Noch einmal nach Porto - etwas halbherzig fassen wir diesen Entschluss. Denn eigentlich wuerden wir auch gerne weiter wollen, der Karawane hinterher. Ralf & Inge sind seit gestern in Lisboa und wollen dort einige Tage bleiben. Wenn wir aber im bisherigen Tempo weiterzockeln, fahren die beiden wahrscheinlich grade wieder weiter, wenn wir in Lisboa eintreffen. Und fuer diese Stadt wollen wir uns definitiv mehrere Tage Zeit nehmen. Obwohl?.ganz ehrlich? Staedte sind toll, bieten viel?..aber in der Tiefe meines Herzens bin ich ein Landei und nach wenigen Stunden Grossstadt-Getuemmel fuehle ich mich extrem muede, ausgelaugt und alle Knochen schmerzen nach einem Tag in der Stadt. Schlimmer wie 10 Stunden Rudergehen :-)?.wer haette das gedacht, das ich sowas mal von mir gebe! However, nach Duschen, Fruehstueck, diversen Steg-Talks auf Englisch und einem ersten vergeblichen Versuch (mangels Anwesenheit des Personals), unseren gestern hier angelieferten nigelnagelneuen Windgenerator an der Rezeption abzuholen, steht fest: wir fahren noch einmal nach Porto. Zu gross ist meine ungestillte Sehnsucht, einmal ueber diese beruehmte Bruecke zu laufen, Porto und den Douro mit eigenen Augen quasi von oben zu sehen. Aber vorher laeuft hier noch ein spezielles Hafenkino ab, auf das wir sogar als Zuschauer gut haetten verzichten koennen: zuerst laeuft eine niederlaendische Aluyacht aus, sehr mutig wie wir finden, weil weit oberhalb der gruenen und vor allem: der gelb-schwarzen Untiefentonne. Prompt sitzt sie auch erst einmal auf, mitten im Hafen. Mit etwas Krafteinsatz der Maschine kommt sie aber wieder frei und laeuft aus. Kurz danach ein heftiger Knall! Was war das???? Ich stuerze aus dem Schiff nach oben. Eine einlaufende englische Yacht hat sich wohl an dem Hollaender orientiert und wollte ebenfalls oberhalb der Tonnen auf die Stege zufahren. Leider war da ein Felsen unter Wasser im Weg. Neuer Anlauf mit viel Gewinke und Gerufe vom Steg aus und die Briten finden den richtigen Weg. Ein Tauchgang (na danke, in der hier trueben Bruehe bestimmt kein Vergnuegen) ergibt zum Glueck: nix passiert. Das ist noch einmal gut gegangen. Wir beide schauen uns an und sinnieren darueber nach, was uns so alles haette passieren koennen, im Nebel. Man gut, das wir so vorsichtig rein gefahren und auch nicht ueber die Untiefentonne hinaus gefahren sind. Gelernt haben wir jedenfalls wieder sehr viel in den vergangenen Tagen! Werner bekommt endlich unseren Windgenerator ausgehaendigt und jetzt kann es mit der Metro nach Porto gehen. Ticket kaufen und wenige Minuten spaeter geht es los, das klappt hier echt prima. Auch jetzt, um die Mittagszeit, ist die Metro gut ausgelastet. Stadtflucht auch hier? Na ja, irgendwer muss ja in diesen ganzen neuen Hochhaus-Kloetzen wohnen, die hier die Landschaft ver(un)zieren. Jetzt sind wir schon 2x hier vorbei gefahren und entdecken immer wieder Neues: stand die schoene Villa im lokalen Baustil gestern auch schon hier? Und da auf der Weide stehen tatsaechlich 2 Kuehe!! Und da, eine ganze Pferde-Herde! Gestern waren grade mal 2 von den Vierbeinern auf einer sog. Weide zu sehen. Es ist mir immer noch ein Raetsel, was die da eigentlich fressen sollten, das ganze aehnelte mehr einer Muellhalde mit Unkrautbewuchs und waere bestenfalls fuer die genuegsamerenEsel oder Ziegen geeignet. Huehner, Schafe - heute scheint mein Tier-Tag zu sein! Knallblaue Blueten einer Rankpflanze erobern die kahlen Betonwaende neben den Metro-Schienen. Bis das oede grau aber komplett bedeckt ist, haben die Pflanzen noch ordentlich was zu tun. Mit der Bahn fahren wir ueber die Ponte Louiz I Bruecke. Werner und ich sind uns noch nicht ganz einig, ob jetzt Monsieur Eiffel hoechstselbst