Monats-Archiv Februar, 2014

Bergfahrt von Ponta do Sol nach Porto Novo

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Freitag, 28.02.2014

An unserem letzten Tag auf Santo Antao bekommen wir noch vor dem Fruehstueck ausreichend Gelegenheit, die auslaufenden Fischer in ihren kleinen Booten zu beobachten. Immer wieder spannend und fesselnd. Kaum koennen wir uns loesen.

Fruehstueck wie gehabt, lecker. Dann grosser Abschied von den Inhabern der kleinen Pension, Senora Dedey und Senor Aldevinho Lopez. Abschiedsfoto mit und ohne Enkelin ist natuerlich ein Muss. Das Maedel hat eigentlich Karneval im Kopf und ist auch gleich wieder verschwunden.

Mit dem Aluguer geht es dann wieder los. Pedro sammelt noch einen Trupp Schulmaedels ein, die karnevalistisch gestylt, kichernd und strahlend einsteigen, uns hoeflich auf franzoesisch einen guten Tag wuenschen. In Ribeira Grande verlaesst uns der Trupp dann und strebt mit vielen anderen der Schule zu.

Linkerhand zweigt das Ribeira da Torre ab, was auch sehr gruen wirkt. Das Aluguer schmeisst schwarzen Rauch aus dem Auspuffrohr und quaelt sich teilweise im ersten Gang durch die Serpentinen der — wie immer — gepflasterten Bergstrasse. Kleine Steinhaeuser kleben auf Bergruecken und Felsvorspruengen oder an den Haengen. Ziegen, Esel und vereinzelte Kuehe stehen angepflockt auf Wiesenflaechen. Steil geht es teilweise neben der Strasse runter. Nur eine niedrige Steinmauer grenzt die Strasse vom Abhang ab. Immer wieder geht es ueber schmale Grate, links und rechts nur Abgrund. Unsere Bewunderung fuer die Erbauer der Strassen steigt. Am Delgadim (delgado = schmal, d?nn) ist eine Art Aussichtspunkt. Wir steigen aus und blicken ehrfurchtsvoll in die Tiefe. Hier weht ein kraeftiger Wind, die Sicht dagegen ist leider nicht sehr gut. Dunst und Staub liegen in der Luft und lassen alles milchig-diesig wirken. Trotzdem beeindruckend. Hier oben begegnen uns nur noch wenige Autos. Durch die unscheinbaren Ortschaften Corda und Espongeiro geht es weiter. Hier beherrschen Pinien, Kiefern, Zypressen und Eukalyptusb?ume das Bild. In Espongeiro fuehlen wir uns ein klein wenig wie im Schwarzwald — Tannen stehen ringsum und statt des Brandungsrauschens rauscht jetzt der Wald. In einem kleinen Innenhof wird in einem grossen Holzmoerser Mais gestampft, die obligatorische Bar sowie zwei kleine, direkt nebeneinander liegende Mercados duerfen auch nicht fehlen. In einem bekommen wir einen Ziegenkaese, den letzten. Die Besitzerin strahlt in die Kamera. Ein grosses Schild kuendet von einem Wasserleitungsbau, der durch die Unesco mitfinanziert wird. Von Bauaktivitaeten ist derzeit nicht allzuviel zu bemerken, lediglich ein dicker schwarzer Wasserschlauch ragt an einer Stelle etwas unmotiviert aus dem Boden heraus.

Auch in diesem Tag gibt es ueberall offenbar fruchtbare Felder. Alle mit Steinmauern terrassiert und abgegrenzt, mal bepflanzt, mal frisch umgegraben, mal brachliegend wirkend. Dann erreichen wir den Cova-Krater. Kreisrund, die ebenmaessige Caldeira eines erloschenen Vulkans mit einem Durchmesser von 800 Metern und auf etwa 1170 Metern Hoehe liegend. Hier waechst laut Reisefuehrer Mais, jetzt ist der Boden eher braun-gruen und nur einige Kuehe sind zu erkennen. Auch entspringt hier die einzige ganzjaehrig fliessende Quelle der Hochebene. Wir sind beeindruckt und staunen. Hinter dem naechsten Berg liegt das Tal von Paul und man kann in 3-4 Stunden dorthin wandern, meint Pedro. Hmm, wir wohl eher in 5-6 Stunden!

