Monats-Archiv Februar, 2015

Anguilla - welcome in paradise

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Sandy Island - sieht so nah aus, ist es aber nicht

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Markierung der Fahrrinne für die Fähre, Markierung für den No-Anchorage-Bereich

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Customs und Immigration (hinten links) und Strandtoilette (vorne rechts)

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Och ja, nettes Häuschen mit traumhaft schönem Blick auf die Bucht

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Hier wird sogar der Käptn zum Strandläufer
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Glasklares Wasser am Strand von Sandy Ground

Gestern ausklariert, heute soll es ohne Fruehstueck gleich losgehen. Nach Anguilla. Der Wind hier in der Marigot Bay hat ordentlich aufgefrischt, pustet uns mit deutlich ueber 20 Knoten auf den Bug, macht die Ueberfahrten mit dem Dinghi an Land zu einer extrem feuchten Angelegenheit — und das nicht innerlich! Regenwolken haengen ueber den Bergen von St. Martin und machen uns den Abschied leicht.

Raumschots nur unter Genua segeln wir Anguilla entgegen. Leider geht das nur bis zur Inselspitze. Dann muessen wir mehr an den Wind gehen. Die Wellen sind inzwischen auch hoeher geworden. Zum Glueck empfinden unsere Gaeste das als interessant und witzig.Wir werden von zwei Catamaranen ueberholt, die dann aber letztendlich doch nicht unsere Hoehe laufen koennen, aber trotzdem vor uns in der Bucht von Sandy Ground ankommen da wir eine vorgelagerte Flachstelle etwas grosszuegig umfahren, um laenger ohne kreuzen segeln zu koennen.

Die Jungs sind begeistert von dem kleinen vorgelagerten Inselchen namens Sandy Island. Das schaut aber auch kitschig-schoen und bilderbuchmaessig karibisch aus dem bewegten Wasser. Weisser Sand mit Palmen drauf. Ein Nichts von Island und trotzdem faszinierend. Dann liegt auch schon die Ankerbucht vor unserem Bug. Jeh, ist die klein. Das sie nicht zu den groessten zaehlt, war mir schon klar; aber so klein….!?! Nutzt ja nix. Wir schieben uns an ominoesen weissen Markierungsbojen vorbei und zwischen die Ankerlieger. Max sagt die Meterzahlen vom Echolot an, der Kaeptn dirigiert mal einen Meter nach links, mal nach rechts. Dann faellt der Anker. “Kommen wir dem Motorboot da nicht zu nahe?” Sascha aeugt skeptisch zu unserem Nachbarn an der Backbordseite. ,Passt schon’ wird er beruhigt. Und es passt gut. Wir liegen gut frei von der Zufahrtsrinne zum Faehranleger und zu den Nachbarn. Kurze Zeit spaeter meint ein franzoesischer Chartercatamaran “da geht noch was” und quetscht sich vor uns. Die skeptischen Blicke des am Bug wachenden Skippers werden sorgsam ignoriert, der Cat bleibt an Ort und Stelle. Na ja, so eng ist es auch wieder nicht, taeuscht ja oft, die Perspektive.

