Monats-Archiv Januar, 2018

Kranen die 2.

Unser Getriebe ist wieder zusammen gebastelt, das Schiffsinnere besteht nicht mehr aus Fallgruben, das Deck ist nochmal gesäubert, der Wassertank gefüllt - wir wären dann soweit, es kann ein 2. Mal in die Gurte gehen.

Pünktlich um 15 Uhr rücken die Jungs an und mit zweimal kurz Hupen verkündet Jorge, das es jetzt los geht.

Dayro, unser fleissiger und zuverlässiger Helfer sowie Charly, der Motormechaniker, stehen ebenfalls parat.

Die Krangurte werden angezogen, die Stützen vom Schiffsrumpf entfernt. Was ist das jetzt? Äusserst unwillig nur lösen sich 3 der Stützen und nehmen vorsichtshalber auch gleich ein Stück Antifouling mit, hinterlassen unschöne helle Stellen im sonst makellosen Schwarz.

Der Motor wird abgestellt, Dayro und Werner werden aktiv, der Rest der Truppe steht drumherum, diskutiert und nimmt alles mit Gelassenheit. Sanft schaukelt ‚na ja‘ in den Gurten, gänzlich unbeeindruckt von dem Getue unter ihr.

Ich sitze im Schatten eines Baumes und schaue trübsinnig vor mich hin. Morse SOS und Rauchzeichen nach Deutschland zwecks mentaler Unterstützung. Jose setzt sich an meine grüne Seite und fragt, warum ich so „triste“ sei. Unwillige Kopfbewegung zum Schiff hin meinerseits.  Das sei doch alles halb so schlimm und damit hat er ja auch Recht.

Irgendwann befinden die Männer, jetzt sei das alles wieder gut und naja wird ausgeparkt, schwebt Richtung Wasser. Dieses Mal ohne Posaunenchor.

Ich halte mich auch etwas zurück, will das Elend gar nicht so genau sehen.

Rein gehts ins Wasser, alles wie gehabt. Der Wind zerrt an den Gurten, Wellen spielen ums Schiff. „Alles o.k.“ tönt es von dort, der Motor ist dicht. Während ich mir vor Erleichterung eine Zigarette von einem der Männer schnorre (muss jetzt irgendwie mal sein) und in einer äusserst eigenen Version der spanischen Sprache erläutere, was wir bislang so gemacht haben, wo wir waren etc., schwebt unser Schiff wieder an Land.  Ich gucke verdutzt und Louis erläutert mir die niederschmetternde Diagnose die da lautet: ein Ventil ist undicht, es kommt jetzt an einer anderen Stelle Wasser rein, wenn auch deutlich weniger.

Also wieder an den alten Platz, die Stützen und unser dort noch deponiertes Zweit-Dinghy nicken schon erwartungsfroh: „das ging ja schnell, willkommen zurück“. Jaja, lästert ihr nur.

Alle sehen es gelassen, also schliesse ich mich an. Nur als der Skipper verkündet: Charly kommt nicht richtig an das Ventil ran, er muss da was rausschneiden, schrillen meine Alarmglocken. Wie jetzt, ein Loch in den Rumpf schneiden??? Der Skipper nickt, ja das muss wohl sein. Augenrollen und Stimme leicht erheben meinerseits: nur über meine Leiche, es kommt mir kein Loch in den Rumpf, ihr seid wohl verrückt geworden. Dann wird der Kühlschrank still gelegt, die Toilette gleich mit dazu (wofür gibt es Pützen). Der Skipper schüttelt unwillig den Kopf und erklärt mich für verrückt, ich soll mich nicht so anstellen. Das mit dem „schneiden“ hat er dann aber wohl irgendwie mal wieder falsch verstanden: es wird dann lediglich ein Stück aus unserem Mobiliar raus gesägt. Damit kann ich sehr gut leben.

Das Kranteam zimmert noch  gut gelaunt die Stützen unters Schiff, die Krangurte bleiben erstmal an Ort und Stelle - Feierabend, es kehrt Ruhe ein auf dem Werftgelände.

