Monats-Archiv April, 2018

Sonn(en)tag

Unten am schmalen, gewundenen und sicherlich nicht sehr tiefen Fluss träumt ein altes, wunderbar renoviertes Fischerboot einsam vor sich hin. Der Steg bietet Platz für einige Schiffe, vielleicht finden ja im Sommer noch Besucher auf eigenem Kiel den Weg hierher.

Bronzeskulpturen fallen uns auf. Eine besonders grosse stellt eine Delphinfamilie dar und wurde William A. Perkins jun gewidmet, von Frau und Kindern. Ein Stück weiter hat man Eugene A. Ruark mit einem ganzen Skulpturen-Garten ein besonderes Denkmal gesetzt. Gewundene Wege führen durch ein Stück Wald, Teakholzbänke laden zum Ausruhen ein, fast immer mit Blick auf eine Bronzeskulptur oder aufs Wasser. Oder Beides. Die Skulpturen stellen immer Vögel dar. Pelikane, Kraniche, Gänse, Enten schmiegen sich mit ihrer typischen Patina dezent in Umgebung und manchmal muss man zweimal hinschauen, um sie zu entdecken. Auch hier sind einige geliebten, verstorbenen, besonderen Menschen gewidmet. Vögel zwitschern, es blüht und grünt um uns herum. Still und grünlich liegt der Fluss da, an seinem Ufer stehen immer wieder Häuser. Idyllisch, friedlich ist es hier.

Am Bootshop kommen wir mit zwei älteren Herren ins Gespräch, die hier im Museum arbeiten und viel zu erzählen haben. Die Werkstatt ist neu gebaut und noch nicht ganz fertig, man hofft auf Spendengelder, um alles so bauen zu können, wie man es sich wünscht. Die Maschinen für die Holzbearbeitung sind jedenfalls schon vorhanden und sehen professionell aus. Auch das Museum hat Nachwuchssorgen. Die jungen Familien sind mit so vielen Dingen beschäftigt, da bleibt keine Zeit, sich ehrenamtlich einzubringen. Wir trösten: irgendwann werden auch die jungen Leute älter und bringen sich dann bestimmt hier ein, an diesem wunderbaren Ort, an dem alte, traditionelle Schiffe bewahrt werden und an dem man so viel lernen kann über Schiffsbau und seine Geschichte. Oder auch einfach nur ausruhen kann, auf einer der zahlreichen Bänke, mit Blick aufs Wasser. LOVE steht in grossen, roten Lettern auf der großen Wiese vorm Museum. Und zwei rostige Pferde weiden entspannt dahinter. Es fällt nicht schwer, das alles hier zu mögen, zu lieben. Virginia ist eben “for Lovers”.

Museumsgebäude

Museumsgebäude

Das Museum selbst heben wir uns auf, für einen nicht ganz so schönen Tag. Den man lieber drinnen verbringt. Oder vielleicht auch nicht. Mal sehen.

Die F.D. Crockett an ihrem Steg, vollkommen entspannt, wie alles hier

Die F.D. Crockett an ihrem Steg, vollkommen entspannt, wie alles hier

Lookout Point na ja

Wer traut sich in unseren Mast?? Der Michel machts, ich kneife. Obwohl mich der Ausblick von dort oben, mehr als 20 Meter über dem Wasser, ja auch reizen würde. Vielleicht zu meinem 60. …… Frau sollte ja noch Ziele haben.

Heut jedenfalls steppt bei uns nicht der Bär, sondern der Michel. Und zwar die Maststufen hoch. Um mal zu guggen, was wir am Vorstag lösen müssen, damit wir unser Vor-Vorsegel runter bekommen. Das hat eine Blockade und wir wissen nicht so genau, mit was diese zusammenhängt. Leider nicht nur mit den Leinen und Fallen. Da nutzt kein ziehen und schieben, kein drücken und zerren. Und auch das Scott, der Nachbar von der “Fair Winds”, sich noch mit dran hängt, beeindruckt unser Segel nur für schlappe 30 Zentimeter. Das “Ding” hängt wie festgetackert. Wieder einmal beneide ich andere Boote um die Leichtgängigkeit deren Segel. Aber nutzt ja nix. Wir vertagen, auch weil der Wind gerade ordentlich auffrischt. Immerhin lässt sich das Tuch brav einrollen, wir müssen also nicht durch die Nacht segeln. Hat ja auch was. Noch ein zerfetztes Vorsegel wollen wir uns auch nicht leisten.Auch wenn es dieses Mal die kleinere, preiswertere Variante treffen würde.

Tief unten ....

Tief unten ....

Na, kann man Kassiopeia vielleicht sehen? Nee, zuviel Grünzeug im Weg!

