Einkaufen; ganz allgemein und speziell in Jacaré – gehoert zu den beliebtesten und am haeufigsten ausgeuebten Beschaeftigungen in unserem Seglerleben. Was in Deutschland mehr oder weniger fast nebenbei erledigt wird, steht hier fast taeglich auf dem Programmplan. Die Vorratshaltung an Bord – insbesondere von frischen Waren – unterliegt doch argen Einschraenkungen. Das vom Landleben gewohnte Kuehlschrankvolumen erreicht kaum ein Bordkuehlschrank. Ausnahmen moegen auch hier die Regel bestaetigen. Bei uns verrichten eine Kuehlbox und eine sog. Tiefkuehlbox. Volumen? Da es sich um Massanfertigungen handelt, wissen wir es nicht so genau. Die Waende sind schraeg, die Dinger sind tief und ich bin jedes Mal am Fluchen, wenn ich was rausholen muss….. aber das ist ein anderes Thema.

Eingeschraenkt ist oft auch die Erreichbarkeit der „Shopping“- Moeglichkeiten. Hier in Jacaré herrschen fast paradisische Zustaende. Ein Mercadinho = Tante Emma Laden ist nur wenige Meter vom Steg entfernt und fuer die Groesse erstaunlich gut sortiert. Wir bekommen hier so lebenswichtige Dinge wie Kekse, Cacaca, Bier, Sobrasada (leckere Wurst), Anti-Rabata Mittel und sogar Obst, Gemuese, Fleisch (eingeschraenkt). Solche Laeden muss man unterstuetzen, also kaufen wir des oefteren hier ein. Insbesondere die schweren 10 Liter Trinkwasserbuddeln holen wir bevorzugt hier. Fuer spezielle Einkaeufe wie Joghurt, Muesli oder bei Sehnsucht nach einem groesseren Angebot ist allerdings Intermares angesagt.

Intermares ist ca. 2-3 Kilometer von Jacare entfernt und besteht in erster Linie aus Hochhaeusern und eben auch 3 Supermaerkten! Es gibt 3 Moeglichkeiten, dorthin zu kommen: Zu Fuss (die unkomfortablelste Variante, ersetzt aber das Fitnessprogramm), mit dem Bus ab Bahnhof Jacare(semi-komfortabel, kostet 2,35 Reais) oder mit dem Taxi (sehr komfortabel, aber auch am teuersten mit 8-10 Reais, je nach Taxista).

Geiz ist geil, also gehen wir meist zu Fuss. Wuerden wir aber offen nie zugeben ;-)) Unsere Sparsamkeit wird unter dem Fitness-Deckmaentelchen sorgsam versteckt J. Da ich langsam meine Faehigkeiten als alleinlaufende Frau wieder entdecke, spaziere ich also mehrfach in der Woche nach Intermares. Mehrfach deshalb, weil es dort auch den naechsten Geldautomaten gibt. Der spuckt immer nur 1000 Reais pro Tag aus. Die Marina will das Liegegeld in Bar haben, d.h. also so oft wie moeglich Geld abheben. Klar, dass ich das dann mit einem Einkauf verbinde. So ausgepraegt ist mein logistisches Verstaendnis (und meine Faulheit) dann doch.

Also Rucksack auf, Taschen rein. Heute wird auch mal die flexible Kuehltasche auf Tragetauglichkeit im Rucksack getestet. Wie immer laufe ich eigentlich viel zu spaet los. Heisst, die Sonne bretzelt schon kraeftig auf mich runter. Und die Strasse bietet wenig Schatten. Dafuer aber einiges an Abwechslung: Zuerst passiere ich die Rueckseiten der diversen Bootswerften und –clubs. Vorbei an einem bedenklich im Wind klappernden Wellblechdach, an suesslich riechenden Abfallhaufen fuehrt mich mein Weg ueber eine staubig-rote Sandpiste Die Alternativroute fuehrt ueber die Kopfstein-Buckelpiste im Fischerdorf von Jacare. Bei beiden Varianten passiere ich aber immer eine tip-top in dunklem Rot gestrichene Mauer. Dahinter verbirgt sich ein Motel , in dem die Brasilianer gewissen Stunden verbringen. Die Hauptauslastung der Zimmer soll in den Mittagsstunden sein. Treffpunkt fuer aussereheliche Affaeren aber auch fuer Ehepaare, die sich etwas Privatspaehre fernab ihrer kleinen Haeuser oder Wohnungen goennen. Muessen sie diese doch nur allzuoft mit einer Grossfamilie teilen, da bleibt nicht viel Platz und Gelegenheit fuer ungehemmten Sex.

