Tages-Archiv 12. Oktober 2012

Schlaflos in Lissabon bzw. Amora

Schlaflose Naechte….der Wind hat auf Nord gedreht. Ist es die innere Unruhe des „weiterfahren-wollens“ oder sind es einfach die ungewohnten Geraeusche, die mich schlecht schlafen lassen? Hier schlaegt ein Fall an die Saling, dort klappert die Rolle an der die Waeschespinne haengt. Masock bellt mitten in der Nacht laut und veraergert. Und mit einem ebenfalls veraergertem „Krah-krah“ fliegt ein Vogel auf und davon. Irgendwo auf dem Wasser. Was beide wohl aufgeschreckt hat? Nichts ist auf den Stegen zu sehen. Am anderen Ende des Platzes, am Zaun oder auch in Amora, bellen andere Hunde, beruhigen sich kaum. Werner steht auf, bindet das Fall weg. Kurze Zeit spaeter gehe ich an Deck, binde die Waeschespinne weg. Hin und wieder laeuft der Windgenerator an, stoppt aber gleich wieder – cleveres Kerlchen: wir liegen ja an Landstrom und die Batterien sind gut geladen.

An auswandern muss ich aber nicht mehr denken, auch wenn der Generator laeuft: die neue Halterung mit diversen Gummilagern in Kombination mit dem neuen Generator lassen mich zwar kurz wach werden, aber dann gleite ich schnell wieder hinueber in meinen ohnehin unruhigen Schlaf. Decke weg, Decke her – mal zieht ein kuehler Lufthauch durch das Luk, mal ist mir einfach nur warm. Was soll das eigentlich im Sommer werden??Wahrscheinlich schlafe ich dann an Deck :-).

Eine neuer Tag mit blauem Himmel ueber uns. Auch wenn die Luft frueh noch frisch-kuehl ist, das aendert sich schnell. Dicke, weisse Wattebauschwolken ziehen ueber das Blau, wie Luftschiffe, langs

am und majestaetisch. Nur keine Eile. Ein Satz von Ralf geht mir nicht mehr aus dem Kopf: „Kaum haben wir uns einmal bewegt, ist schon wieder eine Woche vorbei“. Gleichklang der Tage, arbeiten, warten auf die Leute von der Werft, Waesche waschen, einkaufen, essen, Gespraeche in Englisch, Deutsch, Portugiesisch. Es ist ruhig geworden in der Lagune. Die morgendlichen Muschelsucher wurden erst weniger und jetzt stapft so gut wie keiner mehr bei Ebbe durchs Schlick.

Andy von der Kama rollt ein 2. Mal sein Landstromkabel auf, grinst ueber beide Backen, fragt mich, ob ich ueberhaupt noch weiss, wie sich das anfuehlt. Oh ja, das weiss ich nur zu gut! Und naechste Woche rollen auch wir ein, das Kabel, und die Segel hoffentlich aus. Aber jetzt sind Jack und Werner noch mit der Montage unseres Autopilot-Motors beschaeftigt. Und das geht nicht mal so eben in 5 Minuten….Wunder dauern ja bekanntlich immer etwas laenger ;-)

Nebenan startet der Motor, das Ablegemanoever wird wie besprochen eingeleitet, fuehrt aber nicht zum gewuenschten Ergebnis. Also Plan B: rueckwaerts in die Achterleine eindampfen und dann nach steuerbord-voraus wegdrehen. Das funktioniert dann auch und irgendwie bekommen wir auch noch die Achterleine im letzten Moment los. Noch ein paar Mal rueckwaerts- vorwaerts und die Kama nimmt Fahrt auf. Locke steht auf Deck und troetet, Werner troetet mit unserer grossen Troete zurueck, alle winken. Langsam wird sie kleiner und kleiner, verschwindet endlich ganz hinter den Haeusern von Seixal. Diesmal wird wohl kein Motor heiss, nichts laeuft nicht so wie es soll und gleich werden wohl die Segel gesetzt.

Wir bleiben zurueck, in der gleissenden, blendenden Sonne von Amora. Die Waesche flattert auf der Leine, aus dem Motorraum dringen Arbeitsgeraeusche, es ist ruhig auf der Werft – Lunchtime. Und auch wenn Rafael uns mal gesagt hat, er koenne sich nicht an jede Yachtcrew erinnern, dafuer kaemen zu viele Yachten hierher, an die Kama wird man sich hier sicherlich noch lange erinnern. Und wahrscheinlich auch an Werner, an die Naja, vielleicht auch an mich. Masock, der Hund, erinnert sich ganz sicherlich ;-)

Noch einige Male meldet sich die Kama per Funk. Kanal 9. Wir hoeren Margreet am Mikrofon gut, sie uns leider nicht. Via SMS verstaendigen wir uns weiterhin. „Bis naechste Woche“ schreibt sie….

