Monats-Archiv August, 2014

Anker auf - Anker ab, das haelt die Crew auf Trab

Wir ueben ja bekanntlich gerne. Z.B. Anker- oder Anlegemanoever. Also gehen wir heute frueh gegen neun mal eben Anker auf……. Warum zum Geier hab ich eigentlich die letzten Naechte unruhig geschlafen und immer wieder unsere Position geprueft???? Bombenfest sitzen die 42KG Eisen im was-auch-immer-Grund! Da hilft kein ziehen und zerren, Maschine vorwaerts, Schiff drehen. Die Winsch dreht und dreht, unser Bug nickt wohlwollend Richtung Wasseroberflaeche – nur das erloesende „wir sind frei“ kommt nicht vom Kaeptn vorne am Bug. „Gib mal mehr Gas“ Mylady’s Bug nickt wieder kurz, ich nehme den Finger vom Winschschalter. „Mehr Gas“ – Noch mehr???!!! Ham‘ wir ja noch nie …. aber wenn Chef es sagt …. Bitteschoen bittegleich, mehr Gas kann ich gut. Unwillig dreht sich unser Schiff um die Kette. Vorn wird mir der erhobene Daumen gezeigt, also wieder Finger auf den Winschschalter und oedeldioedeldi – da kommt er!!! Blitzblank sauber rutscht er in den Ankerbeschlag und sieht ganz unschuldig aus. Kein Lehm oder sonstiger Moder haengt an ihm.

Uebung Teil zwei – Anlegen am Steg bei ablandigem Wind und Strom ebenfalls noch abwaerts. Und der Steg ist kurz. Fender parat haengen, Festmacher antuedeln. Mist, ausgerechnet die laengeren liegen noch eingeweicht in der Buette auf dem Steg, weil stinkend und schmutzig. Geht auch mit den anderen Tampen, wir haben ja noch genuegend. Obwohl die doch durch die Bank alle schon reichlich gelitten haben seit wir unterwegs sind.

Seelisch und moralisch bereite ich mich schon auf den Anlegesprung vor, da stehen wir aus den Holzbrettern gewachsen die guten Geister der Jacare Marina bereit: Atilio, Diego, Junior. Eine Minute spaeter liegen wir laengsseits. Perfekt!

Jetzt kann der Schweissfachmann kommen und den Halter unseres Solarpaneels reparieren. Der hat unseren naechtlichen Ausflug mit der Mooring nicht ueberstanden und ist verbogen. Der hier in Jacaré ansaessige Metaller biegt auch gleich noch unsere Relingsstange wieder etwas gerade. Die Delle (vom Spinnakerbaum auf der Atlantikueberquerung verursacht) sah auch zu bloede aus. Jetzt sieht man fast gar nichts mehr von der Blessur.

Draussen im Fluss zieht die Madeo mit Patrick und Florence lautlos Richtung Cabedelo, Richtung Meer. Wieder ein Boot, das weiter zieht. Dreimal hupen, winken. Schnell ist sie nur noch ein kleiner, roter Punkt. Es wird Zeit, dass auch wir weiter ziehen…..

Von John noch den Wasserschlauch ausleihen, Tank fuellen (mein Gott, laeuft das alles in die Bilge, der muss doch laengst voll sein!), die eingeweichten Festmacher schrubben, Fahrraeder holen und verpacken – John, seit ueber 5 Jahren hier liegend! – ist ganz fasziniert von unseren Aktivitaeten und erzaehlt mir zwischendurch von seinen hochbetagten Eltern und dass er immer wieder nach Hause muesse, sich kuemmern. Und dass sich die ueber 90 Jahre alten Eltern um den Sohn in Brasilien sorgen. John hat dann auch noch gleich einen Job fuer den Schweisser, so hat sich fuer diesen die Schlepperei seiner Geraetschaften auf jeden Fall gelohnt. Von uns moechte er 70 Reais haben, das erscheint uns fair.

