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Die Illes des Saintes zum zweiten. Nachsaison. Viele Bojen sind frei, kaum Yachten vor Anker. Auch im kleinen OErtchen Bourgh sind viele Laeden und Bars verschlossen. Und das an einem Donnerstagabend zwischen 18 und 19 Uhr. Wenige Menschen (im Vergleich), wenige Elektroautos, nur die unermuedlichen Motorroller scheuchen uns immer mal wieder auf die Seite. Die Faehren legen eifrig an und ab, verbinden die Hauptinsel Terre Haut mit der kleineren Terre Basse oder mit Guadeloupe. Hmmm, die fahren zu dem leckeren Sorbet nach Trois Rivieres …..Meine Guete, Du denkst auch nur ans Essen! Werner zieht eine Schnute. Da vorne die Mooring waere viel besser gewesen. Warum? Die sieht aus wie unsere!!?? Wenn schon Mooring, dann wenigstens so nah wie moeglich an Land. Das ist zwar ein Argument, das ich mit Hinweisen auf Tiefgang etc. versuche auszuhebeln. Vergeblich. Irgendwie erinnert mich das an die Parkplatzsuche mit dem PKW frueher zu Hause in Deutschland….. was frueher mit Parken direkt vor der Eingangstuer eines Ladens und Ignorierung irgendwelcher Verbotszonen zu Diskussionen zwischen uns fuehrte, das ist heute wahlweise der (von mir) gewaehlte Ankerplatz oder alternativ halt die Mooringboje.

Zornentbrannt kuendige ich (mal wieder). “Sag nur rechtzeitig Bescheid, damit ich mir jemand anderes suchen kann” — “Als waere irgendjemand so bloede, es mit DIR laengere Zeit auf diesem Boot auszuhalten”. Wir teilen aus und stecken ein, kraeftig, da bleibt kein Auge trocken. Meine schon gleich gar nicht. Die Achterkabine schaut mitfuehlend meinem Traenenstrom zu. Das vergeht wieder, das kennt sie schon. Am meisten aergere ich mich ueber mich selbst. Haette ich nicht anders reagieren koennen? Gelassener? Jede Minute in Streit und AErger ist verlorene Zeit. Dabei war der Tag heute, das Segeln, Motorsegeln und die letzten Meilen nur unter Maschine schoen und entspannt. Eine Fahrt entlang der Kueste Guadeloupes. Noch einmal Pointe Noire, Basse Terre sehen. Hausdaecher liegen als bunte Farbtupfer in der ueppig-gruenen Landschaft. Guadeloupe, hier haetten wir es gut noch eine Weile ausgehalten, haetten noch einiges entdecken oder mehrfach geniessen koennen. Eine lebenswerte Insel.

Friedensangebot meinerseits: Hilfe bei der Aussenbordermontage. “Kann ich alleine”. Dann halt nicht. Der Rest des Abends verlaeuft weitgehend schweigsam und mit betontem Aneinander-vorbei-gucken bzw. voreinander her laufen. Frueh geh ich in die Koje, taeusche Tiefschlaf vor waehrend mir ein Krimi ins Ohr plaerrt.

Am naechsten Morgen herrscht wieder Friede. Eine versoehnliche Geste, ein in den Arm nehmen und alles ist wieder gut. Leider ist der Aussenborder anderer Meinung. Das Versoehnungsbaguette (frisch aus der kleinen Backstube in der zweiten Reihe) muss ausfallen. Rudern kommt auch nicht in Frage — zuviel Gegenwind. Der Kaeptn zieht und drueckt, zieht und drueckt, sprueht hier, kontrolliert alles und bricht nach gefuehlten 100 Startversuchen erstmal ab.

Fruehstuecksgestaerkt wuehlen wir uns durch unseren Fundus, finden den lang vermissten neuen Benzinschlauch fuer den vermeintlichen Evinrude-Aussenborder. Stellen fest, dass der Evinrude ebenfalls ein Mercury AB ist (wundersame Verwandlung im Stauraum??), zerren diesen mit roher Gewalt unter unserem Bett auss seinem Dornroeschenschlaf hervor und wuchten ihn aufs Dinghi. Skeptische Blicke; das Ding sieht irgendwie doch etwas anders aus, wo ist denn hier der Rueckwaertsgang?? Einige Male am Starterkabel ziehen — nix, nada, nur ein dezentes “rrrrr”. Aber dann - springt er an!! Und laeuft. Rund, ohne Aussetzer, ohne Puff und Peng, kein Verschlucken, kein Husten, kein Knallen. Ausmachen, starten, laeuft. Wir sind begeistert. Und knattern gleich an Land. Tigern durchs kleine Staedtchen, kaufen ofenwarmes, knuspriges Baguette und vertilgen gemeinschaftlich eine “Plate du jour” im Restaurant-Cafe Mambo. Klaro, Internet gibt es hier auch. Was wir weidlich ausnutzen.

