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Was fuer ein entspannter Tag….frisches Baguette, leckere Broetchen und dazu eine Erinnerung an die Heimat: “hmm. schmeckt die beerig” lautet Werners Kommentar beim Genuss von Ingrids Erdbeermarmelade. Gestern abend hatten wir uns schon ueber die hausgemachte Erbsensuppe ? la Eissel hergemacht, die genau so lecker war! Super Idee, solche Abschiedsgeschenke zu machen!! Schon um 4 Uhr in der Frueh hoert man energisches Klopfen an Kajuetdaecher: allgemeine Aufbruchsstimmung, Pech fuer diejenigen im Paeckchen, die noch nicht los wollen. Wir haben Glueck: unsere Nachbarn zur rechten brauchen unsere Hilfe nicht beim ablegen und der links von uns will erst zwischen 7 und 8 los :-) Nach Boot los- und erneut festmachen, Leinen vom naechsten wieder annehmen, ist der 1. Programmpunkt fuer den Tag schon mal abgehakt. Dann folgt besagtes Fruehstueck. Und so gestaerkt werden die Dieselkanister los gebaendselt, auf unsere Transportkarre gepackt und los geht es zur Tankstelle im Ort. Leider ist die Bootstankstelle “out of order”…Pech fuer uns, muessen wir doch einige 100 Meter (gefuehlte Kilometer) mit den Kanistern zurueck legen. Zum Glueck ist die bergauf-Strecke nur mit den leeren Kanistern zu bewaeltigen! Dann mit 160 Litern Diesel in 2 Etappen wieder zurueck. So einen 25 Ltr. Kanister zu tragen, das spart echt das Fitnessstudio. Von wegen lazy Bootsleben :-) Unser netter schwedischer Liegeplatznachbar hilft uns dann mittels Grossbaumtalje, die Kanister vom Steg ueber sein Schiff hinweg auf unser Deck zu busieren. Eine echte Erleichterung!! Mit umfuellen in unseren Tank, Duschen ist der Rest des Vormittags viel zu schnell vorbei. Fuer eine Fotosession im Ort bleibt keine Zeit mehr. Skippers Berechnungen nach muessen wir eigentlich um 12 Uhr los, jetzt ist es schon nach zwoelfe. Also zack-zack, Leinen los, noch kurz gehadert, ob wir das Grosssegel schon im Hafenbecken hoch ziehen sollten (weil wir grade so schoen im Wind liegen). Aber meiner Meinung nach handeln die anderen sowieso voreilig….also verschieben wir die Entscheidung nach draussen. Und sind wohl beraten: kaum Wind. Proforma ziehen wir die Genua raus,die dann auch einigermassen mit einem 1/2-1 Knoten Fahrt die Maschine etwas unterstuetzt. Das knallende “Wupp” des Grosssegels bleibt mir heute somit erspart. Hoehe Tiefwasserrinne nach Le Havre haben wir dann so langsam auch den Strom mit uns. Aber irgendwie werden wir nicht so wirklich schneller und was ist das? Nach einem undefinierbaren, leisen und nur kurz hoerbaren “Bong” unterm Schiff (hab ich mir das jetzt nur eingebildet??) geht die Logge sogr noch runter, dann wieder etwas hoeher, wieder runter. Haben wir uns vielleicht ein Netz eingefangen? Hier sind ja diese Fischerfaehnchen en masse ausgelegt, da ist bestimmt auch einiges an alten, abgeschnittenen Netzen unterwegs. Wir quaelen uns noch etwas rum, dann greift der Skipper beherzt zur Schaltung: das uebliche Spiel mit einmal auskuppeln, rueckwaerts-vorwaerts und guck an - wir nehmen wieder Fahrt auf, die Logge zeigt eine deutlich hoehere Geschwindigkeit an und es fuehlt sich auch nicht mehr nach “berauf-fahren” an! Geht doch! Aber was das war?? Keine Ahnung. Vielleicht ist irgendwas gegen unsere Schraube gekommen und hat den Falt-Propeller aus dem Schub gebracht. Kurs 260? - Richtung St. Vaast. Sonne, kaum Welle, kaum Wind…um uns viel Wasser, blauer Himmel - was kann Seglers Leben doch so entspannt sein. Bei all der Entspanntheit faellt mir auf, das wir irgendwo zwischen Nieuwpoort und Fecamp unseren 3. Mann, Jan-Werner oder auch Kurt, verloren haben. Hat der Kerl doch einfach abgemustert und keinen Ton gesagt. Ob er wohl eine nette Franzoesin kennen gelernt hat? Oder auf einem anderen Schiff angeheuert hat? Bei uns war er ja sowieso seit einiger Zeit ziemlich ueberfluessig. Von daher wuenschen wir ihm viel Spass und alles Gute! Wenn man so stundenlang vor sich hin motort, stur immer den gleichen Kurs haelt und irgendwann kein Land mehr sieht, dann ist das schon ein toller Moment, wenn der luchsaeugige Skipper vermeldet: Da vorne ist Land zu sehen! Tatsaechlich, vor uns muss St. Vaast liegen. Die Baie de Seine und das verfuehrerische Calvados-Gebiet haben wir ja ignorierend links liegen lassen. Jetzt sind wir gespannt und noch etwas unentschlossen: gehen wir durch die hoffentlich offene Schleuse in den Hafen oder ankern wir zum 1. Mal im in der Karte verzeichneteten Ankerfeld? Eins so reizvoll wie das andere… Mittlerweile trage ich mein persoenliches Lieblings-Boots-Outfit: schwarze Jogginghose (mit Fleckenmix aus 2-K-Haerter und Reinigungsbenzin), dazu einen Fleecepullover, daruber die Softshelljacke in knallorange mit blau abgesetzt und