Monats-Archiv April, 2014

Regenzeit

Da hat doch der viele Regen glatt meinen Text weg gewischt …. hier jetzt also die Regenzeit-Komplettfassung:

Jetzt erleben wir also eine richtige Regenphase. Es ist deutlich kuehler geworden. Die Kuchenbude ist samt schuetzender Seitenteile aufgebaut. Endlich sitzen wir einigermassen im Trocknen.

Draussen ist es dauergrau am Himmel, mal mehr mal weniger dunkel. Der Regen macht so gut wie keine Pause. Die einzige haben wir verpasst. Vorwurfsvoll bekomme ich zu hoeren, dass die Catamaran-Besatzung diese fuer die Fahrt an Land genutzt hat. Tja, was soll ich sagen. Bei uns ist noch nicht mal der Aussenborder am Dinghi…. Also erstmal bewaehrtes Mueslifruehstueck, keine sooo schlechte Alternative zum hiesigen Schlabber-Baguette. Hier ist es auch so, dass der Teig furchtbar erschrickt wenn er den Ofen sieht und danach auch nicht mehr willens ist, eine intensivere Faerbung anzunehmen.

Vielleicht sollten wir doch mal wieder selbst Brot backen ….. solche Regentage sind ja eigentlich wunderbar geeignet fuer diese Taetigkeiten. Ob der Teig bei den niedrigeren Temperaturen gut aufgeht? Einen Test waere es jedenfalls wert.

Erst einmal wagen wir uns allerdings an Land, in Badesachen und vermummt mit Regenjacke und –hut. Erstaunlicherweise kommen wir weitgehend trocken am schwankenden Marinasteg an. Unsere Gummiwutz hat die Wellen sauber genommen bzw. waren diese schoen abzuschaukeln. An Land sind wir ueberrascht, wie hoch das Wasser steht und mit welcher Macht es an die Pfeiler der Marinagebaeude platscht. Der Himmel ist weiterhin grau, ein fast unwirkliches, mytisches Licht herrscht ueber der Bucht bei angenehmen Temperaturen. Irgendwie auch faszinierend und auch mal ganz angenehm, nicht permanent zu schwitzen.

Wellentanz vor Itaparica

Regen, Wind bis zu 30 Knoten. Nach einer relativ ruhigen
Nacht (wind- und schaukeltechnisch gesehen) nimmt die Welle heute hier am
Ankerplatz von Itaparica ordentlich zu. Bei Hochwasser entfaellt natuerlich
auch der Schutz der vorgelagerten Sandbank. Die Pacifico geht ankerauf und
fluechtet hinter die Ilha do Frade. Dort liegt seit vorgestern auch schon
Kuaka. Und sicherlich ist es dort ruhiger. Unsere kleineren Nachbarn tanzen in
den Wellen auf und ab, dass mir beim zuschauen schon ganz anders wird. Der Trimaran
von Johann und ein franzoesischer Cat hinter uns dagegen liegen deutlich
ruhiger. Aber auch die Schiffe in der Marina tanzen wild an den Stegen hin und
her, auf und ab – auch nicht spassig dort zu liegen! Und ich bin heilfroh, dass
wir gestern Salvador verlassen haben, mag mir gar nicht vorstellen, wie wir
dort jetzt in die Festmacher und in die Mooringleine knallen wuerden. Trotzdem
entscheiden wir uns, den Ankerplatz nicht zu wechseln. Wollen uns ja noch hier
fuer die Weiterfahrt mit frischem Obst und Gemuese verproviantieren, den
Wassertank mit gutem Quellwasser auffuellen. Mangels einer Moeglichkeit
Regenwasser aufzufangen und die Tanks damit zu fuellen, wuerden wir gerne
nochmal die Kanistermethode anwenden.

