Monats-Archiv September, 2012

Geburtstag mal etwas anders

Eine Schokotorte en minitaure steht auf dem Cockpittisch, dekoriert mit einer einzigen Minikerze. Eine Kerze fuer Werners neues Lebensjahr, fuer ein ganz neues, anderes Leben, eine Kerze fuer den ersten Geburtstag, den wir an Bord feiern.  Zwischen Kaffee kochen und Tisch decken lausche ich dem Sing-Sang aehnlichen Rufen der Muschelsucher und Fischer, die sich von einer Seite der Bucht zur anderen hin auf diese Art erstaunlich gut verstaendigen. In gebueckter Haltung, Voegeln auf Futtersuche gleichend, stapfen sie durch den Schlick, Eimer oder Buetten hinter sich her ziehend. Venusmuscheln werden gesammelt und es sieht nach einer wahrhaft muehseligen Arbeit ist, die mich sofort an die Weinlese meiner Jugend erinnert. Am Ufer vor der Werft stapft eine Moewe durch den Schlick, ihre spur zieht sich kreuz und quer. Majestaetisch wackelt sie mit dem Popo und laesst sich elegant ins Wasser gleiten, schwimmt unter der Pier durch um drueben weiter zu suchen. Der Kaeptn, Kajado, geht langsam mit seinem Hund ueber die Pier Richtung Auto.

Das Geburtstags”Kind” kommt vom Broetchen-holen zurueck, Eier und Kuchen auch noch in der Tasche, und staunt ueber den Geburtstagstisch. Geschenk gibt es keines, koennen wir uns gegenseitig ein besseres und groesseres Geschenk machen, wie dieses Leben? Wir finden: Nein!

Locke, Kelsey und Andy von der Kama kommen zum Fruehstueck rueber. Sehr gemuetlich in unserem total vollgestellten Cockpit, aber uns alle stoert es nicht. Kajado kommt und wird an Bord gebeten. Er fragt uns alles moegliche ueber Segelboote, wuerde sein Motorboot gerne gegen ein Segelboot tauschen. Spaeter kommt noch Bruce von der Plane Song, wir gleiten vom Fruehstueck in den Fruehschoppen rueber. Blauer Himmel, Sonne, T-Shirt-Temperaturen - was will Man(n) mehr?!

Am Nachmittag wollen wir Frauen noch spazieren gehen. Die Maenner lassen sich ueberreden, mitzukommen. Wollen aber dafuer gerne das Schlauchboot aktivieren, um rueber nach Seixal fahren zu koennen. Fuer Kelsey ist das auch eine Abwechslung, endlich kann sie wieder mal auf einem Spielplatz toben!

In Seixal

In Seixal

 

Wir geniessen die Fahrt ueber die Bucht, machen das Dinghi an einer relativ sicheren Stelle an einem frei zugaenglichen Steg direkt hinter der kleinen kommunalen Steganlage fest und schlendern nach dem Spielplatzbesuch durch Seixal. Beschaulich geht es hier zu, der kleine Platz vorm Touristoffice ist wie leer gefegt, 2 Haeuser stehen auch hier zum Verkauf und sofort werden Plaene geschmiedet, was man daraus alles machen koennte. Abendessen in einem Lokal mit Blick auf die Lagune, auf Lissabon und einen wundervollen Sonnenuntergang. Nur der Wind ist etwas frisch und wir Maedels froesteln etwas in unseren leichten Sommerkleidern. Im letzten Daemmerlicht geht es zurueck zur Werft. Das Wasser faellt schnell und so halten wir uns auch mit dem Dinghi an den Tonnenstrich.

Die Kama-Crew entert ihr eigenes Schiff, die Luette ist muede und Andy und Locke wollen sich nochmal mit Funkgeraet, Laptop und Pactor-Modem beschaeftigen.

