Monats-Archiv September, 2016

Boatyard Episoden - Heute: Die Sache mit dem Müllcontainer

Boatyard Episoden

Kommt die Bordfrau vom Duschen zurück. Erzählt der Käptn ihr, das man dann jetzt doch den Rumpf noch einmal lackieren wird.Und dazu einige kleine Macken aasgespachtelt werden. Mit dem Material von International das in den beiden Eimern, die da neben stehen ….. ohoh, Frau wird hellwach: doch nicht etwa die Eimer, die sie heute mittag so schwungvoll in den Müllcontainer geworfen hat??? Doch, genau die meint er!!!!

Schande, es dunkelt schon. Aber morgen kommt das Müllauto schon ganz früh und leert die Container. Nutzt nix, ab zum Container. Immerhin unterstützt mich der Käptn und kommt mit. José, schon im Feierabend-Privatdress, ist völlig konsterniert das ich kopfüber im Müll rumwühle. Immerhin habe ich eine Stange gefunden, mit der kann ich einige der geplatzten Mülltüten zur Seite schieben.

José bringt mit seinem Handy noch etwas Licht in die Sache und die Mädels aus dem Büro, die auf der Treppe zum Aufenthaltsraum auf irgendjemand warten lachen sich schlapp. Die verrückten Gringos, erst schmeissen sie was rein, dann wollen sie es zurück haben aus dem Müll.

Triumphierend halte ich nach kurzer Zeit schon den ersten Eimer hoch. Aber verflixt wo ist der 2. abgeblieben? Der kann sich doch nicht in Luft aufgelöst haben!!! Der Käptn ist immer noch skeptisch, ob ich denn den Müll wirklich in diesen schief stehenden Container geworfen hätte. Ja klar, da ist ja auch die defekte Kühltasche mit den Resten unserer Deckenverkleidung und da unser Müllbeutel …. der birgt dann des Rätsels Lösung: der 2. Pott war im Müllsack drin.

Erleichterung bei allen Beteiligten, der Käptn ist zufrieden, die Spachtelmasse gerettet.

Und dabei war ich mir so sicher, dass er gesagt hat, die kann weg ……

Veränderungen

Es tut sich was

Guilana meint, es stehe schon in der Bibel geschrieben „wer fragt, bekommt auch etwas“ - wir hätten eben Jesus (so heisst der aus Galizien stammende Manager von Ferroalquimar) gefragt und haben ganz viel bekommen.

Und tatsächlich: in den letzten Tagen kommen wir aus dem Staunen kaum noch raus: die Dusche ist täglich blitzblank geputzt, Toilettenpapier ist vorhanden und muss nicht selbst mitgebracht werden, ein Ventilator zwecks Geruchsabzug wurde installiert. Und die Krönung allen: eine Waschmaschine plus Trockner werden installiert.

Das Wifi funktioniert bestens, die Klimaanlage hält den Aufenthaltsraum angenehm temperiert und der Fernseher schweigt meistens beleidigt. Immerhin ist dafür inzwischen sogar eine Fernbedienung aufgetaucht!

Ansonsten tut sich auch einiges: immer neue Schiffe werden aus dem Wasser genommen und wir haben einiges zu gucken, denn alle müssen an uns vorbei. Darunter viele Berufsschiffe an denen dann Tag und Nacht geschweisst und gewerkelt wird, aber auch immer mehr Yachten finden den Weg hierher. So wie Kevin mit seiner Marianne. Der war vor ein paar Tagen schon per Pedes hier, hatte uns nach unseren Erfahrungen mit der Werft gefragt und da Manzanilla wohl voll belegt ist, hängt seine Marianne also heute im Krangeschirr von Ferroalquimar und wird vor uns eingeparkt.

die Marianne mit ihrem jungen Eigner und Skipper Kevin kennen wir schon vom Ankerplatz

Neue Nachbarin: die Marianne mit ihrem jungen Eigner und Skipper Kevin kennen wir schon vom Ankerplatz

Dafür jubelt, jauchzt, singt und tanzt die Bordfrau der kolumbianisch-italienischen Yacht Nadja unterm Schiffsbauch rum: die letzten Antifoluing-Pinselstriche sind getan, morgen geht es ins Wasser. Nadja hat dann 4 Monate auf der Werft gestanden. Wir hatten bei unserem ersten Besuch unter ihrem maroden Holzbauch gestanden und darüber gestaunt, wie kaputt dieses

wenn aus dem trockenstehenden Schiff erst ein fliegendes und dann ein nach 4 Monaten wieder schwimmendes wird

Grund zur Freude: wenn aus dem trockenstehenden Schiff erst ein fliegendes und dann ein nach 4 Monaten wieder schwimmendes wird