diese Bruecke erbaut hat oder einer seiner Schueler. Wir werden das bei Geleschenheit noch einmal im allwissenden Internet eruieren. Ist eigentlich auch wurscht, schoen ist sie - so als Bruecke gesehen und beeindruckend allemal, wie sie sich so ueber den Douro spannt. Wir stehen an der Bergstation der Seilbahn, die ebenfalls hier herauf fuehrt und bestaunen die Daecherwelt der Portwein-Cavas. Auch auf den Daechern stehen teilweise die Namen der jeweiligen Cavas. Ganz weit unten auf dem Fluss faehrt eine Segelyacht Richtung Muendung. Bestimmt hat der Skipper im alten Anne-Hammincks Handbuch gelesen, das man hier an einer Steinmauer direkt vor der Altstadt festmachen kann. Denkste, das ist locker vor 15 Jahren der Fall gewesen, heute wird hier alles von den Touri-Schaukel-Dampfern belagert. Nix mehr mit Yachten! Die sind ausgelagert in die neue Marina direkt nach der Muendung oder gehen nach Leixoes oder - wie wir - nach Povoa da Varzim. Wir schlendern ueber die Bruecke zurueck Richtung Altstadt. Wechseln von einer Seite auf die andere und wieder zurueck. Zu sehr fasziniert sind wir von den jeweiligen Ausblicken. Man koennte stundenlang stehen und nur gucken, gucken, gucken. Ein betraechtlicher Gebaeudeteil einer Cava zerfaellt. Ein Jammer. Hoffentlich wird da auch bald wieder etwas restauriert. Obwohl es nicht danach aussieht. Die Immobilienfirma ERA scheint eindeutig zu den Optimisten der Branche zu gehoeren: ihre vende-se Schilder haengt sehr oft an doch sehr maroden Objekten. Ob sich dafuer wohl noch Kaeufer finden? Klar, Potential ist vorhanden und in den engen Strassen der Altstadt sind oft genug gelungene Beispiele sanierter Objekte zu bewundern. Direkt daneben und leider immer noch in der Ueberzahl dann die (noch) baufaelligen. Aber es gibt - oder gab - wohl ein Stadterneuerungsprogramm, dass viele Renovierungsmassnahmen gefoerdert hat bzw. noch foerdern wird. Schade nur, dass es erst soweit kommen musste. Hinter Fassaden mit leeren Fensterloechern gaehnt uns nur Unkraut an, ansonsten 3 und 4 geschossige Leere, freier Blick auf Felswaende oder die Steine der Nachbarhaeuser. Moderiger Geruch begleitet uns, der Geruch des Haeusertodes? Dunkle, enge Gassen, an schmalen Balkonen oder vor Fenstern haengt trotzig die Waesche zum trocknen. Direkt nach der Bruecke laufen wir eine steile aber relativ breite Treppe hinunter. Die hatten wir schon von der Bruecke aus gesehen. Hierher verirren sich wohl seltener Touristen. Wenn, dann fahren diese in der Gondel einer weiteren Schienenbergbahn hinauf zum naechsten Highlight, dem Teil eines alten Kastellos und eine alte Kirche (deren Name mir schon wieder entfallen ist). Eine struppige Katze sitzt auf einer Fussmatte, Frauen und Kinder sitzen wenige Stufen unterhalb auf der Treppe vor Ihren Haeusern. Manche sind auch hier nett renoviert und ansehnlich. Das Gros jedoch riecht unangenehm und sieht aeusserst fragwuerdig aus. Neugierig schauen wir durch offenstehende Tueren in dunkle Treppenhaeuser die irgendwie ins Nichts oder in den Berg zu fuehren scheinen. In einem Haus wohnt wohl jemand sehr glaeubiges: in dem Stein vor der Tuer ist ein Kreuz eingemeiselt und die Tuer ziert ein Stueck Stoff mit einer poppigen Engelsabbildung. Eine Biegung weiter stehen wir fast auf den Tischen einer kleinen Bar. Auf den Absaetzen der steinernen Treppe sind immer wieder Loecher - Regenwasserablaeufe? An was anderes moechte ich jetzt nicht denken. Wer weiss, aus welchem Zeitalter dieses Treppe noch stammt, die Loecher inbegriffen. In die Strassen eingelassen finden wir des oefteren bronzene Schilder mit dem Hinweis, dass dies und jenes entstanden, aufgebaut oder renoviert wurde mit Geldern aus der Portwein-Steuer. Das ist doch mal