Der Kaeptn draengelt, hat keine Lust, einen Tag am Steg zu bezahlen. Niedrigwasser – hoffentlich kommen wir ueberhaupt vom Steg weg. Bei 2,40 auf dem Echolot sind Zweifel durchaus berechtigt. Aber es geht alles gut und um die Mittagszeit haengen wir wieder am Anker. Bloederweise fast genau an der gleichen Stelle. Dabei wollten wir eigentlich weiter nach innen, naeher an den Steg. Eine kurze Winschblockade (ein Kettenglied hatte sich quer gestellt) hat das aber verhindert und so sind wir peu a peu doch wieder fast auf den alten Platz gerutscht. Egal, die paar Tage geht das noch und dass der Anker hier haelt, hat er uns ja nun eindrucksvoll bewiesen.

Noch zum Sabadinho? Ich bin nicht motiviert, wuerde dem Kaeptn zuliebe losziehen, draenge ihn aber auch nicht dazu. So geniessen wir einen weiteren wundervollen Sonnenuntergang in Jacare und achten etwas auf die Trident die hinter uns ankert und mittlerweile schon zweimal auf Wanderschaft gegangen ist. Rob und Shirley sind abwesend, geniessen Strandfeeling am Cabo Br

Mooringsteine - mit einem solchen Klotz ist Madam durch die Nacht gewandert

Mooringsteine - mit einem solchen Klotz ist Madam durch die Nacht gewandert

anca.

Die Reling wird wieder gerade gerueckt

Die Reling wird wieder gerade gerueckt

mit dem Pferdekarren wurde ein Metallgitter zum Strand gebracht und auf eines der Faehrboote verladen. Damit geht es dann ueber den Fluss

Transportmittel in Jacare: mit dem Pferdekarren wurde ein Metallgitter zum Strand gebracht und auf eines der Faehrboote verladen. Damit geht es dann ueber den Fluss

Pferdekarren, Bootskarren und Autos - hier in Jacare kann man das alles sehen

Pferdekarren, Bootskarren und Autos - hier in Jacare kann man das alles sehen

Joao Pessoa Impressionen

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Busfahren in Brasilien hat auch einen gewissen Unterhaltungswert: Immer wieder steigen Verkäufer zu und  man wird im Bus zugetextet mit ellenlangen Litaneien (die wir ja eh nicht verstehen). Dann geht man die Reihen ab, drückt den Fahrgästen Süssigkeiten - oder was sonst gerade an den Mann oder die Frau gebracht werden soll -in die Hand, unablässig den Was-auch-immer-Text runter leiernd. Auf dem Rückweg wird die Ware entweder wieder eingesammelt oder man bekommt Geld dafür. An der nächsten Haltstelle geht es wieder raus und ab in den nächsten Bus
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Farbenpracht an den Obstverkaufsständen: die Caju-Frucht
wetteifert mit Acerole - und mit den T-Shirts der Verkäufer

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Werner beim Brillendoktor. Ein Buegel ist abgebrochen und wird wieder angeschweisst.
Jetzt sieht er wieder alles - leider ….

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Brillenaufzug beim Brillendoctor - in der kleinen Plastikwanne werden die “Patienten” nach oben in die Werkstatt befoerdert. Die “Sprechstundenhilfe” nimmt in einem Hauseingang hinter einer Art Tresen an und kassiert gleich ab.
Skulpturen und Denkmaeler findet man auf vielen Plaetzen

Bilder sagen ja manchmal mehr als Worte …. also lassen wir heute mal Bilder sprechen von unserem Trip nach Joao Pessoa, zum Brillendoktor und ueberhaupt …

Ein ganz normaler Mittwoch in Jacaré

Kurz nach 5 — Werner steht an Deck. “Da hinten geht die Yelo”. Jetzt haetten wir die Abfahrt doch fast verpasst! Dreimal tutet unser Signalhorn hinterher, von Land antwortet der Zug, auch dreimal, mit Pause dazwischen — genau wie wir gehupt haben. Das macht der doch sonst nie!

