Monats-Archiv Juli, 2012

Von Landgang und Wellengang

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Heute steht Landgang auf dem Plan. Wir zockeln nach St. Anne. Der Weg dorthin geht zwar bergauf, ist aber kurzweilig, da wir den Blick von hier auf die Braye Bay geniessen und natuerlich auch Haeuser gucken, die hier in den Hang gebaut sind. Wir bummeln ausgiebig durch die Gassen von St. Anne, geraten von der Einkaufsmeile relativ schnell in ruhige Seitenstrassen und wieder zurueck auf die “Hauptstrasse”. Einer der hier so typischen kleinen Lieferagen kommt uns dort entgegen und der Fahrer ruft uns zu, dass wir den Ort ja jetzt einmal gerundet haetten. Ich gucke verdutzt: kennen die uns hier etwa auch schon??? Klar, den haben wir gerade eben an der alten Tankstelle in einer der besagten Seitenstrassen schon getroffen und freundlich gegruesst. Fuer Werner finden wir in der Poststation mit angeschlossenem Gruschelladen (ueberwiegend Souvenirs, Postkarten und Strandartikel) endlich auch einen ihm genehmen Sonnenschutz-Hut! So einen tragen die Jungs vom Hafenbuero auch wenn sie auf ihre morgendliche Welcome-Tour durch die Bucht fahren, das hat ihn wohl von dem praktischen Nutzen eines solchen Accessoires ueberzeugt! St. Anne ist ein ueberaus angenehmes, typisch englisch wirkendes Oertchen. Und man sieht natuerlich auch typische englische Ladies. In einem Schaufenster sind Womble-Figuren ausgestellt und im Buchladen kann man natuerlich alle Geschichten der Wombles in Buchform erwerben. Werner meint, ihm reichen die bereits an Bord befindlichen “Wombles” absolut….ich weiss gar nicht, was der da immer mit meint….?? Ein Caf? auf einer sonnigen Terrasse, Einkauf im Le Cocque direkt am Hafen und dann bekommen wir im Yacht-Club wider Erwarten doch noch Internetzugang! Und dazu gibt es kurze Zeit spaeter leckeren, selbst gebackenen (ok. nicht von mir!) Kuchen und Kaffee. Da koennen wir nicht widerstehen und so dehnt sich unser Aufenthalt im Clubhaus auch noch etwas aus. Man kommt ins Gespraech mit anderen Seglern, guckt sich die Wetterforecasts an und erfaehrt, wann man am besten auf der Westseite von Alderney durch die “The Swinge” gehen kann. Zurueck am Dingi-Steg schwant uns schon nix gutes! Der Steg schwankt und schaukelt maechtig - und das kommt nicht vom Konsum alkoholischer Getraenke! Nein, der Wind hat seit heute frueh nochmal ordentlich zugelegt und es steht auch entsprechend Schwell in die Bucht. Aber nutzt ja nix, wir muessen ja nun mal zu unserem Schiffchen zurueck. Also alles eingepackt, ich setze mich schuetzend vor die Baguettes (die nicht mehr in den Rucksack gepasst haben…) und los geht das. Die letzten Meter vorm Schiff werden die Wellen dann nochmal hoeher, ich bekomme doch noch eine ordentliche Ladung Salzwasser ab und wir haben Muehe, vom schaukeligen Beiboot aufs genauso schaukelige Schiff zu kommen. Aber alles wird trocken und heile an Deck geschafft. Puh, das so eine kurze Dinghi-Fahrt schon so anstrengend sein kann! Das wird ja eine unruhige Nacht werden - bei jeder hoeheren Welle knallt es vorne im Vorschiff ordentlich. Die Kette laeuft nur noch ueber die zweite Rolle, von der ersten hat sie sich durch das wilde auf und ab erstmal verabschiedet. Und bei dem Zug, der drauf steht, kann man da auch nix machen. Vielleicht wird es ja spaeter wieder etwas ruhiger. Unser Schweizer Nebenlieger, ein groesserer Klipper, will von der Mooringboje weg. Bloederweise hat sich deren eigene Leine irgendwie an der Boje verhakt. Letztendlich springt ein junges Maedchen aus der Crew ins Wasser und loest Schaekel und Leine von der Boje. Ganz schoen mutig! Auf der Mooringseite sind noch viele Bojen frei, die meisten ankern lieber mit dem eigenen Geschirr, das ist wohl einfacher, wie so eine Boje bei dem hoch-runter zu erwischen. Ich glaub, ich ess heut nix mehr…..das fehlt mir noch, seekrank werden vor Anker! Mit vereinten Kraeften ist es uns jetzt zumindest gelungen, die Kette wieder auf die Rolle zu bringen, das Schiff dagegen rollt weiterhin ordentlich und jeder Gang unter Deck oder aufs Vorschiff fordert unseren Gleichgewichtssinn ungemein.