Also heisst es ausharren. Wir beobachten ein kleines,
segelndes Fischerboot. Ploetzlich flattert das Segel, zwei Koepfe treiben
einige Meter vom Boot entfernt im Wasser. Das alles in einiger Entfernung von
uns und das Dinghi ist noch an Deck, der Aussenborder festgeschlossen an der
Heckreling. So bleiben wir erst einmal Beobachter. Die beiden Schwimmer
erreichen irgendwann ihr Schiffchen und nach einigem Muehen mit Mast und Segel
bewegen sie sich auch wieder segelnd Richtung Insel. Kurze Zeit spaeter bricht
der Baum und es wird gerudert – zumindest bis zum naechsten Mooringlieger. Dann
naht Rettung in Form eines motorisierten, groesseren Kollegen. Rettungsboot
naja-naja muss also nicht gewassert werden. Wir schmeissen die Gummiwutz dann
aber trotzdem in bewaehrt unsanfter Manier haendig ueber die Reling, Landgang
steht ja eigentlich auch bei uns auf dem Programm.

Beim Anblick der zunehmenden Wellenhoehe entscheide ich dann
aber: fuer mich kein Landgang, daemmere lieber in der Plicht unter einer
leichten Fleecedecke vor mich hin und versuche, nicht seekrank zu werden. Kurz
bevor ich mich endgueltig dem Schlaf ergebe kommt Johann von der Pollen
herueber getuckert, bringt uns ein leckeres Bananengebaeck. Natuerlich wird aus
der Uebergabe ein laengerer Plausch. Was soll man auch sonst an einem verregneten
Sonntag sinnvolles machen? Aus seiner unerschoepflichen Erzaehlkiste kommen
Geschichten von Leguanen und Tapieren, von Erlebnissen in Karibik und im
Mittelmeer, von anderen Seglern. Aber auch Horrorstories kommen da an unsere
Ohren, von schiesswuetigen und korrupten Polizeibeamten, von einem Kopf im
Motorradhelm ohne Koerper, von Ueberfaellen auf Seglern …. Stoff fuer
unzaehlige Krimis, ich muss an Maria Caviglia denken und ihre Karibik-Krimis.
Vielleicht waeren Brasilien-Krimis oder besser gesagt: Bahia-Krimis auch keine
schlechte Idee.

Der Regen laesst etwas nach, blauer Himmel blitzt immer
wieder mal durch, gegen Abend beruhigt sich auch die Welle wieder etwas. Wenn
der Wind etwas mehr auf Ost dreht, sollte das alles weiter eine abnehmende
Tendenz haben. Trotzdem planen wir schonmal eine spaetere Weiterfahrt Richtung
Joao Pessoa, wir haben ja noch Zeit und wenn die Welle draussen hoch ist und
ausgiebige Regenfaelle garantiert sind, bleiben wir doch lieber noch etwas
hier.

Irgendwie verschiebt sich unsere Perspektive, wird ganz
komisch: Nicht nur, dass wir uns mit dem Heck Richtung Festland drehen, nein,
da ist irgendwie keine Itaparica-Beleuchtung mehr zu sehen??? Unsere Nachbarn
sind alle noch am Ankerlicht zuzuordnen, leicht verschoben weil ja ebenfalls
gedreht, aber vorhanden. Stromausfall in Itaparica lautet die weise Erkenntnis!
Kurze Zeit spaeter ist dann auch schon alles wieder wie es sein soll und wir
haben unsere Orientierungsmarken wieder.

Die Nacht ist dann insofern wieder etwas unruhig, da es
immer wieder stark regnet, irgendein Luk nicht richtig verschlossen ist und
Regenwasser durchlaesst und die Regenhaube ueber unserem Luk alles macht, nur
keinen Regen abhaelt. Unglaublich, wo die Tropfen durchkommen und sich einen
Weg suchen. Also heisst es immer wieder Luk auf, Luk zu. Auch wenn es deutlich
kuehler geworden ist und wir seit langer Zeit mal wieder die Bettdecke ueber
uns ziehen. Ungewohnt – aber irgendwie auch schoen, schoen kuschelig.

Flucht aus Salvador

Kurz vorm Ablegen bekommen wir Besuch: der Franzose Jeff
(typisch franzoesischer Name) und sein argentinischer Mitsegler (dessen Name
ich vergessen habe) kommen freudig winkend zu uns und an Bord. Wo gibt es was,
wo sind die Behoerden, wie ist das mit Dieseltanken, viele Fragen von beiden
Seiten. Brasiliens Sueden sei doch deutlich anders und weiter suedlich sei es
auch von den Temperaturen her angenehmer, tags um die 25-26 Grad, nachts unter
20. Man koenne gut schlafen.