Aber was ist das?? Die Yelo verharrt, dreht wieder flussaufwaerts, scheint fuer einen Moment auf der Stelle zu stehen (ist ja auch ablaufendes Wasser), nimmt dann Fahrt auf und haelt auf uns zu. Daniela steht auf dem Vorschiff, lacht “Wir kommen hier nicht weg”. “Der Autopilot arbeitet nicht” ergaenzt Rolf vom Steuerrad her. “Jetzt gehen wir wieder auf den alten Platz vor Anker”. “Der ist ja noch frei und noch nicht von uns occupiert, bis spaeter”. Dafuer geht jetzt die LAZY DUCK, setzt das gereffte Gross, faehrt in Wink- und Rufabstand an uns vorbei. “Gute Fahrt” — “We will see us” …. Ja bestimmt, haben wir doch alle mehr oder weniger das gleiche Ziel, gehen “north”, in die Karibik. Die brasilianischen Zugvoegel breiten langsam die Fluegel aus, einige machen die Vorhut, der Rest folgt. Alles wird auch bestimmt von der jeweiligen Aufenthaltsdauer hier in Brasilien.

Auch die LAZY DUCK hatte ein Problem mit ihrem hydraulischen Autopilot. Irgendwo war ein Leck. Christoph, Segelmacher und Bootsbauer hier im Ort, hat es wohl zu guter Letzt doch noch abdichten koennen. Zumindest so, dass es bis in die Karibik haelt. Und ausserdem ist ja noch der Windpilot am Heck, das niederlaendische Paar ist optimistisch und sieht das locker.

Generell sind Autopiloten an Bord eines Segelbootes ganz offenbar ein beliebtes Thema. Zumindest wenn sie “out of order” sind — und das scheinen sie alle durch die Bank gerne und oft zu sein. Kaum ein Boot, dass mit diesem so wichtigen Geraet an Bord noch keine Probleme hatte oder sogar einen Neuen anschaffen musste (so wie wir). Das ist gewissermassen DER rote Faden, der sich durch alle Gespraeche zieht. Wenn eine Crew erzaehlt, dass sie diese oder jene Strecke ohne Autopilot gefahren ist, von Hand steuern musste, dann ist das Mitleid gross und gleichzeitig erfaehrt man Hochachtung vor dieser sportlichen Leistung. Und ich hab mich zu unseren Nord/Ostseezeiten tatsaechlich gefragt, ob wir so etwas ueberhaupt haben muessen! So veraendert sich die Sichtweise.

Noch weiter draussen im Fluss ankert eine Ketsch, eine HR, fenderbewehrt. Ob die auch schon mal auf Drift gegangen ist oder einen unwillkommenen Gast laengsseits hatte? Oder bereitet man sich nur auf die Marina vor? Der neue Tag in Jacare weiss noch nicht so recht, wie er wettertechnisch werden will. Mal scheint die Sonne, dann wieder regnet es kurz aber heftig. Und ich will, nein muss, heute nach Intermares, da fuehrt kein Weg dran vorbei — oder vielleicht doch?? Ich wuerde es ja vorziehen, mit dem Skipper einkaufen zu gehen, vielleicht schon ein paar Vorraete bunkern. Ob wir vielleicht doch morgen gemeinsam und dann auch gleich noch zum Optiker, die kaputte Brille richten lassen …. Mal sehen, wie sein Plan fuer die naechsten Tage ist. Hauptsache, die Postkarten von Joao Pessoa gehen noch hier in Brasilien auf die Reise nach Deutschland.

Rob und Shirley donnern mit ihrem Cat Trident III an uns vorbei, Richtung Strand. Trockenfallen und Ruempfe saeubern steht auf deren Plan. Ein “Local” ist mit an Bord, der kennt sich aus, weiss, wo die guenstigste Stelle ist und wie man das Boot am Besten am Strand festmacht. Wir flitzen mit dem Dinghi rueber, koennen aber lediglich einen Festmacher zum Strand rueberbringen. Sonst ist alles easy und Rob bringt den Helfer wieder zurueck. Ruempfe saeubern, Anoden wechseln — aber erst muss das Wasser noch weiter ablaufen. Auch wenn wir ca einen Meter vor dem sichtbaren Strandstreifen mit der Aussenborderschraube schon feststecken.

