Monats-Archiv September, 2016

Boatyard- Episoden: Pizzatime

Grazil und unter Einsatz meines Lebens schwinge ich mich auf die Steuerbord-Sitzbank. Die ist voll gepackt und diverse Polsterteile, Kopfkissen und anderer irgendwie meist nicht gebrauchter Kram blockiert meine Schapps. Leider muss ich aber an a) die Mehlflasche (links unten in der Rückenlehne versteckt), b) Trockenhefe und c) die Hefeteig-Schüssel (ganz oben rechts und voll blockiert von irgendwelchen Kopfkissen - meine Güte, warum haben wir so viele Kopfkissen an Bord????).

Ich schaffe es tatsächlich, unverletzt auf dem Boden der Tatsachen - in diesem Fall unserem Schiffsboden - zu landen. Triumphierend schwinge ich sogar den Mixer - der Käptn hatte angedroht, noch einen Kuchen backen zu wollen.

Und dann geht es ans Pizza backen. Zwischen Werkzeugteilen (die unbedingt im Pantrybereich und somit in Griffnähe zum Motorraum aufbewahrt werden müssen), irgendwelchen Getränkeflaschen, der Reisflasche, der 5 Liter Ölflasche (die sonst grad keinen Platz mehr findet) und diversen Schalen mit Obst (weil das Obstnetz grad ausser Betrieb ist) wird erst der Teig angesetzt, dann gerollt, belegt und letztendlich in den Backofen geschoben. Sch…. was ist mit dem Bodenblech des Backofens passiert? Das hängt irgendwie ziemlich schräg in den Angeln. Na, geht ja, Blech drauf, schon ist alles wieder gerichtet.

Puff, der Funke zündet und entflammt Herd und nicht mich. Den primitivo Eierwecker in knallrot (Erinnerung an Teneriffa …. und eine superschöne Zeit mit den Malwieder’s) eingestellt und erstmal relaxt im Internet gesurft. Dank an Ferroalquimar für die leistungsstarke Wifi-Antenne, die das www sogar zu uns an Bord bringt So sitze wir relaxt im halbwegs aufgeräumten Cockpit, geniessen die frische Brise (Ausläufer von Matthew, der irgendwie zwischen Martinique und den ABC durchzieht) oder einfach nur das typische Cartagena Wetter? Egal, Hauptsache angenehm und mal nicht schwitzend.

Die Pizza ist verdrückt, des Käptns Daumen geht nach oben: das war lecker! Gleich wird der Nachtwächter wieder den Plastikstuhl auf seinem Fahrrad Richtung Pier transportieren, um dort einige Stunden seiner Wachzeit zu verbringen. Dann wechselt er wahrscheinlich unter unser Nachbarschiff, hört Radio, raucht und bewacht unseren Schlaf.

Und morgen bringen wir dann unser Grosssegel zum Segelmacher. Samt Lazybags. Alles heut in aller Früh (5:30 bis 7:30 abmontiert. Man muss ja die extrem windstille Phase am frühen Morgen für solche Aktionen nutzen. Nackig sieht unser Schiffle jetzt irgendwie aus, am Grossbaum zumindest. Ungewohnt blass, ohne die gelben Farbtupfer von Sprayhood und Lazybags.

Episoden vom Boatyard: von gefiederten Weckern und Rostklopfern

Episoden vom Boatyard

Heute: von gefiederten Weckern und Rostklopfern

Es trippelt an Tag, scharrt und zwitschert, flattert und raschelt. Tippelnde Schatten auf dem Sonnensegel. Die Morgensonne steigt langsam hoch und unsere gefiederten Nachbarn sind schon längst wach.

Amseln sehen sie etwas ähnlich und sind doch graziler. Die Augen auffällig hell umrandet, der Körper unauffällig schwarz-braun-grau. Je nach Alter und Geschlecht. Aufgeregt flattert das Jungtier mit den Flügeln, bettelt um Futter. Dabei ist es schon genauso gross wie seine Mutter. Die ihm aber unverdrossen irgendwelche Leckerbissen in den weit aufgerissenen Schnabel stopft. Unsere Sonnensegel, Solarpaneele und die Reling aber auch das Deck sind beliebte Aufenthaltsorte für die zwitschernde Zunft, so früh am Tag. Später dann ist das grosse, schwarze Ungetüm namens Guantanom Bay Express ein beliebterer Landeplatz. Wahrscheinlich wird es dann bei uns Bord zu umtriebig.