Na, kann man Kassiopeia vielleicht sehen? Nee, zuviel Grünzeug im Weg!

Auch  zur anderen Seite hin - phantastische Aussicht!

Auch zur anderen Seite hin - phantastische Aussicht!

Ein schöner Rücken kann auch entzücken - wer genau hinschaut, entdeckt des Skippers Rückansicht

Ein schöner Rücken kann auch entzücken - wer genau hinschaut, entdeckt des Skippers Rückansicht

Der Purist

Der Purist

„I’m a Purist“. Vor uns steht Scott, Eigner der „Fair Winds“. Die ist ganz unverkennbar von Sparkman & Stephens gezeichnet worden, ihre Linien sind auffällig und auffällig schön. Ein puristisches Schiff, das stimmt. Kein Anker, keine Rettungsinsel, keine 1000 Kanister, keine Dinghi stört den Blick. Solarpaneele, Windgenerator, Geräteträger, Badeleiter, Fender, Sprayhood, Festmacher - nichts, nada, nothing, woran das Auge hängen bleiben könnte auf dem Weg über diese perfekten Linien. Nur Schiff, Rigg, Segel, Winschen. Der Anker ist gut verstaut im Schiff und wird von Hand bewegt, ohne Winsch. Weil die ja das Auge stört. Und unnötiger Ballast wird sowieso vermieden. Sowohl im Heck- als auch im Vorschiffsbereich.

Sein Vater stammt aus Deutschland, aus Bremen und hiess auch Werner. Den Namen findet er richtig gut. Sein Vater sei ein toller Mann gewesen. Und er selbst war 29 Jahre als Ballonfahrer unterwegs, hat sich damit seinen Lebensunterhalt und insgesamt 4 Schiffe verdient. Die Welt von oben zu sehen war toll, aber es blieb wenig Zeit für die Segelei. Das soll jetzt anders werden. Die Fair Winds ist sein 4. Schiff. Und sein schönstes. Jetzt hat er die Firma verkauft und möchte auch gern auf dem Schiff leben. Ob es dann weiterhin so puristisch bleibt?

Wir jedenfalls finden Schiff und Eigner sehr sympathisch

Die Fair winds steht noch an Land

Die Fair winds steht noch an Land

2 Damen aus den Zeichenstiften der Schiffsdesigner Sparkman & Stephens

Unverkennbar: 2 Damen aus den Zeichenstiften der Schiffsdesigner Sparkman & Stephens

Wie sich die kleine Hunter wohl fühlt, so zwischen den beiden Sparkman & Stephens Nasen

Wie sich die kleine Hunter wohl fühlt, so zwischen den beiden Sparkman & Stephens Nasen

Premieren Fortsetzung

Schlüsselübergabe - jetzt sind wir mobil!

Schlüsselübergabe - jetzt sind wir mobil!

Viel Grün, viele Parks gibt es in Washington.

Viel Grün, viele Parks gibt es in Washington.

Noch mehr Premieren

Mit dem Greyhound Bus geht es von Richmond nach Washington D.C.  Pünktlich fährt der Bus ab nachdem wir vom Fahrer eine ziemlich harsche Ansage bekommen haben, was Fahrgast darf und was nicht. Die Pausenzeiten bei den insgesamt 3 Stopps zwischen Start und Ziel werden ebenfalls genauestens eingehalten. Pünktlichkeit scheint hier nicht nur eine Zier zu sein.

Im Bus gibt es Internet und sogar Stromanschlüsse. Der Käptn verkabelt sein Mobiltelefon und verkündet anschliessend, er brauche dieses jetzt auch gar nicht, er wolle lieber Landschaft gucken. 5 Minuten später hat sein Kopf leichte Schlagseite, die Augen sind geschlossen - aha, das ist also „Landschchaft gucken“. So wirklich viel gibt es auch nicht zu sehen. Die meiste Zeit bewegen wir uns auf der Interstate Richtung Norden, überholen, werden überholt. Landschaft - ja gibt es, aber auch nicht wirklich aufregend.

Washington dagegen ist schon aufregender. Der Busbahnhof geht über mehrere Stockwerke, wir landen im obersten welches auch gleichzeitig das hässlichste ist. Wandelt man die geschwungene Marmortreppe hinunter, kommt man in eine gigantisch hohe und sehr feudal ausgestattete Eingangshalle. Vom Platz davor hat man einen direkten Blick zur Kuppel des Capitols. Am liebsten würde ich loslaufen, alles anschauen und Fotos machen. Aber wir sind ja hier, um unsere neueste Erwerbung, unser Batmobil, zu übernehmen. Auto und bisheriger Besitzer stehen in einer Kurzzeit-Parkzone, hier netterweise „Kiss and Ride“ genannt, die Rucksäcke liegen schon auf dem Gehweg.

