Martinique, Fort de France, ankern vor einer Stadtkulisse und einem Fort.Mit Stadtstrand, Kindergekreisch, Koepfen im Wasser die meinen Ankeranlauf stoeren. Exakt diese Stelle wollte ich ansteuern, um den Anker fallen zu lassen. “Fahr doch weiter” — “ich kann denen doch nicht den Anker auf den Kopf fallen lassen” — “die schwimmen schon weg”. Werner steht am Bug und winkt den Beiden zu. Die Koepfe lachen und bewegen sich ganz entspannt etwas weiter nach rechts.

Etwas weiter links ankert “Blue Felix”, zuletzt gesehen auf Carricaou. Da hatten wir noch Besuch aus Deutschland an Bord, wann war das noch??? Der knuffige Catamaran geht in den naechsten Tagen mit seiner Crew Sabine und Sven Richtung Trinidad. Eigentlich waere ja jetzt der Wind dafuer recht gut, aber ohne sich bei uns mit einer Abendessen Einladung zu verabschieden einfach losfahren — das geht ja gar nicht.

Uns freut es sehr und gleich am naechsten Morgen stiefeln wir gemeinsam los. Bepackt mit den klassischen Waeschetransporttaschen der Fahrtensegler: blau mit gelber Schrift auf dem Baendsel — na, von welchem Moebelhaus werden die wohl sein? Meine Komforttasche mit Reissverschluss und Rucksacktraegern erntet wieder Bewunderung. Sehr praktisch, diese Tasche. Durch die Budenzeile des grossen Platzes “La Savane” geht es zu Bibliothek Schoelcher und Sabine laesst es sich nicht nehmen, uns etwas geschichtliche Hintergrundinfos zu geben. Auf dem Platz La Savane steht die Statue einer kopflosen Dame, die sonst makellos weisse Gestalt ist sogar im Schulterbereich mit etwas Blut “verziert”. Sabine weiss naeheres dazu: Monsieur Schoelcher wollte Annoirgendwas die Sklaverei abschaffen, war ein sehr fortschrittlicher und humanistischer Mensch. Madam, immerhin Joséphine de Beauharnais,  geschichtsträchtigen Ehefrau von Kaiser Napoleon, dagegen fuerchtete, kein Personal mehr zu haben und ihre Hausarbeit alleine verrichten zu muessen. Bequatschte also den Schoelcher, dass er das mit den Sklaven doch noch mal sein lassen sollte. Irgendwann starb dann Madam, Monsieur Schoelcher konnte endlich die Sklaven frei lassen. So sagt zumindest der Volksmund. Dann wurde der Dame ein Denkmal gesetzt hier in Fort de France. Und weil sie keiner der Einwohner so wirklich leiden konnte, hiess es “Ruebe ab” — die karibischen Franzosen scheinen sich noch nicht so weit von der Guillotine entfernt zu haben. Der Gipskopf (pardon, ist natuerlich aus edlem Carrara-Marmor) wurde natuerlich wieder aufgesetzt und ebenso natuerlich wieder abgehauen. So ging das einige Male hin und her, rauf und runter. Bis die Obrigkeit kapitulierte und so ist und bleibt der Kopf heute eben ab.

Die Bibliothek ist auch was ganz besonderes, leider aber heute geschlossen. Schon von Aussen ein beeindruckender Baustil, von innen soll sie dem Eifelturm aehnlich aus einem Stahlgeruest bestehen. Urspruenglich erdacht und errichtet fuer die Weltausstellung, dann in Frankreich ab- und hier wieder aufgebaut. Ansonsten gibt es noch einige ansehnliche Gebaeude, in denen Museen oder Kultur Centren untergebracht sind, die Kathedrale Saint-Louis und viele nicht so schoene Wohn- und Geschaeftshaeuser. Die Fussgaengerzone ist ganz nett, ab 17 Uhr aber mehr oder weniger ausgestorben und die mit einem grosszuegigen Dinghidock versehene Waterfront ist bei Familien, Kindern und Jugendlichen sehr beliebt. Nach Einbruch der Dunkelheit sollte man sich hier nicht mehr ganz so unbefangen bewegen, so wurde uns berichtet. Man hat aber auch nicht wirklich Veranlassung, sich um diese Uhrzeit noch an Land aufzuhalten — es ist einfach nix geoeffnet, es gibt keine Bars oder Caf?s, in denen man sich noch lange aufhalten koennte.

Allerdings sind Bushaltestelle, Faehrstation (Faehre nach Trois Illets auf der anderen Seite der Bucht) und Leaderprice per Pedes ganz gut erreichbar. Gegenueber vom Leaderprice-Supermarkt gibt es einen Bootszubehoerladen wo man auch einklarieren kann — sogar “gratuit”, also ohne eine Gebuehr zu zahlen). Die Dame im nahe gelegenen Tourist-Office (gleich in der ersten Holzbude gegenueber des Dinghisteges) ist sehr freundlich und hilfsbereit, versorgt uns mit Plaenen und Informationen aller Art und Wifi gibt es hier auch rund um die Uhr und gratis. Man muss nur alle 30 Minuten einmal bestaetigen, dass man ueber dieses Netz surfen moechte. Nachteil der Faehrstation: es schaukelt uns mehrmals taeglich ordentlich durch, die Faehren kennen kein Pardon und rauschen hier mit Vollspeed rein oder raus. Aber so tief und fest wie hier haben wir schon lange nicht mehr geschlafen. Der Ankerplatz ist ansonsten sehr ruhig.

