Der Schein trügt Eine fahle Abendsonne blinzelt durch dünne Schlierenwolken, Symphonie in grau-blau Tönen gemischt mit einem blassen gelb. Dunkel, fast schwarz heben sich die Mangroveninseln und die Silhouette Bocca Chinas gegen den Abendhimmel ab. Ein kleines blaues Fischerboot dümpelt zwischen uns und dem Horizont. Die scheinbare Idylle ist trügerisch. In meinem Rücken hat bis vor wenigen Minuten noch der Rostklopfer in einem commercial Ship gewütet und irgendwo brummt immer noch ein Motor. Blechern bricht sich das Wasser an dem grossen Ponton an dem wir festgemacht haben. Darauf steht ein riesiger Kran (oder was auch immer das sein mag). Somit ist klar: wir sind in keinem Naturparadies sondern haben die Werft Ferroalquimar erreicht. Leider nicht wie geplant, nämlich mit eigener Kraft. Wär ja auch zu schön gewesen: 4 Monate Liegezeit in der Bucht von Cartagena und dann einfach so losfahren - nee, geht gar nicht. Davor haben die Besuchsgötter erstmal stundenlanges Freiklopfen der Ankerkette gesetzt. Die gleicht auf den ersten Metern (und die ziehen sich) einem Muschelbiotop. Irgendwann ist das Problem beseitigt und das nächste kündigt sich in Form einer Eisenstange samt Fussplatte an. Um diese Stange hat sich unsere Ankerkette liebevoll gewickelt und muss mühsam vom Dingi aus abgewickelt werden. Danach sieht unser neu erworbenes Dinghicover ziemlich mitgenommen aus und bedarf einer dringenden Reinigung. Jetzt aber los, Anker hoch und ab durch die Mitte. Nee, besser rechtsrum. In der Mitte ist ja das Flach. Schwungvoll überholen wir ein kleineres Segelboot, alles läuft prima. Bis zur Tonne 26. Drehzahl geht runter, wir werden langsamer - das kommt mir so bekannt vor!!!! Motor aus, Skipper stürzt zum Filter, wechselt auf den zweiten. Motor wieder starten, läuft. Leider ist die Freude nur kurz und der Motor gleich wieder aus. Der Teufel macht sein Spiel, das kennen wir ja schon. Claro das ausgerechnet jetzt unser Claro(so heisst die Telefongesellschaft) Telefonguthaben aufgebraucht ist (anfangs hat das irgendwie länger gehalten), gut dass wir noch Alternativen haben und Ferroalquimar alarmieren können. Die schicken auch gleich ein „Lancha“ (offenes schnelles Motorboot) mit zwei gut gelaunten Jungs an Bord. Schleppleine über und los geht der Konvoi in Richtung Werft. An der Tonne 28 geht es leicht nach links ab, rechterhand markieren gelbe Tonnen den zu meidenden Bereich, nach links fährt man(n) mit Gefühl. Wieviel Tiefgang wir denn hätten wollen die Jungs wissen und der Rudergänger (Dairo) möge doch nicht so rumhampeln mit unserem Bug. Der Skipper übernimmt, schliesslich kennt er unser nervöses Schiff und die etwas zickige Ruderanlage besser und so laufen wir kursstabil hinter dem Werftboot her. Wir passieren eine kleine Mangroveninsel ziemlich dicht und 1,20 unter Kiel zeigt unser Echolot kurzzeitig an, dann wird es wieder tiefer, wir sind fast da und gehen an eingangs bereits erwähntem Kranponton längsseits. Hier warten wir auf den Mechanico, doch er kommt ned. Zumindest heute wird das wohl nix mehr. Also basteln der Skipper und Dairo schonmal an Filtern, Dieselleitung etc. herum. Mit mässigem Erfolg. Im Leerlauf ist alles gut, aber wehe wir kuppeln ein und geben Gas. Tja und so „geniessen“ wir also den freien Blick auf einen Sonnenuntergang der eher unspektakulären Sorte. Vielleicht hätte der Skipper seine Erkältung doch auf dem Ankerplatz auskurieren sollen und vielleicht hätten wir den Krantermin einfach um ein paar Tage verschieben sollen. Hätte-hätte-Fahrradkette. Mein Freund José kommt auf einen Kaffee und einen Schwatz vorbei. Leider hat die „bella“ Bordfrau keine Zeit für ihn und mit der Verständigung hapert es ja bei mir auch noch ziemlich. Also zwitschert José recht schnell nach einem Plausch mit Dairo wieder ab. Dafür kommt dann der Kranführer und möchte, dass wir uns für die Nacht in die Kranbox verholen. Der ist lustig. Morgen soll es nämlich erst wieder zurück an unseren derzeitigen Liegeplatz gehen. Zumindest bis wir unser Motorproblem gelöst haben. Rin in die Kartoffeln, raus aus e Kartoffeln. Es sei halt sicherer in der Box, die Wachleute hätten uns bzw s’schiffte besser im Blick. Er lässt sich von unserer Furchtlosigkeit überzeugen und verzichtet auf derartige Verholmanöver. Und jetzt ist irgendwie der Skipper verlustig gegangen. Wen der wohl wieder auf dem Weg zum Tor bzw. zurück getroffen hat? Dabei ist hier so gut wie nix los; auf dem grossen Werftgelände stehen nur wenige Yachten und davon sind auch nur ein Bruchteil bewohnt. Ein kleines Taxiboot paddelt vorbei. Der weiss auch, was er geschafft hat, wenn er an seinem Ziel angekommen ist. Tapfer schwingt der Bootsführer am Bug sein kleines Paddel mal auf der einen, mal auf der anderen Seite ins Wasser, der Aussenborder ist hoch geklappt. Sprit alle oder Geld sparen?