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Ankerplatz in der Prince Rupert Bay, DominicaIMG_6175.JPG

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Ausgewogen - der Trend geht wohl doch zum Zweitdinghiy

10.05.2015 — Dominica

Es gibt Tage, die streicht frau besser. Nicht zwischenmenschlich, nein, das nicht. Obwohl der heutige Tag auch diesen Bereich durchaus strapaziert hat. Oder besser gesagt auf die Probe gestellt hat. Und ein neues Motto praegte: Segeln koennte so schoen sein, wenn es keine Wellen gaebe. Aber die gibt es nun mal und nicht zu knapp. Bloederweise haben wir unsdafuer entschieden, die Illes des Saintes auf einem anderen Weg zu verlassen, quetschen uns zwischen Terre de Haut und einer unbewohnten Insel durch. Die konnten wir gestern schon von oben, waehrend unserer Gebirgstour bewundern. Und eigentlich haette uns das gewaltig zu denken geben muessen was wir da gesehen haben.

Aber nein, so sind wir halt. Learning by doing. Und ausserdem wollen wir ja unbedingt nochmal den Huegelruecken vom Wasser aus sehen, den wir gestern erklommen haben. Dazu haben wir dann ausreichend Gelegenheit. Mit der Wahnsinnsgeschwindigkeit von zeitweise 1,9 Knoten motoren wir also durch das Insellabyrinth. Windaus 30 Grad, Wellen die nicht von schlechten Eltern sind. Wie weit bin ich von den Felsen weg, wieviel Wasser haben wir da? Terre de Haut praesentiert uns seine unwirtliche, steil abfallende, felsige Seite. Es regnet, die Regentropfen pieksen wie Nadeln auf meiner Haut. Was vom Regen nicht durchnaesst wird, bekommt ordentlich Salzschauer ab. Und das alles wegen 10 Grad besseren Kurs zum Wind. Ob es das wirklich wert ist? Wir haben ernsthafte Zweifel. Aber jetzt umkehren und weiter unten zwischen zwei anderen Inseln durch? Nein, die Bloesse will sich der Kaeptn auch nicht geben. Ich sag nix, Augen zu (die Brille ist sowieso eher hinderlich) und durch. Wie Kaugummi zieht sich das Stueck. Gefuehlt sind wir Stunden unterwegs, die Uhr zeigt aber spaeter, dass wir fuer 6 Meilen ca 2 Stunden benoetigt haben.

Und so, wie die Illes des Saintes uns einige Monate vorher bei unserem ersten Besuch begruesst haben, so verabschieden sie uns auch: mit Regen, viel Wind. Irgendwie zum Abgewoehnen.Dabei moegen wir diese Inselgruppe wirklich sehr, haben uns wohl gefuehtl und waeren gerne noch laenger geblieben.

Freies Wasser — irgendwie auch nicht wirklich besser. Die Wellen rennen gegen die Inseln an, werden gebremst, laufen nicht zurueck, aber irgendwie aufeinander auf und werfen sich mit Vehemenz gegen unser Schiff. Das aechzt und zittert unter dem Ansturm. Nur unter Genua laufen wir knapp 3Knoten. Sollen wir das Gross nicht vielleicht doch wieder….? Ein energisches Nein laesst den Kaeptn verstummen. Die Leine fuers 2. Reff ist wieder einmal gerissen und wir haben das Segel erst einmal komplett geborgen. Vielleicht doch keine schlechte Entscheidung? Wenig spaeter haut eine Boee mit ueber 30 Knoten ueber uns weg und wir ziehen mit 6-7, zeitweise auch 8 Knoten durch die Wellen. Und das nur mit dem Vorsegel.

Immer wieder schiessen besonders hohe Wellen ueber uns hinweg. Einige Male kann ich mich grade noch so wegducken. Dann wird es ruhiger, Dominica lenkt Wind und Welle doch etwas ab, die Prince Rupert Bay liegt nur noch 3 Meilen von uns weg. Eine voellig leere Bucht liegt an Backbord. Nationalpark, Ankern verboten.

Das erste Serviceboot taucht auf. Alex, knallgelb mit roter Schrift, der kam doch damals auch schon …. wir bedauern sehr, wimmeln ihn aber ab mit der Aussage, dass wir nur kurz auf Dominica bleiben, auf Freunde warten und dann gleich nach Curacao weiter segeln. Ein letzter Versuch, uns eine Mooring anzudienen, dann zieht Alex von dannen. Dafuer kommt ein anderer “Boatboy” gefaehrlich nahe an unser Schiff. Was mich aber nicht davon abhaelt, unbeirrt und mit gleichbleibender Geschwindigkeit, meinen Kurs zu laufen.  Nein, wir wollen keine Indian River Tour, keine Mooring, kein Barbecue und auch kein frisches Obst. Das alles dient uns auch noch ein 3. an, grad als der Anker gefallen ist und wir die gerissene Reffleine neu eintuedeln. Kein guter Zeitpunkt, um mit uns Verkaufsgespraeche zu fuehren.

Fertig mit tuedeln, aufklarieren, trocken legen, Kuchenbude aufbauen, Dinghi wassern. Beim Anlegeschluck haben wir Musse, unsere Umgebung zu sondieren. Was fuer ein Unterschied zu — wann waren wir eigentlich hier? Februar, Maerz? Jedenfalls liegen deutlich weniger Yachten in der Bucht vor Anker oder an einer der Moorings. Platz in Huelle und Fuelle. Kreischende Kinder am Strand, eine Hotelruine (under construction laut Revierfuehrer), der Anlegesteg fuer die Kreuzfahrer, einige Strandbars. Aus einer kommt die von uns so sehr geschaetzte karibische Hip-Hop Musik (keine Ahnung, wie die offizielle, fachlich qualifizierte Bezeichnung fuer diese Headbanging Melodien lautet). Text und Melodie wiederholen sich unablaessig und unserer Meinung nach muss man entweder volltrunken, zugekifft oder sonstwie bedroehnt sein, um diese Musik a) ueber laengere Zeit auszuhalten und b) Text und Melodie ueberhaupt zu schreiben. Unsere Ohren jubilieren, als es wenig spaeter etwas mehr in Reggae uebergeht und auch mal einige Pop-Oldies gespielt werden.

Die Sonne versinkt langsam in einem grauen Dunstschleier, der Wind weht konstant und laesst alle Boote parallel liegen. Landgang ist erst morgen angesagt, einklarieren und hoffentlich auch ausklarieren in einem Aufwasch. Und dann wieder hin und her rechnen, EC in Euro. Suchen — wo gibt es was, wie kommt man wohin? Und wenn wir alles raushaben, wieder erst nach rechts und dann nach links schauen bei der Strassenueberquerung, dann geht es weiter nach Martinique.

Wer rastet, der rostet. Und wir rosten so schon hinreichend, unglaublich, was an einem Holzboot alles rosten kann, inclusive unserer Knochen.