Der nicht mehr ganz so volle Mond wandert ueber unserem Luk durch mein Blickfeld. Eine Wolke schiebt sich heran, knipst ihn aus. Es ist eine ziemlich grosse Wolke und es dauert eine ganze Weile, bis er sich wieder zeigt. Der Wind hat etwas nachgelassen, die Tide ist gekentert. Warum sagt man eigentlich “gekentert” …. Nach dem ersten tiefen, steinaehnlichen Schlaf liege ich wach im Bett. Nicht hellwach, eher leicht droeselig. Ein paar Seiten im neuesten Krimi und dann fallen die Augen wieder zu. Die Muedigkeit ist maechtiger als der Zauber der Worte,die so wunderschoen die Farben und Bilder der Bretagne heraufbeschwoeren. Kopfkino und dann auch noch eines der schoensten ueberhaupt. Ob ich wohl in einem frueheren Leben Teil dieser Landschaft war? Warum fuehlt man sich zu manchen Orten magisch hingezogen, an anderen verweilt man einfach, findet sie ganz nett. Aber der Funke, die wahre Anziehungskraft stellt sich nicht ein. Sind es die anderen Orte, wo man vielleicht wirklich hingehoert? Wieviele solcher Orte werden mir noch begegnen auf dieser Reise? Oder liegen meine Orte doch eher in Europa? Kann man das genau wissen, wenn man nie andere Laender bereist und erlebt hat? Oder kann man sich auch ohne diese Erfahrungen ganz sicher sein, dass man am rechten Platz steht/lebt?

Links neben mir gurgelt das Flusswasser an der Bordwand entlang, ablaufendes Wasser und der Wind pustet jetzt in die gleiche Richtung. Das Boot liegt langgestreckt parallel zum Ufer. Es regnet. Wieder einmal. Ausnahmsweise wird der Skipper davon wach und schliesst das Luk, kontrolliert bei der Gelegenheit auch gleich nochmal die Mooringleine. Das kommt davon, wenn man(n) sich so breit macht in der Koje und den Platz unterm luftbringenden Luk fuer sich in Anspruch nimmt. Ich liege schoen eingekuschelt am Rand, geschuetzt vorm Regen.

Wachphase, Einschlafen. Der Wecker klingelt viel zu frueh. Es sind keine magischen Naechte derzeit, eher so die Kategorie “ganz normal”.Zu den wirklich magischen gehoert samtweiche Luft, ein tiefsinniges Gespraech mit einem guten Freund, leise Geraeusche der Natur, sanfte Wassergeraeusche….. oder sie finden draussen auf See statt, ganz besonders in den Momenten, in den die Sonne sich langsam ueber die Horizontlinie schiebt. Oder gleissendes Mondlicht seine Bahn aufs Wasser wirft. Wie ein Leitstrahl……. Fruehstueck? Die Frage reisst mich abrupt aus meinen Gedanken. Eine Tasse Kaffe reicht mir heute aus. Schon wieder Freitag verkuendet der Kalender. Schon wieder eine Woche vorbei. Ein Segelboot kommt den Fluss herauf, dunkler Mast, eine schoene Linie, franzoesische Flagge. Zieht mir tief haengendem Anker dicht an der Marina vorbei und platziert sich dann mit aeusserster Praezision zwischen uns und Yelo. Hmm, ob das nicht vielleicht auch zu dicht ist? Wir werden sehen. Die beiden Maenner an Bord machen das Dinghi startklar. Ein zierliches Motoerchen treibt es an. Oder auch nicht. Der erste Versuch, an Land zu fahren scheitert klaeglich an unserer Steuerbordseite. Dankbar wird der zugeworfene Festmacher ergriffen und die Taschen mit der Kleidung wird bei uns an Deck in Sicherheit gebracht. Wasser schwappt ueber die Schlauchbootwuelste. Na, da ist aber nicht viel “Holz vor der Huette”! Im Dinghi steht einiges an Wasser. Neuer Startversuch, fuenf Augenpaare richten sich mantramaessig aufs Motoerli. Endlich laeuft es wieder. Let’s go — blubb, aus iss er wieder. Ein duenner, roter Tampen schlaengelt sich kaum sichtbar im graubraunen Flusswasser unter Dinghi und Motor hervor. Ich mache darauf aufmerksam und tatsaechlich: Der rote Bindfaden hat sich um die Schraube gewickelt. Quasi ein “no-go” fuer jeden Aussenborder. Der naechste Anlauf klappt und mit Vollgas geht es zum Steg hinueber. Die Taschen bleiben sicherheitshalber erst einmal bei uns in Verwahrung. Sie wollen erst einmal in der Marina nach einem Liegeplatz nachfragen. Das wird schwierig, musste doch die gestern angekommene, polnische Yacht heute auch schon an Peter’s Pier verholen. Es werden noch zwei Schiffe erwartet, die Plaetze sind weitgehend vergeben bzw. koennen nur von sehr flachgehenden Schiffen belegt werden weil ganz innen am Steg frei.

Unser Panzerkreuzer scheint sich ueber Nacht mit seiner neuen Liegeplatzsituation arrangiert zu haben. Brav liegt sie an gestreckter Leine hinter der Mooringboje. Gestern Abend noch war diese des oefteren unter unserem Bug abgetaucht und wir standen lange am Bug, probierten verschiedenste Massnahmen aus, zuppelten hier, zogen dort, waehrend das Schiff sich drehte, einruckte, wieder zurueck schwang.

Dafuer hopst jetzt Alex in unserem Dinghi wild umher, bemueht sich redlich, von Aussen an der Fussreling weiter zu arbeiten. Wahrscheinlich muss der Arbeitsplan jetzt auf den Tidenplan eingestellt werden. Am Steg wird das Franzosen-Dinghi gelenzt, die Crew kehrt zurueck an Bord — und geht Ankerauf! Aahh, man(n) geht naeher an die Marina ran. Gute Idee, aber auf den verbleibenden Metern werden die Beiden sicherlich ebenso gebadet :-)

Und ganz still und heimlich faehrt ein franzoesischer Cat den Fluss hinunter, kein Hupen, kein Winken, kein grosser Abschiedstamtam. Man sieht sich ja auch sicherlich bald wieder.

Die beiden Franzosen mit ihrer "Badewanne" auf dem Weg zum Steg nachdem sie ihre Wäsche bei uns wieder abgeholt haben

Die beiden Franzosen mit ihrer