Wir bekommen die Schlüssel in die Hand gedrückt. man wünscht sich gegenseitig gute Fahrt, dann geht es für Johannes und seinen Freund in Richtung Busstation und wir stürzen uns in das Washingtoner Verkehrsgewühl. Wo geht es hier lang? Wie war das mit den Ampeln?

Durch unsere Zeit als Mitfahrer wissen wir schon die ein oder andere Besonderheit der hiesigen Fahrregeln. Sitzt man aber selbst am Steuer und dann auch noch in einer Stadt wie Washington, läuft der Hase doch etwas anders. So werden mehrere Stops am Strassenrand eingelegt, um sowohl das Navi als auch uns selbst neu zu justieren.

Der Käptn will unbedingt und heute noch das „Weisse Haus“ sehen. Das finden wir irgendwie im elektronischen Stadtplan nicht. Ob es vielleicht die Ellipse ist? Wir kreiseln um das Capitol, passieren mehrfach den markanten Obelisken, finden die Ellipse - aber vom weissen Haus ist weit und breit nix zu sehen. Vielleicht umgezogen???

Völlig entnervt gebe vor allem ich auf. Denn immer wenn ich mich gerade für eine Fahrbahnspur entschieden habe und elegant um Fussgänger und Busse gekurvt bin, werde ich vom Beifahrersitz auf die andere Spur geleitet. Immerhin haben wir schonmal einen kleinen Eindruck von der Regierungszentrale gewonnen und spontan beschlossen: das müssen wir uns ausführlicher und mit mehr Zeit angucken. Jetzt aber nix wie raus hier, Richtung Süden.

Wir arbeiten dann noch ein Einkaufszentrum ab (zwecks Erwerb einer neuen Simkarte, die auch in unserem verschlafenen Deltaville funktioniert) und finden auf der Suche nach einem Lidl in der Nähe von Fredericksburg ein wunderschönes Wohnviertel. Den Lidl finden wir dann auch noch, eher zufällig. Und den Tankdeckel bekommen wir mit vereinten Kräften beim ersten Tankstellenstop auch auf.

Bei soviel Aktivität verspannt sich mein Nackenmuskel und ich bin froh, als wir in die Einfahrt zum Stingray Boatyard einbiegen können, wo uns auf der Kassiopeia schon ein leckeres Abendessen erwartet. Geht doch nix über gute Freunde,

Jetzt sind auch wir zu Lande mobil. Mit unserem Batmobil, das uns auf unseren kommenden Roadtrips als fahrende Schlafstatt dienen soll. Etwas Basic vielleicht, aber zweckmässig.

Und warum jetzt Premieren? Premiere 1: eine Fahrt mit dem Greyhound-Bus. Legendär und aus diversen Filmen auch in Deutschland bekannt. Ob ich mit so einem Bus allerdings tagelang über die Strassen der USA fahren möchte?? Eher nicht. Premiere 2: Washington - wir waren noch nie in den USA, folglich auch noch nie in Washington D.C. Fazit: der Aufenthalt war zu kurz, eine Wiederholung muss definitiv folgen. Dann mit mehr Zeit Premiere 3: wir fahren mit dem eigenen Auto - unserem ersten in einem anderen Land ausserhalb von Deutschland - durchs Land.

Das wars an Premieren. Uns reicht das auch vollkommen für einen Tag.

Angekommen - der Greyhound hat eingeparkt

Angekommen - der Greyhound hat eingeparkt

Die Union Station Haupteingang - innen ist sie genauso prachtvoll

Die Union Station Haupteingang - innen ist sie genauso prachtvoll

Blick von der Union Station Richtung Capitol

Blick von der Union Station Richtung Capitol

Kleine Stadtrundfahrt

Kleine Stadtrundfahrt

Nicht nur Regierungsgebäude und Hochhäuser sehen wir bei unserer Rundfahrt

Nicht nur Regierungsgebäude und Hochhäuser sehen wir bei unserer Rundfahrt

We got it!

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Unserer Mobilität an Land steht nur noch wenig im Weg! Heute Vormittag schnell die Versicherung abgeschlossen, dann nach Kilmarnock zur DMV Stelle und jetzt haben wir den “Title” ( fahrzeugbrief und Schein in einem) und die Nummernschilder!! Stolz wie Bolle, unser erstes Auto in den USA, in einem anderen Land, zugelassen!!! Jetzt müssen wir den PS-Boliden nur noch abholen, dann kann es losgehen mit den Roadtrips!

Von meinem iPhone gesendet

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