Fruehstueck oder gleich ins Wasser? Wir entscheiden uns fuers Fruehstueck, die Jungs wollen testen, ob man auch ohne eine Stunde Wartezeit nach dem Essen schon ins Wasser gehen kann. Man kann! Und man taucht bzw. schnorchelt gut. Die pflichtbewussten Bootseigner eilen derweil an Land, Customs und Immigration stehen an, sind am Nachmittag von 13 bis 16 Uhr praesent und empfangen uns mit geballtem weiblichen Charme: gleich 4 Beamtinnen sitzen in dem grosszuegigen, schattig-dunklen Raum, strahlen uns an — “Welcome to paradise”. Ein- und Ausklarieren in einem? Shure, wir koennen die Papier schon mal ausfuellen, aber trotzdem muessen wir zum ausklarieren nochmal unsere Aufwartung machen weil wir nicht innerhalb von 24 Stunden wieder ausreisen wollen. Bei Dame 1 fuellen wir die Formulare aus, beantworten ein paar Fragen, erzaehlen aus unserem bewegten Leben und wandern dann zu Dame 2. AEhnliches Prozedere, Stempel auf die Formulare, 5 USD zahlen wir (irgendwie fuer die Passenger) dann nochmal zu Dame 3. Die knoepft uns unser Ausreisepapier von St. Martin ab und traegt uns auf einer Liste ein. Verwunderte Frage: “ist your own boat?” Und was denn mit dem Boot passiert, wenn wir nach St. Martin zurueck gehen. Nochmal Ver- und Bewunderung ueber die weiteren Ziele Martinique und Curacao. “Enjoy the paradise”. Das werden wir. Und wandern gleich schon mal den Strand entlang, der wahrhaft paradiesisch links und rechts vom Dinghi-Steg liegt. Feinpudriger weisser Sand, klares tuerkisfarbenes Wasser, Strandbuden, Bootsverleih, ein paar Wohnhaeuser mit Blick auf die Bucht, kleine Fischerboote nah am Strand und dahinter die ankernden Yachten; am commercial Pontoon legen eine Faehre und ein kleines Frachtschiff an, sehr nahe kommt letzteres dem seichten Wasser am Strand. Wahrhaft paradiesisch! UEber der relativ und gleichmaessig flachen Insel haengt kaum ein Woelkchen, die Bucht ist relativ windgeschuetzt. Wir liegen hier deutlich ruhiger wie gestern in der Marigot Bay.

Zurueck an Bord bekommen wir begeisterte Berichte von der Unterwasserwelt, von gesichteten Schildkroeten. Erfahren, dass unser Anker supergut eingegraben ist und wir mit Abstand die meisten Meter an Kette draussen haben; dass rechts von uns eine Toilette auf dem Meeresgrund liegt und dass die Fahrt hierher sich definitiv gelohnt hat.Welcome in Paradies, welcome on Anguilla. Karibik wie im Reiseprospekt.

Von den Illes des Saintes nach St. Martin

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Der Ankunftstermin unserer naechsten Besucher rueckt rasend schnell naeher. Zu gerne wuerden wir noch einige Tage hier auf den Illes des Saintes verbringen. Mit lieben Freunden die Inseln erkunden oder einfach nur abhaengen, erzaehlen, laestern, Frauengespraeche fuehren. Aber Wetter und Zeit draengen zum Aufbruch. Und so heisst es, kaum angekommen, schon wieder Anker auf. Grade mal einen Tag haben wir die Hauptinsel mit dem wirklich schoenen, wenn auch leicht disneymaessig anmutenden Staedtchen Terre den Haut geniessen koennen.

Dafuer pustet uns ein schoener Wind am Nachmittag des 19.2. in Richtung Guadeloupe. Fast achterlich zu Beginn: ,Mist, muessen wir jetzt fuer die paar Seemeilen wirklich die Genua ausbaumen??’ Nein, muessen wir nicht. Wir behelfen uns mit einreffen und durchsetzen. Vielleicht seglerisch ein absolutes no-go, aber wir sind ja keine wirklichen Segler. Und vorwaerts kommen wir auch so. Spaeter dann dreht der Wind auch brav etwas, kommt mehr raumschots und oft auch voll von der Seite (also halb). Da muss nix mehr ausgebaumt werden. Geht doch! Soll mal einer sagen, Faulheit wird nicht belohnt.

So segeln wir in die Nacht hinein, passieren Guadeloupe, Montserrat, St. Nevis & The Kitts. Werden passiert von Frachtern und Kreuzfahrtschiffen. Ganz schoen was los hier hinter den Inseln. Dafuer sind wenig Segelboote unterwegs. In der Nacht troedeln wir etwas, fahren mit 2. Reff im Gross und stark gereffter Genua zeitweise unter 5 Knoten. Geben dafuer tagsueber wieder mehr Gas und am Freitagnachmittag liegt dann auch schon St. Maarten vor uns. ,Geht unbedingt auf der Luv-Seite an St. Eustatius (Statia) vorbei’ — Peers Hinweis wird geflissentlich ignoriert; wir wollen uns ja schliesslich die OEl-Pier anschauen. 15 AIS Signale zaehlen wir hier in Luv der Insel. Und muessen mal kurz mit einem entgegenkommenden Frachter via Funk abklaeren, wie wir uns denn begegnen. Der Grosse nimmt Fahrt raus, wir sollen vor seinem Bug durch gehen. Etwas mulmig zumute ist uns schon dabei. Hat der wirklich Geschwindigkeit raus genommen??? Dann sind wir durch, alles gut. Da ankern doch tatsaechlich zwei Yachten, ob man der kleinen Insel unrecht tut, wenn man sie nicht anlaeuft? 1700 irgendwas soll es hier einen der meist frequentiertesten Haefen der Welt gegeben haben, mit bis zu 300 Segelfrachtschiffen, die hier vor Anker lagen. Ein Umschlagplatz fuer Gold, Silber und alle nur denkbaren Gueter und Handelswaren. Kaum vorstellbar, wenn man die kleine Insel jetzt so anschaut. OEl ist wohl heute DIE Handelsware schlechthin hier, grosse runde Behaelter und eine Pipeline vom Berg runter ans Wasser weisen daraufhin.