Dann wandelt sich die Landschaft relativ schnell in trocken und karg. Gelbbluehende Aloe-Vera Pflanzen bestimmen den Strassenrand und niedrige zartgliedrige Buesche ueberziehen die Haenge, trotz des zarten Gruens irgendwie duerr wirkend. Die letzten Meter vor Porto Novo gibt es dann ausser Sand nix mehr. Mitten drin ein Neubaukomplex, unbewohnt. Die Parkbuchten koennen wohl nur von einem Allradfahrzeug genutzt werden, der Hoehenunterschied von der Staubpiste zur ordentlichen Pflasterung ist fuer ein normales Auto schwer ueberwindbar.

Porto Novo begeistert uns nicht wirklich. Eine Hafenstadt, staubig und nicht besonders ansehnlich. Die Wartezeit bis zur Abfahrt der Faehre verbringen wir in einem italienischen Restaurant und spaeter in der grossen, modernen Wartehalle des Faehrhafens.

Auch heute ist die Faehre wieder gut ausgelastet, das Freideck fuellt sich schnell und wir ergattern nur noch einen Mittelplatz in einer der hinteren Reihen. Einige Kap Verdianer mit Gitarren fahren ebenfalls mit und innerhalb kuerzester Zeit wird neben uns Musik gemacht, gesungen, getrommelt oder auf dem Boden sitzend Karten gespielt. Man kennt sich, Begruessung hier, Zurufe dort, eine Wasserflasche dreht die Runde — der Inhalt besteht wohl kaum aus Wasser. So wird die Ueberfahrt extrem kurzweilig und da sowohl der vorgelagerte kleine Felsen noch Sao Vicente selbst im Dunst erst relativ spaet erkennbar sind, bekommen wir erst spaet mit, dass wir fast schon da sind. Die Musiker jedenfalls lassen sich auch vom Festmachen und dem Andrang an der Treppe nicht stoeren und singen begeistert weiter.

Dann hat uns Mindelo wieder. Cacique und Naja liegen brav und unversehrt am Steg, lediglich einen unserer Ruckdaempfer hat es zerbroeselt. Erstaunlich, dass er so lange durchgehalten hat, sah er doch schon in La Linea nicht mehr ganz so taufrisch aus!

Ribeira da Paul

Donnerstag, 27.02.2014

Nach einer ungewohnt ruhigen Nacht (nix wackelt, schaukelt oder ruckt) zieht es uns noch vor dem Fruehstueck wieder an den kleinen Fischerhafen. Werner hat schon vom Fenster aus ein auslaufendes Fischerboot(chen) beobachtet, das muessen wir uns jetzt natuerlich auch aus der Naehe anschauen.

Nach dem Abenteuer Dusche (auf der Toilette sitzend kann eine zweite Person Dank des aus allen Fugen des Brausekopfes spruehenden Wassers locker mitduschen, waehrend der eigentlich Duschende nur ein schwaches Rinnsal entweder kochend heisses oder kaltes Wasser abbekommt) und eine Reparatur der Toilettenspuelung geht es also ans Wasser. Schon komisch, da haben wir das 24 Stunden um uns herum und dann zieht es uns in unserem Urlaub vom Schiff schnurstracks doch wieder ganz magisch zu eben diesem Element hin.

Unter dem Dach des kleinen Pavillons sitzen bereits einige Maenner, kartenspielend oder das traditionelle kapverdische Brettspiel vor sich, rauchend, erzaehlend, lachend. Der kleine fahrbare und mit einem Hai bemalte Imbiss hat seine Luke noch geschlossen. Dafuer ist der im alten Zollhaus untergebrachte Souvenirshop bereits geoeffnet und wartet auf Kundschaft. Davon gibt es hier im Prinzip reichlich: Ponta do Sol scheint bei Wanderern ein sehr beliebtes Ziel zu sein, es gibt einige Pensionen und auch Hotels.