Alderney

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Alderney - unsere erste Kanalinsel! Irgendwie bin ich viel zu platt, um einen langen Bericht zu schreiben :-) 3:30 aufstehen (nachdem die halbe Nacht das Nebelhorn von St. Vaast rum getroetet hat…weiss der Geier, wo der Nebel war!) Ueberpuenktlich kommen wir los, weil das Anker-auf Manoever besser geklappt hat wie erwartet. Und raus geht es bei einer kuehlen Brise - leider mehr aus West. Irgendwie scheint der Wind auch so seine Probleme mit dem Wetterbericht zu haben ;-) An Barfleur gehen wir recht dicht vorbei - bei mehr Wind wuerden wir das allerdings vermeiden, schon jetzt strudelt und wirbelt es hier ganz ordentlich. Das gleiche Spiel beim Cap de la Hague. Vor uns taucht schon ein Felsen auf, den wir als Alderney identifzieren. Meine Guete, wir sind ja puenktlich wie die Maurer zum berechneten Zeitpunkt da! Der Skipper schaut verwundert auf seinen Spickzettel von gestern abend, auf die Uhr und kann es gar nicht fassen. Da hat uns der mitlaufende Strom richtig gut geschoben. Um 10:30 MESZ faellt unser Anker in der Braye Bay von Alderney. Anmeldung ueber Funk, setzen der gelben Flagge Q - jetzt harren wir gespannt der weiteren Dinge. Und tatsaechlich: 2 nette Herren kommen mit einem offenen Boot angebraust, begruessen uns, erklaeren uns die Modalitaeten und Preise, kassieren 10 Euro fuer 2 Tage Ankern und ueberreichen uns das Einklarierungsformular samt Infobroschueren ueber Alderney. Weg sind sie wieder. Waehrend ich noch unten durchs Schiff tobe und das vermaledeite Portemonnaie suche (gestern abend hatte ich es noch in der Hand, ich weiss es genau), hat Werner schon an Deck den Obulus entrichtet und mich in dem Glauben gelassen, die beiden haengen immer noch an unserer Reling. Voellig entspannt guckt er mich fragend an, als ich endlich fuendig geworden mit nem Zehner in der Hand an Deck erscheine und auf die leere Wasserflaeche neben unserem Boot. Jetzt erst mal in Ruhe ein 2. Fruehstueck geniessen! Die Bucht wird umrahmt von Felsen und einer langen Mole. An der Mole liegen gelbe Gast-Mooringbojen, gegenueber dann das Ankerfeld und weitere Mooringbojen. Nach dem Fruehstueck machen wir die Gummiwutz und den AB startklar. Schmutzwaesche und Duschsachen rein, ab geht es zum Dinghi-Steg im Inner Harbour (na ja fast). 2 Waschmaschinenladungen spaeter sieht unser Boot extrem bunt aus und hat ueber alle Toppen geflaggt - mit Handtuechern, T-shirts und sonstigen dekorativen Stuecken. Zur Feier des Tages und weil alles inclusive uns so sauber ist, wird auch noch die Bettwaesche gewechselt waehrend die Muscheln aus St. Vaast (2? das Kilo!) im Topf garen. Meerwasser, etwas Weisswein, eine Zwiebel - mehr ist nicht vonnoeten, um die Moules a la board schmackhaft werden zu lassen. Wir doesen und geniessen diesen herrlichen Sommertag. Kaum ist man 50sm weiter, schon ist es ein Stueck waermer, sommerlicher. Gestern in St Vaast mussten wir doch oft einen Pullover ueberziehen, weil der Wind ziemlich kuehl in die Plicht pustete. Das ist heute vergessen und eigentlich lockt das frisch-gruene und klare Wasser der Bucht zum schwimmen. Aber wie gesagt: frisch geduscht….jetzt nochmal ins Salzwasser, baeh, nee. DAs Wasser faellt wir sind gespannt, wieviel wir hier bei Niedrichwasser noch unter unserem Kiel haben werden. Die Brandungsgeraeusche an den Felsen werden aber auch weniger. Und die Sonne strahlt uns an von einem traumhaft blauen Himmel. Hach, gar kein Vergleich mehr mit den ersten 4 Wochen unserer Reise. Und wir geniessen es einfach nur!! Hier werde ich auch an laengst vergessenes erinnert: Die Buchautorin und Erfinderin der Wombles, Elisabeth Beresford, hat hier gelebt und man erinnert gerne an sie. Und ich mich ebenauch. Lang, lang ist’s her….die Wombles. Werner meint, er sei doch taeglich von einem Womble umgeben…versteh ich wieder mal nicht. Manchmal hilft es ja echt, wenn man sich fuenf Minuten blond-bloed stellt. Und als waschechte Loreley-Blonde kann ich das ganz gut :-)

