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Grauer Himmel, es sieht nach Regen aus. Wir wollen auf dem Ankerplatz immer noch lustig von einer Seite zur anderen. Was uns nicht weiter beruehrt, wir wollen ja in den Tejo, zu Tagus Yachtcenter in Seixal. Aber erstmal bestaunen wir noch all das was uns umgibt bei Tageslicht. Immer wieder interessant. Schnell noch ein paar Fotos machen und dann gehen wir Ankerauf. Das Haken des Verbindungsschaekels mit dem damit verbundenen Ueberspringen der Kette von der Rolle Richtung daneben, nehmen wir schon mit Routine hin und loesen das Problem relativ schnell. Also mit “wir” meine ich da jetzt explizit den Skipper :-)). Gehoert das alles noch zu Cascais? Eine endlose Haeuserreihe zieht sich am Wasser entlang, teils alt und schoen, teils neu, modern und in unseren Augen eben nicht so schoen. Tonnen suchen mit dem Fernglas, hatten wir ja schon lange nicht mehr! Und die hier sind nicht besonders gross und heben sich farblich auch nicht wirklich vom Hintergrund ab. Trotzdem finden wir die wichtigsten. Die Wassertiefe nimmt betraechtlich ab und ich frage zum 10. Mal nach, ob wir hier auch tatsaechlich richtig sind. Sind wir. O.k. Bei 9,70 hoere ich auf zu fragen, danach geht es auch gleich wieder deutlich ueber die 10 Meter Marke. Wir schwenken in den Tejo ein, folgen dem Fahrwasseer vorbei am Torre de Belem. Das soll eine Millionen-Metropole sein? wundert sich Werner. Hmm, ich kann mir das gut vorstellen, ziehen sich die Haeuser doch entlang des Flussufers den Berg hinauf und wer weiss, was noch dahinter alles kommt. Schon beeindruckend. Aber noch beeindruckender und unsere Blicke anziehender finden wir die rechte Flusseite mit den kleinen, urban wirkenden Ortschaften, den so gar nicht dazu passenden davorliegenden Piers. Jesus bewacht eine hohe Bruecke, die den Tejo ueberspannt. Die Betonsockel der im Wasser stehenden Pfeiler sind mit Delphinen bemalt. Sollen die ihre lebenden Artgenossen anlocken oder ersetzen? Sieht zwar nett aus, wirkt aber irgendwie auch deplaziert vor. Ueber uns donnern die Autos und Lastwagen. Ein Brummen, Summen, Rumpeln, Sirren vereint sich zu einem nervenzerfetzenden Gesamtgeraeusch. Wenn da jetzt noch ein Zug drueber faehrt…. und da hinten, direkt neben der Bruecke hinter den Containerterminals ist die Alcantara-Marina. Die muessen einem doch normalerweise noch Geld geben, damit man da rein geht. Aber vielleicht ist es dort ja auch gar nicht mehr so schlimm mit dem Krach. Oben auf dem Berg schauen grosse, alte und leerstehende Bauwerke auf uns herab. Ein modern aussehender Aufzug verbindet oben mit unten. Aber warum?? Die Haeuser unten haben tote Augen, wirken nicht nur unbewohnt, sondern sind es auch ganz offensichtlich nicht mehr. Ein leeres Haus reiht sich ans andere. Warum wohl? Unerzaehlte Geschichten, die wir wohl auch nur erfahren werden, wenn wir uns fuer laengere Zeit hier auf die Region und die Menschen einlassen. Fischerboote und Faehren kreuzen unseren Weg. Den Fischern winken wir zu, sie winken zurueck. Die Faehren haben es viel zu eilig und es ist auch niemand zu erkennen, dem man winken koennte. Gleich nach der Ecke da muessen wir rum. Ah ja und dann? Rote Tonne, gruene Tonne, rote Tonne, gruen - alles liegt kreuz und quer und dazwischen zur Verwirrungssteigerung auch noch ein paar Untiefentonnen…. ja, da gibt es mehrere Fahrwasser. Hm und welches ist jetzt unseres? Irgendwie wurschteln wir uns durch, gruen bleibt an Steuerbord und so hangeln wir uns von Tonne zu Tonne. Telefonat mit Rafael von Tagus Yachtcenter: an Tonne 15 sollen wir rechts abbiegen. Aha, das ist doch eine Ansage! Aber wo bitte schoen geht es dahinten weiter?? Von Yachten oder Stegen mit einem Travellift weit und breit keine Spur zu sehen. Es soll sich an steuerbord ein kleiner Kanal oeffnen. Oh ja, da iss er schon. Na der ist ja wirklich luett. Vorsorglich gibt es den bewaehrten Aufgabenwechsel: Werner steuert die letzten Meter, waehrend ich wieder uebers Deck spurte, Fender und Leinen parat lege. Segel haben wir ja heute keines zu bergen. Das hatten wir gestern abend vor lauter Ausschau halten naemlich glatt vergessen runter zu holen, mussten wir dann vor Anker noch erledigen. Hier in der Bucht liegen richtig viele Ankerlieger, ein internationales Trueppchen hat sich da zusammen gefunden. Die Haeuser linkerhand gefallen uns ausnehmend gut. Keine Ahnung, was das jetzt fuer ein Ort ist. An Mooring- und sonstigen Bojen schieben wir uns vorsichtig vorbei und folgen rostigen Tonnen, die irgendwann in diesem Leben mal gruen oder rot waren. Rot sind sie jetzt irgendwie ja auch noch, rostrot. Die letzte ist eindeutig gruen