Wir klappern gerade noch einen Text ins Laptop und suchen Email-Adressen, als neben uns auf dem Steg Stimmen zu hoeren sind: Auf Franzoesisch wird Werner gefragt, ob man stoert. Man sind Marie-Diane und Christoper aus Dunkerque. Deren Schiff steht auf dem Platz und eigentlich wollten sie ja zu Andy & Locke, folgen aber auch gerne Werners umgehender Einladung, an Bord zu kommen. Die beiden haben die Schleife in die Karibik und zurueck schon hinter sich, waren letztes Jahr im Norden (Norwegen, Lofoten, Groenland) unterwegs und erzaehlen von Eisbergen und ihren Erlebnissen in diesen Breiten. Super interessant - aber hinfahren, nein hinfahren wollen WIR da nicht :-). Neugierig sind die zwei auch und bewundern noch unser Schiff von innen, finden es trotz des herrschenden Chaos (ueberall liegen die Inhalte diverser Schapps und Werkzeug rum) sehr schoen und sind “very impressed”. Besonders unsere “Kitchen” und das grosse Bett achtern haben es ihnen angetan. Es wird spaet, bis die beiden sich verabschieden, die mitgebrachte Mega-Buddel Leffe Blonde ist leer, vom Borba Rotwein (eine Empfehlung von Nunu) ist noch genug fuer mich uebrig geblieben ;-).

Ein schoener Tag, ein schoener Abend - wir schlafen ein im Schein des Vollmondes ueber uns, mit dem gluckern und glucksen des Wassers und dem Klatschen der Fische unter dem Steg. Werftidylle. Wann feiert man schon mal seinen Geburtstag in der Lagune des Tejo, fast in Lissabon?

Sprechen Sie zufaellig Deutsch?

„Sprechen Sie zufaellig Deutsch?“ – „Nee“ kommt die Antwort von Werner, von mir natuerlich ein braves und wahrheitsgetreues „Ja“. Fragend schauen wir die Dame an, die uns vorm Lidl-Markt hier in Amora anspricht.

„Aber sie kommen nicht auch aus Verden?“ kommt die 2. Frage, die von uns dann mit einstimmigem „Ja“ beantwortet wird. „Das ist ja putzig“ sagt sie. „Ich war gerade fuer einige Wochen dort zu Besuch, fahre jedes Jahr dorthin, meine Schwester wohnt in Hohenaverbergen“. Das kennen wir und ja wir wohnen in der Naehe von Verden. Was denn Nagel-Verden zu bedeuten habe, will sie wissen. Werner traegt das knallrote Polo-Shirt mit dem Aufdruck „Nagel-Verden“. Und aufgrund dieses Schriftzuges hat sie uns halt auch angesprochen. Werner erklaert, was Nagel in Verden macht und sie lacht und grinst: ihr Schwager arbeitet bei einer Firma, mit der auch Werner schon zusammen gearbeitet hat, er kennt auch den Schwager gut und schon sind wir mitten ins Gespraech vertieft. Sie ist mit einem Brasilianer verheiratet, lebt schon lange in Portugal, arbeitet beim Goethe-Institut in Lissabon und schon haben wir eine Einladung zu einem Besuch im Institut. Wir sollen nach Regine fragen. Und sie findet das total klasse und gleichzeitig verrueckt, mit einem Segelboot vom Norden Deutschlands bis hierher und noch weiter zu reisen. Und sie wird ihren Schwager gleich anrufen, ihm von unserer Begegnung berichten und ihn natuerlich auch gruessen.

So klein ist die Welt – und dieses Mal noch nicht mal unter Seglern allein. Wir schmunzeln noch lange vor uns hin ueber diese Begegnung, mitten in einem Wohngebiet von Amora/Seixal, an einem Platz, an dem man so etwas nicht unbedingt erwarten wuerde.

