Pippi in den Augen

Noch einmal mit dem Bus zu Ferroalquimar fahren, Tschüss sagen. Das ist der Plan für heute. In Manga treffen wir unerwartet auf Luis Bastatande, den Ferroalquimar Elektriker und gehen mit ihm gemeinsam zur Bushaltestelle. Wir entscheiden uns für den langsameren aber streckentechnisch unterhaltsameren Caracoles-Bus, Luis fährt mit dem Pasacaballo Bus und ist natürlich um einiges früher in der Werft als wir.

Im Bus kassiert heute eine dralle Dame, deren Figurform, die noch durch ein mehr als knappes Oberteil und ebenso knallrote wie knallenge Leggins betont wird und bei uns für ein leichtes Schmunzeln sorgt.

Für die Freunde neu, für uns ist die Fahrtstrecke vertraut und mit Wehmut gepflastert. Ein letztes Mal zu dem Ort, der uns und vor allem unserem Schiff für viele Monate eine sichere Heimat war. Wo wir neue Freunde und eine Art Familie gefunden haben.

Ein letzter Zimt-Kaffee aus der Kapselmaschine im Büro von Senor Jesus, Abschiedsfotos von denen, die uns ans Herz gewachsen sind und denen wir ans Herz gewachsen sind. Stolz zeigt uns Senor Jesus den neuen Aufenthaltsraum mit Cafeteria und Toletten, fein säuberlich getrennt für Männlein und Weiblein. Die Möbel fehlen noch, in 3 Tagen soll dann alles fertig sein. Nebenan wird der bisherige Restaurantbereich ebenfalls umgebaut und modernistert. Solange gibt es das Mittagessen aus dem Kofferraum eines Autos und in den bewährten Styroporschachteln.

Auf dem Werftgelände hängt die Marianne in den Gurten. Letzte Stellen werden mit Primer und Antifouling bestrichen, heute nachmittag soll es ins Wasser gehen, die kleine Familie des fleissigen Skippers ist auch im Anmarsch.

Unsere Freunde sind beeindruckt von der Herzlichkeit der Menschen, von der  Grösse des Travellifts und vom ganzen Gelände. Das hatte man sich irgendwie anders vorgestellt, chaotischer, nicht so aufgeräumt und grosszügig. Hier nochmal ein Boot bauen, da könnte man fast Lust dazu bekommen.

Wir haben aber jetzt erst einmal Lust auf Camarones und Lachsfilet und dackeln an der Strasse entlang zu Antillanas. Noch einmal zum kleinen Imbisstand gegenüber von Ferroalquimar rüber winken, langsam wird mir der Hals etwas eng und Tränen steigen Richtung Augen. Jetzt nur nicht schwach werden und losheulen, olle Heulsuse die ich bin.

Der Verkäufer bei Antillanas freut sich auch über seine Stammkunden und wünscht uns eine gute Reise, als wir erzählen, dass wir jetzt nicht mehr kommen und Cartagena verlassen. Noch ein Abschiedsfoto, dann kommt auch schon ein Bus und es geht zurück nach Manga.

Senor Merkwürden II hat wohl auch Abschiedsschmerz und will mal wieder nicht anspringen. Ob ihm die Hitze vielleicht unter den Deckel steigt und zu schaffen macht? Jedenfalls rudern wir mal wieder los und freuen uns über die Abschlepphilfe durch Hans. Dessen 2 PS Aussenborder hat aber ordentlich zu tun, bis wir an unserem Zuhause längsseits gehen können, wir unterstützen rudernd etwas und Peter verflucht zum x-ten Male unseren Aussenborder. Wir haben aber leider grad keine anderen und trösten uns mit dem Gedanken, dass wir auf Jamaica ruhig und nah an der Marina legen können, rudern also nicht so beschwerlich ausfallen wird. Und auf Cuba werden wir sicherlich in eine Marina gehen müssen. Vorher allerdings soll hier eigentlich noch ein Grosseinkauf stattfinden und Wasser sollte noch in den Tank.

Mit einer Spritze rückt Peter dem störrischen Motörchen später dann zu Leibe und kann ihn zum Starten bewegen. Trotzdem bleibt das Teil weiterhin extrem Bordfrauenunfreundlich und ich hoffe sehr, das uns bald ein bezahlbarer, leichterer, kleinerer und zuverlässigerer Artgenosse über den Weg läuft.