Der Platz an unserer Steuerbordseite ist merkwuerdig leer, freier Blick uebers Wasser. Haetten wir nicht gebraucht. Dicke, graue Wolkenberge verhuellen den grell-blauen Himmel zeitweise. Hochwasser. Und unter Deck wird immer noch an unserer Steuerung rum geschraubt. Hinter der Skyline von Casheilas erhebt sich die Bruecke nach Lissabon. Ob die Kama jetzt schon den den Tejo hinter sich gelassen hat? Vielleicht.

An der Antenne unseres Wetterempfaengers FMD 50 haengt ein simples Stueck Draht. Die eigentliche Antenne ist einfach weg „gefault“, korrodiert. Jetzt testen wir, ob wir mit dem Draht vielleicht auch Wetterdaten empfangen koennen. Auf jeden Fall muss eine neue Antenne gebastelt oder in Deutschland bestellt werden.

Im Buero der Werft ist ein grosses Paket aus Bremen eingetroffen. Absender ist SVB, der auch hier in Portugal aeusserts geschaetzte und beliebte Bootszubehoerhaendler. Der Empfaenger, Kalle von der Pigafetta, meint: „Wie Weihnachten“ und schleppt seinen Karton an Bord. Ich schleppe mich zur Yosoy – Internet. Nochmal Emails abrufen und versenden, die Website aktualisieren. Bei uns an Bord kann ich nichts wirklich tun und nach einem Gang zu Leclerc oder Lidl ist mir nicht so wirklich zumute. Caiado schlendert ueber den Platz, ziellos, antriebslos. Masock , sein Hund, ist verschwunden seit ich ihn heute frueh von der Leine gelassen habe. Wenn Caiado – so wie heute – weg faehrt, muss der Hund immer fuer eine Weile an die Leine, damit er dem Auto nicht hinterher rennt. Normalerweise bleibt er auf dem Platz, sucht in letzter Zeit auch immer unsere Gesellschaft und liegt hier vorm Schiff, heute dagegen hat er sich langsam aber zielstrebig von uns entfernt und ward nicht mehr gesehen seither. Aber hier gehen ja viele Hunde alleine spazieren. Er wird wohl wieder kommen.

Wenn die Sonne verdeckt ist, froestele ich leicht. O.k. ich sitze hier in einem duennen Sommerkleid, das ich in Deutschland selbst im Hochsommer nur hoechst selten getragen habe, ganz zu schweigen vom Monat Oktober. Von daher heisst das jetzt mal wieder „jammern auf hohem Niveau“.

Aber viel lieber wuerde ich unser Schiff auf- und einraeumen, das frisch gewaschene Bettzeug fuer den Besuch uebernaechste Woche bereit legen und ueberhaupt alles klar machen zum Ablegen. Stattdessen verfalle ich in leichte Lethargie, gehe nur den arbeitenden Maennern unter Deck aus den Fuessen, sinniere ueber dies und ueber jenes, lese „Nachtzug nach Lissabon“ zu Ende…nehme ich mir jetzt die englische Version dieses Buches vor oder widme ich mich dem niederlaendischen Roman „Papa Tango“, den Maria von der Yosoy geschrieben hat? Oder lese ich wieder mal simultan, beide zeitgleich? Mit „Lesereise Madeira“ koennte ich mich einstimmen fuer weitere Ziele unserer Reise, naechstes Jahr. Oder ich suche Reiseberichte ueber Portugal und Spanien denn „Fuer uns ist die Saison noch lange nicht vorbei“ (O-Ton Ralf von der Malwieder) und Recht hat er: vor uns liegen noch einige Segeltage, einige Haefen und Ankerbuchten. Bis auch wir dann im November irgendwann einen Platz fuer die Wintermonate suchen, wo wir bleiben koennen. Dieses Nicht-festlegen-muessen ist so entspannend, absoluter Luxus. Zeit haben, Eile mit Weile.

Und jetzt haben wir es doch tatsaechlich geschafft: die Steuerung ist zusammen gebaut und der Autopilot arbeitet wieder. Somit ist auch diese Baustele beendet! Freitag-Abend bzw. Spaetnachmittag - Feierabend. Morgen widmen wir uns noch unserem neuen Relais fuer die Ankerwinde.

Fortschritte

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Das alte Radom und der neue Windgenerator sind wieder an ihren Arbeitsplaetzen und verrichten auch ihren Dienst! Und der Windgenerator mit einem so niedrigen Geraeuschpegel, dass sogar ich in meiner Koje schlafen kann! Fantastisch! Jetzt wird gerade der Motor des elektrischen Autopiloten wieder eingebaut. Mal sehen, ob der dann auch funktioniert…

Elke Hofmann SY na ja Www.sy-naja.de