Ich seh schon, wie es in meinem Skipper wieder arbeitet ….

Die franz-argent Seglerkombi will von Salvador aus Richtung
Europa. Einen Monat auf See planen sie und wollen sich entsprechend
proviantieren.

Es regnet immer wieder. Wir wollen doch los. Ich will nur
noch weg hier vom Steg des Terminal Nautico. Wenigstens sind die Wasserleichen
heute frueh verschwunden. Die Bewegung der Schiffe ist aber immer noch sehr
stark und das harte Rucken in die Festmacher schmerzt regelrecht.

Endlich macht die Wasserflut von oben eine Pause. Stromkabel
rein, Festmacher und Mooringleinen loesen, Maschine rueckwaerts! Letztes Winken
zu der franzoesischen Aluyacht, dann sind wir in der Bucht. Die empfaengt uns
mit ordentlich Welle und einem Wind, der zu sehr von vorn einfaellt. Erstmal raus
aus dem Feld der auf Reede liegenden Grossschiffe. Einer vor uns geht Ankerauf,
die Kette wird gespuelt, ein minimales Schraubenwasser ist erkennbar, gaaanz
langsam bewegt sich der Koloss Richtung Meer. Da vorn spuelt noch einer die
Kette, der liegt auch noch mit dem Bug zu uns, was hat er vor?? Auf jeden Fall
hat er uns gesehen und wartet hoeflich ab, bis wir vor ihm durch sind, dreht
dann fast unmerklich seinen Bug Richtung Salvador herum. Ob er an den
Verladekai geht?

Der Wind kommt guenstiger, wir koennen mit der Genua
weiterlaufen, die Maschine ist wieder aus. Der Strom schiebt zusaetzlich und
schnell kommt schon die Nordspitze Itaparicas in Sicht. Aber nur fuer kurze
Zeit, dann versinkt alles in der naechsten Regenfront. Die haben wir ja schon
eine Weile beobachten koennen, aber jetzt sind wir mittendrin. Und tasten uns
ganz langsam Richtung Ankerplatz. Kein Schiff ist zu erkennen, aber ein
AIS-Signal! Ein franzoesischer (was auch sonst) Cat ist der letzte Ankerlieger
und hat wohl sicherheitshalber sein AIS angeschaltet. Der Regen hoert auf, wir
koennen die Pollen und die Pacifico erkennen. Green Nomad hat sich
offensichtlich verdrueckt, an ihrem Platz ankert eine andere uns schon bekannte
brasilianische Yacht. Auch der kleine knubbelige Franzose mit dem Rastabart und
dem schnellen 9,99 Meter Boot liegt weiter drinnen noch vor Anker.

Unser Anker faellt, von der Pollen winkt Johann herueber.
Ruhe und Zeit fuer Bratkartoffeln mit Spiegelei und Rote Beete Salat! Zeit auch
zum Lesen und Schreiben, zum Schauen und Sinnieren. Nach Landgang ist uns
Beiden jedenfalls nicht zumute.