Schiff war. Jetzt strahlt sie in neuem Farb-Glanz und wir drücken fest die Daumen, dass alles dicht ist

Luxus-Shoppingtour und Ventilwechsel

Entspannte Shoppingtour

Es geht auch anders - Shopping ohne Stress, vollklimatisiert! Das Boatyard Management bietet uns einen super Service an: Shopping im klimatisierten Pick-Up mit dem Gemütsmenschen Jose am Steuer. Der Jeffe des Platzes kutschiert uns (die Crew der Paddy Boy und mich) erst zur Gasfüllstation. Leider werden die italienischen Flaschen hier nicht gefüllt, es fehlt - mal wieder - der passende Adapter. Längere Diskussionen nutzen nix, ohne Adapter läuft nix. Und eine kolumbianische Flasche will man Roberto auch nicht verkaufen.

Also geht es wieder zurück, Richtung Cartagena City. Als mittlerweile erfahrene Fussgängerin und Busfahrerin kann ich den Beiden vom Rücksitz aus gleich zeigen, wo es Geld gibt, wo Todoman und Hempel sind, mit welchem Bus man fahren kann und das dort an der Ecke gleich ein Olympica Supermarkt ist. Wir aber wollen zum Carulla. Ich in der stillen Hoffnung, ein Baguette der Marke Rustico zu ergattern.

Vorher aber gibt es noch diverse Boxenstops bei einschlägigen Gaszubehörläden, Ferreterias, Tornillerias und wie die Läden alle heissen. Leider nicht wirklich erfolgreich. Alle gucken auf die Flaschen, die auf der Ladefläche des Pickup ausharren und schütteln bedauernd mit dem Kopfe.

Na dann, auf zum Supermarkt. Wir stürzen uns ins Carulla-Gewühl. Jose wartet beim Pick-Up. Beim Aussteigen beschlägt erstmal die Brille - der Temperaturschock ist für die Gläser einfach zu gross.

Im Carulla komme ich dann gleich wieder ins Schwitzen: erst alles in den Einkaufswagen, dann an der Kasse auflegen, die Nummer für die Handy-Aufladung parat haben, das Prozente-Kärtchen zücken ach ja und Geld am Automaten wollte ich doch auch noch holen!

Ob das alles meine Einkäufe sind fragt der liebe Jose etwas ungläubig. Na, da hab ich mich doch noch auf das alleeallernotwendigste beschränkt. Allerdings schlägt das mit 6x 5 Liter Wasserflaschen schon gewichtsmässig ziemlich zu, das allerallernotwendigste. Die Ladefläche bietet aber ausreichend Platz, es ist alles gut verpackt, Jose sieht der 2. Fuhre die im Einkaufswagen von Guilana und Roberto nur wenig später anrollt, gelassen entgegen. Dann geht es gemächlich wieder zurück zu Ferroalquimar. Was für ein Luxus - Shoppingtour mit eigenem Chauffeur!!

Zurück am Schiff habe ich dann Mühe, alles zu verstauen. Unser Cockpit ist von mehreren, untätig herumsitzenden Männern bevölkert. Derweil flitzt der Käptn eine grosse Klappleiter rauf und runter,  verpasst unserer Fussreling eine neue Lackschicht, ist voll im Stress. Im Cockpit ziehen die Herren dann doch noch die Beine etwas ein und ich kann die Pantry entern. Stop, da ist ja noch einer, hängt halb im Motorraum, halb ragt er in den Pantrybereich hinein. Aha, Ventilwechsel ist angesagt. Das wird wohl auch Zeit. Seit 2014, seit Brasilien, fristen die bisherigen Ventile ein karges Dasein in unserem Motorraum. Umspült von reichlich Salzwasser (das sie wahrscheinlich selbst rein gelassen haben)  und von uns immer mit Skepsis und auch etwas Abscheu betrachtet. Soviel Missachtung rächt sich natürlich - ziemlich marode sehen sie aus, gar kein Vergleich zu den neuen, glänzenden. Mal sehen, wie lange die so strahlend bleiben!

Alt und neu

Alt und neu

Pazifik hin - Pazifik her

Pazifik hin, Pazifik her

Das Dauerthema an Bord: was kommt als nächstes. Wo wollen wir eigentlich hin? Zurück nach Europa, zu den Azoren, noch einmal zu den Kanaren. Oder ins Mittelmeer? Oder hier in der Karibik weiter Inselshopping im Atlantik betreiben?

Oder - leicht zaghaft kommt der Käptn daher - vielleicht doch durch den Panamakanal und in den Pazifik?? Kaum wagt er es noch zur Sprache zu bringen, war die Crew doch bislang eher skeptisch eingestellt diesem Plan gegenüber.