Tatsaechlich macht sich gerade ein Fischerboot zum auslaufen fertig: Der Aussenborder wird angehaengt, 3 Maenner schieben das Boot ins Hafenwasser und nehmen ihre Plaetze ein. Einer am Motor als Steuermann, die anderen packen die langen Holzriemen und halten das Boot in Position. Wie alle Aussenborder so haben auch diese hier die Eigenheit, nicht ganz stoerungsfrei zu laufen und es werden mehrere Startversuche benoetigt. Die Maenner auf der Pier beobachten derweil den Wellentanz draussen vor der Mauer und geben Zeichen, wenn eine guenstige Auslaufphase beginnt oder wenn grade mal wieder eine Monsterwelle auf die schmale Hafenzufahrt zulaeuft. Dann ist es soweit: Der Motor bekommt Vollgas und es heisst „Ab durch die Mitte“. Richtig elegant sieht das aus. Draussen dann balancieren die Maenner den Ritt ueber die Brandungswellen stehend aus und schon ist das Boot nur noch ein kleiner, bunter Punkt auf dem Meer.

Jetzt koennen wir zum Fruehstueck gehen. Das nehmen wir im stilvoll eingerichteten Wohnzimmer der Familie ein. Eine Hausangestellte versorgt uns mit pechschwarzem Kaffee und frisch zubereiteten Omelettes. Kuchen (hmm….hmmmmm….nach was schmeckt der??? Egal, jedenfalls ist er total lecker!), Kaese, Marmelade, Broetchen, Bananen – wir vermissen nichts. Der Hausherr kommt, die rheuma- und gichtgeplagten Knochen auf einen Gehstock gestuetzt, um uns zu begruessen. Nach vielen Jahren auf See geniesst er nun die Fuersorge der Familie, erfreut sich an den wohlgeratenen Kindern und Enkelkindern und managt mit seiner Frau die Zimmervermietung der Pension Dedey. Sein Deutsch ist sehr gut und der freundliche, alte Herr erinnert Rosi an die Gutsherren aus ihrer venezulanischen Jugend.

Gut gestaerkt bummeln wir noch etwas durch die Gassen von Ponta do Sol, finden die kleine Baeckerei wieder, vor der wir gestern bereits standen. Heute frueh zieht doch tatsaechlich ein verfuehrerischer Duft nach frischen Backwaren aus der schlichten Holztuer. Also nix wie rein! Drinnen sieht es so gar nicht nach Baeckerei aus, Kanister stapeln sich neben Brennmaterialien aller Art. In einer besonders dusteren Ecke steht der Backofen und der Baecker beginnt gerade, grosse Bleche mit Broetchen und kleinere mit Broten aus dem Ofen zu holen. So wie die Bleche auf der gemauerten Ablage mehr werden, vermehren sich auch die Kunden. Eine kleine Schlange bildet sich. Es wird erzaehlt und gelacht. Wahrscheinlich finden es die Einheimischen lustig, dass wir das alles so bestaunen und auch noch fotografieren. Schliesslich sind auch wir an der Reihe und dampfen mit zwei Tueten warmer, duftender Broetchen wieder ab. Rosi strahlt mit der Sonne um die Wette: Was fuer ein gelungener Tagesbeginn!

An der Hauptstrasse treffen wir unser Aluguer von gestern wieder und handeln den Fahrpreis fuer zwei Tagestouren aus. Pro Tag 40 Euro erscheinen uns angemessen. Dafuer koennen wir uns alle vier entspannt zurueck lehnen und die Ausblicke geniessen. Und bekommen von Pedro noch das ein oder andere ueber seineHeimat erzaehlt. Die Touren sind besprochen, los geht es.

Entlang der Kueste geht es bis nach Villa das Pombas (auch Paul genannt). Hier fuehrt eine traditionell gepflasterte Strasse in das gleichnamige Tal, was uns sogleich mit seinem saftigen Gruen und der vielfaeltigen Vegetation gefangen nimmt. Zuckerrohr, Papaya, Mango, Kaffeepflanzen,Gemuesebeete und dazwischen hohe Baume, deren Namen mir nicht bekannt sind. Schulkinder laufen in kleinen Gruppen die Strasse entlang, maskiert, karnevalmaessig bemalt oder die Jungs mit selbstgebastelten Trommeln im Arm.