Saba bleibt links von uns liegen, versteckt sich hinter einer dicken Regenwolke. Wir mogeln uns meistens irgendwie so zwischen den Schauern durch, nur selten erwischt uns einer voll. Kurze Zeit bleibt leider auch der Wind weg und der Kaeptn bedauert unser naechtliches Bummeln. “Wir kommen bestimmt nicht mehr bei Tageslicht auf St. Martin/St. Maarten an”. Alte Unke. Der Kaeptn haelt Mittagsschlaf und die Maedels geben mal kurz Gas. Beim naechsten Positionscheck ist alles roger: die Simpson Bay auf der niederlaendischen Seite unseres Ziels sollten wir so gegen 16 Uhr und somit auf jeden Fall bei Tageslicht erreichen.

Dem ist auch so. Wir faedeln uns weit hinter dem Hauptankerfeld zwischen einige Katamarane und neben eine Segelyacht der Kategorie “mega” ein, ankern auf knapp 6 Meter. Boah ist das aetzend hier! Der Flughafen ist ganz nah und die startenden Maschinen droehnen in unseren Ohren. Und wir schaukeln wild hin und her! In der Bilge schwappt das Wasser hin und her, Hunger haben wir, muede sind wir, das Schiff aechzt und stoehnt, die Bordfrau ist knurrig und uebellaunig (nicht nur der Magen), der Kaeptn weist darauf hin, dass der Flughafen ja ganz nah ist und es Frau freisteht, den Kahn jederzeit zu verlassen. Nicht gerade stimmungsfoerderlich. Essen und ab in die Koje. Guter Schlaf ist was anderes, aber zumindest schaukelt es in der Nacht die schlechte Stimmung weg. Und am naechsten Morgen gehen wir beim ersten Tageslicht, ohne Fruehstueck, Anker auf. Segeln nur mit der Genua um’s Eck herum, landen in der deutlich ruhigeren und auch optisch schoeneren Marigot Bay. Ankern erst etwas zu weit in der “Fahrrinne” zur Bruecke, koennen kurz darauf den Platz eines wegfahrenden Segelbootes weiter vorne einnehmen und ankern im 2. Anlauf auf knapp 4 Metern in tuerkisfarbenem Wasser. Hier fuehlen uns hier sicher, auch fuer die fuer Sonntag angekuendigten 30-40 Knoten Wind.

Hinter uns zieht eine weisse Ketsch etwas dichter unter Land. “Die sieht irgendwie aus wie die Kallisto”. Der Kaeptn zweifelt, aber mein Blick fuer Schiffe ist noch nicht so getruebt, dass ich nicht Recht haette damit. Etwas spaeter geht das Kallisto-Dinghi laengsseits und wir verabreden uns mit Petra und Herbert auf ein Bier an Land. Was fuer ein Zufall: die Beiden haben auch erst in der Simpson Bay geankert, sind vor dem Schwell gefluechtet. Und das, obwohl sie ganz dicht unter Land und an der Bruecke in die Lagune gelegen haben. Wann haben wir uns zuletzt gesehen? War das wirklich 2013, in Almerimar? Unglaublich. Und noch viel unglaublicher, dass Kallisto damals fuer kurze Zeit ein Verkaufsschild umhaengen hatte. Gut, dass die beiden sympathischen Schwaben sich relativ schnell anderweitig entschieden haben.

Vive la France!