Moules et Frites

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Nun bin ich heute doch noch in den Genuss meiner geliebten Moules gekommen! Mit einer “Buette Buntes” - in unserem Fall einem Sack voller Schmutzwaesche), Fotoapparat im wasserdichten Rucksack und dem festen Vorsatz, in St. Vaast Moules et Frites zu Mittag zu geniessen, starten wir um 11 Uhr mit unserem Schlauchboot in Richtung Hafeneinfahrt. Als wir um die Mole kommen, ist das Tor allerdings noch zu! Haben wir uns verrechnet? Nein, wir haben einfach beim losfahren nicht genau auf die Uhr geschaut und waren wohl auch schneller am Hafen, wie gedacht. Wir halten uns noch kurz an einer Leiter im Vorhafen fest, bestaunen das wundersame Gefaehrt mit Raedern und Schraube, das im Wasser ankommt und dann die Rampe hinauf faehrt. Dann geht auch schon das Tor zum inneren, nicht trockenfallenden Hafen von St. Vaast auf. Hier ist ja echt was los: Fischerboote laufen ein, Segel- und Motorboote sowie die Opti-schulflotte aus. Und alles mit deutlich mehr Geschwindigkeit wie die geforderten 3 kmh! Wir tuckern einmal ganz durch und machen dann vorn unter einem Aufgang fest. Das ist der Vorteil solch kleiner Boote, die passen ueberall noch hin/durch :-) Dann geht es erstmal zum Hafenbuero, 2 Jetons fuer die Waschmaschine erstehen, die bunten Fliesen in der Damendusche bewundern und erfahren, dass unsere Waesche in 30 Minuten schon wieder fertig sein wird. Das lohnt nicht, sich weiter zu entfernen. Da werden wir von hinten angesprochen “Hallo Deutschland”. Der nette schwedische Nachbar aus Fecamp steht vor uns, ist gerade mit seiner Pamina angekommen und auf dem Weg zum Hafenmeister. Ein Blick auf die Gebuehrentafel sagt uns, dass wir durch die 3 Naechte vor Anker 150,00 Euro gespart haben. Na, da kann ich aber Moules fuer essen ;-)! Trotz der stolzen Preise ist der Hafen gut gefuellt. Wir wandern ums Hafenbecken herum und durch den wirklich huebschen Ort St. Vaast. Hier sind so gut wie keine Bausuenden neuerer Zeit zu sehen. Auch das wohl beruehmte Feinkost-Geschaeft M. Gosselin finden wir. Was daran jetzt Feinkost ist, verstehe ich ehrlich gesagt nicht: die Schaufenster quellen ueber mit allen moeglichen Artikeln wie Deko, Geschirr, Kochzubehoer und und und. Natuerlich auch Ess- und Trinkbares. Aber eben nicht ausschliesslich. Wie so oft um diese Zeit sind die meisten Laeden geschlossen: Mittagspause. Dafuer sind die Restauranttische alle gut besetzt. Ganz am Ende des Kais finden wir ein Fischgeschaeft mit dazu gehoerigem Restaurant. Hier lassen wir uns nieder. Werner entscheidet sich spontan zweimal um: von Fish & Chips zu Moules et frites und wieder retour! Fuer ihn eine gute Entscheidung, der “Fisch” ist wirklich sehr lecker und die “Chips” sind nix berauschendes aber ganz gut. Das Baguette mit frischer Butter dagegen ist Weltklasse! Allein davon koennte ich mich satt essen. Wenn, ja wenn die Moules nicht so umwerfend gut waeren! Da braucht es keine Sauce zum reinstippen dazu, genial. Ich beschliesse spontan, doch kein Buch zu schreiben sondern lieber Muschel-Testesser zu werden. Das ist vielleicht nahrhafter. Ein Blick auf die Uhr: es wird Zeit, zurueck