Ein blitzblaues Schwimmbecken kontrastiert im Tal mit pinkfarbenen Bougainvilleae. Maenner arbeiten auf den terrassierten Zuckerrohrfeldern. Steinmauern durchziehen ueberhaupt in vielfaeltigen Variationen die Taeler hier, sind notwendig und wichtig. Wasser plaetschert und die Wasserbecken sind gut gefuellt, eines wird von zwei Jugendlichen als Schwimmbecken genutzt. Das Tal ist umgeben von hohen, gezackten Bergen, die sich braun-gruen gegen den strahlendblauen Himmel abheben. Was fuer ein Panorama! Da wird sogar der Antigebirgsmensch Werner schwach und ist einfach nur noch begeistert! Zum ersten Mal können wir verstehen, dass es Europaer gibt, die hier haengen geblieben sind.

In Cabo de Ribeira ist fuer das Aluguer Endstation. Lokale Aluguers scheinen zwar noch ein Stueck weiter zu fahren, aber das stoert uns nicht. Von hier aus wollen wir jedenfalls erst einmal ein Stueck laufen. Durch den wirklich kleinen Ort (bestehend aus zwei Kneipen, einem kleinen Supermarkt, einer Autowerkstatt und 5 sonstigen Haeusern geht es in Kurven auf die andere Talseite. Eine Felswand glaenzt nass in der Sonne, weiter unten plaetschert ein kleiner Bach. Ein Hinweisschild fuehrt uns einen Seitenweg zu einer Crogue-Destillerie. Die liegt etwas versteckt zwischen Zuckerrohr, der Geruch ist aber ein unfehlbarer Wegweiser. Vorsichtig betreten wir den Innenhof und bestaunen die Zuckerrohrpresse. Auf der einen Seite Zuckerrohr rein, in der Mitte frisch gepresster Saft raus. Die Reste des Rohres werden hier ganz eindeutig als Brennmaterial verwendet. Die Presse wird zwar bereits maschinell und nicht mehr mit Eseln betrieben, alles andere sieht aber noch sehr traditionell aus. Ein aelterer Mann sitzt an einem Wasserfass und reinigt Flaschen. Ganz stolz praesentiert er uns das Ergebnis seiner juengsten Bemuehungen fuer ein Foto. Der Sohn des Destillerieinhabers erklaert uns alles ausfuehrlich, beantwortet geduldig unsere Fragen, laesst uns schauen und probieren. Ehrensache, dass wir im kleinen Verkostungsraum dann auch Ponche, Doce und herrlich duftende Kaffeebohnen kaufen.

Leider bleibt uns nun keine Zeit mehr fuer eine Fortsetzung unserer Wanderung. Unser Fahrer wartet, wir sind schon ueber der vereinbarten Zeit. Begeistert erzaehlen wir ihm von der Destillerie. Etwas talabwaerts legen wir dann noch einen Erfrischungsstop an einem „Deutschen“ Restaurant ein. Der Initator, ein Oesterreicher, lebt seit 32 Jahren auf Santo Antao und im Restaurant werden in erster Linie selbst angebaute Produkte verwendet oder verkauft. Auch Crogue wird hergestellt und die Familie lebt in traditionellen Steinhaeusern mit Schilfdaechern. Auch hier erfahren wir einiges ueber Land und Leute, ueber das Leben hier und ueber geplante Projekte. Was man doch fuer interessante Menschen an solch entlegenen Flecken trifft!