Der Strand hier sieht richtig schoen aus, oberflaechlich betrachtet. Miniminikrebse flitzen ueber den Sand, verstecken sich schnell vor den grossen Monstern, die da angekommen sind. Ein Fischerboot faehrt ganz nah vorbei, die Fischer schauen interessiert herueber. Ein Stueck weiter stehen zwei schlichte Holzhaeuschen. Einfach, aber irgendwie passen sie gut in die Landschaft, fuegen sich ein und wirken gemuetlich. Etwas flussabwaerts beginnt schon Mangrovenwald, hier am Strand steht nur niedriges Gebuesch und schwarz verkokelte Stuempfe zeugen von kleinen Braenden. Vielleicht ein Rodungsversuch? An diesem Platz fallen in schoener Regelmaessigkeit auch die grossen Rundfahrt-Catamarane trocken, werden gewartet und gesaeubert. Schon praktisch, so ein natuerliches Trockendock. Ich finde eine grosse Muschelschale, ganz platt ist sie auf einer Seite, mit blauen Farbresten. Die hat wohl irgendwann in ihrem kurzen Leben auf einem Schiffsrumpf gesessen.

So soll das Flussufer hier einmal überall ausgesehen haben ...
So soll das Flussufer hier einmal überall ausgesehen haben … kaum zu glauben
Trockendock - Katamarane ganz unter sich

Trockendock - Katamarane ganz unter sich

Here comes the sun

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Immer wieder schoen - Sonnenaufgaenge. Dieser hier ist von heute, ca. 5:30 in Jacar?

Geisterschiff - Naechtlicher Spaziergang durchs Ankerfeld

Lautlos schiebt sich eine weisse Segelyacht an den ankernden Booten vorbei. Ist auf dem Weg flussaufwaerts, nach Joao Pessoa. Will was erleben und nicht immer nur das langweilige Jacaré Marina Village sehen. Niemand ist an Deck, alles ist ruhig, nur das Ankerlicht leuchtet hell wie ein Stern. Da wird sie sanft ausgebremst, kommt zum Stehen. Komm in meine Arme, meine Kleine sei die Meine heute Nacht …. Och, auch nett hier, die franzoesische Nachbarin hat Madam ja bislang nur von Ferne sehen koennen. Jetzt ist kuscheln angesagt …..

….. 02:46 – endlich folge ich dem aufdringlich-rhythmischen „Nock,nock“ irgendwo an unserer Steuerbordseite, also meiner Schlafseite. Kann diese verflixte Mooringboje nicht etwas mehr Abstand halten? Ein Blick aus dem Luk – DAS DARF NICHT WAHR SEIN!!! Wir liegen Bug an Heck neben der roten franzoesischen Stahlyacht von Patrick!!!!

Erster Gedanke (natuerlich): Deren Anker hat nicht gehalten und sie sitzen bei uns fest. Leider Fehlanzeige! Ein scharfer Rundumblick (die Brille ist blitzblank geputzt) zeigt eine voellig veraenderte Welt. Denn der Cat in Richtung Joao Pessoa ist nicht die vertraute Silhouette der Yelo! Wo ist die denn abgeblieben?? Oh, etwas weiter hinter uns, falsche Seite, eindeutig. Zweite Annahme: unsere Mooringleine ist gerissen. Ebenfalls falsch, die sitzt stramm gespannt an unserem Bug. Nur von der weissen Markierungsboje ist nichts mehr zu sehen.

Dritte Annahme (Treffer, die Kandidatin hat 100 Gummipunkte): Naja war wohl langweilig und so hat sie bei Nullwind und ganz normaler Tidenstroemung ihre Mooring geschnappt und ist spazieren gegangen! Fuer 17 Tonnen offensichtlich ein Kinderspiel. Warum es ausgerechnet heute Nacht und bei diesen Bedingungen und nicht bei dem anhaltenden staerkeren Wind der letzten Tage passiert ist, wissen die Meeresgoetter. Und wo wir gelandet waeren, haette uns Frankreich nach ca. 300, 400 Metern nicht gestoppt, darueber will ich gar nicht genauer nachdenken.