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Nach einer sehr unruhigen Nacht in St Maarten haben wir die “Seite gewechselt” und sind in St. Martin in der Marigot Bay vor Anker gegangen. Was für eine Wohltat, für Auge, Ohr und den Gleichgewichtssinn! Frühstück, ohne dass alles vom Tisch kullert!

Elke Hofmann SY na ja Www.sy-naja.de

Illes des Saintes

18.02.2015 — Die heiligen Inseln oder die Inseln der Heiligen?

Auf jeden Fall fuer uns die Inseln der engen Einfahrt in so starkem Regen, dass wir kaum noch etwas erkennen koennen. Es lebe der elektronische Kartenplotter, der uns an Felsnasen und Flachstellen vorbei manoevriert. Trotzdem sehe ich — am Ruder stehend, ueber die Regenbetropften Brillenglaeser linsend weil dann deutlich besser sehend (und das als extrem kurzsichtige) — schon lieber in echt, wo ich langsfahren muss. Wenn dieses “Echt” allerdings in einer grauen Regenwand versinkt und aus dieser Wand auch noch ein Schoner und Segeln heraus auf uns und die wirklich nicht breite Einfahrt zuschiesst, dann kann ich mir ein herzhaftes Fluchen nicht verkneifen. Und schwoere mir, nie nie wieder eine solche Ansteuerung unter solchen Bedingungen zu machen. Klar, dass der Wind sich ebenfalls einen Teufel um solche Dinge wie “Windschutz unter Land” schert und uns nochmal ordentliche Boen schickt, die die Segel knattern lassen. Die Genua ist schon eingerollt (wenigstens etwas) und nach der Durchfahrt zwischen den Felsen und Inselchen wird das Wasser nochmal etwas tiefer, Platz und Gelegenheit, auch das Grosssegel zu bergen. Unter Maschine geht es um eine weitere Felsnase, ankernde Yachten wohin wir schauen. Wo aber sind jetzt die besagten Moorings und die gelben Bojen, welche die Ankerverbotszone markieren? Wo ist Andori, die kleine rote Yacht unter der ebenfalls roten Schweizer Flagge? Von Andori ist weit und breit nix zu sehen, auch der Faehrsteg, neben dem sie liegen soll, ist fuer uns nicht so ohne weiteres erkennbar. Dafuer sehen wir eine andere rote, sehr vertraute Yacht vor Anker liegen und der Kaeptn bricht in Freudengeheul aus: die Voodoochile!! Ohne Beiboot schaukelt sie so vor sich hin, die Crew ist ausgeflogen, sitzt im Caf?haus an Land wie sich wenig spaeter herausstellt.

Wir kreisen erstmal, finden endlich auch das Bojenfeld. Ein Catamaran unter franzoesischer Flagge schiesst halsbrecherisch dicht zwischen dem Bug eines Mooringliegers und uns vorbei. Auf dem Vorschiff bewaffnet sich die Borddame mit einer Leine. Ah, da hinten ist eine Mooring frei geworden und der Franzose hat uns eiskalt ueberholt. Das Serviceboot bedauert sehr, alle Moorings sind belegt, aber es werden immer mal wieder welche frei. Man muss halt schnell sein — siehe Franzosencat. Waehrend wir so kreiseln duest ein Schlauchboot auf uns zu: Peer! Auch die Voodoochile wuerde gerne an eine Mooring gehen, hat auch schon eine reservieren koennen, will uns aber den Vortritt lassen. So ein Quatsch. Wir gehen vor Anker, unweit der Demarkationslinie, der imaginaeren.

Der Wind pustet unverdrossen, na das kann ja heiter werden. Dinghi ins Wasser, schnell noch eine Dusche nehmen, dann geht es erstmal zur Andori. Die haben einen Logenplatz in der ersten Reihe. Aber selbst hier ist es nicht wirklich windstill. Regen hatte es die ganzen 3 Wochen so gut wie nie. War ja klar, wenn wir kommen, regnet es! Ansonsten sei es absolut paradiesisch hier, es laesst sich gut aushalten in dieser kleinen Inselwelt, die wieder einmal ein Stueck Frankreich repraesentiert.

