Regen, Wind bis zu 30 Knoten. Nach einer relativ ruhigen
Nacht (wind- und schaukeltechnisch gesehen) nimmt die Welle heute hier am
Ankerplatz von Itaparica ordentlich zu. Bei Hochwasser entfaellt natuerlich
auch der Schutz der vorgelagerten Sandbank. Die Pacifico geht ankerauf und
fluechtet hinter die Ilha do Frade. Dort liegt seit vorgestern auch schon
Kuaka. Und sicherlich ist es dort ruhiger. Unsere kleineren Nachbarn tanzen in
den Wellen auf und ab, dass mir beim zuschauen schon ganz anders wird. Der Trimaran
von Johann und ein franzoesischer Cat hinter uns dagegen liegen deutlich
ruhiger. Aber auch die Schiffe in der Marina tanzen wild an den Stegen hin und
her, auf und ab – auch nicht spassig dort zu liegen! Und ich bin heilfroh, dass
wir gestern Salvador verlassen haben, mag mir gar nicht vorstellen, wie wir
dort jetzt in die Festmacher und in die Mooringleine knallen wuerden. Trotzdem
entscheiden wir uns, den Ankerplatz nicht zu wechseln. Wollen uns ja noch hier
fuer die Weiterfahrt mit frischem Obst und Gemuese verproviantieren, den
Wassertank mit gutem Quellwasser auffuellen. Mangels einer Moeglichkeit
Regenwasser aufzufangen und die Tanks damit zu fuellen, wuerden wir gerne
nochmal die Kanistermethode anwenden.

Also heisst es ausharren. Wir beobachten ein kleines,
segelndes Fischerboot. Ploetzlich flattert das Segel, zwei Koepfe treiben
einige Meter vom Boot entfernt im Wasser. Das alles in einiger Entfernung von
uns und das Dinghi ist noch an Deck, der Aussenborder festgeschlossen an der
Heckreling. So bleiben wir erst einmal Beobachter. Die beiden Schwimmer
erreichen irgendwann ihr Schiffchen und nach einigem Muehen mit Mast und Segel
bewegen sie sich auch wieder segelnd Richtung Insel. Kurze Zeit spaeter bricht
der Baum und es wird gerudert – zumindest bis zum naechsten Mooringlieger. Dann
naht Rettung in Form eines motorisierten, groesseren Kollegen. Rettungsboot
naja-naja muss also nicht gewassert werden. Wir schmeissen die Gummiwutz dann
aber trotzdem in bewaehrt unsanfter Manier haendig ueber die Reling, Landgang
steht ja eigentlich auch bei uns auf dem Programm.

Beim Anblick der zunehmenden Wellenhoehe entscheide ich dann
aber: fuer mich kein Landgang, daemmere lieber in der Plicht unter einer
leichten Fleecedecke vor mich hin und versuche, nicht seekrank zu werden. Kurz
bevor ich mich endgueltig dem Schlaf ergebe kommt Johann von der Pollen
herueber getuckert, bringt uns ein leckeres Bananengebaeck. Natuerlich wird aus
der Uebergabe ein laengerer Plausch. Was soll man auch sonst an einem verregneten
Sonntag sinnvolles machen? Aus seiner unerschoepflichen Erzaehlkiste kommen
Geschichten von Leguanen und Tapieren, von Erlebnissen in Karibik und im
Mittelmeer, von anderen Seglern. Aber auch Horrorstories kommen da an unsere
Ohren, von schiesswuetigen und korrupten Polizeibeamten, von einem Kopf im
Motorradhelm ohne Koerper, von Ueberfaellen auf Seglern …. Stoff fuer
unzaehlige Krimis, ich muss an Maria Caviglia denken und ihre Karibik-Krimis.
Vielleicht waeren Brasilien-Krimis oder besser gesagt: Bahia-Krimis auch keine
schlechte Idee.

Der Regen laesst etwas nach, blauer Himmel blitzt immer
wieder mal durch, gegen Abend beruhigt sich auch die Welle wieder etwas. Wenn
der Wind etwas mehr auf Ost dreht, sollte das alles weiter eine abnehmende
Tendenz haben. Trotzdem planen wir schonmal eine spaetere Weiterfahrt Richtung
Joao Pessoa, wir haben ja noch Zeit und wenn die Welle draussen hoch ist und
ausgiebige Regenfaelle garantiert sind, bleiben wir doch lieber noch etwas
hier.

Irgendwie verschiebt sich unsere Perspektive, wird ganz
komisch: Nicht nur, dass wir uns mit dem Heck Richtung Festland drehen, nein,
da ist irgendwie keine Itaparica-Beleuchtung mehr zu sehen??? Unsere Nachbarn
sind alle noch am Ankerlicht zuzuordnen, leicht verschoben weil ja ebenfalls
gedreht, aber vorhanden. Stromausfall in Itaparica lautet die weise Erkenntnis!
Kurze Zeit spaeter ist dann auch schon alles wieder wie es sein soll und wir
haben unsere Orientierungsmarken wieder.

Die Nacht ist dann insofern wieder etwas unruhig, da es
immer wieder stark regnet, irgendein Luk nicht richtig verschlossen ist und
Regenwasser durchlaesst und die Regenhaube ueber unserem Luk alles macht, nur
keinen Regen abhaelt. Unglaublich, wo die Tropfen durchkommen und sich einen
Weg suchen. Also heisst es immer wieder Luk auf, Luk zu. Auch wenn es deutlich
kuehler geworden ist und wir seit langer Zeit mal wieder die Bettdecke ueber
uns ziehen. Ungewohnt – aber irgendwie auch schoen, schoen kuschelig.