Werftleben

Frueh aufstehen, duschen (die Duschen sind hier etwas gewoehnungsbeduerftig und entsprechen natuerlich kaum einem Marina-Standard, sind aber benutzbar), Broetchen holen (Werner). Die Kama wird heute mit versorgt. Wir sind mit dem Fruehstueck noch nicht fertig, da erscheint Elektroniker Jake schon oben an der Treppe. Von Locke, die zeitgleich mit ihrer kleinen Tochter erscheint, erfahren wir, dass der Alarm heute Nacht von einem Hund ausgeloest wurde. Von einem Hund? Ja, der war im Besprechungsraum eingesperrt und wurde heute frueh regungslos auf einem Tisch sitzend vorgefunden. Armer Kerl! Die Maenner schreiten zur Tat, ich stuerze mich erst mal auf den Lidl und kaufe so lebensnotwendige Dinge wie Kekse, saure Apfelringe, Chips, Weisswein, Yoghurt, Paprika etc. ein. Und endlich auch wieder die heiss geliebten Piemientos! Auch noch a Padron! Schwer bepackt geht es zurueck zum Hafen. Fuer den naechsten Einkauf stehen dann schwerere Sachen wie Wasser und Bier an. Das Schiff besteht nur noch aus Baustelle: an Bug und Heck ist der Metallfachmann zu Gange, im Schiff tummeln sich jetzt gleich 3 Maenner: Werner, Jake und Jesus. Es werden Witze erzaehlt und gelacht. Dann ist Kaffeepause, jetzt sind ja wieder Kekse vorraetig :-) ! Ich lese derweil, gucke zu wie anderer Leute Schiff aus dem Wasser genommen wird und sitze im Buero zwecks Internet-Nutzung. Von der Raven, die wir in A Coruna kennen gelernt haben, kommt eine Email: Ueberwinterung in Sines ist hier angesagt, nix mehr mit Almerimar. So schnell aendern sich Plaene. Mittlerweile sind wir auch im Besitz eines Schluessels fuer die Eingangspforte. Abendlichen Freigaengen steht also nix mehr im Wege. Da die Baustelle immer noch nicht frei geraeumt ist, verkruemele ich mich noch eine Weile auf die Kama und sitze mit Locke an Deck. Kloenschnack von Bordfrau zu Bordfrau. Erfahrungsaustausch und die von Andy angeschleppten Getraenkevorraete an Bord hieven sind hier angesagt. Immer wieder veraendert die Lagune ihr Gesicht: das Wasser faellt und steigt und bringt zum Vorschein oder verbirgt. Kleine Fischerboote flitzen auch jetzt noch durch die Lagune, eines schleppt das andere ab. Von der Kama aus hat man wieder einen ganz neuen Blickwinkel: eine Landzunge mit kleinen, kugelig wirkenden Baeumchen darauf wirkt richtig einladend. Leute stehen am Strand. Schwimmen ist hier aber nicht so das angesagte Thema. Dafuer wirkt das Wasser zu wenig einladend, farblich, geruchsmaessig und ueberhaupt. Aber auch hier das gewohnte “Fischzucht”-Bild: Fische aller Groesse tummeln sich unter den Stegen und platschen heftig im Wasser, wenn man darueber laeuft. Heute ist mal relativ frueh Feierabend angesagt bei uns an Bord und das bietet sich an, um mit der Kama-Crew essen zu gehen. Von Nuno (??), Rafael’s Bruder, und dem Senior bekommen wir Tipps fuer den Weineinkauf sowie Restaurantempfehlungen. Die sind alle soooo nett hier, darin sind wir uns einig. Auch wenn unsere Arbeiten immer noch nicht so richtig vollendet sind. Dauert halt alles. Aber in punkto Fehlersuche beim elektronischen Autopiloten sind wir einen Schritt weiter: der Motor selbst ist 24V aber im inneren befindet sich ein Teil mit 12V und da hat es wohl in den verschiedensten Farbtoenen schon ordentlich geschmurgelt. Das erklaert natuerlich den Spannungsunterschied von den eigentlich benoetigten 3Amp zu den tatsaechlich gemessenen 6,3 Amp. Jetzt ist der Hersteller gefragt… da sind wir ja mal gespannt. Der sitzt naemlich