und da schaelt sich auch Fenderbewehrter Steg aus dem ganzen Wirrwarr von Trockendock, rostigen Faehrschiffen und Yachten. Davon stehen die meisten allerdings an Land. Auf dem Steg steht ein Mann, Rafael. Ein weiterer kommt dazu und beide nehmen unsere Leinen an. Herzlich werden wir willkommen geheissen, ein ganz sympathischer Mensch ist der Rafael. Nach einem kurzen Smalltalk geht es gleich zur Sache: unsere Probleme werden geschildert und spaeter kommt der Mann vom (Metall)-Fach hinzu, misst unseren Ankerbeschlag aus, ueberlegt und bespricht mit Rafael. Dann iss er weg. Kurze Zeit spaeter kommt er mit einem Musterteil an, passt an und entschwindet wieder. Die Feinarbeiten und Montage folgen morgen. Ploetzlich piept unser AIS: die Segelyacht Kama wird angezeigt. Die vermuten wir auf dem Platz oben, aber nein, sie kommt in der Fahrrinne auf uns zu! Wir nehmen Leinen an und lernen also endlich die Kama und Ihre Crew kennen, von der wir schon ueber Yachtfunk.com gehoert hatten. An Bord der Kama gibt es das gleiche Problem wie bei uns: der Autopilot ist out of order. Bei einer 2-Crew und auch noch mit einem Kleinkind an Bord ein durchaus sinnvolles Ausruestungsteil, das funktionieren sollte. Der Elektrofachmann, der fuer die Kama geordert war, kommt spaeter dann auch zu uns an Bord und nimmt sich unserer Probleme an. Beim Radar ist auch er ratlos. Die Antenne arbeitet wohl. Jetzt wird alles abmontiert und zur Ueberpruefung zum oertlichen Raymarine-Servicepoint gebracht. Die haben auch Ersatzteile da. Weiter geht es mit dem Autopilot. Wir montieren die Steuereinheit an, starten das Ding und: es arbeitet ordnungsgemaess!! Die Freude ist nur von kurzer Dauer, waere ja auch zu schoen gewesen! Beim 3. Versuch ist alles wieder wie vorher: nothing happens! Jetzt geht es an die Fehlersuche im Detail. Ich wandere von einem Platz zum anderen, irgendwie bin ich immer im Weg. Derweil regnet es immer mal wieder, gut dass wir die Kuchenbude haben. Die ist auch hier im Sueden ganz brauchbar, wenn auch die Seitenteile gut weg verstaut sind. Wir wandern ueber den Platz, bewundern die dort abgestellten Boote. Auch einige mit deutschem Heimathafen sind dabei. Eine mit Namen Duevel ok und Heimathafen Strande hat ebenfalls den TO Stander in der Saling und an Deck zeigt sich das Eignerpaar. Ja das Schiff bleibt ueber Winter hier, sie fliegen nach Hause, von Porto aus. Leihwagen fuer 10 Tage und Flug von Porto nach Hamburg kosten weniger wie ein Flug von einer anderen Grossstadt nach Hamburg und sie sehen noch etwas von der Gegend. Wir werden an Bord gebeten, aber da die Bratkartoffeln im Backofen vor sich hin brutzeln, habe ich nicht so die rechte Ruhe fuer laengere Bordgespraeche und draenge aufs zurueck gehen. Wie schon in Nazare laufen auch hier auf dem Gelaende zwei etwas struppige Hunde rum, die aber ein liebendes Herrchen haben. Der eine hinkt hinten rechts etwas, ich tausche Blicke mit ihm aus und sein Besitzer erzaehlt mir, dass er von einem Auto angefahren wurde und hinten jetzt eine Metallplatte eingesetzt hat. Er ist aber gluecklich, dass der Tierarzt so gut gearbeitet und der Hund noch alle 4 Beine hat. Und der Hund meint, es gehe ihm gut. Die Bucht hier ist sehr ruhig, trotzdem blaest auch hier immer wieder eine Boe durch und vor allem: faellt sie zum Grossteil trocken, da muss man sich schon gut an die Fahrrinne halten und Ankern sollte man auch nur in gewissen Wassertiefen! Ich weiss noch nicht, ob ich so d’accord bin mit den Ankerplaenen meines Mannes. Das muss ich mir morgen erst nochmal genauer ansehen, wo wir dann da evtl. vor Anker gehen koennten. Auch hier am Steg protestiert der Tiefenmesser beharrlich und zeigt noch knappe 2,20 an. O.k. das ist ab Sensor, sollte also reichen. Und noch bewegt sich unser Schiff ja auch. Trotzdem ein komisches Gefuehl. Morgen geht es weiter, Reparaturen Teil 2 und vielleicht kommen wir ja auch schon dazu, etwas Sightseeing zu machen. Auf Lissabon sind wir schon sehr gespannt, aber auch auf Seixal und Amora, auf das was uns hier so umgibt. Auf dem Steg machen sich Fischer fertig fuer den Nachtfang, irgendwo an Land schreit ein Esel sein knarziges Iah in den Abendhimmel. 20:45 Bordzeit, 19:45 Ortszeit, 18:45 UTC …. da soll Frau mal nicht zeitlos werden, bei so vielen unterschiedlichen Zeiten. Und unter Deck ist man mit Kabel, Sicherungen und Tests beschaeftigt. Fest steht schon mal, der Autopilot zieht zu viele Ampere: 6,3 - das haut die 5 Amp Sicherung natuerlich prompt raus, die 7,5 haelt eine Weile, dann bretzelt sie es ebenfalls darnieder. Aber warum, das ist die grosse Frage! Morgen mehr und hoffentlich auch die Loesung des Problems!