dem Schriftzug Nagel-Verden. Gekroent wird das ganze - vielleicht koennt ihr es euch denken? - von meinem heiss geliebten, neuen Sonnenhut! Wat bin ich froh, den gekauft zu haben!! Ach ja, fuer alle die es aus verschiedenen Gruenden vielleicht besonders interessiert: ganz unten bin ich barfuss :-), es ist also noch kein Winter!! Werner guckt mich ganz gross an, als ich schon vor einigen Stunden verkuende: mir ist kalt und mich entsprechend ausstaffiert habe. Kurze Zeit spaeter war dann dran mit umziehen…Sommer an Land und Sommer auf dem Wasser sind halt temperaturmaessig doch leicht unterschiedlich. Und noch ein besonderes Ereignis koennen wir heute vermelden: Seit 16 Uhr sind wir auf der Westseite unserer schoenen Erde angekommen, d.h. wir haben den Null-Meridian gequert. Veraendert hat sich aber so spuerbar nix :-) Und noch eine Korrektur zu gestern: das Gesoeff, welches in Fecamp produziert wird, heisst nicht Martine sondern Benedictine (oder so….). Nur fuer alle, die ich vielleicht etwas verwirrt habe mit dem nicht ganz korrekten Namen. Ich habe aber vorher keine Verkostung gehabt, nicht dass hier jetzt irgendwelche falsche Spekulationen entstehen! 21:12 Uhr - Vor uns wird das Land immer deutlicher und groesser, aber es wird wohl doch 23 Uhr werden, bis wir ankommen. Dann sind wir gute 10 Stunden motort. Aber immerhin bei uns wohl geonnenen Wetterverhaeltnissen. Und fuer naechste Woche ist North-East 3-4 angesagt! Wenn das tatsaechlich so kommt….geile Sache! Ich wuerde ja glatt die Kanalinseln ausfallen lassen und gleich durch gehen nach Camaret-sur-Mer oder gar gleich ueber die Biskaya. Aber irgendwie will Werner nach Alderney. Obwohl - L’Aber Wrach waere eine weitere Option, die ich persoenlich ja auch sehr begruessen wuerde. Nur zu gut ist mir von einem Landurlaub diese wirklich faszinierende Region in Erinnerung und die Segelhexe wieder mal im Hexen-Aber? Das haette doch was. Wir werden sehen. Jetzt muss ich erstmal die Navigationslichter anknipsen, denn der wunderschoene Sonnenuntergang auf den wir zufahren, erinnert uns daran, dass es bald daemmert. 23:13 Wir liegen vor Anker in der Bucht von St. Vaast. Unser erstes Ankerman?ver. Spannend schon die Anfahrt: wo sind denn die blinkenden Tonnen in der Realitaet von denen im Reeds die Rede ist?? Immer und immer wieder suchen wir das Wasser mit dem Fernglas ab. Oh, da blinkt was, ganz klein und unscheinbar. Vielleicht sollten wir dem Segler, der von rechts kommend ebenfalls auf St. Vaast zuhaelt einfach den Vortritt lassen? Der denkt sich aber scheinbar das gleiche und ordnet sich brav hinter uns ein. Da nutzt es auch nix, Gas weg zu nehmen, der bleibt stur hinter uns. Wir halten auf das Ankerfeld zu. Da liegen auch tatsaechlich schon einige. Das Tonnensuchspiel geht von vorne los. Eine finden wir auf Anhieb, die 2. bleibt uns wahrscheinlich bis zum morgigen Tag verborgen. Da wo es blinkt, sollte sie eigentlich nicht liegen. Sollte und eigentlich. Wir werden sehen. Jedenfalls muessten wir hier auch bei Niedrigwasser noch genug Wasser unterm Kiel haben. Jetzt haben wir auf jeden Fall ueber 9 Meter. Und bis Hochwasser sind es noch fast 2 Stunden, da ist also noch eine Steigerung moeglich. Jedenfalls faellt mit dem letzten Buechsenlicht unser Anker zwischen zwei anderen Segelbooten, die wir vorsichtshalber noch eine Weile beobachten werden. Koennte ja sein, dass deren Anker schliert, meint der Skipper. Vorerst liegen wir aber fest zwischen den beiden beleuchteten Forts und beobachten fasziniert, wie wir uns schon langsam zu drehen beginnen. Unsere Nachbarn drehen mit und unser Ausblick veraendert sich. Wechselpanorama. Puenktlich zum Bier & Rotwein im Cockpit werden wir mit dem 2. Feuerwerk belohnt! Werner bruestet sich damit, was er mir alles bietet. Ich bin entsprechend sprachlos. Bin nur mal gespannt, wie er mir nach einer hoechstwahrscheinlich schlaflosen Nacht (Schwell durch Fischerboote, erstes Mal vor Anker) den morgigen Tag dann noch entsprechend versuesst :-) Aber ich bin sicher, dass er sich was einfallen laesst - ist ja ein kreativer Kopf. Gerade spricht er schon von “Bilge auspumpen, Oelkontrolle”, also lauter spannende Dinge. Oder mit dem Schlauchboot (sofern der Aussenborder anspringt, den haben wir ja vor unserer Abfahrt auch nicht mehr testen koennen) nach St. Vaast fahren und gucken, ob wir in den Hafen gehen oder lieber vor Anker bleiben. Es wird also ein spannender Tag, Gute Nacht meine Lieben, schlaft wohl in euren ruhigen, nicht schaukelnden Betten ;-). Wir werden wohl die ganze Nacht mit Schwell von den draussen hart arbeitenden Fischerbooten beglueckt, die dann ja auch irgendwann wieder in den Hafen rein brausen. Vorerst duerfen wir auch akustisch an ihrer Arbeit teilhaben.