Am Hafen von Ponta do Sol koennen wir dann noch einlaufende Fischerboote beobachten. Der Fang wird in grosse Plastikschuesseln gepackt und zu den Steintischen unterhalb des Pavillons gebracht. Dort ist schon eine Waage aufgebaut und eine ganze Gruppe Menschen steht drumherum. Die Fische werden hin und her geworfen, gewogen, einem Kaeufer zugeteilt, wieder weg genommen und letztendlich vom Gluecklichen abtransportiert. Einige gehen leer aus und tun ihren Unmut darueber auch lautstark kund. Fuer uns ist das ein farbenfrohes Spektakel. Fuer die Menschen dort unten so oder so Alltag und lebensnotwendig. Einige setzen sich gleich ans Wasser und saeubern die Fische, umringt von den unvermeidlichen Hunden und einigen Wattlaeufer aehnlichen Voegeln. Alle hoffen auf ihren Anteil, die Katzen halten sich angesichts der bellenden Uebermacht dezent im Hintergrund.

Dieser tolle Tag findet seinen kroenenden Abschluss in einem leckeren Abendessen im Restaurant Bukinha Salgod (wir hatten am Morgen vorsichtshalber einen Tisch reserviert) mit Livemusik. Zwei Gitarristen, ein trommelnder Saenger und spaeter noch ein weiterer Sangeskuenstler sowie mehrere tanzwuetige Franzosen und Einheimische zaubern eine super Stimmung in das kleine Lokal. Irgendwann sind wir aber von den vielen optischen und akustischen Eindruecken des Tages schlichtweg ueberfordert. Der Magen ist Cachupa-gefuellt und so geht es nach einem kurzen Verdauungsgang durch den Ort ins Bett. Von irgendwoher klingt noch die Musik der durch den Ort ziehenden Karnevalsgruppe her, die Brandung droehnt vom Hafen herauf, irgendwann schlafe ich dann doch noch ein.

Wasserrueckhalte- und Schwimmbecken -universelle Nutzung im Ribeira da Paul

Wasserrueckhalte- und Schwimmbecken -universelle Nutzung im Ribeira da Paul

Schulmaedchen in ihrem Schulkittel auf dem Nachhauseweg

Schulmaedchen in ihrem Schulkittel auf dem Nachhauseweg

Zuckerrohrpresse - hier wird noch ganz traditionell Crogue produziert

Zuckerrohrpresse - hier wird noch ganz traditionell Crogue produziert

In der Baeckerei von Ponta do Sol
Im Ribeira da Paul - Farbenpracht

Im Ribeira da Paul - Farbenpracht

In der Baeckerei von Ponta do Sol

Naja angelt oder Umzug in die Marina Mindelo

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Fang des Tages - wir beteiligen uns an der Aktion “Sauberer Ankergrund in der Bucht von Mindelo” ;-)
Da ist uns aber ein dicker Brocken an den “Haken” gegangen! Ankerfang.JPG

Montag, 24.02.2014 Umzug

Nach drei zwar etwas schaukeligen aber relativ ruhigen Tagen vor Anker ziehen wir heute in die Marina um! Und zwar entgegen des urspruenglichen Plans schon am Vormittag. Dinghi soll hinterher gezerrt werden, also einfach nur Anker auf und an den in Sichtweite liegenden Steg. Tja, das mit dem Anker auf ist dann so eine Sache. Der will nicht, strapaziert die Geduld und Kraft unserer Ankerwinsch extrem. Ueberfahren, ziehen an der Trippleine — nix bringt ihn wirklich hoch. Irgendwie sind wir dann aber doch frei und koennen Fahrt aufnehmen. Der Anker haengt allerdings noch im Wasser — geziert von einem riesigen Trumm — ja, was ist das eigentlich???? Das “Ding” hat die Spitze unseres Buegelankers jedenfalls fest im Griff. Am Steg werden wir es hoffentlich richten, sprich loswerden. Ueber Funk angemeldet haben wir uns, also steuern wir zielstrebig Pontoon C an. Der von uns begehrte Laengsseitsplatz am Hauptsteg wird uns allerdings verwehrt. Dafuer erhalten wir sogleich tatkraeftige Unterstuetzung fuer unser Ankerballastproblem. Hafenmeister Tuga und zwei seiner Mannen bekommen unseren Anker nach einigem Hin, Her, Ankerkette hoch-runter endlich frei! Am Steg sind wir natuerlich DIE Attraktion. Kein Wunder, wer angelt schon mit seinem Anker und dann gleich einen solchen Brocken?? Ein Nachbar macht Fotos, ich habe vor lauter Hin und Her auch gar keine Zeit dazu. Aber jetzt liegen wir erst einmal und tuedeln unsere Festmacher und Fender zurecht. Und sind sehr zufrieden mit uns, haben wir uns doch aeusserst erfolgreich an der Undercover-Aktion “Sauberer Ankergrund in Mindelo” beteiligt!