Patrick und Florence jedenfalls schlafen offenbar auch sehr tief. Nur anhaltendes Nocken mit dem Schrubberstiel ans Schiff bewegt die Beiden, an Deck zu kommen. Dafuer muss erstmal der Niedergang entriegelt werden. Oh,oh – le ancre. Nix Anker, Mooring. Aah oui! Guter Rat ist teuer. Das hochgezogene Schlauchboot der Beiden hat wohl eine gute Fenderwirkung gehabt und wir sind auch ohne Probleme an der ja ebenfalls flussaufwaerts geparkten Yelo vorbei marschiert, ohne sie zu touchieren. Hoffen wir.

Die Mooringleine muss runter, so viel ist klar. Hier koennen wir nicht bleiben. Die Stroemung schiebt uns von Patrick weg, auf einen suedafrikanischen Cat zu. Wir fummeln noch einen Markierungsfender an die Sicherungsleine, dann geht alles in den Bach und der Kaeptn versucht, unseren Kahn mit Rueckwaertsfahrt aus der Kollisionszone zu bringen. Irgendwas klemmt. Aber wo und was. Oder ist es einfach nur die Stroemung in Kombination mit der verzoegerten Reaktionszeit unseres Schiffes? Irgendwann reagiert sie, etwas zu spaet. Wir schrammen mit unserem Solarpaneel und dem Heckanker an einem Bug des Cats entlang. Es rumpelt ordentlich und schreckt das Eignerpaar auf. Sinnigerweise war genau dieser Cat einige Tage zuvor ebenfalls auf Wanderschaft gegangen, allerdings in den fruehen Morgenstunden, schon bei Tageslicht und mit Ziel Mangroveninsel gegenueber.

Ein fuer mich gluecklicherweise nicht hoerbarer Fluch kommt von Eigner Rob in unsere Richtung. Das erzaehlt er aber erst spaeter, bei uns an Bord und entschuldigt sich dafuer. Ich hab ja nix gehoert. Die Beiden waren von einem naechtlichen Neuankoemmling ausgegangen, dessen Anker nicht gehalten hat. Das wir ein Problem mit unserer Mooringboje haben, versteht keiner so recht. Auch Patrick erzaehlt spaeter der Yelo-Crew ganz verwundert und mit seinem ganzen mimischen Talent, das wir in der Nacht bei ihm laengsseits gehen wollten und gar keine Fender raus hatten. Aha, naechtliche Andockmanoever unter Ankerliegern sind fuer Franzosen nichts ungewoehnliches, man muss halt nur Fender raushaengen :-)

Jedenfalls hat Werner unser dickkoepfiges Schiff jetzt unter Kontrolle und wir ziehen Richtung alter „Anker“stelle, lassen den Anker um 03:16 zwischen Yelo und einem anderen Boot auf Hoehe der Marina fallen; geben ordentlich Kette und kommen zum Stehen. Tief durchatmen, aber ja nicht zu lange.

Mit dem Dinghi will der Kaeptn zum beschaedigten Schiff. Und Murphy’s Law brav folgend, spuckt der Aussenborder nach einigen Metern einmal kurz, um dann wieder einmal die Zusammenarbeit einzustellen. Die Stroemung drueckt unser nicht wirklich paddeltaugliches Dinghi Richtung Land und flussabwaerts. Werner gibt paddelnderweise alles. Irgendwann stellen wir fest, dass es besser klappt, wenn ich ihm vom Schiff aus Anweisungen zurufe: Zwei Schlaege backbord, jetzt Wechsel, wieder Wechsel, Wechsel. So manoevriert er sich quaelend langsam an unser Heck heran, den letzten Meter ziehe ich ihn bei. Geschafft. Faellt das auch unter Frueh-Sport? Auf den beteiligten Yachten ist noch Licht, also zweiter Versuch. Und dieses Mal spurt der Motor, bringt ihn brav ans Ziel. Ich bleibe als Ankerwache zurueck, sicher ist sicher. Naja in dieser Nacht ein zweites Mal auf Spaziergang, das waere einfach zu viel.

Jedenfalls sind Madam und ich uns einig: Wir gehen nie, nie mehr an eine Mooring, wenn es nicht absolutzwingend notwendig ist!! Das ist fuer uns wohl so aehnlich wie Zugfahren . Es gibt so To-Do Listen, die kein Mensch braucht. Den Punkt „Wandern mit einer Mooring“ koennen wir jedenfalls abhaken und werden es hoffentlich nicht mehr erleben.