Abschiedstag von Salvador

Ueber Barra ziehen dunkle Regenwolken auf. Erst versinken die Hochhaeuser im Regengrau, dann zieht die Wand auch ueber uns weg. Ich schaffe es gerade noch, die getrocknete Waesche vor erneuter Durchnaessung zu retten. Das war knapp! Plopp, plopp – Werner zieht derweil alle Luken dicht. Eine halbe Stunde spaeter ist alles wieder vorbei. Abschied von Kuaka, vorlaeufig. Die Ilha do Frade liegt ja noch hier in der Bahia und wer weiss, vielleicht wird es Charlotte und Serge dort ja zu langweilig und sie kommen auch noch fuer ein paar Tage nach Itaparica. Im Hafenbecken treibt neben diversen kleinen toten Fischen nun auch eine tote Katze. So schmutzig war das Wasser bei unserer Ankunft irgendwie nicht. Vorgestern hatten wir eine Art Komplettmenue im Wasser: mehrere tote Fische, eine Limone und irgendein Gemuese schwamm hinter der Kuaka. Sehr lecker. Fuer uns heisst es heute, Sonnenhut im Hutladen umtauschen, dem Zigarrenladen etwas Umsatz bescheren, einen kurzen Abstecher ins Pelourinho machen (dieses Mal mit der Seilbahn) und dann mit dem Bus zum Sao Joaquim Markt fahren. Die Stadt ist ungewohnt ruhig, der Verkehr deutlich reduziert. Ein Ueberqueren der Strasse ist ohne Hasenspurt und gefahrlos moeglich. An der Bushaltestelle stehen kaum Menschen und viele Geschaefte haben die massiven Rolltore und –gitter noch geschlossen oder ziehen sie gerade erst auf. Unsere Besorgungen gehen zuegig ueber die Buehne. In der Seilbahn fahren wir mit deutschsprachigen Touristen. Rio Janeiro, 4 Tage, alle haben irgendwelche Plastikkaertchen am schwarzen Band um den Hals haengen. Spaeter entdecken wir einen Kreuzfahrer an der Hafenmole. Aha, von dort kommen die vielen Bleichgesichter, die sich auf zur Stadteroberung machen. Pelourinho ist kurz abgehakt: unsere Auftragsarbeit ist noch nicht fertig, es gab ein kleines technisches Problem. Das klaeren wir jetzt und stuerzen uns ins Marktgetuemmel. Dank dem wieder einmal hilfsbereiten Busschaffner steigen wir an der richtigen Haltestelle aus. Uneinigkeit, ob wir weiter links oder rechts die Strasse queren sollen und wo denn nun genau der Markt liegt. Eine Senhora erklaert es uns und bedeutet mir auch gleich sehr intensiv, die Kamera im Markt besser in den Rucksack zu verstauen. Unsere Barschaft haben wir sowieso schon am Koerper verteilt und das Handy ist zu Hause geblieben. So gewappnet tauchen wir ein in den Joaquim Markt. Schmale Gassen zwischen den Staenden, duester ist es hier unter den Daechern. Wir sind gleich in der Haushaltswarenabteilung gelandet und erstehen zwei Macheten mit Huellen. Zum Kauf eines Gasflaschenadapters koennen wir uns dann doch nicht durchringen und auch die schlich-schoenen Toepferwaren bleiben nicht unbeachtet aber ungekauft. Obst und Gemuese gibt es und dann stehen wir in der Fleischergasse. Boah, da kann man aber locker zum Vegetarier werden. Ich zieh die Bremse an – da geh ich nicht durch! Werner sieht auch nicht hochmotiviert aus und wir machen kehrt. Suessigkeiten en gros, Bohnen, verschiedene Mehlsorten in grossen Saecken, Gewuerze – nichts was es hier nicht gibt. Auch Zigarren und ominoese dicke, schwarze Rollen die aussehen wie mit Teer beschmierte Seile ….. keine Ahnung, was das ist. Garkuechen, Bars mit kuehlen Getraenken. Schubkarren und andere, grosse Transportkarren werden zwischen den Staenden herum geschoben, ein Moped bahnt sich knatternd seinen Weg. Auf dem Boden, der zeitweise aus schoenen fliesen besteht und von besseren Zeiten zeugt, liegt unglaublich viel Schmutz. Einige Standbetreiber kehren dagegen an – vergeblich. Kein Wunder, dass sich die Ratten hier pudelwohl fuehlen. Auch wenn wir selbst keine sichten, Kuaka’s haben jedenfalls welche gesehen. Vor dem Eingang zum Fischmarkt steht eine Schubkarre mit groesseren Krabben. Die sind mit einer schwarzen Masse beschmiert und kaum erkennbar – gegrillt und verkohlt? Den Fischmarkt schenken wir uns und auch sonst haben wir die Nase im wahrsten Sinne des Wortes voll. Auf der Strasse vor dem Markt wird auch noch alles moegliche zum Kauf angeboten, ich bekomme endlich meinen Kartoffelkorb! Der ist eigentlich fuer Fische gedacht (glauben wir, weil er immer in den ganzen Angellaeden angeboten wird), aber mir erscheint er auch fuer die Aufbewahrung von Obst und Gemuese ungemein praktsich. In einer Schubkarre werden lebende Huehner zusammen mit einer jaemmerlich meckernden schwarzen Ziege transportiert. Immer wieder versucht das arme Tier, zu entkommen. Mit zusammengebundenen Beinen schlicht unmoeglich. So weit ist es nun nicht mehr bis zum Comercio, wir machen noch einen Abstecher nach links, gehen durch eine Strasse mit Autowerkstaetten, entdecken ein komplett entkerntes, grosses und altes Gebauede. Irgendwie sollte hier wohl mal eine Bahia-Ausstellung entstehen. Guter