Mein Magen rebelliert: ich habe Hunger! Camarones mit ordentlich Spaghetti - Nervennahrung für angespannte Bordfrauen- und männer. Die Gemüter beruhigen sich, der Mond hangelt sich langsam höher. Blue Moon und was nicht alles ist heute. So nah sei er der Erde nur selten. Stimmt schon, irgendwie ist er uns sehr nahe und sehr rund. Mehr kann ich nicht entdecken, der Schlaf überkommt mich und noch nicht einmal Donna Leon’s Comissario Brunetti kann mich davon abhalten, aufs Kissen zu sinken, während draussen der Wind mit über 20 Knoten am Sonnenschutz zerrt.

Wie meinte Louis so passend: man könnte meinen, dass unser Schiff hier nicht weg wolle …. die Befürchtung haben wir inzwischen auch!

Tag 2

Es wird fleissig gewerkelt, im Schiff und auch irgendwo in einer Werkstatt. Das Getriebe ist demontiert, irgendwelche Teile abgebaut, gereinigt, überarbeitet. Jetzt liegt das Getriebe malerisch zwischen Bad, Niedergang und Party und man muss aufpassen, dass man nicht in die Motorbilge stürzt.

Ich habe einen neuen Arbeitsplatz gefunden: luftig, schattig (noch),mit idealer Arbeitshöhe, alles im Blick, gekühlte Limettenlimo in Reichweite und das Wifi-Signal empfange ich hier auch.

Sonntag - Tag 1 nach dem missglückten Kranversuch

Heute soll der Mechaniker kommen. Es ist Sonntag??? Leise Skepsis macht sich breit und wird eines Besseren belehrt: Luis ist die Vertretung für Charly und widmet sich voller Elan unserem Problem. Das Getriebe sei der Übeltäter und muss ausgebaut werden. Das gestaltet sich schwierig und so bricht Luis seine Bemühungen gegen Mittag ab, zieht von dannen und ward nicht mehr gesehen. Der Skipper ist brummig, ich beschwichtige: immerhin kam überhaupt jemand!

Wir daddeln so vor uns hin. Mir sind noch ein paar Polster in die Finger gefallen, die eine Reinigung vertragen könnten, das Deck sieht auch schon wieder aus wie Hulle und der Wassertank ist auch immer noch nicht voll. Und wie war das mit der Backskiste in der Plicht? Dazwischen ein bisschen Wäsche waschen, sich im Internet rumtreiben und mit der Familie zuhause sprechen. 2018 sollte doch ein Gutes werden und jetzt muss mein Papa schon gleich wieder ins Krankenhaus, mit nicht näher definierten Schmerzen im linken Arm aber auch in Schulter und Nackenbereich. Zum Glück darf er am gleichen Tag noch wieder nach Hause, seine Wirbelsäule gleicht zwar laut Röntgenbild einer Ruine, aber was will man da mit 83 und nach einem arbeitsreichen Leben schon erwarten? Aufatmen - zumindest in dieser Sache. Und Heimflug muss vorerst also auch nicht gebucht werden, die Situation hat sich etwas entspannt.

Noch ein paar Fotos vom Sonnenuntergang, vom fast vollen Mond, vom Nachbarn im Mast - dann geht es unter die Dusche und ab in die Koje. Den Sonntag hatten wir uns etwas anders vorgestellt, aber es ist wie ist es und wir machen das Beste draus!

Posaunentöne zum Abschied

Samstag, letzte Arbeiten am Schff. Deck nochmal schrubben, Festmacher vorbereiten, aufräumen. Dann rollt der Kran an und die Gurte werden um den Schiffsbauch gelegt. Letzte Stellen werden mit Antifouling bestrichen, dann gibt es eine kurze Fahrt übers Werftgelände; von der SY Marianne erklingen Posaunentöne und begleiten uns bis zur Kranbox. Dann schwebt Madam schon über dem Wasser, taucht ganz langsam den Kiel rein. Fast vorsichtig, als wolle sie mal testen, wie das sich denn so anfühlt, das Wasser.

