An einem Freitag soll man nicht auslaufen ….. wir machen es trotzdem. Gegen den Rat meines Bauches, gegen besseres Wissen, gegen die Windvorhersage und gegen die Erfahrungen eines amerianischen Seglers, der reumütig nach Cartagena zurück gekehrt ist. Und das, obwohl er den Wind eher achterlich hatte, auf dem Weg nach Panama.

Sonnig ist, aus der Bucht geht es noch mit kaum Wind und ohne Segel. Die setzen wir erst kurz bevor wir die Bucht von Cartagena verlassen. Fast wären wir schon an der Jungfrauenstatue gescheitert - wenn man rot und grün verwechselt und nicht weiss, an welcher Seite welche Tonne bleiben muss ….  ich schiesse aus dem Niedergang raus, korrigiere und atme auf. Nix passiert. Mann, Mann, Mann, das kann ja was werden!

Erstmal wird es gut. Unter Gross und Genua geht es flott vorwärts, wir freuen uns über das schöne Segeln. Dann aber legt der Wind - huch, genau wie vorher gesagt - zu.  Fürs Reffen ist es irgendwie schon ein klein wenig zu spät. Die Genua rächt sich. Bzw. die Rollanlage. Die rollt den grossen Lappen nämlich nicht mehr ordnungsgemäss ein. Am Bug bauscht sich das Segel um die Rollanlage und schlägt infernalisch im Wind. Irgendwann gibt der Stoff nach und es flappt nur noch dezent. Trotzdem schwingt der Mast wie wir es bislang noch nie gesehen haben und uns wird angst und bange. Kommt uns jetzt der Mast runter???? Das Gross wird gerefft, einige unfreiwillige Halsen hauen uns die Grosschotblöcke samt Endbeschläge der Schiene um die Ohren, dass es nur so kracht. Ich bin auch am Ende, mit den Nerven. Und das nach nur wenigen Stunden Segelei. Sooo hatte ich mir das irgendwie nicht vorgestellt.

Unter Deck sieht es wüst aus. Das Atlantikwasser findet seinen Weg durch kleinste Öffnungen und Ritzen, flutet Polster und sonstiges Innenleben. Dazu schwappt Wasser in der Bilge und das Schiff bockt durch die Wellen wie ein wilder Mustang. Toilette gehen? Kein Denken dran!

Relativ schnell steht fest: Jamaica können wir definitiv nicht anlaufen. Die Cayman Islands vielleicht?? Auch das erscheint nicht sehr erfolgversprechend, bringt keine Verbesserung der Gesamtsituation. Also Providencia? Das könnte gehen. Wir fallen ab, es kommt Ruhe ins Schiff, die Wellen hauen nicht mehr übers Deck, die Gesamtlage sowie die Gemüter beruhigen sich.

Nach 3 Tagen kommt Providencia in Sicht. Unter Motor laufen wir in der Nacht auf Montag hinter der Insel entlang, begleitet vom infernalischen Quiettschen der Ruderanlage. „Wo kommt die Musik her“ - bei einer Kursänderung ändert sich auch die Quietschfrequenz. Mein Kopf steht kurz vorm platzen. Nehmen unsere Pannen denn gar kein Ende?? Wir  tasten uns in die Ankerbucht und lassen erleichtert den Anker fallen. Weit hinten, vorne wird es schnell flach und im Dunkeln trauen wir uns auch nicht weiter nach vorne. Außer uns leuchten noch 4 Ankerlichter. Wie herrlich ruhig liegen wir hier. Nichts quietscht und zerrt mehr, das Vorsegel wird etwas gebändigt und am nächsten Tag dann mühevoll gegen die Fock ausgetauscht. Aber das ist ein anderer Bericht.

Die erste Etappe haben wir hinter uns. Aber zu welchem Preis? Ein Zurück gibt es für uns aber auch nicht mehr. Also Augen zu und durch! Oder wie meint mein Sohn so treffend: “Jetzt müsst ihr halt die Arschbacken zusammen petzen und durchhalten”. Genau.