ES bewegt sich! Heut soll es also endlich sein, Liegeplatz am Termina do Nautico (mein Gott, wir waren schon wieder 10 Tage hier seit dem Werfttermin) ist bezahlt. Schnell noch mal per Skype mit den Kindern quatschen. Die sind natuerlich nicht alle erreichbar, in Deutschland ist der Tag auch schon gut vorangeschritten, waehrend wir hier noch Vormittag haben. Im Hafen quierlt das Wasser immer noch ordentlich durcheinander. An einigen Booten werden Festmacher erneuert oder zusaetzlich ausgebracht. Wir ruesten unsere zur Abfahrt um, entdecken dabei, dass sich unsere spiddelige Fussreling im Bugbereich an Backbord auch loest. Mist! Haetten wir die zweite Vorleine doch schon frueher im anderen Winkel belegen muessen. Naechstes Mal sind wir (hoffentlich) schlauer! Wie koennte es anders sein: ausgerechnet heute, wo wir los wollen, pustet der Wind etwas kraeftiger um den Steg. Sei es drum, das Wasser laeuft langsam wieder auf. Ideal, um nach Itaparica zu starten! Mit Schmackes preschen Skipper und Pferd, pardon: Boot, aus dem Hafenbereich. Ich hab zu tun (wie eigentlich immer), alle Leinen und Fender zu verstauen. Kurs 300? - o.k. genau in den dicken Ankerlieger voraus. Der wird sich freuen. Wir quetschen uns zwischen zwei dicken Poetten und einigen kleinen Fischerbooten durch. Die Genua ist ausgerollt und zieht so schoen, dass wir den Motor ausmachen koennen. Oder ist es doch die Stroemung, die hier den Hauptvortrieb liefert? Abfallen, anluven - iunsere Ideallinie liegt etwas weiter nach Steuerbord. Das passt gut fuer die Segelstellung. Leise plaetschert das Wasser neben uns her. Segeln ohne nennenswerte Wellen - wie grandios! Und ich muss unwillkuerlich an Coni von der Jou-Jou denken, die vom Bodensee schrieb: ?Segeln ohne Wellen und ohne Salzkruste auf allem - sooooo guat.’. So ist es auch jetzt, auch wenn das Salz noch vorhanden ist. Leichtfuessig laesst sich unsere Lady Richtung Itaparica schieben, einer Faehre geben wir Raum, die entgegenkommende weicht uns grosszuegig aus. Ganz schoener Faehrverkehr hier! Der Wind raumt und wir muessen die Genua shiften (fuer die Nichtsegler: der Wind kommt aus einer etwas anderen Richtung und wir muessen die Segelstellung veraendern). Das geht so ratzifatzi und ohne Vertuedeln und Tuetenbildung, dass mir der Mund vor Staunen offen steht. Warum geht das sonst nicht so reibungslos???? Seezeichen kommen in Sicht. Ganz schoen gross sind die, stehen auf dicken Betonsockeln und so recht wissen wir im ersten Moment gar nicht, an welcher Seite wir sie liegen lassen muessen. An die Aenderung der Farben muss man sich schon gewoehnen. Was gestern noch rechts war, ist heute links, wie beim Linksverkehr in England. Quasi. Und wie war das jetzt mit Norden? Ist der jetzt da, wo eigentlich Sueden ist? Also steht die Sonne im Norden, wo sie bei uns zuhause im Sueden steht? Ist Norden quasi Sueden und umgekehrt? Oder bin ich jetzt grad zu “schlicht” oder naiv oder was ?.. Eine Untiefentonne taucht auf, noerdlich zu umfahren - klare Kennung, klare Ansage. Wie war das jetzt mit Norden???? Siehe oben! Wir orientieren uns am Echolot und an der elektronischen Seekarte. Schon immer ein komisches Gefuehl, wenn die Tiefenanzeige von weit ueber 30 Metern rapide abwaerts saust, auf sage und schreibe 15 Meter :-)). “Geh mal mehr nach backbord, da vorne muss eine Stelle sein, die hat grad mal 1,20″ - 1,20!!! Oh my god!!!ich beruhige mich mit dem Mantra “wir haben auflaufendes Wasser, das ist die Angabe bei Niedrigwasser” - was mich aber auch nicht wirklich beruhigt. Mittlerweile sind wir zwischen der Untiefentonne und einer anderen gelben, bekreuzten Tonne durch und das Echolot zeigt tapfer irgendwas um die 6 Meter an. Mas o menos. Wir schleichen uns an die anderen