zu unserem Shuttle-Boot zu gehen. Sonst ist das Schleusentor am Ende schon wieder zu und wir sitzen in der Falle! Das wollen wir auf jeden Fall vermeiden. Im Hafen bewundern wir noch eine gelungene Tisch-Konstruktion eines Schweizer Aluschiffes. Unser AB hat beschlossen, noch etwas laenger zu pausieren, er geruht erstmal nicht, wieder anzuspringen. Nach dem 10. Anziehen ist er aber ueberredet und wir tuckern wieder zu unserem Schiff zurueck. Erstmalig habe ich Gelegenheit, unsere alte Dame vor Ankerliegend in ganzer Groesse und ohne stoerenden Steg oder Poller oder irgendwelche Nachbarschiffe zu fotografieren. Leider draengt der Skipper zur Rueckkehr an Bord. Er hat Kaffeedurst! Der muss natuerlich gestillt werden, das sehe ich ein. So klingt unser 2. Ankertag ganz gemuetlich und entspannt aus. Der Wind hat etwas aufgefrischt, da wird die Waesche gut trocken!

St. Vaast

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Traumhaft - Fruehstueck vor Anker in der Sonne mit gaaaanz leichter Duenung. Entgegen meiner Erwartungen (oder Befuerchtungen) habe ich die letzte Nacht gut geschlafen. Werner hat dafuer wenig Schlaf gehabt - musste er doch permanent das Schiff am schaukeln halten ;-) - und das sei nicht so einfach gewesen meint er heute frueh: immer an der Reling haengend fuer diese gleichmaessige Auf und Ab Bewegung zu sorgen. Nachdem das Wasser heute frueh ganz platt war, kommt jetzt ein leichter Wind auf, der fuer nette kleine Kraeuselwellen sorgt. Von Land her dringen die Geraeusche einer neuen Arbeitswoche, Musik, Motorenbrummen und ueber allem liegt das unentwegte Geschrei der Moewen. Eine von ihnen duempelt still und stumm um unser Schiff herum. Pech gehabt, bei uns faellt nix ab vom Fruehstueckstisch, da sind wir gnadenlos. Alle anderen Ankerlieger von letzter Nacht sind weiter gefahren, dafuer ist ein neues Boot gekommen. wir koennen uns immer noch nicht entschliessen, ob wir jetzt gleich mit Hochwasser durch die dann offenstehende Schleuse in den Yachthafen fahren sollen oder das Schlauchboot fuer einen Trip nach St. Vaast klar machen. Ich wuerde am liebsten gar nix von beidem machen, einfach nur hier liegen, Landschaft gucken, Tagebuch schreiben, doesen, Boote beobachten. Strom liefern unsere Solarpaneele (Don Krawallo hat mangels Wind Auszeit), Wasser haben wir gestern noch in Fecamp aufgefuellt, Lebensmittel und Getraenke sind ebenfalls ausreichend an Bord - es gibt also keinen triftigen Grund, unser Eiland zu verlassen. Ausser unserer Neugier und unserem Interesse fuer malerische, alte Orteschaften und Staedte:-). Und nachdem wir jetzt muehevoll - Schwell bedingt - den Aussenborder an unser gewassertes Schlauchboot gehaengt haben, muessen wir feststellen, dass der die mangelnde Pflege und nicht vorhandene Zuwendung mit Dienstverweigerung quittiert! Irgendwie hoert er sich beim ziehen des Starterkabels ganz merkwuerdig an. So habe ich einen Aussenborder noch nie gehoert. Und wir koennen noch nicht mal nachgucken, weil die Motorhaube auch nicht auf zu bekommen ist…wir lassen das Problem jetzt erstmal etwas ruhen und widmen uns dann Teil 2 einer eventuellen Loesung. Wir haetten ja noch einen Aussenborder im Werkraum, aber ob wir das Trumm jetzt noch da raus zerren und ins Schlauchboot wuchten….ist vielleicht etwas zu viel Gewichtheben fuer einen Tag! Aber schon bloed, da liegt man vor Anker und sieht die anderen Ankerlieger mit ihren Schlauchbooten rum brummen und man selbst wuerde jetzt doch auch ganz gerne mal die Bucht im flacheren Teil erkunden und kann es nicht :-( Na ja, wir tragen es mit der gleichen Fassung, die uns all unsere Problemchen und Widrigkeiten bislang tragen laesst! Gibt schlimmeres. Noch sind wir ja nicht gnadenlos drauf angewiesen, mit dem Schlauchboot an Land zu kommen. 