in England und sitzt schon eine andere Ersatzteilbestellung von uns seit Wochen erfolgreich schweigend aus! Soviel zu namhaften Bootszubehoerproduzenten. Naja, jedenfalls spazieren wir entspannt die Strasse Richtung Wasserpromenade entlang. Hier stehen noch etwas aeltere, landestypische Haeuser. Das uebliche: teils nett renoviert und schoen anzusehen, teils verfallen und mehr wie fragwuerdig. Eine Katze nutzt die letzten Sonnenstrahlen auf einer Mauer liegend, auf einem Sportplatz wird getobt und gebolzt. Futebol wird hier ganz gross geschrieben. In der Stadionmauer sind kleine Schiessscharten eingelassen, hier werden die Eintrittskarten verkauft. Wie das wirklich funktionieren soll bei der Groesse der Dinger, ist mir allerdings mehr wie schleierhaft. Ganz mutig setzen wir uns in einem Restaurant an einen Aussentisch. Die Wolken ueber uns werden bedrohlich dunkler und dichter, der Wind nimmt zu. Es ist unangenehm hier draussen. Also Umzug nach innen und dann bestellt. Locke beherrscht die portugiesischen Speisekarten schon etwas besser und bestellt fuer uns alle. Denn ausnahmsweise ist hier nix auf Englisch oder Franzoesisch abgedruckt. Alles ist sehr lecker und wir haben gut gewaehlt. Fuer die kleine Kelsey ist das allerdings alles ziemlich langweilig und oede, essen mag sie auch nicht so wirklich etwas. Dementsprechend schnell geht es dann auch wieder zurueck zu den Schiffen. Auf dem Rueckweg entdecken wir sogar noch den Esel, den wir schon haben schreien hoeren. Der teilt sich seine Unterkunft unueberhoerbar mit einer Ziege und einer Kuh, langweilt sich aber ebenso offensichtlich und ist dankbar fuer jedwede Abwechslung, die am Zaun auftaucht. Der weitere Rueckweg ist gepraegt von Diskussionen, ob es ein Esel oder doch was anderes war und von Frotzeleien, ueber die Groesse von Eseln und was es doch fuer grosse Esel geben kann. Und dann kommt uns noch Paar entgegen, begleitet von 2 Hunden, der eine, weisse, begruesst uns wie gute Bekannte und wedelt freundlich: unser kurzzeitiger Begleiter von gestern Abend! Aber heute laeuft er gluecklicherweise gleich mit den anderen mit. Ob das seine Besitzer sind? Die Maenner tauschen sich noch ueber Windgeneratoren aus, Andy ueberlegt die Anschaffung eines solchen und interessiert sich sehr fuer unseren neuen Silentwind-Generator (der morgen montiert werden soll). Werner hat von der “Duevel ok” einen Stapel Broschueren und Infomaterial ueber die Haefen und Marinas bekommen, die demnaechst noch vor unserem Bug auftauchen werden. Die muss ich jetzt erstmal alle bunkern. Und so allmaehlich sollte ich vielleicht auch mal etwas Ordnung in die Sammlung der zurueck liegenden Orte und Marinas bringen. Was ich noch alles machen will/soll/muss. Zumindest habe ich mir heute schon mal Picasa aufs Laptop gezogen und ein Fotoalbum im Internet angelegt. Premiere! So ganz komme ich damit aber auch noch nicht zurecht. Aber man kennt ja doch immer jemanden, den man fragen kann und der(die) dann hilft! Jetzt zum Abend nimmt der Wind wieder etwas zu. Das Fall eines Nachbarschiffes kloetert ganz furchtbar schnell. Klingklingklingkling…. nervtoetend. Aber wir haben auch keine Lust, rueber zu gehen und was weg zu baendseln. Jetzt fallen auch noch ein paar Regentropfen. Und morgen geht es weiter mit dem Arbeitseinsatz. Vielleicht schaffen wir es ja doch schonmal nach Seixal hinueber, das waere schon mal ein Fortschritt. Und nach Lissabon kommen wir bestimmt auch noch, irgendwann, diesen Herbst….