Zu viele Ach und Weh’s, zu viele Wenn und Aber. Bis Neuseeland/Australien interessiert es die Crew ja noch, aber was dann so kommt. Da waren ja die Biskaya-Wellen kaum grauer und höher. Da baut sich so richtig was bedrohliches, finsteres vor dem inneren Auge auf. Warum? Keine Ahnung, ist nicht begründbar, rational. Ist einfach so.

Der Käptn hat das Thema fast schon abgehakt. Versucht aber trotzdem, s’schiffle so aufzumotzen, dass Frau sich vielleicht doch noch mit dem Gedanken anfreunden kann. Argumente der etwas anderen Art.

Und dann die grosse Überraschung: bei einem generellen Paargespräch lässt Frau so ganz nebenbei einfliessen, dass sie sich nun durchaus vorstellen kann, auf dem Pazifik zu segeln. Und ist erstmal ein klein wenig selbst überrascht von der Klarheit dieser Erkenntnis. Dem Käptn geht es ebenso: ungläubige Blicke kommen von der Backbord-Bank herüber, dicke Fragezeichen stehen in den bebrillten und derzeit so unglaublich blauen Augen. Wann hat sich seine Augenfarbe eigentlich so verändert. Habe ich ihn zu lange nicht mehr richtig angeschaut, meinen Käptn? ….

„Das klang aber vor einigen Wochen noch ganz anders“. Ja, klang es, weil ich mir selbst nicht getraut habe, mir nicht sicher war. Und keine Vorfreude wecken wollte, um dann zu sagen „ätschibätschi, nun doch nicht“. Es ist eine Entscheidung für mich, eine grundlegende, tiefgreifende. Der Pazifik und alles was dann kommt   - das ist für mich nochmal eine andere Hausnummer. Da liegt Europa nicht mehr „ums Eck“, da ist mächtig viel Wasser zwischen den Ländern und Inseln. Und so etwas muss reifen, daran muss ich mich gewöhnen.

Bei Reitern gibt es so einen blöden Spruch, von wegen „wirf Dein Herz voran, das Pferd wird ihm folgen“. Ist das bei Seglern vielleicht auch so? Wenn mein Herz sagt, ja, machen wir, wird das Boot dann auch brav folgen? Wird sich einfach alles ineinander fügen?

Planen und was-wäre-wenn Aktionen sind nicht so meins. Manchmal hab ich Vorahnungen, düstere. Die Macht der Gedanken. Vielleicht muss Frau sie einfach fliessen lassen und dann fliesst alles ganz von selbst, positives Denken zieht positives Handeln nach sich.

Und alles, was nach Australien kommt? Es kommt, wie es kommt, warten wir es einfach ab und lassen es uns gewissermassen auch auf uns zukommen!

Noch behalte ich es ein klein wenig für mich, traue mir selbst noch nicht so ganz. Aber vielleicht sitze ich bald in einer Runde und sage mit der gleichen Selbstverständlichkeit wie Giuliana von der Paddy Boy „yes, sure, we will go into the pacific“.

Shoppingtour und Hitzewallung

lSamstag früh, die Sonne steigt unbarmherzig höher. Mein Kapre steht unterm dicken Schiffsbauch und zetert rum: wenn wir jetzt nicht bald den Verdünnen für das Antifouling bekommen, brauchen wir heute gar nicht mehr anfangen mit dem ersten Anstrich.

Als brave Crew schnalle ich mir doch gleich mal die Rennsandalen unter die geschundenen Füsse und düse los. Bewaffnet mit einem Zettel, auf dem die spanischen Ausdrücke für alle zu besorgenden Teile notiert sind. Für den Fall der Fälle.

Mein Ziel ist Todoman. Die haben einen recht gut sortierten Shop auf ihrem Werftgelände, den kenne ich schon. Die (täglich wechselnden) Wächter kennen mich leider noch nicht alle. Also Sprüchlein aufgesagt mit dem Hinweis, das ich schon weiss, wo ich hin muss. Der Shop versteckt sich hinter mehreren Motorbooten und einer profanen weissen Tür.

Fällt man durch diese hindurch,  wird man gleich von einem Schreibtisch und - seit heute neu! - einer Art Tresen ausgebremst. Und obwohl schon 3 Herren vor dem Schreibtisch rumlungern, werde ich umgehend nach meinem Begehr gefragt: „ a la orde“ heisst das dann, das kenne ich auch schon.

