Im Landleben kaum noch wegzudenken und oft nur virtuell vorhanden: Netzwerke. Die sozialen sind hier also gemeint, nicht die Netzwerke, die wir Segler nur allzuoft im Wasser antreffen. Mal im Propeller oder sonstwie das Vorankommen erschwerend. Nein hier dreht es sich um die menschlichen Netze. Oft in Form von Geschaeftskontakten. Man(n) versucht, entweder einen neuen Job oder potentielle Kaeufer/Interessenten hierueber zu finden. Kann Fragen stellen zu bestimmten Fachgebieten. Insgesamt eine ganz gute Sache, allerdings auch oft genug belaechelt von Leuten, die sagen: ich brauch das nicht, ich habe genug echte Kontakte und Freunde.

Das relativiert sich, wenn man mit einem Segelboot unterwegs ist. Abgesehen von eingeschraenkten Kommunikationsmoeglichkeiten und neuen technischen Herausforderungen bekommen virtuelle Netzwerke auf einmal einen ganz neuen Stellenwert. Denn es faellt ja schon etwas schwer, sich mit einer Crew zu treffen, die gerade irgendwo rund Neuseeland segelt, waehrend man selbst noch im Mittelmeer rum eiert. Aber vielleicht waren die ja auch schon im Mittelmeer und koennen Tipps geben. Und wie ist das mit den Kanaren, Kap Verden, Brasilien?? Soviel Neues liegt da vorm Bug. Die Revierfuehrer sind entweder in englisch (faellt mir zugegebenermassen immer noch schwer, soooo viel Text in dieser Sprache zu lesen und auch noch zu verstehen) oder extrem veraltet. Und irgendwie ist das ja auch noch was ganz Anderes, wenn jemand seine persoenlichen Erfahrungen teilt. Jeder hat da seinen eigenen Stil, hat subjektive Empfindungen und ganz persoenliche Eindruecke gewonnen. Aber das ist in den sog. Revierfuehrern ja nicht viel anders. Kennt der Eigner eines Schwertkielbootes die „Sorgen“ einer Skipperin, die 2,40 Tiefgang unter sich weiss und die eigenen Pobacken schon arg zusammen kneift, wenn es in flache Gewaesser geht? Aber die Yacht xy, die hat doch auch fast unseren Tiefgang, waren die da nicht auch??? Schnell mal ins Internet (sofern ein Netz vorhanden) und nachgefragt. Email (klassisch), Facebook (von vielen verteufelt und ignoriert, aber durchaus sinnvoll), Whatsapp (nur eingeschraenkt nutzbar, da nur auf dem Mobilfon zu installieren) und wie sie alle heissen. Und dann gibt es natuerlich auch noch die weite Welt des Wissens, das www. Alternativ kann man vielleicht auch noch die Glaskugel befragen oder Wolkenbilder deuten …… Ach nee, das gehoert ja zu einer anderen Sparte!

Wir jedenfalls sind recht gut „connected“ und es macht mir persoenlich einen Heidenspass, wenn ich meine Kontakte auch mal dazu nutzen kann, anderen zu helfen. Bei der Suche nach einem Winterlagerplatz an der Ostsee -sinnig, wenn man selbst grade in Brasilien und so gar nicht in der Materie ist. Aber dafuer gibt es eben besagte Kontakte. Und die helfen gerne. Bekommen selbst irgendwann ganz sicherlich auch „Hilfe“ in Form von Infos oder auch anderweitig. Hilfst Du mir, helfe ich einem anderen und irgendwann schliesst sich der Kreis wieder.

‚Ihr seid auf den Kap Verden und wollt in den Senegal?? Die Yacht xxy liegt in der Bucht von Praia vor Anker und will auch in den Senegal, schreibt sie doch mal an….‘ Erstaunte Meldung: „wir koennen die Yacht glaube ich sehen, franzoesische Flagge, Ketsch, weisser Rumpf??“ Koennte passen. Via Funk und Email wird Kontakt aufgenommen. Und wir bekommen Feedback: „da muss eine Yacht in Brasilien uns sagen, dass hier in der Ankerbucht eine andere Yacht liegt, die das gleiche Ziel hat wie wir – verrueckt, aber super!“

Oder die abendliche (zumindest fuer uns hier in Brasilien) Talkrunde unter einigen Seglerfrauen. Da wir gealbert und gebloedelt, aber es fliessen auch ernsthafte Informationen, Tipps werden weiter gegeben. Und eine sitzt in Deutschland zu gaaanz spaeter Stunde, liest mit und freut sich, bald auch so richtig dabei zu sein. Macht es jetzt schon richtig, bindet sich ein, stellt Fragen die sich viele nicht zu stellen trauen, saugt alles auf und weiss genau: Wenn sie einmal unterwegs ist mit Mann und Boot, dann wird sie irgendwann diese bis dato virtuellen Kontakte auch persoenlich kennenlernen. Und auch dann schliesst sich ein Kreis und aus virtuellen werden echte Freunde. Ob die Wellenlaenge dann immer noch passt, ob es eine richtige Freundschaft oder eben eine Bekanntschaft wird, das entscheidet sich dann.

Nicht, dass hier jetzt ein falscher Eindruck entsteht! Wir gehen durchaus auch vor die Tuer, sprechen mit anderen Seglern am Steg, fahren mit dem Dinghi zu anderen Ankerliegern. Man besucht sich gegenseitig, tauscht Buecher, Filme und unternimmt gemeinsam Ausfluege, geht Essen, Einkaufen oder auf Musikveranstaltungen. Achtet gegenseitig auf die allein gelassenen Boote, macht Fahrdienst zum Flughafen, verwoehnt die von der Reise ermatteten Heimkehrer mit einem leckeren Abendessen. Es gibt Whiskytastings oder Rotweinverkostungen. Am Genuss der heimischen Bratwuerschtel duerfen alle teilhaben, beim Barbecue werden Salatschuesseln, Fleischsspiesse und andere Delikatessen herum gereicht. Dein Wasserschlauch ist kaputt? Nimm halt meinen so lange, ich brauch ihn grad nicht.

Und noch schoener ist es dann, wenn man in irgendeiner Ankerbucht oder einem Hafen feststellt, dass man das Boot dahinten von einem Foto kennt … und der Name, ja das ist doch die XXX!! Man lernt sich in echt kennen. Und oft ist es, als haette man sich eben schon immer gekannt. Weiss man doch schon so einiges voneinander und hat sich doch noch sooo viel zu erzaehlen, zu fragen.

Oft sind es nur Kleinigkeiten, aber in der Summe kommt doch ganz schoen viel zusammen. Und ergaenzt sich mit dem virtuellen Netzwerk, wird zusammen gewebt ein richtig stabiles Netz-Werk. Bunt und vielfaeltig – wie unser Leben. Zu dem aber auch die Familie, an Land lebende Freunde und Bekannte gehören, die sogar extrem wichtig für uns sind und die wir nie vergessen werden ueber all den neuen Menschen, die wir treffen und kennenlernen.

Auch gemeinsam Feste feiern gehört dazu

Auch gemeinsam Geburtstage feiern gehört dazu