Gedanke, allein an der Ausfuehrung hapert es offensichtlich noch etwas. Mit Blick auf die Favelas und in einer Strasse, in die man Touristen sicherlich auch nicht bedenkenlos schickt – vielleicht auch ein Plan ohne grosse Zukunft. Irgendwie schade. Hier verfallen so viele schoene Haeuser und stattdessen wird Geld in den Bau liebloser „Plattenbauten“ direkt an der mehrspurigen, stark befahrenen Strasse gesteckt. Ob die Menschen in solchen Bauten wirklich gluecklicher sind und die Kinder besser aufwachsen? Noch eine Seilbahnstation – ausser Betrieb. Aber wohl noch nicht so sehr lange. Daneben fuerchten die Bewohner einer barackenaehnlichen, etwas hoeher am Hang gelegenen Behausung offenbar, dass die ganze Angelegenheit bei starkem Regen ins rutschen kommt. Man versucht mit einfachsten Mitteln alles etwas abzustuetzen. Schon haben wir das Comercio wieder erreicht. Auf einem grossen Platz dienen einige der „Park“baenke im Schatten der hohen Baeume als Schlafstaette. Sicherlich auch kein guter Platz, um im Dunkeln alleine unterwegs zu sein. Aber jetzt ist es hellichter Tag und um uns herum herrscht Leben, einige der Buden sind geoeffnet und die Tische gut besetzt. Unser Zeil ist aber das Comida a quilo „Puerto do Bahia“. Hier arbeitet tagsueber der nette Kellner von unserem gestrigen Barabend als Tuersteher, kontrolliert, ob alle die das Comida verlassen, auch wirklich bezahlt haben. Er strahlt uns an, wir werden mit Handschlag verabschiedet und claro gibt es auch heute Abend wieder Musik und Trubel auf dem kleinen Platz zwischen den Hochhaeusern. Das kennen wir ja schon von gestern. An der Saftbar wollen wir uns eigentlich noch einen frisch gepressten Suco goennen. Leider ist schon Feierabend. Das scheint ein reines Vormittagsgeschaeft zu sein hier. Also ein Haus weiter. Da gibt es heute keinen Saft, das Eis ist alle. Kann man nix machen, gibt es halt ein Brahma-Bier. Wir zaehlen verstohlen die Flaschen am Tisch gegenueber: 16 Stueck! Alle von den beiden Maennern am Tisch getrunken?? Mein Kaeptn glaubt das nicht, ich schon. Aber wahrscheinlich gehoeren auch noch einige Pullen zu den beiden Nachbartischen. Irgendwie scheint das hier ein beliebter Treffpunkt fuer die Herren zu sein – man kennt sich! Von oben tropft es aus einer Klimaanlage auf die Markise und platsch auf den Stuhl darunter. Ich wusste schon, warum ich mich nicht auf diesen Stuhl gesetzt habe! Zurueck an Bord gibt es dann erstmal Aerger. Hab ich doch heute frueh in der Hektik die (noch gefuellte) Brot- mit der Muelltuete verwechselt! Und so sind ein Baguette und eine Art Berliner, frisch gekauft heut frueh, in der schwarzen Tonne gelandet. Da nutzt alles Suchen im Schiff nix, die Tuete ist weg und es ist heute nur eine von Bord genommen worden. Der Kaeptn ist stinkig und fluechtet wortlos vom Schiff. Hat auch was fuer sich: kann ich doch in Ruhe die Tastatur quaelen. Oh, beinah hatte ich doch des Skippers gute Tat von heute frueh vergessen zu erwaehnen. Hat er doch auf dem Weg zum Baguette einen Taschendiebstahl beobachtet. Zwei Jungs haben einem alten Herrn mit Krueken angerempelt und die Geldboerse sanft aus der Tasche gezupft. Der Herr, beschaeftigt mit Gleichgewicht halten und nicht auf die Strasse fallen, hat den Verlust nicht bemerkt. Werner dagegen wohl. Und er hat sich auch gleich beide geschnappt und zurueck beordert. Sie dann aber in eine Lanchette geschleift und ihnen was zu essen gekauft. So iss er, mein Kaeptn, grundgut. Schade nur, dass die Jungs wohl weiterhin klauen werden (muessen), um ueber die Runden zu kommen. Gegen Abend dann nochmal unser Kontrastprogramm: Mit dem Elevador in die Oberstadt, ueber die Plaetze und durch die schmalen Gassen stromern. Kleider gucken, beleuchtete Kirche bewundern. Auf dem grossen Platz ist Musik, viele Menschen sitzen auf den unvermeidlichen Plastikstuehlen. So belebt haben wir den Platz in den ersten Wochen unserer Zeit hier in Salvador nie erlebt. Oder waren wir um die Uhrzeit einfach nie hier unterwegs? Die Relationen verschwimmen irgendwie. Unten am Mercado Modelho ist schon wieder eine Buehne aufgebaut, Werbung flimmert ueber die megagrossen Bildschirme an den Seiten: Nivea und Samba. Witzige Werbung haben die hier teilweise fuer Brasilien. Und bestimmt einen gigantischen Absatzmarkt.Aber mit Livemusik wird das heute offenbar noch nix, die Autos fahren munter an der Buehne vorbei, nix ist abgesperrt. Nachschub fuer die unzaehligen Verkaufsstaende, an denen man Trinknuesse bekommen kann Alles nur Fassade - ob da wirklich mal VIP Haupteingang zu was? Wird das mal was, war mal was?? Salvador abseits von glaenzenden Hochhausfassaden oder renovierten Kirchen Nicht das Bild ist schief, sondern der Holzmast, der die Stromkabel haelt (oder auch nicht) Die obere Altstadt - beleuchtet, schoen heraus geputzt und belebt