04:37 – der Kaeptn ist zurueck von der Schadensaufnahme. Sieht im Dunklen betrachtet nach Kratzern aus. An Bord des Cat gab es auf den Schreck in den allzu fruehen Morgenstunden erst einmal einen Kaffee. Und auch von den Franzosen schallt entspanntes Gelaechter herueber, als Werner kurz stoppt.

An Land erwacht das Leben in lautstarker Gestalt der Zugtroete. Ein Esel schreit, die Hunde bellen die Nacht ja sowieso unermuedlich an. Eifriges Vogelzwitschern und das gleichmaessige Schwappen des Dinghis mischen sich in die Geraeuschkulisse. Ich hab Hunger. Ob ich wohl auch mal einen Kaffee aufsetze? An Schlaf ist derzeit sowieso nicht zu denken.

06:00 Irgendwie nimmt das heut gar kein Ende. Ist das unser Aussenbordmotor am Dinghi, der da immer noch vor sich hin blubbert?? Rein ins Dinghi, ja vibriert. Ungewohnt leise zwar, aber irgendwie laeuft der doch ….. Pinne hin und her – keine Reaktion, eindruecken diverser Knoepfe – keine Reaktion. Der Kaeptn eilt zu Hilfe, zieht die Benzinleitung ab – keine Reaktion. Mysterioes?? Nein, einfach eine Nervenueberreizung meinerseits. Die Stroemung ist gerade so stark und verursacht heftige Turbulenzen an der Schraube des Motors. Was oberflaechlich betrachtet und befuehlt eben wie ein Motorenlaufgeraeusch daher kommt.

09:44 Grosses Sit-In bei uns an Bord. Daniela und Rolf kommen laengsseits um sich unsere Geschichte noch einmal aus erster Hand anzuhoeren, um Trost zu spenden und aus ihrem reichhaltigen Repertoire an Anekdoten und Erlebnissen zu plaudern. Wir haben wohl noch Glueck gehabt, dass wir uns nicht im Ankergeschirr zwischen den Ruempfen des Catamarans verheddert haben. Das wird dann richtig lustig - und teuer. Rolf muss es wissen, die Yelo ist ja ein Zweirumpfboot. Rob und Shirley vom Kollisionscat kommen heran gebraust, bringen unseren Markierungsfender zurueck und schon ist die Plicht gut gefuellt. Und das bei dem Werkstatt-Chaos, das hier immer noch herrscht. Nach einem Kaffee und nettem Geplauder zerstreut sich die lustige Gesellschaft wieder. Daniela meint, so habe die Sache doch ein Gutes gehabt. Wir haetten uns doch nie und nimmer an einem Montagmorgen in so ungezwungener Runde bei uns an Bord versammelt. Naja, kontaktfreudig zu sein ist ja schoen, aber sooooo … ich glaube, das muessen wir noch mal etwas ueben mit unserem Schiff.

Inzwischen uebt der Wind auch wieder heftig, es braust und pfeift ordentlich im Rigg. Strom gegen Wind, Kabbelwelle auf dem Fluss und unser Anker liegt wieder irgendwo schraeg hinter-unter uns. Zumindest, wenn man vom Verlauf der Kette aus darauf rueckschliessen kann. Ich schiebe freiwillig und immer noch Wache, beobachte argwoehnisch unseren Vordermann und den Abstand zur Yelo, peile an Land und staune immer wieder ueber die optischen Taeuschungen, denen man doch unterliegt. Sagt der Blick zum Vordermann doch, dass wir uns annaehern (nicht schon wieder!), waehrend die Landpeilung sagt „Alles gut, entspann Dich). Also entspanne ich mich etwas und winke dem vorbeimotorenden Luciano (zur Erinnerung: haben wir gestern in Ribeira kennen gelernt) zu. Der schwingt sich jetzt wahrscheinlich auf sein in Jacaré geparktes Moto und donnert damit zum Grosseinkauf nach Intermares. Ich wuerd mich ja jetzt gerne mal in die Kissen schwingen, trau mich aber nicht. Eine Anker-Wache sollte ja schliesslich auch wach sein und bleiben!

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