Nachdem einige Skipper bereits ihre ersten Törns gesegelt sind, haben wir es immerhin geschafft, unser Schiff seinem Element zu übergeben! Nach einer Terminverschiebung rückte der Kran nun doch noch am 27.04. an und ‘na ja’ wurde den Fluten des Küstenkanals übergeben. Dann lag sie erstmal wieder ein paar Tage dort am Ufer der Verladestation.

Das Kranen verlief weitgehend unspektakulär und mit jahrelanger Routine. Allerdings mussten wir bei der Gelegenheit feststellen, dass unser kurzer Aufsetzer im NOK im letzten Jahr nicht ganz spurlos an unserem Kiel vorbei gegangen war ….. ! Und wenn man davon absieht, dass wir gewissermaßen einen “fliegenden Wechsel” mit der Alu-Yacht “Grey Hound” absolvierten: wir runter vom Trailer und rein ins Wasser, die Grey Hound machte den umgekehrten Weg und ruht nun auf unserem Trailer. Ansonsten alles “same procedure as every year”.

Samstag drauf, man schrieb den 30.04., startete dann die Aktion “Überführung nach Bremerhaven”…..

Wer jetzt geglaubt hat, wir gehen auf unser Schiff, starten, fahren los und kommen irgendwann ohne Zwischenfälle an…..der hat sich getäuscht!

Bis zum Punkt ‘fahren los’ passt das noch. Aber kaum hatten wir die erste Kanalbiegung hinter uns (ich sollte vielleicht erwähnen, dass wir ordentlich Wind gegenan hatten), da vermeldete mein mittlerweile hochsensibles Gehör kleine Unregelmässigkeiten im Lauf unseres Motors. Auch mein Skipper hatte diese vernommen. Und tatsächlich: wenige Sekündchen später ging die Drehzahl zurück und - was soll ich sagen: der Motor aus!

Skipper flitzt - nach einem vergeblichen bzw. äusserst kurzen Maschinen-Wiederbelebungsversuch - nach unten, kommt wieder hoch gespurtet, erneuter Start, Maschine läuft wieder! Ich hatte vorher schon alles für ein erneutes Anlegemanöver an der nächsten Verladestelle klar gemacht. “Jetzt läuft er wieder schön rund, sollen wir weiter fahren” schallt es vorsichtig vom Ruder her zu mir aufs Vordeck. “Keinen Meter fahre ich weiter” kommt es von mir wohl derart bestimmt, dass das Wendemanöver unverzüglich und ohne weitere Überredungsversuche eingeleitet wird. Knapp 30 Minuten nach dem 1. Ablegen liegen wir wieder an alter Stelle.

Anton Siemer eilt - telefonisch alarmiert - zu Hilfe: im Deckel des einen Dieselfilters war ein Riss. Dadurch zog der Motor Luft und kollabierte vorübergehend, wie das bei Motoren so üblich ist. Nach dem umschalten auf den 2. Filter lief er einwandfrei. Nichts destotrotz musste der 2. Filter wieder in Ordnung gebracht werden. Ein Ersatzdeckel war nicht verfügbar, also bekamen wir von Anton einen “handmade” verpasst. Eine gute Stunde später und mit langem Winken waren wir wieder Richtung Oldenburg unterwegs.

“Na ja, vom Wasser her passt es, wenn wir jetzt keine Verzögerung bei der Schleuse und den Brücken haben, liegen wir noch gut in der Zeit”. Und der Rest der Fahr verlief unspektakulär: wenig Schiffsverkehr auf dem Kanal, Anmeldung per Telefon zur Schleuse, Einfahrt in die Schleuse nach zwei weiteren Sportbooten, hinter uns Schleusentor zu, abwärts….dank langer Leinen ohne große Hektik.

Vor der Eisenbahnbrücke mussten wir etwas warten, dann ging es mit ordentlich Strömung die Hunte abwärts Richtung Weser. Und das alles sogar bei Sonnenschein, wenn auch mit etwas frischen Temperaturen!

Die Weser meinte es dann ab Brake richtig gut mit uns: Wind Stärke 5-6 gegenan, Wasser ablaufend und somit nette Wellen aufbauend. Wir bolzten durch das Wasserwasser und wurden einige Male komplett geduscht! Und das bei unserer Länge, Höhe und Position unseres Cockpits! Wie mussten die sich auf dem entgegenkommenden deutlich kleineren Motorboot wohl fühlen? Das verschwand zeitweise zu 3/4 in den Wellentälern und war kaum noch sichtbar.

Die Entscheidung, auf die Nordenhamer Seite zu wechseln erwies sich auch nicht wirklich als hilfreich. Kurz vor Bremerhaven wurde es allmählich doch ruhiger und Bremerhaven lag voraus! “Schaffen wir die 18:30 Schleusung noch? - Könnte knapp werden - Oh, guck mal die erste Brücke ist noch oben, vielleicht schaffen wir es ja doch - Du weißt, dass ich Zeit brauche, alle Leinen und Fender zu platzieren? - Ja, ja, ich mach schon langsam, im Vorhafen kannst Du das ja machen”….da ich meinen Skipper und seinen “Stalldrang” kenne, wage ich mich schon auf der Weser aufs Vorschiff und fange mit meinen Vorbereitungen an. Und tatsächlich: die Schleuse ist noch auf, vor uns gehen noch 2 Boote rein, wir hinterher, Sprung und fest - puh!

Wenige Minuten später schließt sich das Tor hinter uns - das war wieder eine Punktlandung! Ich glaube, die Schleusenwärter erkennen uns immer schon von weitem an unserer knallgelben Sprayhood und dem Derwisch, der Fenderschwingend übers Deck flitzt und warten ganz nett auf uns :-)!

Leider ist unser Liegeplatz belegt. Also alles wieder umdisponieren! Bei der Gelegenheit meldet Werner ganz gelassen: könnte schwierig werden, das Bugstrahl tut nicht mehr…..nee, ne?!? Unser Freund Heiner läuft oben am Zaun entlang und kommt nicht auf den Steg, aber Bootsnachbarn stehn parat und helfen beim Anlegen bis Heiner Einlass gefunden hat und ebenfalls zu Hilfe eilt. 17 Tonnen seitlich gegen den Wind an einen Steg zu bringen, ist doch nicht ganz so einfach. Mit tatkräftiger Unterstützung schaffen wir es aber ohne irgendwelche Blessuren an Mensch und Schiff.

Ein erlebnisreicher Tag geht zu Ende, ein schmutziges Schiff (von innen) wird von uns wieder einmal vorerst seinem Schicksal überlassen.

Ich sitze im Auto und sinniere darüber nach, warum immer uns so etwas passiert, das mit dem Motor meine ich. Und bin fest davon überzeugt: das ist die kleine Rache dieses eigensinniges Schiffes. Einfach mal zeigen, wer am längeren Hebel sitzt und uns zu verstehen geben: ‘monatelang nicht nach mir sehen, mich dann ins Wasser platschen lassen, wieder allein lassen, kommen und losfahren….nee, so nicht, Leute!’ Schiffe haben eine Seele und das unsere eine besonders eigenwillig-sensible, davon bin ich fest überzeugt!