Kurz nach 5 — Werner steht an Deck. “Da hinten geht die Yelo”. Jetzt haetten wir die Abfahrt doch fast verpasst! Dreimal tutet unser Signalhorn hinterher, von Land antwortet der Zug, auch dreimal, mit Pause dazwischen — genau wie wir gehupt haben. Das macht der doch sonst nie!

Aber was ist das?? Die Yelo verharrt, dreht wieder flussaufwaerts, scheint fuer einen Moment auf der Stelle zu stehen (ist ja auch ablaufendes Wasser), nimmt dann Fahrt auf und haelt auf uns zu. Daniela steht auf dem Vorschiff, lacht “Wir kommen hier nicht weg”. “Der Autopilot arbeitet nicht” ergaenzt Rolf vom Steuerrad her. “Jetzt gehen wir wieder auf den alten Platz vor Anker”. “Der ist ja noch frei und noch nicht von uns occupiert, bis spaeter”. Dafuer geht jetzt die LAZY DUCK, setzt das gereffte Gross, faehrt in Wink- und Rufabstand an uns vorbei. “Gute Fahrt” — “We will see us” …. Ja bestimmt, haben wir doch alle mehr oder weniger das gleiche Ziel, gehen “north”, in die Karibik. Die brasilianischen Zugvoegel breiten langsam die Fluegel aus, einige machen die Vorhut, der Rest folgt. Alles wird auch bestimmt von der jeweiligen Aufenthaltsdauer hier in Brasilien.

Auch die LAZY DUCK hatte ein Problem mit ihrem hydraulischen Autopilot. Irgendwo war ein Leck. Christoph, Segelmacher und Bootsbauer hier im Ort, hat es wohl zu guter Letzt doch noch abdichten koennen. Zumindest so, dass es bis in die Karibik haelt. Und ausserdem ist ja noch der Windpilot am Heck, das niederlaendische Paar ist optimistisch und sieht das locker.

Generell sind Autopiloten an Bord eines Segelbootes ganz offenbar ein beliebtes Thema. Zumindest wenn sie “out of order” sind — und das scheinen sie alle durch die Bank gerne und oft zu sein. Kaum ein Boot, dass mit diesem so wichtigen Geraet an Bord noch keine Probleme hatte oder sogar einen Neuen anschaffen musste (so wie wir). Das ist gewissermassen DER rote Faden, der sich durch alle Gespraeche zieht. Wenn eine Crew erzaehlt, dass sie diese oder jene Strecke ohne Autopilot gefahren ist, von Hand steuern musste, dann ist das Mitleid gross und gleichzeitig erfaehrt man Hochachtung vor dieser sportlichen Leistung. Und ich hab mich zu unseren Nord/Ostseezeiten tatsaechlich gefragt, ob wir so etwas ueberhaupt haben muessen! So veraendert sich die Sichtweise.

Noch weiter draussen im Fluss ankert eine Ketsch, eine HR, fenderbewehrt. Ob die auch schon mal auf Drift gegangen ist oder einen unwillkommenen Gast laengsseits hatte? Oder bereitet man sich nur auf die Marina vor? Der neue Tag in Jacare weiss noch nicht so recht, wie er wettertechnisch werden will. Mal scheint die Sonne, dann wieder regnet es kurz aber heftig. Und ich will, nein muss, heute nach Intermares, da fuehrt kein Weg dran vorbei — oder vielleicht doch?? Ich wuerde es ja vorziehen, mit dem Skipper einkaufen zu gehen, vielleicht schon ein paar Vorraete bunkern. Ob wir vielleicht doch morgen gemeinsam und dann auch gleich noch zum Optiker, die kaputte Brille richten lassen …. Mal sehen, wie sein Plan fuer die naechsten Tage ist. Hauptsache, die Postkarten von Joao Pessoa gehen noch hier in Brasilien auf die Reise nach Deutschland.

Rob und Shirley donnern mit ihrem Cat Trident III an uns vorbei, Richtung Strand. Trockenfallen und Ruempfe saeubern steht auf deren Plan. Ein “Local” ist mit an Bord, der kennt sich aus, weiss, wo die guenstigste Stelle ist und wie man das Boot am Besten am Strand festmacht. Wir flitzen mit dem Dinghi rueber, koennen aber lediglich einen Festmacher zum Strand rueberbringen. Sonst ist alles easy und Rob bringt den Helfer wieder zurueck. Ruempfe saeubern, Anoden wechseln — aber erst muss das Wasser noch weiter ablaufen. Auch wenn wir ca einen Meter vor dem sichtbaren Strandstreifen mit der Aussenborderschraube schon feststecken.

Der Strand hier sieht richtig schoen aus, oberflaechlich betrachtet. Miniminikrebse flitzen ueber den Sand, verstecken sich schnell vor den grossen Monstern, die da angekommen sind. Ein Fischerboot faehrt ganz nah vorbei, die Fischer schauen interessiert herueber. Ein Stueck weiter stehen zwei schlichte Holzhaeuschen. Einfach, aber irgendwie passen sie gut in die Landschaft, fuegen sich ein und wirken gemuetlich. Etwas flussabwaerts beginnt schon Mangrovenwald, hier am Strand steht nur niedriges Gebuesch und schwarz verkokelte Stuempfe zeugen von kleinen Braenden. Vielleicht ein Rodungsversuch? An diesem Platz fallen in schoener Regelmaessigkeit auch die grossen Rundfahrt-Catamarane trocken, werden gewartet und gesaeubert. Schon praktisch, so ein natuerliches Trockendock. Ich finde eine grosse Muschelschale, ganz platt ist sie auf einer Seite, mit blauen Farbresten. Die hat wohl irgendwann in ihrem kurzen Leben auf einem Schiffsrumpf gesessen.

So soll das Flussufer hier einmal überall ausgesehen haben ...
So soll das Flussufer hier einmal überall ausgesehen haben … kaum zu glauben
Trockendock - Katamarane ganz unter sich

Trockendock - Katamarane ganz unter sich