Woran erkennst Du, dass Du in der Marina Mindelo liegst? Mit Sicherheit an Seglern, die ueber die Stege torkeln als haetten sie zu tief in die Croqueflasche geschaut aber in Wahrheit stocknuechtern sind. Die Stege machen ebensolche Bockspruenge wie die daran befestigten Boote, Festmacher ohne Ruckdaempfer oder sonstige Federungsmassnahmen lassen die Schiffsklampen ordentlich knirschen.

Achterbahnfahren ist ja bekanntlich kein preiswertes Vergnuegen und so duerfen wir hier fuer unsere ca. 63 qm round about 36,50 Euro pro Nacht zahlen. 100 Ltr. Wasser inclusive, Strom extra, Warmwasser in den Duschen nicht immer garantiert.

Da wir aber unser Grosssegel von Tuga naehen lassen und auch 3 Tage mit der Faehre nach Santo Antao fahren werden, ziehen wir die bewachte Marina fuer eine Woche dem Ankerplatz vor. Schade, dass es im Sportfishing Club Mindelo (Club Nautico) keine Gastliegeplaetze gibt! Dort haette es uns noch besser gefallen, wie wir nach einem aeusserst interessanten und netten Gespraech mit Sac, einem gebuertigen Azoreaner, feststellen.

Am Nachmittag schaffen wir es dann auch endlich, bei der Policia Emigration einzuklarieren, geben unsere Bootspapiere ab, fuellen ein Dokument aus. Auch hier sind alle sehr sehr nett. Auf dem Rueckweg loesen wir schon mal die Faehrtickets.

Am Abend wird dann noch unser Segel auf ein Aluguer gepackt und bekommt etwas von Mindelo gezeigt. Sicherheitshalber mache ich nochmal ein Foto vom Segel :-)). Hoffentlich kann Tuga unseren Riss im Vorliek auch mit eingesteckten Segellatten naehen, ansonsten wird die Aktion sicherlich sehr teuer. Die Entfernung unserer Latten duerfte relativ zeitaufwendig sein.

Ankunft auf Sao Vicente

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Ankerplatz in der Bucht von Mindelo
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Sao Vicente - karg wie Sal und doch wieder ganz anders!

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Die Cacique hat ihr “Geheimnis” gelueftet: Der Anker ist frei!

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Ein letztes Zusammensitzen mit Carlos am grossen runden Tisch vor Armindas Bar in Palmeira auf Sal

Im Sal-Jetlag

Heute Vormittag haben wir nach einer sehr schaukeligen und entsprechend anstrengenden Nacht Mindelo auf Sao Vicente erreicht. Mit ca. 120 Seemeilen wahrlich keine lange Etappe, aber irgendwie anstrengender wie die Strecke von El Hierro nach Sal. Wind zwischen 15 und 30 Knoten und Wellen von der Seite mit teilweise Hoehen ueber 3 Meter haben uns das Leben wirklich nicht leicht gemacht. Das sind keine Segelboote, das sind verkappte Seeschaukelpferdchen!!!