Guantamo Bay Express. Das ist überhaupt das Stichwort. Unbewegt, schwarz, massiv und klotzig liegen diese gefühlt 100 Meter Stahl direkt neben uns. Manchmal schwappt das Wasser am Rumpf entlang. Bewegt sich der Koloss etwa oder ist es nur eine Sinnestäuschung? Die armdicken Festmachetrossen jedenfalls machen nicht den Eindruck, dass sich das was rührt.  Wochen- wahrscheinlich monatelang lag der Klotz unbeachtet so da. Jetzt schleicht ein älterer Herr mit relativ heller Hautfarbe ständig die Gangway hoch und runter Bewegt sich möglichst unauffällig auffällig.

Und dann ist es soweit: ein Trupp Arbeiter entert das Deck, klopft mit Hämmern auf Deck herum, löst den Rost. Ein kleinerer Kran fährt heran, liftet die Gangway etwas an, positioniert sie neu. Immer dabei José, die gute Seele des Boatyard. Unverdrossen im blauen Jeansgewand, den weissen Helm auf dem Kopf.

Klong-klong dröhnt es von drüben, macht Gespräche an Bord etwas schwieriger. Heute sind wir irgendwie schon froh, wenn hier Feierabend ist und Ruhe einkehrt. Oder ob die wohl auch eine Nachtschicht einlegen, wie die Rostklopfer von der Nachbarwerft? Nein, pünktlich fällt der Hammer im wahrsten Sinne des Wortes und es kehrt Ruhe ein auf dem Boatyard.

Ein für uns gammeliger Tag neigt sich dem Ende. Motivationslos fühlten wir uns heute. Vielleicht waren die letzten Tage zu anstrengend, der gestrige Tag zu lang und überdies haben wir einige Zeit am überklimatisierten Flughafen zugebracht wo wir einen lieben Segelfreund abgeholt haben.

Vielleicht brauchen wir das einfach mal, etwas abzuhängen, ein bisschen Wäsche waschen, ein paar Schrauben eindrehen, den Wassermacher ausbauen und eine defekte weil korrodierte Wasserpumpe samt korrodiertem Ölfilter lokalisieren. Kleinigkeiten aber irgendwie zeitaufwendig, anstrengend.

Der schönste Moment

… des Tages: wir packen unsere Tasche, raffen die Handtücher zusammen und schlurfen im Dunkeln über den staubigen Platz, quälen uns die Treppe hoch, quietschend öffnet sich die Tür zum Aufenthaltsraum. Klima gesteuerte Kühle empfängt uns wohltuend. Dann drehen wir den Wasserhahn in der Dusche auf und ja, es ist der schönste Moment des Tages. Wenn das kühle Wasser über den Körper läuft, den Schleifstaub und Schweiss abspült. Haut und Haare atmen auf, duften frisch und sauber. Einfach nur dastehen, das Wasser spüren, die Sauberkeit, die Frische.

Wie ein ganz anderer Mensch fühlt man sich danach und es ist der schönste Moment! Und Luxus pur!

Buena Dia

Und auf der anderen Seite verstecken sich die grossen Verladekräne im Morgendunst

Und auf der anderen Seite verstecken sich die grossen Verladekräne im Morgendunsti

Skyfall im Morgenlicht

Skyfall im Morgenlicht

Ein softer Morgen auf dem Boatyard. Wir starten den Tag mit erneutem anschleifen und lackieren unserer hölzernen  Fussreling. Es folgt das traditionelle Begrüssungsritual mit José, Jeffe de Areal: Bussi rechts, Como estas? Bien, bien. Y el Capitan? Bien, y tu? Todo bien. Bei José ist alles bien, auch wenn er den ganzen Sonn-Tag in seinem blauen Arbeitsgewand und dem weissen Helm auf dem Kopf auf dem Werftgelände herumläuft. Gestern hat er uns ganz stolz beim Kaffee an Bord der naja Fotos seiner beiden Töchter gezeigt. Das sei doch das wichtigste, das man gesund sei. Nicht Reichtum in Form von Monetas zähle, sondern das Herz.Und davon hätten wir alle 3 reichlich findet

Dunst liegt über der Bucht von Cartagena. Fast geräuschlos und der Umgebung angepasst schieben sich die ersten Berufsschiffe übers spiegelglatte Wasser

Dunst liegt über der Bucht von Cartagena. Fast geräuschlos und der Umgebung angepasst schieben sich die ersten Berufsschiffe übers spiegelglatte Wasser

Der letzte Schrei

Die neueste Beinkleid Mode hier auf dem Boatyard. Der Käpt’n wird allseits bewundert für so viel stylisches Modebewusstsein. Frei nach dem Motto “ich mach mir einen Schlitz ins Hosenbein und find es wunderbar”. Nur schweren Herzens hat er sich jetzt von dem guten Stück getrennt. Im Müll ist sie aber noch nicht gelandet, es gibt also noch Hoffnung!

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