Mittagessen und Erlebnisaustausch auf der Voodoochile. Nebenan wird die Boje frei. Letzte Chance, einen Bojenplatz zu ergattern. Wir verzichten. Der Anker haelt und wir wollen ja auch nicht lange bleiben. Warum eigentlich nicht? Das Besuchsargument ist natuerlich schlagend und wir bekommen gleich noch ein paar Tipps fuer St. Martin/Sint Maarten. Ach ist das schoen, die Freunde wieder zu sehen, zusammen zu sitzen, zu erzaehlen.Wir tauschen uns aus ueber Plaene, Wuensche, kommende Ziele. Darueber, dass es doch oft irgendwie die Lebensplaene der Maenner sind und wir Frauen uns die irgendwie angeeignet haben, sie mittragen, mitleben.Einmal um die Welt oder doch noch mehr Zeit in der Karibik verbringen? Nach Venezuela oder doch eher nicht? Zurueck nach Europa, noch etwas Zeit auf den Azoren verbringen? Die Sommermonate in Europa leben, sich einen Job suchen, Geld verdienen und dann weiter reisen? Mehr Zeit mit Familie, Kindern, Enkelkindern verbringen koennen? Was verpasst Frau zu Hause? Das erste Wort, die ersten Schritte. Das troesten, wenn die Traenen fliessen, das freuen, wenn die ersten Baukloetze gestapelt werden. Aber was koennen wir unseren Enkelkindern irgendwann mal alles erzaehlen? Irgendwann sind wir die Abenteuer-Omas, die Nomas, die spannende Geschichten erzaehlen und fremdlaendisch klingende Lieder singen. Die den Klang der Trommeln noch im Blut haben und in Kopf und Fuessen noch fit sind. Eine gewisse Unruhe haben wir im Blut. Auch wenn wir seufzend ein laengeres Still-Liegen herbei wuenschen, ein Ausruhen, Rasten, Zeit haben fuer kleine Alltaeglichkeiten, ausserhalb von Ersatzteilsuchen und Reparaturen. Waeren wir wirklich gluecklicher, zufriedener in einem Leben an Land?

Die Zeit fliegt und wir wollten doch noch einklarieren. Also noch schnell an Land fahren, ein erster Bummel durch den Ort, durch ein Stueck Europa. Mit Carrefour, Eurowaehrung, franzoesischer Sprache und natuerlich lecker-knusprigem Baguette! Ein- und Ausklarieren via Computer, fuer schlappe 2 Euro. Nebenan kann man auch gleich die Waesche waschen und trocknen lassen. Wie praktisch. Wie klarieren auch gleich schon wieder aus, sind ja lernfaehig. So wirklich interessiert es hier ja eh niemanden, wann man kommt oder geht.

Pittoresk ist der Ort. Fotogen und irgendwie ein Disneyland fuer Segler. Nein, das wird ihm nicht gerecht. Er ist einfach nett, putzig, auf den ersten Blick schon ansprechend. Gesang toent aus der kleinen Bilderbuchkirche, ueberall kann man Motorroller mieten, Elektroautos schrecken uns immer wieder von der Strassenmitte weg, Fetzenlaeden reihen sich aneinander und machen den Bummel fuer die Maenner zu einem mittleren Albtraum, verschwinden doch die Damen immer wieder in einem der kleinen Haeuser und werden fuer laengere Zeit nicht mehr gesichtet. Gut, dass es ausreichend Bars und Kneipen gibt, in denen man die Zeit ueberbruecken kann, wenn es mal wieder laenger dauert. Mit Blick auf die Bucht oder auf das Gewimmeln in den kleinen Gassen, ganz wie man es mag.

In der zweiten Reihe geht es deutlich beschaulicher zu. Leider hat der Baecker geschlossen und im kleinen Supermarkt nebenan ist das Knusperbrot schon ausverkauft. Ein Haus an der Seite der Bucht faellt uns besonders ins Auge: wie ein Schiffsbug ragt es aus dem Fels, mit Ankerkette und Aufbau darueber. Das Haus des hiesigen Medizinmannes. Sehr originell.

Wir schmieden Plaene fuer den naechsten Tag. Wollen wenigstens noch ein klein gemeinsam unternehmen. Vielleicht ein Ausflug mit dem Dinghi zur kleinen Insel gegenueber, mit Fussmarsch zum Fort und Picknick? Hoert sich gut an. Das sollten wir angehen. Fuer heute reicht es uns, im Dunkeln wird das Mutterschiff gesucht — hatten wir irgendwie nicht so weit rechts vermutet …. Gut, dass das automatische Ankerlicht aktiviert ist und uns den Weg weist. Es rollt und schaukelt, ruhig ist der Liegeplatz hier wahrlich nicht. Selbstgemachte Leiden, die Boje im deutlich ruhigeren Leebereich der Insel haben wir ja verschmaeht.