Ankerlieger an, die zum Teil gar keine sind, weil an Moorings festgemacht. Der Skipper spricht mit dem Wasser bzw. unserem Vorstag, ich versteh nur Bahnhof und entscheide somit eigenstaendig, ob ich weiter voraus fahre oder vielleicht doch schon mal auskuppele und abbremse. Ah, weiter voraus soll ich. Finde ich ja jetzt nicht so gut, hier waere doch schon ein schoener Platz, um den Anker fallen zu lassen - die uebliche, leicht einseitige Diskussion. Weil Skipper ja mit dem Vorstag spricht und ich nur verhalten vor mich hin brummele. Nicht dass es nachher wieder heisst, ich wuerde hysterisch schreien?. Als wir einem roten, mooringgesicherten Boot sehr nahe sind, lassen wir dann den Anker fallen, geben Kette, geben nochmal Kette. “Hast Du den Rueckwaertsgang drin??” - hab ich! Aber gleich nicht mehr. Erstmal schauen, ob unser Ankerlein haelt. Er haelt! Da kann ich ja getrost wieder rueckwaerts geben, vielleicht mit etwas mehr Schmackes, sprich Gas? Anker haelt immer noch. Wo ist eigentlich unsere Ankerboje, die quietschgelbe?? Oeh, ja, irgendwie so ca. 1 Meter unter Wasser?.. keine Ahnung warum. Tauchboje halt. Die taucht was, aber taugt irgendwie zur Markierung nix. Wir geben noch ein bisserl Kette, es koennte ja ein Sturm aufkommen. Dann wird die Ankerkralle eingepickt und die Maschine ist auch endlich aus. Zeit, fuer einen Rundumblick. Der faellt auch auf mein Dekollete und meine Arme ?. Wann ist das denn passiert?? Alles ist deutlich geroetet, auch die bereits braunen Partien. Und einige Bereiche wirken jetzt wieder kaesweiss, aber das wollen wir jetzt hier nicht im Detail vertiefen. Des Skippers Ruecken sieht auch irgendwie anders aus wie noch heut frueh und meiner meldet sich mit einem leichten Waermegefuehl energisch zu Wort. Die Landschaft um uns herum ist aber trotzdem schoen. Kleine, bunte Haeuschen reihen sich am Ufer aneinander, eine alte Kirche thront stolz ueber den Baumwipfeln. Viel Gruen, Strand, die Marina. Einige kleine traditionelle Segelboote gleiten ueber die Bucht. Weit hinten steigt Rauch auf. Ruhig ist es hier, unglaublich ruhig und trotzdem sind Gerauesche zu hoeren. Aber alles so ganz anders wie in Salvador. Laendlich eben. Das Wasser allerdings macht jetzt keinen so schwimm-verlockenden Eindruck. Was treibt denn da alles drin rum?? Wir machen erst einmal Sonnensegel und Dinghi klar. Ersteres ist immens wichtig, weil die Sonne unbarmherzig von oben runterbretzelt und wir ja eh schon das Fell verbrannt haben. Ich lechze nach einem Zisch-Getraenk und finde es in Form von frozen Guarana Saft. So ein Tiefkuehler ist gar nicht sooo schlecht. Das schmeckt richtig gut, der ideale Sundowner oder Ankerschluck. Und auch noch stilvoll im BVB-Glas. Wenn das kein Foto wert ist! Dinghi samt Aussenborder sind schnell einsatzbereit. Zwischenzeitlich sind unsere neusselaendischen Nachbarn, Charlotte und Serge mit ihrer “Kuaka” angekommen und ankern in Sichtweite von uns. Ansonsten sind offenbar nur drei weitere Boote bewohnt. Alle anderen wirken irgendwie verlassen. Itaparica - hier soll es am 31.3. zu einem ?berfall auf ein brasilianisch-deutsches Seglerpaar gekommen sein, mit Macheten. Die Segler mussten ins Krankenhaus. Ob der Ueberfall (mit Macheten) auf dem Ankerplatz hier vor der Marina passiert ist, darueber laesst sich keiner genau aus. Mer waas es net, mer munkelt nur - wie es im Hessenlaendle so passend heisst. Wir munkeln positiv und gehen nicht in die Marina. Sind auch etwas unsicher, ob wir dort ueberhaupt mit unserem Tiefgang einen Platz bekaemen. Aber auch das ist nur gemunkelt. Nein, eigentlich tut unserer Bordkasse so eine Zeit vor Anker auch mal ganz gut. Und naechste Woche muessen wir zwangsweise wieder in die Marina, denn dann sollen unsere