19:55 In der Ruhe liegt die Kraft. In diesem Fall die Ueberzeugungskraft in Werners rechtem Arm: der Aussenborder ist tatsaechlich nun doch angesprungen und schiebt unser Schlauchboot brav durch die Bucht. Vorsichtshalber entfernt sich Werner aber nicht allzuweit vom Mutterschiff. Bei der Stroemung ist rudern ueber laengere Strecken vielleicht doch etwas zu muehselig. So ganz traut er dem Aussenborder-Braten halt doch noch nicht. Und prompt ist noch eine Ruderrunde faellig! Die naechste Probefahrt bis zur Hafeneinfahrt uebersteht er aber voellig ohne Aussetzer. Wir lassen Nanu-Naja in trauter Zweisamkeit mit dem Aussenborder am Heck zurueck. Spontan wurde der Entschluss gefasst, einen weiteren Tag hier vor Anker zu verbringen und a) St. Vaast noch genauer zu inspizieren und b) Moules et frites in einem der gepriesenen Restaurants entlang des Hafens zu geniessen. Das ist ein Ort, an dem man gerne mehr Zeit verbringen moechte. Und bei gutem Wind auch verbringen kann, ganz relaxt hier vor Anker.

Entspannt von Fecamp nach St. Vaast

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Was fuer ein entspannter Tag….frisches Baguette, leckere Broetchen und dazu eine Erinnerung an die Heimat: “hmm. schmeckt die beerig” lautet Werners Kommentar beim Genuss von Ingrids Erdbeermarmelade. Gestern abend hatten wir uns schon ueber die hausgemachte Erbsensuppe ? la Eissel hergemacht, die genau so lecker war! Super Idee, solche Abschiedsgeschenke zu machen!! Schon um 4 Uhr in der Frueh hoert man energisches Klopfen an Kajuetdaecher: allgemeine Aufbruchsstimmung, Pech fuer diejenigen im Paeckchen, die noch nicht los wollen. Wir haben Glueck: unsere Nachbarn zur rechten brauchen unsere Hilfe nicht beim ablegen und der links von uns will erst zwischen 7 und 8 los :-) Nach Boot los- und erneut festmachen, Leinen vom naechsten wieder annehmen, ist der 1. Programmpunkt fuer den Tag schon mal abgehakt. Dann folgt besagtes Fruehstueck. Und so gestaerkt werden die Dieselkanister los gebaendselt, auf unsere Transportkarre gepackt und los geht es zur Tankstelle im Ort. Leider ist die Bootstankstelle “out of order”…Pech fuer uns, muessen wir doch einige 100 Meter (gefuehlte Kilometer) mit den Kanistern zurueck legen. Zum Glueck ist die bergauf-Strecke nur mit den leeren Kanistern zu bewaeltigen! Dann mit 160 Litern Diesel in 2 Etappen wieder zurueck. So einen 25 Ltr. Kanister zu tragen, das spart echt das Fitnessstudio. Von wegen lazy Bootsleben :-) Unser netter schwedischer Liegeplatznachbar hilft uns dann mittels Grossbaumtalje, die Kanister vom Steg ueber sein Schiff hinweg auf unser Deck zu busieren. Eine echte Erleichterung!! Mit umfuellen in unseren Tank, Duschen ist der Rest des Vormittags viel zu schnell vorbei. Fuer eine Fotosession im Ort bleibt keine Zeit mehr. Skippers Berechnungen nach muessen wir eigentlich um 12 Uhr los, jetzt ist es schon nach zwoelfe. Also zack-zack, Leinen los, noch kurz gehadert, ob wir das Grosssegel schon im Hafenbecken hoch ziehen sollten (weil wir grade so schoen im Wind liegen). Aber meiner Meinung nach handeln die anderen sowieso voreilig….also verschieben wir die Entscheidung nach draussen. Und sind wohl beraten: kaum Wind. Proforma ziehen wir die Genua raus,die dann auch einigermassen mit einem 1/2-1 Knoten Fahrt die Maschine etwas unterstuetzt. Das knallende “Wupp” des Grosssegels bleibt mir heute somit erspart. Hoehe