark ausgehoehlt. Ganz anders wie das grau-braun der bisherigen Kuestenlinie. Jetzt sind wir also an der Algarve! Und ich bin begeistert. Hinter einer Felsnase oeffnet sich eine weitere Bucht. Wir erreichen Baleeira und lassen unseren Anker hinter dem Wellenbrecher auf gut 11 Metern Wasser zwischen einer ankernden Amel aus Deutschland und den an Mooringbojen festgemachten Fischerbooten fallen. Hier liegen wir deutlich ruhiger wie letzte Nacht in Sines. Erstaunlich, dass es hier noch keine Marina gibt. Nur Fischerboote an zwei Stegen und den Mauern laengsseits oder vor Mooring. Etwas oberhalb stehen einige Haeuser, in Hafennaehe ist ein Lokal. Drueben bei den Fischerbooten pfeift einer ein Liedchen, von der anderen Seite untermalt vom Brechen der Brandung am Strand. Dazwischen brummt der Generator unseres Ankernachbarn. Eigentlich wollten wir das Schlauchboot wassern und rueberrudern, hallo sagen. Aber jetzt nach dem Abendessen und im stockdusteren ist uns auch nicht mehr so wirklich danach. Morgen koennen wir es ja geruhsamer angehen lassen, wir wollen lediglich bis Lagos. Und freuen uns sehr darauf, “alte” und “neue” Segelfreunde dort zu treffen.

Neben dem Ruder auf dem Cockpitsuell laesst es sich auch gut aushalten

Neben dem Ruder auf dem Cockpitsuell laesst es sich auch gut aushalten Beeindrucken Steilkueste Portugals

  

Beeindruckende Steilkueste Portugals

Beeindruckende Steilkueste Portugals

Cabo de Sao Vicente

Am suedwestlichsten Zipfel Europas: Cabo de Sao Vicente

 

An der Algarve

An der Algarve