Bandito-Schutzgitter angepasst und geliefert werden. Werner fiebert dem Landgang entgegen. Jetzt muss die Frau auch noch Fotos bearbeiten. Hat das nicht Zeit bis spaeter?? Er spricht es nicht aus, ist aber die Ungeduld in Person. Also Landgang. Wir tuckern einmal rund um die Marina, ein Marinero macht uns per Zeichensprache klar, wo wir mit dem Dinghi anlanden koennen. Wir bequem, am Steg festzumachen. Bezahlen muessen wir nix, Zugang zu den Stegen ist bis 22 Uhr gewaehrleistet. Kein Problem, wir sind ja eh nicht so die Nachtschwaermer. Ein erster Rundgang durch den Ort, Kostprobe von der ueberall beschriebenen Trinkwasserquelle. Auch hier ueberall Polizeistationen und entsprechend viele Beamte, meist auf einem Klumpen. Ob die auch Schiss vor Banditos mit Macheten haben??? Wir finden auf Anhieb eine Chocolateria, die wir aber (noch) weitgehend unbeachtet llinks liegen lasssen. Dafuer gehen wir rechts Broetchen fuers Fruehstueck einkaufen. Eine abgekuerzte Runde durch das Centro Historico, Rueckweg an der Uferpromenade mit Bars, einem Fahrradweg!!!! Und einigen Haeusern, die wohl nicht ganz so unbetuchten Brasilianern als Wochenendwohnsitz dienen. An einer kleinen Bootsrampe plantschen Kinder im Wasser, spielen mit den Hunden waehrend ihre Muetter in der kleinen Bar gegenueber sitzen, ratschen, das Handy quaelen und Pepsi Cola trinken. Ein kleiner quengelt solange, bis Mama sich bequemt und mit ihm zu den anderen Kindern geht. Aha, der darf wohl noch nicht alleine ans Wasser. Ein Hund beschnuffelt sehr interessiert Werners Croq, der riecht bestimmt nach Salvador, nach grosser weiter Hundewelt. Scheint aber kein abendfuellendes Programm fuer den Wuffi zu sein, er spielt lieber mit seinen realen Kollegen weiter. Auf der anderen Seite der Bucht geht die Sonne unter - kitschigschoen. Und Zeit, um an Bord zurueck zu kommen, das Ankerlicht anzuzuenden und den Moskitos hier an Land zu entgehen. “Wir haetten noch weiter nach vorne gehen koennen, das waere besser gewesen”. Warum??? Ich finde unseren Platz gut, wir haben ausreichend Raum zu allen anderen Booten. Wegen der Sicherheit meint der Skipper, so sind wir fast die Letzten am Ankerfeld. Ob uns das was nuetzen wuerde im Ernstfall, weiter drin zu liegen? Ich wage es zu bezweifeln. Jetzt ist der Kaes eh gegessen, neu ankern machen wir ja eh nicht. Auf dem Heimweg statten wir der Kuaka noch einen Besuch ab. Die Crew hat sich schon mit dem Nachbarn zur Steuerbordseite hin ausgetauscht. Sind wohl Brasilianer und liegen schon seit November hier, finden es einfach toll. Und Moskitos gaebe es keine. Das ist doch ne Ansage. Schwimmen gehen alle auch schon seit November - und haben laut Serge keine merkwuerdigen roten Pusteln am Koerper. Mal sehen, vielleicht kann ich mich ja auch noch uberwinden und huepfe in die zwar tuerkisblauen aber trotzdem nicht wirklich klaren Fluten. Uber dem Ort geht der Mond auf, dick und rund. Und trotzdem erhellt das Ankerlicht des Nachbarn das Wasser mehr wie der Mondschein. Ein Hundekonzert untermalt kirchlichen Gesang ebenso wie ein kurzes Trommelintermezzo. Ganz ruhig liegt unser Schiff, das Wasser kraeuselt sich nur sanft, kein Wind, keine Wellen. Ankerkette und Ruckdaempfer haengen lasch vom Bug herab. Kein Rucken, kein knarzen. So ruhig kann Ankern sein.

Blauweisser Ankerplatz vor Itaparica

Blauweisser Ankerplatz vor Itaparica

Nur mit der Genua geht es nach Itaparica

Nur mit der Genua geht es nach Itaparica

Die Fonte Bica - eine Quelle mit wirklich gutem Wasser. Frei für jeden zugänglich. Klar, dass sich die Segler hier alle versorgen!

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Uferstrasse - hier haben die Reichen ihre Domizile mit Meerblick

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