Tiefwasserrinne nach Le Havre haben wir dann so langsam auch den Strom mit uns. Aber irgendwie werden wir nicht so wirklich schneller und was ist das? Nach einem undefinierbaren, leisen und nur kurz hoerbaren “Bong” unterm Schiff (hab ich mir das jetzt nur eingebildet??) geht die Logge sogr noch runter, dann wieder etwas hoeher, wieder runter. Haben wir uns vielleicht ein Netz eingefangen? Hier sind ja diese Fischerfaehnchen en masse ausgelegt, da ist bestimmt auch einiges an alten, abgeschnittenen Netzen unterwegs. Wir quaelen uns noch etwas rum, dann greift der Skipper beherzt zur Schaltung: das uebliche Spiel mit einmal auskuppeln, rueckwaerts-vorwaerts und guck an - wir nehmen wieder Fahrt auf, die Logge zeigt eine deutlich hoehere Geschwindigkeit an und es fuehlt sich auch nicht mehr nach “berauf-fahren” an! Geht doch! Aber was das war?? Keine Ahnung. Vielleicht ist irgendwas gegen unsere Schraube gekommen und hat den Falt-Propeller aus dem Schub gebracht. Kurs 260? - Richtung St. Vaast. Sonne, kaum Welle, kaum Wind…um uns viel Wasser, blauer Himmel - was kann Seglers Leben doch so entspannt sein. Bei all der Entspanntheit faellt mir auf, das wir irgendwo zwischen Nieuwpoort und Fecamp unseren 3. Mann, Jan-Werner oder auch Kurt, verloren haben. Hat der Kerl doch einfach abgemustert und keinen Ton gesagt. Ob er wohl eine nette Franzoesin kennen gelernt hat? Oder auf einem anderen Schiff angeheuert hat? Bei uns war er ja sowieso seit einiger Zeit ziemlich ueberfluessig. Von daher wuenschen wir ihm viel Spass und alles Gute! Wenn man so stundenlang vor sich hin motort, stur immer den gleichen Kurs haelt und irgendwann kein Land mehr sieht, dann ist das schon ein toller Moment, wenn der luchsaeugige Skipper vermeldet: Da vorne ist Land zu sehen! Tatsaechlich, vor uns muss St. Vaast liegen. Die Baie de Seine und das verfuehrerische Calvados-Gebiet haben wir ja ignorierend links liegen lassen. Jetzt sind wir gespannt und noch etwas unentschlossen: gehen wir durch die hoffentlich offene Schleuse in den Hafen oder ankern wir zum 1. Mal im in der Karte verzeichneteten Ankerfeld? Eins so reizvoll wie das andere… Mittlerweile trage ich mein persoenliches Lieblings-Boots-Outfit: schwarze Jogginghose (mit Fleckenmix aus 2-K-Haerter und Reinigungsbenzin), dazu einen Fleecepullover, daruber die Softshelljacke in knallorange mit blau abgesetzt und dem Schriftzug Nagel-Verden. Gekroent wird das ganze - vielleicht koennt ihr es euch denken? - von meinem heiss geliebten, neuen Sonnenhut! Wat bin ich froh, den gekauft zu haben!! Ach ja, fuer alle die es aus verschiedenen Gruenden vielleicht besonders interessiert: ganz unten bin ich barfuss :-), es ist also noch kein Winter!! Werner guckt mich ganz gross an, als ich schon vor einigen Stunden verkuende: mir ist kalt und mich entsprechend ausstaffiert habe. Kurze Zeit spaeter war dann dran mit umziehen…Sommer an Land und Sommer auf dem Wasser sind halt temperaturmaessig doch leicht unterschiedlich. Und noch ein besonderes Ereignis koennen wir heute vermelden: Seit 16 Uhr sind wir auf der Westseite unserer schoenen Erde angekommen, d.h. wir haben den Null-Meridian gequert. Veraendert hat sich aber so spuerbar nix :-) Und noch eine Korrektur zu gestern: das Gesoeff, welches in Fecamp produziert wird, heisst nicht Martine sondern Benedictine (oder so….). Nur fuer alle, die ich vielleicht etwas verwirrt habe mit dem nicht ganz korrekten Namen. Ich habe aber vorher keine Verkostung gehabt, nicht dass hier jetzt irgendwelche falsche Spekulationen entstehen! 