Fotos

Fotos können ab sofort auch hier angeschaut werden (ich hoffe, es funktioniert).

Aufgenommen hier in Amora/Seixal waehrend unseres Aufenthaltes in der Werft “Tagus-Yachtcenter”:

https://picasaweb.google.com/105087064849773955264/AmoraSeixal?authuser=0&authkey=Gv1sRgCPCgv82Lg_bgWg&feat=directlink

Freigang in Amora/Seixal

 

Da haengt sie

Da haengt sie

Vom Steg ins Krangeschirr, stundenlanges haengen im Kran, wieder zurueck an den Steg – immer das Wasser bzw. dessen Stand im Blick. Unser Ankerbeschlag wird ja modifziert und dafuer soll unser Schiff jetzt also an Land. Genauer gesagt: sie wird kurz angehoben, die Nase wird uebers Land geschoben

 

 

Mach Platz, jetzt komm ich!

Mach Platz, jetzt komm ich!

und so ist dann einfacheres Arbeiten am Beschlag moeglich. Davor allerdings steht die schweisstreibende Aufgabe fuer mehrere gestandene Maenner, unser Vorstag zu loesen. Das ist naemlich bei der ganzen Aktion extremst im Weg, da der hintere Krangurt auch wirklich ganz nach hinten muss, damit unsere Welle keinen Schaden nimmt. So haengt das Schiffchen nun endlich im Krangeschirr, es wird gewerkelt und begutachtet.

die Nase soll ja nur kurz ueber Land "Haengen"

Das passt wohl nicht so ganz - und rueckwaerts reinfahren bringt ja auch nix: die Nase soll ja nur kurz ueber Land

 

 

  

Mit vereinten Kraeften wird unser Vorstag geloest

Mit vereinten Kraeften wird unser Vorstag geloest

2 arbeiten, viele schauen zu und geben Ratschlaege...aber hier ist ja auch nur Platz fuer zwei!

Ueberall gleich: 2 arbeiten, viele schauen zu und geben Ratschlaege...aber hier ist ja auch nur Platz fuer zwei!

Dazwischen abhaengen auf einem weissen Plastikstuhl neben unserem Schiff oder im Office sich im Internet tummeln (Elke) oder tatenlos die Arbeiten begutachten (Werner). Irgendwann laeuft uns das Wasser weg, wir werden wieder abgelassen, gehen wieder an den Steg. Faszinierend wie aus dem Nichts, unzaehlige Maenner auftauchen, hier ziehen, dort druecken, schieben und nach getaner Arbeit alle wieder schwupps im Nichts verschwunden sind! Toll. Rafael, der Junior-Chef faehrt den Travel-Lift uebrigens selbst und der Seniorchef ueberwacht die ganze Aktion bzw. zieht fleissig mit an den Tampen. Die beiden haben wir wirklich ins Herz geschlossen, zwei ganz liebe, umgaengliche Menschen, die noch dazu Ahnung haben, von dem was sie da tun!

Wegen uns muss die Kama bei vollem auf“landigem“ Wind (also Wind der sie auf den Steg drueckt) ablegen, wieder anlegen, nochmal ablegen und wieder anlegen. Sorry fuer die Muehe, die wir verursacht haben!

Dafuer sitzen wir am Abend noch nett beisammen und quatschen ueber alles moegliche bzw. bespassen und fuettern Kelsey zwischendurch. Es passt halt wieder mal, irgendwie liegen wir auf gleicher Wellenlaenge, da sind die Gespraechsthemen nie aus und die Abende viel zu kurz: die Luette muss ins Bett und Werner und ich wollten eigentlich noch in ein Restaurant. Wir verabschieden uns also von den dreien.

Oben an den Sanitaerraeumen „drueckt“ sich einer rum, den kennen wir nicht, der ist auch irgendwie wortkarg. Hm, da schliessen wir das Schiff vorsichtshalber doch lieber ab und wenden uns Richtung Tor. Aber der wortkarge Mensch wartet wohl nur auf seine duschende Frau. Werden wir jetzt schon misstrauisch? Aber man hoert hier doch schon so manches negative, von Diebstaehlen und so stellen auch wir uns so allmaehlich um. Leider. Am Tor dann grosse Ueberraschung: Oh Wunder, das ist doch glatt verschlossen, jetzt am Abend. Und die Pforte am Buero ebenfalls. Der Parkplatz davor mehr oder weniger leer. Was nun? Wir denken an die „Duevel ok“, die stehen doch schon laenger hier, bestimmt haben die einen Schluessel. So ist es auch. Wir sind vertrauenswuerdig und bekommen den Schluessel.

„Wann sind wir hier angekommen? Dienstag?! Weisst Du eigentlich, dass ich seitdem noch nicht ausserhalb des Werftgelaendes war? Das ist ja fast wie Freigang aus dem Knast!!“ Ich sage das mit grossem Erstaunen. „Ja, aber unter Aufsicht“ meint Werner. Wir lachen beide herzlich. Immerhin hat er schon zwei Mal Broetchen geholt und hatte somit Ausgang – sogar ohne Aufsicht :-)))