Also Zettel gezückt und los geht das. Leider ist spanisch und spanisch irgendwie immer mal wieder zweierlei. Und der Zettel auch nur kurzzeitig hilfreich.  Hier scheitert es an den gesuchten Anoden. Ein Blick ins Lager (wow, ich bin beeindruckt!) zeigt mir die gewünschten Anoden. Allein es scheitert an der Grösse. Und was heisst jetzt Innendurchmesser? Der Blick ins Wörterbuch bringt mich bei der Gegenseite (die wirklich bemüht ist) nicht wirklich weiter. Flugs wird englischsprachige, weibliche Verstärkung aus dem Büro nebenan herbei zitiert. Mühsam wie Kaugummi ziehen sich die weiteren Verkaufsverhandlungen. Endlich steht alles auf dem Tresen und mir wird ein Preis notiert. Aber was ist das? Die Anoden werden weg genommen, eine andere Anode kommt ins Spiel, kurze Diskussion zwischen der übersetzenden Senora, die mir dann verklickert, das die eigentlich gewünschte Form der Anoden nicht den gewünschten Durchmesser haben. Warum jetzt nicht? 38 kann ich sowohl auf spanisch, als auch auf englisch eigentlich ganz gut sagen. Ich bin im Zwiespalt, passen muss das Ding ja schliesslich und zwar auf unsere 38er Welle. Aber findet so ein dickes Ei vor des Käptns Augen Gnade? ….. Egal, ich handele ein Rückgaberecht aus und ziehe endlich mit meiner Beute von dannen.

Damit ist der Einkaufsspass leider noch nicht beendet. Denn den passenden Verdünnen für unser Hempel-Antifouling hatte Todomar nicht vorrätig. Nur widerwillig wurde mir ein anderer verkauft und auch nur, weil ich ausdrücklich erwähnt habe, er sei nur zum Säubern der Gerätschaften (also Finger, Füsse, Arme und sonstiges).

Da ich es mir mit dem Käptn aber nicht verscherzen möchte und auf gar keinen Fall für eine Fehlfunktion unseres Antifoulings (durch falschen Verdünner verursacht) verantwortlich sein möchte, eile ich noch schnell zu Hempel. Die halbe Strecke habe ich ja eh schon hinter mich gebracht, auf die paar Meter kommt es also auch nicht mehr an. Leider muss ich dazu dann auch wieder die Strasse überqueren.

4 Spuren, befahren mit Staubschleudernden, langnasigen, drohend schnell heransausenden LKW, unzähligen Fotos und ebenso vielen PKW - das stellt jeden Hasen vor eine echte Herausforderung. Und wie ein Hase fühle ich mich auch etwas bei der Überquerung. Nach dem ersten Sprint über 2 Spuren ist eine Verschnaufpause auf dem schmalen Mittelstreifen angesagt. Immer wieder mahnend angehabt von den dicken Brummern, bleib ja stehen, ich bin stärker und schneller!!! Jaja, ich bleib ja stehen. Irgendwann kommt eine Lücke und weiter gehts. Hust, hust, hier drüben wird noch mehr Staub aufgewirbelt. Dafür zwinkern mir ein paar LKW-Fahrer zu und rufen „hola, linda“ - hach, sind ja doch auch nett, die kolumbianischen Männer.

Nein, Avocados möchte ich grad keine kaufen und für einen Plausch mit dem Strassenkehrer fehlt mir etwas die Zeit. So sind sie, die Gringas, immer in Eile. Hempel rein, Verdünner gekauft (ja,ja der ist für Hempel-Antifouling!), Hempel raus und wieder zurück. Nein, immer noch keine Zeit für einen Plausch, Hust,hust, wieder über die Strasse. Unterhalb in einer rundum offenen Bude bekommt mal wieder einen Haarschnitt verpasst und an der Ecke werden Tische und Stühle vor der bunt bemalten Holzbude aufgemalt, in der letztes Wochenende irgendwie Musik war. Ob wir uns heute Abend mal ins Nachtleben stürzen sollen?

Völlig durchgeschwitzt überreiche ich meine Beute dem Käptn, der alles wohlgefällig entgegen nimmt. Was ein Glück, alles richtig gemacht.

Nach einer kurzen Abkühlung im klimatisierten Aufenthaltsraum der Werft geht es nochmal los. Den Geldautomaten habe ich nämlich aus Zeitmangel links liegen lassen. Leider ist die Barschaft nicht mehr so berauschend und hier gilt leider allzuoft: nur Bares ist Wahres. Dairo, unser fleissiger Helfer muss heute und morgen wieder bezahlt werden und auch sonst kann es nie schaden, ein paar Pesetas für weitere Spontaneinkäufe bei Todomar in der Tasche zu haben.

Mir reicht es jedenfalls für heute, mein Fitnessprogramm mit integrierter Sauna hat mein Blut in Wallung gebracht und mir die Schweissperlen unter den Strohhut getrieben. Jetzt hab ich nur noch einen Wunsch: abhängen im Schatten, cooldown, ein kaltes erfrischendes Getränke. Oder noch besser: in eine Badewanne mit kaltem Wasser legen ……

« Previous PageNext Page »