Schon wieder in Salvador

Ein fast vertaner Tag. Vertan mit”Warten auf Oxinox” . Eigentlich wollte der Edelstahl-Senhor ja schon gestern kommen, und unsere bestellten Gitter fuer den Niedergang noch einmal anpassen. Fertigstellung dann zum Wochenenende. Nach dem 4. Anruf durch Mariana, die Sekretaerin hier im Office (die heute auch einen stinkigen Ton am Telefon anschlug….) haben wir uns dann — natuerlich in sengender Mittagssonne- auf den Weg zur Werkstatt gemacht. Unscheinbar oben am Hang, steile Treppenstufen fuehren hinauf. Nur Wohnhaeuser? Ein Schatten winkt uns zu, wir sollen eintreten. Aha, doch eine Werkstatt. Und der Maestro ist auch anwesend, kassiert gerade einen anderen Kunden ab. Und was ist mit unserem Auftrag?? Jaa, das Material steht schonmal gelangweilt in der Ecke, weiter ist nix passiert. Vielleicht am Wochenende, vielleicht aber auch nicht (denken wir). Werner zueckt seinen boesen Blick und schuettelt den Kopf, Juhtay die Geldboerse und die angezahlten 400 Reais. Zwischen Schweisstropfen und Gelduebergabe bekommen wir noch einige “Disculpen”. Nutzt uns jetzt zwar auch nix, aber immerhin haben wir die Reais zurueck. Was denn die ebenfalls hier georderte Leiter fuer die Kuaka macht wollen wir noch wissen. Oh, da ist schon mal der Rahmen gefertigt. Stolz zeigt er uns zwei Edelstahlrohre, die unten zusammen gesteckt werden.Nach einer Badeleiter sieht das ja nun auch noch nicht so wirklich aus.

Ach ja, hab ich vergessen zu erwaehnen: Wir sind seit gestern wieder in Salvador, haben Stellung im Terminal Nautico bezogen und erfreuen uns an der Geraeuschkulisse und dem Anblick der vielen kleinen Faehrboote.