Andere Fussgaenger, Autos, Mopeds, Radfahrer , die Bahnlinie muss gequert werden. Gleich danach gaehnt mich ein tiefes Loch im Boden an. Die Absturzgefahr ist aber durch den enthaltenen Muell bereits deutlich reduziert. Muss ich extra erwaehnen, dass das Loch fast genau am Ende des sog. Fussgaengerweges liegt?? Links und rechts der Strasse glitzert eine lagunenartige Wasserflaeche. Ein paar Pferde weiden hier und manchmal sind auch Angler oder Badende dort zu sehen. Kleine Eidechsen flitzen vor den Fuessen rum. Fuchsfarbene, weisse und ab und an auch zitronengelbe Schmetterlinge umflattern mich, am Wegrand wachsen interessant bluehende Un-Kraeuter und dekorative Graeser. Am Ende der Strasse kommt dann die erste Herausforderung: Querung der 6-spurigen Hauptstrasse. Diese fuehrt von Cabedelo nach Joao Pessoa und wird von einer Art Gruenstreifen in der Mitte unterbrochen. In Hoehe der Bushaltestellen gibt es sowohl einen Fussgaengerueberweg als auch auf der ersten Querung eine Bodenwelle. Die ist besonders praktisch: Die Autos muessen eh schon abbremsen weil sie fast nur im Schritttempo zu bewaeltigen ist (die Welle) und sind dann eher gewillt, Fussgaenger queren zu lassen. Dazu wird hierzulande die Warnblinkanlage eingeschaltet, damit auch alle Nachfolgenden kapieren, der steht da in der Gegend rum! Die zweite Querung kann schon mal etwas laenger dauern. Im Zweifelsfall wartet man eine etwas groessere Luecke ab und spurtet los. Entweder werden waghalsige Spurwechsel zwecks Ausweichen durchgefuehrt oder man haelt dann großzuegig doch noch an.

Geschafft! Intermares ist erreicht. An der Tankstelle ist der Geldautomat. D.h. hier stehen in einem klimatisierten Raum gleich mehrere Exemplare. An denen werden dann auch UEberweisungen und andere Geldtransaktionen von den Brasilanern durchgefuehrt. Nebenan ist noch die Correios (Post). Sehr praktisch hier. Sobald Bares in der Tasche ist, geht es weiter. Der erste Supermarkt und eine Art Baeckerei mit Café sind gleich hinter der Tankstelle. Die lassen wir aber rechts liegen. Unser Ziel liegt die Strasse runter Richtung Strand, wo es noch Littoral und Santos (oder so aehnlich) gibt. Aber Wandern macht Durstig. Da kommt der Lastwagen mit Trink-Cocosnuessen gerade recht. Der steht kurz vorm Strand. Aus dem grossen Tiefkuehlschrank wird eine Coco geholt, fachmaennisch mit einigen Schlaegen aufgehackt. Exakt so viel fliegt von der Schale weg, dass ein kleines Loch in der Mitte entsteht. Strohhalm rein, 1 Real bezahlen (1 Euro = 3,0662 Reais, Reais ist die Mehrzahl von Real). Durstloeschend und lecker! Seit neuestem bietet der gute Mann auch bereits abgefuellte 1,5 Liter Flaschen fuer 6 Reais an. Ob ich da wohl was bunkere fuer die Weiterfahrt? Ich stelle mich heute erstmal an den Strand. Gruenlich ist das Wasser heute, aufgewuehlt. Weisse Pferde tanzen auch hinter dem Riffguertel im normalerweise ruhigeren Wasser. Dann eine scharfe Horizontlinie, wie ein Schnitt. Gefolgt von deep-deep blue, wolkengetupft. Fasziniert beobachte ich zwei kleine Punkte im aufgewuehlten Wasser, die von bunten Schirmen getragen, ueber die Oberflaeche flitzen. Die Kronen der Palmen entlang des Strandes biegen sich Richtung Norden. Der Strand beschreibt einen weiten Bogen nach rechts und ganz hinten sind die Hochhaeuser von Joao Pessoa zu sehen.