Werner und Dayro verschwinden im Schiff, prüfen die Ventile und tauchen relativ schnell wieder auf. Ein Pfiff, der Kran setzt sich in Bewegung ….. wie jetzt, das ist verkehrt rum??! Tatsächlich, es geht wieder etwas aufwärts: Wasser kommt ins Schiff!

Charly, der Motormechaniker trabt an, bricht beim Entern noch unseren Griff am Heck vollends aus dem Holz (es ist halt nur ein Griff und kein Tritt) und macht sich ans Werk. Die restlichen Beteiligten verkrümeln sich in den Schatten und warten ab.

Noch einmal wird unsere Dicke kurz ins Wasser getaucht. Nee, das will sie heut wohl nicht, also wieder aufwärts und dieses Mal dann endgültig - es geht wieder an Land. Platzwechsel - wir werden weiter vorne abgestellt mit neuem Ausblick Richtung Wasser und Bocagrande.

Der Käptn ist irgendwie durch den Wind und fängt mit Jorge, dem Kranfahrer eine Diskussion an: er könne uns doch auf den alten Platz fahren, so könne er den Kran ja auch gar nicht mehr weg bringen. Jorge guckt mich durch seine schwarzen Sonnenbrillengläser und über den Rand seines Gesichtstuches hinweg mehr als fragend an - “what is the Problem” - ja, das weiss ich selbst nicht so genau. Ich gucke den Kran und dann den Skipper an: Mann, was willst Du, es ist doch alles gut, der Kran steht perfekt und wir bleiben hier! “No Problem Jorge, todo bien”. Zustimmendes Nicken, er hatte sich das ja auch schon gedacht. Die Männer sind also beruhigt, der auf dem Boden gleichermassen wie der oben an Deck, die Situation ist geklärt, es kann weitergehen mit dem Abstützen unseres Schiffes.

Strom wird wieder angelegt, der Wasserschlauch geholt - alles, was man so braucht im Landleben. Jetzt sind wir mal gespannt, wie lange die Aktion dauert und was genau eigentlich unser Problem ist. Dieses Wochenende wird das jedenfalls nix mehr mit dem ins Wasser gehen :-(.

Aber ein positives hat der Tag dann doch: unser Echolot funktioniert! Daran hatten wir nämlich so unsere Zweifel :-).


Schwarz wie die Nacht ….

…. oder vielleicht sogar noch schwärzer? Black is beautiful und so ist auch der Bauch unserer na ja jetzt wieder beautiful Black! Eine Lage wird noch drauf gepackt, die Stützen werden nochmal verstellt, damit die darunter versteckten Stellen auch noch mal eine Portion schwarze Farbe abgekommen. Und dann fühlen wir uns gerüstet, um wieder ins Wasser einzutunken, uns den Angriffen der Barnicles und sonstigem “Getier” zu stellen. Hoffen wir mal, dass die Liegezeit im nicht ganz so sauberen Wasser der Bucht von Cartagena de Indias sich in Grenzen halten wird und wir uns evtl. Anhaftungen schon bald bei flottem (nicht zu flottem) Segeln durchs glasklare Atlantikwasser wieder abschubbern können. Samstag soll es soweit sein - beschlossen und verkündet vom Skipper, bestätigt durch die Leute vom Ferroalquimar Büro. Als letztes Boot wollen wir ins Wasser und übers Wochenende dann noch hier in der Kranbox liegend den Motor und sonstiges testen. Die Spannung steigt, mein Magen grummelt dezent vor sich hin. Nutzt aber nix, wir wollen ja mal irgendwann los und weg von hier. Und es wird ja kein Sprung ins kalte Wasser, eher ein sanftes Gleiten. Gehalten von starken Gurten und geführt von dem unvergleichlichen Jorge, seines Zeichens Krandirigent.

Aber erst müssen noch die Fender poliert werden, das Dinghy bekommt noch einen Flicken aufgesetzt und 1000 andere “Kleinigkeiten” stehen auf der Liste. Die wir aber ebensogut auch im Wasser noch abarbeiten können. Auf gehts also - Endspurt!

Black beauty - zumindest "untenrum"

Black beauty - zumindest

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