Zweite Runde im Ort, dieses Mal gegen Abend. Sonnenuntergang, eine Gruppe junger Einheimischer sitzt vor einem verlassenen Haus und trommelt. Immer den gleichen Rhythmus. Mittlerweile unterstuetzt von Saengern und Taenzern. Richtig was los hier. Die Eisbude hat geoeffnet, dafuer schliessen die Fetzenlaeden einer nach dem Anderen .Auch unser Mambo laesst den Rolladen runter, verkauft noch Pizza durch ein Fenster, was sich offenbar grosser Beliebtheit bei den Einheimischen erfreut.

Wir wandern nach Norden, vorbei am “Bateau des Illes”. In dem Haus, das wie ein Schiffsbug aus dem Hang in die Bucht ragt, ist tatsaechlich eine Arztpraxis untergebracht. Tritt man durch die Eingangstuer steht man auch schon gleich im Wartezimmer. Eng, gemuetlich und bestimmt ziemlich warm.

Fantastische Ausblicke auf die Bucht, den Ort, die anderen Inseln. Eine Treppe fuehrt hinunter zum Strand. Hier laeuft irgendwas nochmal anders. Es ist ruhiger, viele Haeuser sind Ferienunterkuenfte und die Saison ist ganz offensichtlich zu Ende. Hier und da trifft man einige Einheimische, Garten waessernd, einen Schwatz ueber den Zaun haltend, vom Baden kommend, das Handtuch laessig ueber die Schulter geworfen. Vor einem Haus sitzt eine aeltere Dame, beobachtet den Aufbau einiger Pavillons am Strand direkt davor — eine Privatfete ganz offensichtlich. Fischerboote liegen im Wasser oder am Strand, hier wird kein Aussenborder an- oder abgeschlossen. Unter den Baeumen fuehrt ein Betonweg zu einer kleinen Hotelanlage. Abendliches Badevergnuegen im flachen Wasser vor einem kleinen Strand. Mit Blick auf die hier an der Mooring liegenden Yachten. Malerisch gruppiert um ein Wrack, das durch zwei gelbe Gefahrentonnen markiert und beliebtes Schnorchel- und Tauchziel ist. Ein Dinghi tuckert vollbeladen an Land.

Ganz dreist stiefeln wir durch die Hotelanlage auf die schmale Strasse, die uns oberhalb der Haeuser zurueck zum Ort fuehrt. UEppige, sehr gepflegte Gaerten wechseln ab mit eher karger Vegetation. Huehner scharen unter Bueschen, eine Katzenfamilie turnt hinter einem Zaun herum,an vielen Pforten haengt ein Schild “a louer” oder ein Hinweis auf eine Vermietungsagentur. Hier kann man ganze Villen oder kleinere Appartments fuer einen Urlaub im Paradies buchen. Ist es das Paradies?? Vielleicht noch nicht ganz, aber es kommt ihm schon recht nahe.

Auf dem Schulhof findet eine Theaterauffuehrung statt. Wir sind herzlich willkommen, gegen eine kleine Spende. Allerdings wird alles auf franzoesisch und teilweise sogar in kreol gesprochen. Vielleicht dann doch nicht so ganz das geeignete. Oder hat der Kaeptn einfach nur Hunger? Gereizt haette es uns ja schon, sicher waere allein schon das Zusehen interessant gewesen und der Kontakt zu den Einheimischen. Man begruesst sich mit Kuesschen links und rechts, es wird gelacht und gescherzt. Auf der Strasse liegt eine dickliche kleine, beige Huendin und blafft immer mal wieder irgendwas an. Der Spirituosenladen hat mittlerweile ebenso geschlossen wie die Apotheke. Und die Trommeltruppe hat immer noch begeisterte Fans um sich herum geschart. Auf dem zweiten, merkwuerdigerweise von der eigentlichen Zielgruppe gemiedenen Steg geniessen einige Jugendliche die Abendstimmung. Die Ankerlichter tanzen in der Bucht und eine letzte Faehre findet ihren Weg zum Steg.