Ein schoener Segeltag liegt hinter uns; mit Wind zwischen 15 und 25 Knoten der uns bis zu 9 Knoten schnell von Dominica zu den Illes des Saintes geweht hat, Wellen die es wieder haben krachen lassen, erstaunlich wenig Regen dafuer viel Salzwasser an Deck. Schoen, aber auch anstrengend. Und ein Ankommen bei Freunden, an einem schoenen Platz in dieser karibischen Inselwelt.

Von Martinique nach Dominica

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Alles schmerzt, Schulter, Halswirbel, Kopf …. Von Land droehnen schon wieder die Trommeln herueber. Unglaublich, bei der Distanz! Letzte Nacht hat es haeufig geregnet und ganz kurz kam der Gedanke, die geplante Weiterfahrt doch noch mal zu verschieben. Zumal St. Pierre uns wirklich gut gefaellt, die Bucht, der Ort — einfach alles. Das die Boucherie und der Supermarkt geschlossen sind, kreiden wir mal dem unvermeidlichen Karnevalsgedoens an und sehen wohlwollend drueber weg. Ist halt Ausnahmezustand, kennen wir ja von good old Germany. Wobei mein Motto ja eh lautet: “wer das ganze Jahr die Narrenkapp traegt, muss sich an Karneval nicht noch besonders damit hervortun”. Mag sich jetzt angesprochen fuehlen, wer will.

Immerhin haben wir uns in St. Pierre noch den Rosenmontagszug angeschaut. Der war ganze 5 Wagen lang und hat den kompletten Durchgangsverkehr fuer Stunden blockiert. Och, da kommt ja noch ein Karnevalswagen! Die Teilnehmer sind ueber und ueber mit trockenen Blaettern behaengt, es raschelt bei jedem Schritt und sieht ganz entzueckend aus. Auf dem Wagen zwei Maenner, kleidungsmaessig zu Damen mutiert und mit langhaarigen Peruecken geziert. Das Jawort geben sie sich unter dem Gegroele aller Umstehenden, Ring und Kuss werden getauscht, dann ziehen Wagen und Fussgruppe weiter, die xte Flasche Sekt koepfend. Das wird eine Hochzeitsnacht!

Aber das war gestern und heute ist halt Kontrastprogramm: ueber dem Hausberg von St. Pierre, dem vor ueber 100 Jahren zuletzt Feuer und Verderben spuckenden Montagne Pele?, haengen graue Regenwolken. Die uns nicht davon abhalten, den Anker hoch zu nehmen und in einen wundervollen Regenbogen hinein zu fahren. Der zieht sich in einem kompletten Bogen ueber die Bucht und gleich, ja gleich fahren wir in das eine Ende hinein…… denkste Puppe, ich muss in den Wind drehen, Grosssegel setzen ist angesagt. Ad? Regenbogenende.

Immer wieder bescheren uns Fall- und Regenboen starken Wind von bis zu 30 Knoten. Gut, dass die Steuerfrau sich fuer den heutigen Tag das 2. Reff gewuenscht und bekommen hat. Ausgewogen segelt la grande Dame so vor sich hin. Wenn es trotzdem mal zu viel wird, weil zu viel an Genuatuch draussen ist, dann wird angeluvt und abgefallen, bis auch der muedeste Skipper kapiert, dass da was weg muss.

