Von Natur aus neugierig und schon ganz erpicht darauf, die andere Seite „unserer“ Bucht hier etwas genauer zu erkunden, überrede ich den Skipper nach einem voluminösen Mittagsmahl zu einem Spaziergang.

Wir runden die Marina und gehen den Uferweg entlang. Das erste Stückchen kennen wir schon, trotzdem ist es schön, hier entlang zu gehen, den Blick auf die Fishingbay, auf die Nester der Ospreys, aufs Schilf, den Boatyard und die Marina und unser eigenes Schif.

Und natürlich auf die Häuser, die hier stehen Und hier stehen viele Häuser. Mit meist beneidenswertem Blick auf irgendein Stück Wasser. Sei es die Fishingbay, oder den Piankatank River oder den recht kurzen, dafür umso ruhigeren Jackson Creek.

Hier ist unter auch der Fishingbay Yachtclub mit seinen Stegen ansässig. Vorm Clubgebäude (es gibt sogar zwei, ein Hauptgebäude und ein was auch immer Gebäude) stehen viele Jollen auf Trailern und zeugen von der einer lebhaften Segelszene. Eine einsame Yacht ankert mitten im Creek, am Heck weht die niederländische Nationale. „Zwerver“ … irgendwie kommt mir das Schiff bekannt vor …..

Eine Dame mit Hund kommt uns entgegen. Die freundliche Labbidame wird zwar sicherheitshalber angeleint, darf uns dann aber doch Hallo sagen. Ganz verliebt guckt sie mich an, (oder ich sie?),die würd ich wohl mitnehmen. Das Frauchen wohnt die meiste Zeit des Jahres hier, hat ein Haus weiter hinten (vage Bewegung in die entsprechende Richtung). Ob wir von dem Boot seien, das dort hinten vor Anker liegt?? Wo zum Geier steht, das wir Segler sind?? O.k. ich trage meine olle Seglerhose (die so schön bequem ist) aber ansonsten …. andererseits: Tourismus gibt es in Deltaville keinen und woher sollen fremde, mit einem Fotoapparat bewaffnete Menschen schon herkommen, wenn nicht von einem Boot? Wir unterhalten uns noch etwas über AIS-Systeme (sie guckt immer gerne, wer von ihren Freunden wo unterwegs ist) und verabschieden uns freundschaftlich. So ist das hier in den USA: man kennt sich nicht, winkt sich aber zu wie langjährigen Bekannten und spricht auch so miteinander. Etwas ungewohnt, aber nett. Tiefgang erwarten wir zwar keinen von den Gesprächen, aber es ist trotzdem eine schöne Eigenart und kommt unserer Kommunikationsfreudigkeit sehr entgegen.

Der Skipper schwächelt an einer Weggabelung, mich zieht es aber bis zum bitteren Ende. Einmal dahin gucken, wo wir entlang gesegelt sind. Einmal einen Blick vom Stove-Point-Neck auf den Rappahannock werfen. Also tigere ich die Stove-Point-Road entlang.

Links und rechts immer wieder sehenswerte, aber zum Grossteil grad nicht wirklich bewohnte Häuser. Boote aller Art sind auf den Grundstücken geparkt. Der oft vorhandene Pool ist extra eingezäunt und viele Grundstücke sind liebevoll gestaltet. Andere dagegen wirken eher puristisch, punkten aber mit absolut freiem Blick auf den Rappahannock bzw. die Chesapeake Bay. Sogar unbebaute Grundstücke leisten sich manche.

Graue Hörnchen und rote Kardinal-Vögel kreuzen meinen Weg. Am blauen Himmel schwingt sich ein Fischfalke in die Höhe und kreist über den Bäumen, demonstriert eindrucksvoll die Spannweite seiner Schwingen. Ein zitroniger Duft steigt aus einem Busch auf, rosa und weisse Blütenträume entwickeln sich in den Gärten und bezaubern den Betrachter. Kein Mensch bewegnet mir zu Fuss, vereinzelt fährt ein Auto die schmale Strasse entlang und einmal kommt ein Fahrradfahrer

Die Wellen haben weisse Schaumkronen und rauschen laut ans Bayseitige Ufer, ein Segelboot liegt vor Anker und wippt heftig mit seinem Bug. Warum der wohl ausgerechnet da ankert?? Ob wohl von hier aus jemand unsere Positionslichter gesehen hat, als wir ankamen?

Stove Point selbst bleibt mir verwehrt. Die letzten Meter sind natürlich „Private property“ und auch wenn das Haus unbewohnt wirkt, halte ich mich an das Verbotsschild. Ich möchte ja nicht erschossen werden. Denn laut Erzählungen unserer Freunde fackeln die Amerikaner nicht lange, wenn es darum geht, ihr Eigentum gegen zudringliche Fremde zu verteidigen. Das Tragen von Schusswaffen sei hier gang und gäbe und der Gebrauch derselben ebenfalls. Also bleibe ich schön auf der Straße und wage nur ab und zu einen Blick über die Zäune.