Illes des Saintes, die Urlaubsinseln schlechthin? Klein, aber irgendwie fein. Wieder s oganz anders wie die grossen Schwestern. Nah bei Guadeloupe und doch Lichtjahre entfernt. Gefuehlt zumindest. Fortschrittlich und umweltbewusst durch Einsatz von Elektroautos (sogar ein Elektroskateboard begegnet uns) leben die Inseln vom Tourismus. Was macht man hier waehrend der Hurrikan-Saison? Finden vielleicht noch vereinzelt Besucher den Weg hierher? Schulgruppen von Guadeloupe? Fliegen dann noch die kleinen Sportflugzeuge auf halsbrecherisch anmutende Weise zwischen zwei Huegelkuppen hindurch die Landebahn des Flughafens an? Ankern dann noch Yachten hier, beleben das Bild? Fliegen dann noch die Kiteschirme zwischen den Inseln uebers Wasser? Oder sind die Einheimischen dann ganz unter sich, verrammeln alle Fenster und Tueren, sind sich selbst genug? Wer sichert den kleinen Laeden, den unzaehligen Bars, Restaurants, Tauchschulen, Rollervermietungen das UEberleben? Lebt man vom Saisongeschaeft? Wird die Saison durch Highlights verlaengert, so wie in Deutschland? Hier gibt es sicherlich keinen Weihnachtsmarkt, der als winterliche Attraktion die Besucherscharen anzieht. Keine Weinlese, keine umsatzfoerdernden Gruenkohlparties. Wie lebt es sich dann wohl hier? Noch beschaulicher, noch ruhiger? Denn trotz allem Touristentrubel in der kleinen Hauptstadt gibt es noch Ecken und Gassen, in denen man sich in eine gaenzlich andere Welt versetzt fuehlt. Neun Inseln, davon nur zwei bewohnt, Terre de Haut und Terre de Bas. Seit 1648 von Franzosen besiedelt und bis heute von der Baguette-Kultur beseelt. Der Reisefuehrer schwaermt von paradiesischen Straenden und tuerkisblauem, klarem Wasser. Vom Naturhafen auf der Hauptinsel, der Terre de Haut. 15 km trennen die Inseln von Guadeloupe. Das sich an manchen Tagen glasklar und an anderen Tagen seine Silhouette milchig-verschleiert praesentiert. Auch heute noch sollen die Fischer und ihr Tagwerk das Inselleben dominieren. Was die zahlreichen kleinen Fischerboote auch bestaetigen.

Illes des Saintes, das ist fuer uns auch Wandern, ueberschaubar, so wie wir es lieben. In einer Halbtagestour vorbei am Flughafen mal eben auf die andere Seite der Insel, einen Blick in die Grand Anse werfen. Die Brandung tobt hier an den Strand, der mit Tang uebersaet ist. Schwimmen verboten, gefaehrlich ist es hier. Gut vorstellbar. Die Geraeuschkulisse ist dazu passend. 200 Meter weiter endet die Betonstrasse an einigen Haeusern, hier gelangt man in die kleine und deutlich ruhiere Anse Rodrigues. Ein Mann geht schnorcheln, der Wind fetzt die Sandkoerner gegen meine Waden.

Der Kaeptn mutiert zur Bergziege. Die Kollegen rufen offenbar ziemlich laut. Durch sandfarbenes, duerres Gras sucht er sich einen Weg nach oben, ich folge keuchend. Oben auf dem “Gipfel” haben wir nicht nur einen phantastischen Rundumblick auf diverse Inseln, Buchten und das Fort Antoine, sondern auch eine Begegnung mit den Bewohnern “unserer kleinen Farm”: Ziegen, Schafe, Huehner. Neugierig kommen sie immer naeher an uns heran. Fast sieht es so aus, als wolle der stolze Hahn mit den dicken Beinen und dem knallroten Hahnenkamm Werner mal in die Wade picken. Auch ein Ziegenbock mustert uns sehr nachdenklich, kommt mal naeher, entfernt sich dann wieder; scheint unschluessig, was von uns zu halten ist. In einer abenteuerlichen (fuer unsere Verhaeltnisse) Bergab-Tour kommen wir wieder am Ausgangspunkt unserer Kraxelei an. Klettern ueber wackelige Zaeune, rutschen auf trockenem Laub steile Haenge hinunter, sind unsicher ueber die einzuschlagende Richtung und scheuchen dabei einen recht grossen Leguan sowie die Bewohner einiger Haeuser auf. UEberfall?? Nein, wir wollen nur wissen, wie wir wieder in die Grand Anse kommen. Im Zweifelsfall ja bergab, was die Dame des Hauses uns auch bestaetigt. Nette Wohngegend hier, da kann man es gut aushalten. Zumindest wenn man sportlich ambitioniert ist, bei den Steigungen! Ob die uns mal ihren Pool lassen?

Zurueck in Bourgh zerfliessen wir fast, Durst, Sehnsucht nach einem Sprung ins kuehle Blauwasser. Dieser Gedanke wird uebermaechtig: ein eiskaltes Cola-Bier und eine Runde Schwimmen gehen! Nix wie zurueck an Bord. Und darueber staunen, dass mittlerweile doch alle Mooringbojen belegt sind — Wochenende auf den Saintes; und die Trommeln sind auch wieder zu hoeren.