Martinique gefaellt uns bis zum letzten Zipfel. Die Wiesen zwischen den Waldstuecken, der hohe Vulkankegel, noch ein, zwei kleine Ortschaftenliegen zwischen die Huegel gekuschelt. Zwischen den Inseln kommen dann auch die Wellen wie vorher gesagt. “2,20 Meter (exactement)” und “la mer est agite?” — was hab ich diese Ansage vermisst!!! Vermisst???? Hab ich das jetzt grad wirklich gedacht, welche Basstrommel ist mir denn in die Gehirnwindungen gestiegen und hat auch den letzten Rest an Verstand weg gehauen?? Vermisst! Wie kann man so was vermissen. Erinnerung an die rauhe Fahrt entlang der europaeischen Nordsee- und Kanalkueste. Was haben wir geflucht beim Anblick des taeglichen Wetterberichtes. Und haben bitter lernen muessen, dass man generell mal Minimum 1-2 Beaufort oder 5-10 Knoten an Wind drauf haut auf das, was der Wetterbericht so vorhersagt. Dann liegt man richtig. Das gilt auch fuer die Karibik. Und die Inseln haben eh eigene Gesetze, Bergbestimmt. Dazwischen dann die Duesen. Wasser und Wind druecken sich zwei Landmassen hindurch und feiern ihre Freiheit. Klatsch, Bumm, Wusch — eine Megawelle rauscht mit Getoese uebers Schiff hinweg. Gut, dass ich grad in die andere Richtung geschaut hab!

Dominica kommt in Sicht. Vor uns laeuft ein Catamaran den gleichen Kurs, mal etwas links, mal etwas rechts vor unserem Bug. Lange bleibt die Distanz gleich. Von achtern schieben sich andere Yachten in unser Blickfeld. Der Skipper wird etwas unruhig, sobald die Logge unter 6 Knoten geht. “Soll ich nicht die Genua nochmal wieder rauslassen?” — “Ja, wenn die naechste Regenwolke durch ist, jetzt besser nicht”. Kaum gesagt, schon fauchen wieder 25-30 Knoten Wind ueber uns hinweg. Gleich danach haben wir nur noch um die 15 Knoten Wind und das Gefuehl, auf der Stelle zu stehen. Weich setzt sie ein, la grande Dame. Die moderate Besegelung bekommt ihr wirklich gut.

In Hoehe von Rosseau verabschiedet sich unser Wind. Troestend, dass auch die anderen Yachten einrollen, Segel wegnehmen und unter Maschine weiter fahren. Wir lassen das Grossoptimistisch stehen und koennen tatsaechlich einige Meilen weiter auch wieder segeln. Die “Konkurrenz” bleibt beim einmal gefassten Motor-Beschluss.

Wir segeln — fast die komplette Strecke bis zur liebreizenden und volltoenenden (Trommeln im modern Style, was sonst) Bucht von …. Gott, jetzt hab ich das schon wieder vergessen, diese Namen aber auch….. Prince Rupert Bay! Genau, das wars. Und der Ort (ist das ein Ort??) traegt den Namen Portsmouth. Hab ich das jetzt richtig geschrieben???

Am Nordende der Bucht ballt sich alles an Schiffen, was geht. Nur wenige Aussenseiter ankern weiter suedlich. Klar, wo es uns hinzieht oder? Wir wollen ja auch nur rasten, ausruhen, ein paar Stunden schlafen. Gar nicht einklarieren, nix anschauen, kein Dinghi ins Wasser lassen und morgen gleich weiter ziehen zu den Illes des Saint. Wo unsere Freunde warten oder noch hinkommen.

Aber hier und jetzt kommt uns erst einmal Alexis entgegen. In einem gelben Fischerboot. “How are you, is all fine? Alexis will see you on the anchorage” Aha, das ist gar nicht Alexis? Oder spricht er ueber sich selbst in der 3. Person?? UEber die Boatboys haben wir ja schon gelesen. Und auch auf dem Funk schon einiges mitbekommen. Sehr gefragt, die Jungs. Sie offerieren verschiedene Dienste, bieten Moorings an und sorgen laut dem Revierfuehrer auch etwas fuer Sicherheit auf dem Ankerplatz. Na, in unserer Abseitsecke wohl eher weniger. Wer hier liegt, ist selbst schuld.

Von Land her trommelt es schon wieder, unentwegt. Manche Ryhthmen verursachen bei mir Herzrasen, loesen Atemnot und Kreislaufbeschwerden aus. Dieser hier ist kurz davor. Dank Rotwein aus Le Marin ueberstehe ich den Abend einigermassen. Den Rest macht der Schlafmangel aus der Nacht zuvor. Ob die kommende Nacht allerdings ruhiger wird, bei dem anhaltenden und fast sogar die Musik uebertoenenden Rauschen der Brandung? Welcher Segler schlaeft da schon wirklich ruhig?

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