Der Kran rollt an. In den Gurten hängt ein Segelboot. Weiss, schlank, hübsch anzusehen, mit einem traditionellen, schmalen Heck.  An sich ja noch nix besonderes. Auf der Ladefläche eines Pick-Ups  sitzend lässt ein älterer Herr die Beine baumeln. Gehüllt in einen weissen Sportanzug, Kapuze übern Kopf sitzt er da und schaut zu. Auch soweit noch nix besonderes.

Zwei auch nicht mehr ganz so junge Männer sind mit dem Kranteam zugange und halten die Leinen fest, als sich die Gurte lösen.

Dann kommt der älter Herr im hellen Anzug angetappert, links und rechts gestützt von zweien der Männer. Mühsam wird er an Deck gehievt, der Relingsdraht ist nicht niedrig und flexibel genug. Irgendwie schaffen sie es aber dann mit vereinten Kräften und der Herr steht an Deck. Schlurft langsam nach hinten, nimmt im Cockpit in einer Ecke am Steuerrad Platz.

Dann legt das hübsche Boot ab. Die beiden jüngeren Männer stehen an Deck, handeln die Leinen. Die Kommandos kommen von hinten. Das Gross geht hoch und dann segeln sie langsam aus der Fishingbay.

Soweit so immer noch nicht etwas Besonderes?

93 Jahre ist der Herr am Ruderrad. Es werde wohl sein letztes Jahr an Bord seines Schiffes sein, meint der Kranführer. Krank sei er nicht, aber halt alt und gebrechlich - und letzteres unübersehbar.

Aber wenn er sitzt, so am Ruder seines Schiffes, dann sieht man das nicht. Dann ist er noch fit und steuert sein Schiff souverän an anderen Schiffen vorbei und bringt es auf Kurs.

Und vielleicht ist es ja doch nicht sein letztes Jahr an Bord, sein letztes Jahr unter Segeln.

Nachdenklich und lange schaue ich dem Boot hinterher. Und hab das Gefühl, selbst alles richtig gemacht zu haben. Richtig entschieden zu haben, als es darum ging, ob ich wahnsinnig sei, mit einem Schlaganfallpatienten von Kolumbien weg zu segeln. Es war vielleicht etwas wahnsinnig, aber muss man das nicht manchmal sein?

Und die Erfüllung von Träumen, auch die anderer, das gibt uns doch immer ein gutes Gefühl.

Gut eingemummelt sitzt er da, Blick hoch ins Segel, während vorne auf dem Deck seine jüngeren Begleiter die Decksarbeiten übernehmen

Gut eingemummelt sitzt er da, Blick hoch ins Segel, während vorne auf dem Deck seine jüngeren Begleiter die Decksarbeiten übernehmen