Vorbei am Fussballfeld durch eine Wohnsiedlung mit den hier allerorten so beliebten Bauten der Marke quadratisch, praktisch, hoch und gut laufen wir. Zwei Restaurants erscheinen uns nicht besonders anziehend und sind auch entsprechend schwach bis gar nicht frequentiert. An einer Ecke schliesst sich uns ein weisser Schaeferhundaehnlicher Vierbeiner an. Mit Halsband, also hoffentlich auch mit Besitzer. Dafuer erweist sich das Tierchen allerdings als sehr anhaenglich, hat aber auch einen Hang zum auf der Strasse laufen, was vor meinem inneren Auge natuerlich gleich Horrorszenarien von einem angefahrenen Hund ablaufen laesst. Das brauche ich nun wirklich nicht und rufe ihn energisch auf den Gehweg. Aha, meine Hundestimme scheint Sprachenunabhaengig zu funktionieren. Aber das ist doch wieder typisch: hier laufen so viele Leute rum (o.k. ganz soooo viele sind es um die Uhrzeit auch wieder nicht) und wen adoptiert die „Toele“?? Natuerlich uns! Ich will keinen Hund und Werner schon gleich gar nicht! Keine Tendenz zum abdrehen ist erkennbar, keine Ecke riecht verfuehrerisch. Doch dann kommen uns zwei Jungs entgegen, einer spricht den Hund an und dieser laeuft dann doch mit den beiden zurueck. Puh, nochmal Glueck gehabt.

Wir biegen um einige Ecken und stehen vor einem kleinen Restaurant, drinnen einige Einheimische. Das sieht gut aus finden wir und treten ein. In einem Aquarium tummeln sich Dutzende von riesigen Krebsen, in einem anderen langweilt sich eine Languste. Ich ordere Muelhos, in dem treudoofen Glauben, jetzt Muscheln zu bekommen! Werner entscheidet sich fuer Bacalhau Fritto. Alles mit patatas fritas. Meine „Muscheln“ kommen und sehen aus wie Fleisch, schmecken wie Fleisch, sind wohl auch Fleisch….welches hinterfrage ich lieber nicht. Es schmeckt Gulaschaehnlich, ist gut gewuerzt, schwimmt in einer leckeren rot-braunen Sauce und ist ausgesprochen zart. Die Portion ist derart reichlich bemessen, dass wir beide davon satt wuerden. Aber der Herr bekommt ja noch seinen Bacalhau! Beides mit Patatas frittas, ebenfalls reichlich. Nach ¾ ergebe ich mich, verweigere sowohl Kaffee als auch Nachspeise und koennte am Tisch einschlafen. So kennt mich Werner gar nicht. Die Rechnung faellt hier etwas hoeher aus wie in Nazare. Den anderen Gaesten nach zu urteilen, scheint das hier auch kein Restaurant fuer Werftarbeiter zu sein, auch wenn es nicht nach Luxusklasse ausschaut. Im leichten Nieselregen eilen wir Richtung Schiff. Standen hier vorhin auch schon so viele Autos auf dem Parkplatz vorm Gelaende? Ich bin mir sicher: nein! Auf einem Schild an der Halle steht irgendwas mit „Venamar“ …..“Sind wir falsch?“ frage ich und Werner lacht, nein, das scheint wohl eine Firma innerhalb der Firma zu sein oder vielleicht steht da auch noch der alte Firmenname oder oder.  Keine Ahnung. Unser Schluessel passt zum Vorhaengeschloss, das ist die Hauptsache. Wir geben den Schluessel wieder ab und sind froh, dass es bei dem Wetter nur noch wenige Schritte zum Schiff sind. In dem kleinen Gebauede an unserem Stegniedergang scheint eine Art Sitzung im Gange zu sein: Licht brennt in einem Raum und mehrere Maenner sind hier versammelt, unterhalten sich auf portugues.

„Wieviel musst Du noch schreiben? Bist Du jetzt bei Mittag oder wo?“ fragt mich der Skipper und gaehnt herzhaft. Er hat Recht, Zeit in die Koje zu gehen! Unser Zuhause liegt wieder wie festbetoniert im Wasser oder sollte ich besser sagen: im Schlick. Da wackelt nix! Auch der Wind hat deutlich nach gelassen, wird wohl eine ruhige Nacht werden. Falls nicht wieder die Alarmanlage los geht, wie vorhin schon mal!

 

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