21:12 Uhr - Vor uns wird das Land immer deutlicher und groesser, aber es wird wohl doch 23 Uhr werden, bis wir ankommen. Dann sind wir gute 10 Stunden motort. Aber immerhin bei uns wohl geonnenen Wetterverhaeltnissen. Und fuer naechste Woche ist North-East 3-4 angesagt! Wenn das tatsaechlich so kommt….geile Sache! Ich wuerde ja glatt die Kanalinseln ausfallen lassen und gleich durch gehen nach Camaret-sur-Mer oder gar gleich ueber die Biskaya. Aber irgendwie will Werner nach Alderney. Obwohl - L’Aber Wrach waere eine weitere Option, die ich persoenlich ja auch sehr begruessen wuerde. Nur zu gut ist mir von einem Landurlaub diese wirklich faszinierende Region in Erinnerung und die Segelhexe wieder mal im Hexen-Aber? Das haette doch was. Wir werden sehen. Jetzt muss ich erstmal die Navigationslichter anknipsen, denn der wunderschoene Sonnenuntergang auf den wir zufahren, erinnert uns daran, dass es bald daemmert. 23:13 Wir liegen vor Anker in der Bucht von St. Vaast. Unser erstes Ankerman?ver. Spannend schon die Anfahrt: wo sind denn die blinkenden Tonnen in der Realitaet von denen im Reeds die Rede ist?? Immer und immer wieder suchen wir das Wasser mit dem Fernglas ab. Oh, da blinkt was, ganz klein und unscheinbar. Vielleicht sollten wir dem Segler, der von rechts kommend ebenfalls auf St. Vaast zuhaelt einfach den Vortritt lassen? Der denkt sich aber scheinbar das gleiche und ordnet sich brav hinter uns ein. Da nutzt es auch nix, Gas weg zu nehmen, der bleibt stur hinter uns. Wir halten auf das Ankerfeld zu. Da liegen auch tatsaechlich schon einige. Das Tonnensuchspiel geht von vorne los. Eine finden wir auf Anhieb, die 2. bleibt uns wahrscheinlich bis zum morgigen Tag verborgen. Da wo es blinkt, sollte sie eigentlich nicht liegen. Sollte und eigentlich. Wir werden sehen. Jedenfalls muessten wir hier auch bei Niedrigwasser noch genug Wasser unterm Kiel haben. Jetzt haben wir auf jeden Fall ueber 9 Meter. Und bis Hochwasser sind es noch fast 2 Stunden, da ist also noch eine Steigerung moeglich. Jedenfalls faellt mit dem letzten Buechsenlicht unser Anker zwischen zwei anderen Segelbooten, die wir vorsichtshalber noch eine Weile beobachten werden. Koennte ja sein, dass deren Anker schliert, meint der Skipper. Vorerst liegen wir aber fest zwischen den beiden beleuchteten Forts und beobachten fasziniert, wie wir uns schon langsam zu drehen beginnen. Unsere Nachbarn drehen mit und unser Ausblick veraendert sich. Wechselpanorama. Puenktlich zum Bier & Rotwein im Cockpit werden wir mit dem 2. Feuerwerk belohnt! Werner bruestet sich damit, was er mir alles bietet. Ich bin entsprechend sprachlos. Bin nur mal gespannt, wie er mir nach einer hoechstwahrscheinlich schlaflosen Nacht (Schwell durch Fischerboote, erstes Mal vor Anker) den morgigen Tag dann noch entsprechend versuesst :-) Aber ich bin sicher, dass er sich was einfallen laesst - ist ja ein kreativer Kopf. Gerade spricht er schon von “Bilge auspumpen, Oelkontrolle”, also lauter spannende Dinge. Oder mit dem Schlauchboot (sofern der Aussenborder anspringt, den haben wir ja vor unserer Abfahrt auch nicht mehr testen koennen) nach St. Vaast fahren und gucken, ob wir in den Hafen gehen oder lieber vor Anker bleiben. Es wird also ein spannender Tag, Gute Nacht meine Lieben, schlaft wohl in euren ruhigen, nicht schaukelnden Betten ;-). Wir werden wohl die ganze Nacht mit Schwell von den draussen hart arbeitenden Fischerbooten beglueckt, die dann ja auch irgendwann wieder in den Hafen rein brausen. Vorerst duerfen wir auch akustisch an ihrer Arbeit teilhaben.

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