Taeglich wird der Hackenporsche startklar gemacht und wir duesen damit zum Leaderprice. Rucksaecke, Ikea-Taschen oder auch mal die Waeschebuette ergaenzen die Transportmoeglichkeiten und erweitern unseren Trolley (besagter Hackenporsche) zu einem absolut vielseitigen und sehr belastbaren Transportmittel. Das es den grossen Einkaufswagen im Supermarkt nur gegen Vorlage des Personalausweises gibt haben wir bei der zweiten Tour schon raus bekommen und so schieben wir etwas entspannter durch den Leaderprice, sacken tonnenweise Getraenke, Konserven etc. ein. Mit der dritten Tour sind wir um ca. 470 Euro aermer, dafuer sind die Staufaecher schon ganz ordentlich gefuellt. Sollten wir unseren Einkaufsrausch jetzt vielleicht doch etwas zuegeln? Immerhin fahren wir ja nicht zu irgendwelchen abgelegenen Pazifikinseln. Sondern nach Curacao. Und dort gibt es Albert Heijn und Konsorten, herrscht kein Mangel an verschiedenen Artikeln des taeglichen Bedarfs wie z.B. in Venezuela. Egal, was frau hat, hat sie. Nur bei Mehl etc. wird gebremst.

Dazwischen ist eine Tour mit dem Bus zum Decathlon und zum Baumarkt faellig, es gibt an Bord der Blue Felix leckeren Wurstsalat und genauso leckere Sundowner (mit richtigen Eiswuerfeln!), unser Bordrezeptbuch wird ergaenzt, die Festplattenkapazitaet dezimiert und der Bestand an Hoerbuechern, ebooks und Filmen erweitert. Wir lernen Lloyd kennen, einen Australier der mit seinem kleinen Catamaran einhand unterwegs ist, telefonieren mit Daniela von der Yelo die vor St. Anne ankert und beobachten argwoehnisch ankerwillige Neuankoemmlinge. Warum muessen die unbedingt exakt vor uns ihren Anker fallen lassen?? Zum Glueck sehen sie es ja immer ein und wandern weiter. Ob die boesen Blicke von den Nachbarbooten vielleicht auch dazu beigetragen haben?

Am Dinghisteg werden einige der Gummiboote von den einheimischen, schwimmbegeisterten Kids als Sprungschanzen missbraucht. Leider kippt dabei auch schon mal ein etwas leichteres Dinghi um, taucht der Aussenborder ins salzige Wasser und der Eigner staunt bei seiner Rueckkehr, weil der — mittlerweile wieder unschuldig aufrechte Aussenborder — sich mit dem Starten schwer tut. Sabine alarmiert die Dame von der Touristinfo, die ihrerseits die Polizei alarmiert. Ergebnis: 6 Polizisten (alle behoerdlichen Posten sind hier von hellhaeutigen Franzosen besetzt) flanieren die Waterfront entlang und von den nimmermueden Springern ist weit und breit nichts mehr zu sehen. Am naechsten Abend wiederholt sich dann das ganze Spiel; wenn auch dieses Mal ohne Polizeiaufgebot da die Touristinfo nicht mehr besetzt ist.

Auf der nahe gelegenen Baustelle fuellen wir unsere Wasserkanister. Etwas ungewoehnlich, auch weil das Wasser mit richtig Schmackes aus der Leitung schiesst., aber uns ist das egal. Die Blue Felix hat sich hier auch schon versorgt, kein Problem. Interessant ist das hier auch: aus Loechern im neuen Betonpier zischt und pfeift es. Darunter stroemt das Wasser hin und her und verursacht diese “Melodie”. Bojen liegen vor der Pier, die ersten Schrauben an den Leitern loesen sich schon wieder, die ganze Leiter wackelt wenn man mit dem Dinghi anlegt. Wenn das alles mal fertig ist, sollen hier wohl Yachten festmachen koennen.Die Promenade ist schon fast fertig und mit Palmen bepflanzt — Fort de France putzt sich raus. Ein klein wenig erinnert uns die Stadt an La Linea. Nicht wirklich huebsch, aber auch nicht richtig haesslich. Es gibt durchaus nette Ecken und Plaetze, ein paar ansehnliche Gebaeude und Haeuser. Laeden, lebendiges Treiben, nette Menschen. Der Verkaeufer im gut sortierten Bootsshop spricht sogar recht gut Deutsch! Und einklarieren ist hier ebenfalls am PC moeglich, sogar ohne jede Gebuehr.

Ein klein wenig faellt es uns schwer, schon wieder Abschied von Martinique zu nehmen. Wirklich viel gesehen haben wir auch dieses Mal nicht von der Insel. Und zu gerne haetten wir noch einmal Freunde in Le Marin und St. Anne besucht. Oder waeren mit der Blue Felix Crew zum jazzfestival hier in Fort de France gegangen. Aber uns ziehen die gebuchten Fluege nach Curacao. Morgen noch einmal frisches Baguette bunkern, das Dinghi hochnehmen, dann heisst es: Kurs Curacao. Vier Tage planen wir dafuer ein, die Wettervorhersagen sind recht gut, Wind und Welle moderat, etwas regnerisch soll es werden. Aber Regenschauer erleben wir auch hier mittlerweile fast taeglich, kurz, nicht besonders heftig und auch in keinster Weise abkuehlend.