Leicht (aber nur ganz leicht) gefrustet und veraergert treten wir den Rueckweg an. Wo wir jetzt schon unterwegs sind, koennen wir auch nochmal die Gassen im Comercio durchforsten, den Hutladen suchen. Wir wollen uns aeusserst elegante Modelle eines Sonnenhutes kaufen, der auch den Nacken ausreichend vor Sonnenbrand schuetzt. Sieht man hier oft und erscheint uns aeusserst praktisch. In einer Gasse ist ein Sportgeschaeft am naechsten, in der anderen gibt es Herrenmode, dann kommen die Schuhgeschaefte, die Laeden fuer Damenmoden. Praktisch, wenn man ganz gezielt einkaufen geht. Dazwischen stehen wir dann endlich auch mal vor der Station der Seilbahn. Die kostet sage und schreibe ebenfalls 0,15 Real — 5 Cent! Und ist sogar heute in Betrieb. Vielleicht sollten wir doch mal damit fahren, immerhin kann man hier auch rausgucken und stiert nicht — wie im Elevador gegen Metallwaende oder in die Gesichter der Mitfahrenden. Nix gegen die Gesichter, das ist immer sehr interessant.

Wie schon gestern Abend in der Oberstaedt faellt uns auch heute die doppelte Polizei- und Militaerpraesenz auf. Jetzt zieht Salvador aber alle Register! Vor dem Plantschbecken der Marine steht seit neuestem ein Soldat mit der Waffe im Anschlag. Ob er den Laubkehrer bewacht? Der scheint aber grad gefluechtet zu sein, nur Besen und Laubtonne zeugen von seinem Arbeitseifer. Auch im Comercio begegnen uns einige Soldaten in voller Montur. Ansonsten ist — zumindest hier — nichts von dem Ausnahmezustand und den Pluenderungen der letzten Woche zu sehen. Und am Mercado Modelo wird schon wieder eine Buehne aufgebaut. Salvador geht zur Tagesordnung ueber: Feiern!

Nach dem ganzen Hin- und Hergerenne haben wir schon wieder Durst. Da in der schmalen Seitengasse sind doch viele kleine Bars, nix wie rein. Hier sitzen nur Einheimische im Schatten zwischen den hohen Gebaeuden. Das Bier ist eiskalt und zischt. Ein Auto haelt, auf dem Dach eine riesige Lautsprecherbox. Die beschallt die kleine Gasse und ein dicker, aelterer Brasilianer schwingt sehr gekonnt die Hueften, fuehrt eine imaginaere Senhora. Ein anderer Gast erbarmt sich und tanzt mit ihm — den Hueftschwung macht ihm so schnell keine Dame nach! Alles lacht und applaudiert. Und wir bekommen mal wieder den Daumen hoch, nur weil wir hier sitzen, ein Bier trinken und uns wohl fuehlen. Verblueffend.

Tja und eigentlich wollten wir heute den Behoerdenrun machen, Policia Federal, Customs, Port Authority … da hat uns Senhor Oxinox einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht, weil er ja heute frueh zwischen 8 und 9 Uhr kommen wollte und wir brav den ganzen Vormittag hoffnungsvoll auf ihn gewartet haben. Nicht, das wir den Tag nicht genutzt haetten: in unseren Schapps ist ein bisschen mehr Platz, dafuer stapeln sich im Vorschiff 4 Reisetaschen, die alle mal von Brasilien nach Deutschland fliegen wollen. Wenn man schon pro Person 2 Gepaeckstuecke a 32KG mitnehmen darf, muss man das auch schamlos ausnutzen oder etwa nicht? Ich versteh nur nicht, warum das nur so ist, wenn man aus Brasilien ausreist. Bei der Einreise waere das fuer uns auch eine sehrnuetzliche Regelung.

Und so nehmen wir also morgen den Behoerdengang in Angriff, in langer Hose, ordentlichem Hemd (haben wir sowas ueberhaupt noch an Bord?) Frau in schickem Kleid (ja, sowas haben wir an Bord!). Und bereiten uns damit langsam aber sicher darauf vor, dem Staat Bahia Tschau zu sagen. Wenn das Wetter passt.

Seilbahn in Salvador - Fahrpreis 0,15 Real

Seilbahn in Salvador - Fahrpreis 0,15 Real

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