eine gute Verwendung einer solchen Steuer. Jetzt bestaunen wir noch die besagte Bruecke von unten, sind dem Wasser ganz nahe, laufen die Touri-Meile entlang des Douro ab. Entdecken den letzten von ehemals vielen Verkaufsstaenden, die hier in Garagenaehnlichen Nischen in einer Mauer vor 10 Jahren noch vorhanden waren. Jetzt wird hier alles von Restaurants und Andenkenlaeden der kitschigsten Sorte beherrscht. Wir suchen uns wieder eine besonders enge und steil ansteigende Gasse aus. Erstaunlicherweise passen hier sogar noch Autos durch! Auch hier wird renoviert. Kommt hier irgendwann am Tag ueberhaupt mal Sonne rein? Eine Stunde am Morgen auf die Seite und auch nur in die oberen Stockwerke, eine Stunde am Abend auf die andere Seite? Ein kleines Restaurant kaempft hartnaeckig ums Ueberleben und um Gaeste. Mit den Preisen gepaart mit dem Ambiente der Umgebung allerdings werden sich nicht allzu viele hierher verirren und vor allem: niederlassen. Vielleicht lockt ja aber auch die offerierte Fado-Musik. Die passt sehr gut zu der Umgebung, wie ich finde. In einem Haus werden Musikinstrumente hergestellt, in einem anderen Keramikartikel produziert. Zumindest laut Schild, zu sehen ist von den Toepferwaren nix. Kann ja noch kommen. Ein wunderschoen renoviertes Haus inmitten der restlichen “Bruchbuden” wird zum Kauf offeriert. Ob ich hier wohnen moechte? Wohl eher nicht, bei aller Begeisterungsfaehigkeit habe ich da doch ernste Zweifel. Um zwei Ecken herum und beinahe laufen wir in eine hagere Gestalt rein, die eilig aus einer anderen Seitenstrasse kommt und zu einer zweiten, zwielichtigen Gestalt will. “Und schon hat der Klops den Besitzer gewechselt” - “H?h???” - Elki steht wiedermal auf einem Feuerwehr-Schlauch und merkt absolut nix! “Haste nicht gesehen, die haben gedealt”?. Ah ja!! War ja klar, dass WIR wieder mal in “so eine” Gasse rein geraten. “Guck, die dealen auch” - immerhin wird noch ein halbherziger Versuch gestartet, die Aktion vor uns etwas zu verbergen. Jetzt faellt es mir auch auf: irgendwie riecht es hier schon merkwuerdig, abgesehen von dem Modergeruch?.eine ganz neue, im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubende Duftmischung herrscht in dieser Gasse vor. Ob die auf der Strasse spielenden Kleinkinder, die hier aufwachsen, dadurch schon einen klar vorgezeichneten Weg haben? Aus einer Tuer kommt eine Art uebrig gebliebener Hippie raus. In einer anderen Kneipe sitzen bestimmt 20 alte Maenner, spielen Karten oder sowas in der Art. Erleichtert sehen wir von uns die breite Prachtstrasse. Eine alte, gebeugte Frau schlurft in einer Ecke zwischen einem Brunnen und ihren Habseligkeiten herum. Welche Kontraste. Zwischen einer Strasse und der naechsten Gasse liegen Welten, getrennt nur durch wenige Meter, aber unueberbrueckbare Kluften dazwischen. die keine Haussanierung dieser Welt ueberbruecken kann. Wo diese Menschen wohl mal hinziehen, wenn all die Haeuser durchgestylt und die Gassen hier zur gutsituierten In-Wohngegend geworden sind? Wird das ueberhaupt irgendwann mal stattfinden oder stagniert hier alles irgendwann, hoeren die Sanierungsmassnahmen wieder auf und es wird einfach nur gelebt, so wie immer? Noch ein Wechsel auf die andere Seite der Promeniermeile, wieder andere, breitere Gassen hochlaufen. Die Haeuser sind aehnlich. Aber es kommt mehr Sonne hinein. Hier ein Laden, der alle moeglichen Werkzeuge anbietet, dort einer, der Dichtungen, Gummiringe, Fahrradpedale und 1000 andere Kleinigkeiten im Fenster ausstellt. Eigentlich aehneln alle mehr Werkstaetten mit einer Verkaufstheke. Alles ist etwas angestaubt, aber es gibt Kunden und sieht nach Leben, nach Fortbestand aus. Kunst aus Gottweisswo, Tatoo’s, Buecher, dazwischen eine