Meine Cocosnuss ist leer und ich bekomme sie zum Ausloeffeln der zarten Innenschicht noch aufgehackt. Doppelter Genuss! Die Nachfrage an diesen biologisch abbaubaren Trinkgefaessen samt Inhalt ist hoch, staendig halten Autos an und kaufen gleich mehrere Nuesse.

Jetzt aber ab in den Supermarkt. Im ersten erwerbe ich Fleisch und eine Mortadella, im haeufiger frequentierten Littoral dann Yoghurt und Paprika. Da der Rucksack heute nicht allzu schwer auf meinen zarten Schultern lastet, entscheide ich mich fuer den Fussmarsch zurueck. Der zieht sich normalerweise und mit gefuehlten 20 KG auf dem Ruecken von den geschaetzten 2 auf mindestens 20 Kilometern. Heute aber ist das Gewicht gut tragbar, der Gang bleibt aufrecht, das Kinn laeuft keine Gefahr, auf der Strasse aufzuschlagen und irgendwie kommt mir der Weg viiiiel kuerzer vor wie sonst. Vielleicht traegt aber auch die kraeftige Brise dazu bei. Auch wenn es eher Seiten- und kein Rueckenwind ist und der Rucksack eine ordentliche Angriffsflaeche bietet.

Die Schmetterlinge umflattern wieder ganz aufgeregt meine Beine, der Motelhund (er liegt zumindest neben dem Hinteraus/eingang des Motels) schaut mich fragend an. Zeit, darueber zu sinnieren, was es mit dieser Tuer wohl auf sich hat? Ist es ein Fluchtweg, ein Hintereingang oder eher ein –ausgang fuer ganz Heimliche? Oder doch fuer die Angestellten?? Gaeste kommen und gehen ja schon relativ anonym: Eine langer, von hohen Mauern geschuetzter Weg fuehrt zu einem grossen Rolltor. Dahinter verbirgt sich dann ein flacher Gebaeudekomplex. Alles ist dezent beleuchtet und kameraueberwacht. Als Motel ist die Anlage auf den ersten Blick jedenfalls nicht zu identifizieren. Irgendwie laufen wir auch immer zu den falschen Zeiten hier vorbei. Haben wir doch jedenfalls noch nie ein Auto rein- oder rausfahren sehen oder sonstiges Leben. Ausser dem Gaertner, der taeglich und mit grosser Ruhe die heruntergefallenen Blaetter zusammen harkt, und dem Hund.

Jetzt noch ein klein wenig im Schatten der Baeume laufen, einmal rechts in die Staubpiste einbiegen, dann bin ich auch schon wieder auf der Zielgeraden, Marina und Fischerhaus liegen vor mir. Mit letzter Kraft schleppe ich mich auf den Steg. Nein, heute geht das alles. Vielleicht bin ich ja mittlerweile auch schon etwas trainierter?

Der Vollstaendigkeit halber muss erwaehnt werden, dass es in allen grossen Staedten die richtig grossen Supermaerkte gibt, Carrefour, Hyperprecio, Bom Preco und wie sie alle heissen. Und es gibt noch grosse Shoppingcenter, wie z.B. in Joao Pessoa das wirklich gigantisch grosse Manaira-Shoppincenter. Wir sind zugegebenermassen keine Fans solch grosser Laeden. Finden sie oft zu unuebersichtlich und auch nicht unbedingt preiswert. Manchmal kommt man halt nicht dran vorbei, aber im Großen und Ganzen ueberlassen wir es gerne den Einheimischen, dort einzukaufen.

Tja, und zwei Tage spaeter geht das Ganze von vorne los. Der Joghurtvorrat schrumpft bedenklich schnell, der Geldbeutel hat ebenfalls irgendwo ein ziemlich grosses Loch - same procedure as every second day :-) ….

Fotos gibt es leider keine von unserer Einkaufsroute. Vielleicht nehme ich beim naechsten Mal den Fotoapparat mit. Dafuer gibt es einen schon arg verrutschten Sonnenuntergang

Das geht hier aber auch fix mit dem Sonnenuntergang ....

Das geht hier aber auch fix mit dem Sonnenuntergang ....