Rosi & Ludwig auf der Cacique sind eh noch etwas angeschlagen von einer Magen-Darmverstimmung, Werner und ich haben definitiv zu wenig getrunken und kaum etwas gegessen und fuehlen uns entsprechend malade. Hinzu kommt ein Schlafdefizit, in erster Linie verursacht durch die immer wieder neue und wechselnde Gerauschkulisse: Jetzt klopft da doch auf einmal was gegen den Mast!! Und wieso quietscht der Herd ploetzlich? Knarz, Aechz, Ponk, Bumm, Tocktock — armes Schiff, was Du alles aushalten musst. Die Toilettentuer — normalerweise mit 3 Scharnieren befestigt — schliesst wenigstens wieder zuverlaessig und das obwohl das unterste Scharnier gebrochen ist, das muss man nicht verstehen. Und apropos Toilette: Das mit dem Trinken liegt ganz einfach daran, dass man geneigt ist, jeden Gang zur Toilette zu vermeiden. Einhaendig die Segelhose runterziehen, Ventile auf- und zudrehen und ueberhaupt das Gefuehl zu haben, auf einem Schleudersitz gelandet zu sein — das ist nichts, was man haeufiger in der Nacht machen moechte. Und es ist auch nichts, was dazu angetan ist, meine Seekrankheit nicht ausbrechen zu lassen. Der Geruch ueberreifer Bananen ist aber auch hardcore, da muss ich dann doch ganz schoen schlucken, als mir der beim Weg zur zweiten Schlafrunde unvermittelt in die Nase steigt.

Im Kanal zwischen Sao Antao und Sao Vicente laeuft die Welle dann mehr mit uns und wir sind froh, dass wir nur Windstaerken so um die 17 Knoten haben. Der kleine, Leuchtturmbestueckte Felsen vor der Bucht von Mindelo kommt ziemlich schnell naeher und die Brandung schlaegt kraeftig gegen ihn. Wie haette es auch anders sein koennen: Auch die Faehre kommt von Sao Antao und nimmt Kurs auf Mindelo — hatte mich ja auch arg gewundert, wenn ich die allein auf weiter Flur gewesen waere! Cacique hat den Hafen schon erreicht, den Abstand von erst 3, spaeter 1,5 Seemeilen haben wir waehrend des ganzen Toerns halten koennen.

Aber alles ist dann vergessen, als der Anker nach dem 5. Anlauf endlich sitzt und wir ueber tuerkisfarbenem Wasser schweben. Wie kann man nur so tuerkis-schoen sein und trotzdem so undurchschaubar-milchig? Kein Grund ist zu sehen. Die langen Algen an den Festmacherleinen in der Marina zeugen von sehr naehrstoffhaltigem Wasser — wir wollen das mal nicht so im Detail vertiefen.

Unser Ankermanoever ist auch wieder spannend und endet damit, dass der Skipper am Ruder stehend mit Vollgas auf die auserkorene Luecke zuprescht (das haette ich mal machen sollen, da haett ich aber Order bekommen “nicht so viel Gas!”), platsch den Anker fallen laesst (der ganz nach franzoesischer Manier schon halb im Wasser hing), ordentlich Kette nachgibt und meine Aufgabe darin besteht, den Ankerball ueber die Reling ins Wasser zu pfeffern. Fasziniert beobachte ich, wie sich unser Schiff im wahrsten Sinne des Wortes querstellt und so langsam achteraus treibt — den Ankerball brav im Schlepptau. Irgendwann kommt das ganze Paket aber dann doch zum Halten, der Sicherheitsabstand zu saemtlichen Nachbarn ist ausreichend gross und wir koennen die Maschine stoppen. Meine Anlaufversuche waren viel zu zaghaft, zu wenig Gas bei zuviel Wind

Palmeira Impressionen

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Beliebte Feierabendtaetigkeit: im Windschatten der Haeuser sitzt man zusammen und spielt Karten
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Die Polizeistation: hier gibt man bei der Ankunft die Schiffspapiere ab und erhaelt sie bei der Abreise wieder zurueck. Im Hintergrund das blaue Gebaeude ist das Wasserhaus, wo es vormittags gegen eine geringe Gebuehr salzfreies Wasser in die mitgebrachten Kanister gibt

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Am Haus gegenueber der Polizeistation haengt noch die gleiche “Waesche” wie vor 3 Wochen …. Sal, hier steht die Zeit?!

Heute gibt es nur ein paar fotografische Impressionen von Palmeira. Nachdem es uns gestern am fruehen Abend nicht mehr gelungen ist, auszuklarieren, haben wir das Thema heute frueh erfolgreich in Angriff genommen. Noch Wasser holen und dann zum ueblichen Sit-In bei Arminda. Morgen soll es dann heissen: Adeus Palmeira, adeus Sal.

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