Bar und das Restaurant “zum rauchenden Hund”. Das sieht gar nicht aus wie ein Restaurant, eher wie ein ganz normales Haus. Aber es haengen eine Speisekarte und die Oeffnungszeiten im Fenster. Hier ist gelebte Vielfalt, Tradition mit einem Hauch Moderne. In einem Zweiradladen gibt es eine richtige Warteschlange. Entweder ist der Inhaber einfach gut oder der einzige weit und breit, der Zweiraeder repariert bzw. Ersatzteile verkauft. Marktluecke nennt man so etwas bei uns wohl. Weiter oben fuehlen wir uns wie in Harry Potters Zaubererstadt: mehrere in schwarze Umhaenge gehuellte junge Leute kommen die Strasse herunter, biegen mit wehendem “Mantel” in eine andere Strasse und sind verschwunden. Mit offenem Mund schaue ich hinterher, was ist das denn?? Wahrscheinlich Studenten oder sowas in der Art. Bestimmt nix mysterioeses :-)! Es wird Zeit, zurueck zum Schiff zu fahren. Dort angekommen, ein kurzer Wettercheck, dann Leinen los. Hier im Hafen haben wir schon zwischen 4 und 5 Beaufort und wir muessen das Leinen loesen dann doch etwas genauer planen. Und hinter uns lauern ja die Felsen, wie wir seit heute frueh wissen! Aber alles klappt gut und hoffnungsfroh rollen wir unsere Genua aus. Die zieht dann genau 20 Minuten einigermassen mit, dann hat der Wind derart nach gelassen, dass sie nur noch muede vor sich hin flappt. Auf rollenden Wellen tanzen wir in den Sonnenuntergang - naja, eher parallel dazu - Richtung Leixoes. Rechts geht die Sonne unter, links davon wird die schmale Mondsichel hoch gezogen. Leider sind wir eine gute Stunde zu spaet los, somit laufen wir wieder einmal in finsterer Nacht den Hafen von Leixoes an. Aber hier ist alles gross und breit und nachdem wir den grossen dunklen Klotz im Wasser mit zwei kleinen Leuchtpunkten drauf und namentlich als Reedetonne bezeichnet, passiert haben, koennen wir den Kurs auf die Hafeneinfahrt absetzen. Rot und da nochmal Rot und wo ist gruen? Uff, das sieht doch immer wieder anders aus. Aber mittlerweile herrscht bei uns schon mehr Ruhe durch die gemachten Erfahrungen. Und so steuere ich brav nach des Skippers Anweisungen die diversen Kurse. Was gar nicht sooo einfach ist, bei den Rolling Waves die unser Schiff mal nach dieser, mal nach jener Seite tanzen lassen. Und natuerlich kommen ausgerechnet jetzt mehrere Fischerboote aus dem Hafen raus. Also erstmal Gas weg und Platz machen, dann volle Kraft voraus, eindrehen - verflixt da kommt schon wieder einer, aber jetzt bin ich weit genug drin, der andere macht mir Platz - und ab durch die Mitte. Jetzt ist auch das gruene Licht gut zu sehen und wir steuern auf das Ankerfeld zu. Laut AIS liegen hier mindestens 2 Boote, in der Wirklichkeit koennen wir so nach und nach dann insgesamt 5 Ankerlieger ausmachen, mal mit hohem Ankerlicht, mal ganz ohne, mal eines knapp ueber Deck. Wir legen uns dicht an die Mole - fuer meinen Geschmack ja etwas zu dicht, aber selbst mit 30 Meter Kette passt es dann doch. Kurzes Abendessen, Anker haelt. Text hier schreiben, Anker haelt. Ein Fischerboot laeuft mit mehr Krach wie Geschwindigkeit aus, der Anker haelt. Ein kleineres Frachtschiff laeuft ein und mischt das Hafenwasser ganz gut auf, der Anker haelt. Der Skipper meint, der Tag haette doch nur 24 Stunden gehabt, was ich da alles wieder schreibe und legt sich ab, Anker haelt. Ich lege mich jetzt auch ab, ob der Anker haelt, erfahrt ihr morgen :-)?..nee, ne, jetzt faengt der bloede, defekte Windgenerator doch tatsaechlich noch an, Krach zu machen! Und abstellen laesst er sich nicht mehr. Also schlafe ich wohl wieder mal im Salon! Wird Zeit, dass der neue montiert wird! Ach ja, Bilder folgen. Also bitte die Tage nochmal diesen Eintrag aufrufen, wer gerne Fotos gucken moechte :-)!