1Wieviel ist 49 x 0,2 x 7? Abschied von Cienfuegos

Es ist soweit, wir nehmen Abschied von Cienfuegos. Aber noch nicht von Cuba. Cayo Largo heisst das nächste Ziel. Noch einmal ein paar Tage Cuba-Strandleben geniessen, mit türkisfarbenem Wasser, weissen Sandstränden. Cuba wie im Prospekt. So die Vorstellung. Schaun wir mal, wie die Realität dann aussieht. Vor den Abschied haben die cubanischen Behörden aber einen Besuch ihrer Büros gestellt. Heisst: einmal zum Dockmaster für Zahlemann und Söhne. Es gilt, das Liegegeld zu berappen. Liegegeld dafür, dass wir unseren Anker in die modderigen Gründe der Cienfuegos Bucht versenken durften; dafür, dass wir unsere Kette stundenlang von Muschelbewuchs befreien durften; Liegegeld für oft nicht benutzbare Duschen und Toiletten; Liegegeld für die Nutzung eines völlig überfüllten Dinghistegs an dem sich die empfindliche Gummihaut leicht wund reiben kann. Liegegeld also rein dafür, dass wir durch das Marinator an Land gehen können und dafür, gemütlich in der Bar abzuhängen. Sofern denn geöffnet und mit ausreichend Getränken bestückt. Denn auch das kam schon vor: die Bar ist geschlossen weil a) kein Wasser mehr im grossen Tank der Marina ist – ergo kein Barbetrieb möglich oder b) der Kühlschrank gähnend leer ist, weil die Nachschublieferung nicht rechtzeitig eingetroffen ist. Oder auch schon mal, weil gerade alles grossflächig begast wird (Moskito, Ungeziefer etc.). So ist das halt, hier in Cuba und man gewöhnt sich ja an einiges. Die Liegegeldberechnung jedenfalls ist äusserst kompliziert und erfordert einige Zeit. Es wird hin und her gerechnet, die unterschiedlichen Beträge verwirren den netten, älteren Herrn hinterm Schreibtisch zusehends und irgendwann gibt er entnervt auf, nennt einen Betrag mit dem auch der (fleissig mitrechnende Käptn) einverstanden ist. Zahlung per Kreditkarte – heute ausnahmsweise kein Problem. Zumindest für uns nicht, kurze Zeit später verweigert das Gerät dann wieder einmal den Dienst. Gut, wenn man dann ausreichend Bargeld an Bord hat und nicht noch einmal den Weg zum Bankautomaten in der Stadt auf sich nehmen muss.

Aber zurück zum Abschiedsprocedere. Nächste Station ist das Büro der Zollbehörde. Hier wird das sog. Despacho ausgefüllt. Das ist nix essbares, auch kein Esspapier. Es handelt sich um einen Zettel in 3 Durchschlägen mit Angaben zu Schiff, Käptn und Crew. Die müssen wir im nächsten Hafen bei der Ankunft vorzeigen. Warum wir jetzt 2 weisse und 1 blauen, die Aries Dream aber 3 blaue Zettel bekommt, weiss nur der Zollbeamte.

Erleichtert lassen sich die die beiden Skipper der naja und der Aries Dream auf die Barstühle fallen. Ich hab derweil die im Marina-shop erstandenen Hühnereier bebrütet. Am Nebentisch tagt eine Gruppe kubanischer Herren älteren Semesters. Einer kommt zu uns herüber, stellt sich in gut verständlichem Spanisch als Musico vor, gleiches Baujahr wie mein Käptn. Grosses beidseitiges Staunen und natürlich muss ein Foto gemacht werden. Adressen werden getauscht und wir versprechen, von Deutschland eine Postkarte sowie die gedruckten Fotos nach Cuba zu senden.

Begegnungen der letzten Tage auf Kuba. Begegnungen, die bleibende Erinnerungen lassen. So wie der alte Mann auf einer Bank in der Souvenirshopmeile sitzend, verschämt aber mit eindeutigen Gesten nach Seife fragend. Erst schüttele ich verneinend den Kopf – wer schleppt schon Seifenstücke mit sich rum? Dann fällt mir ein, dass ich vielleicht doch eines eingesteckt haben könnte. Krame in meiner Tasche danach (was ja bekanntlich immer etwas länger dauert) und fördere tatsächlich die gesuchte Seife zu Tage! Zurück zu dem Senor, Seife übergeben und in strahlende Augen schauen. Ein breites Weihnachtslächeln macht sich auf dem gar nicht so runzeligen Gesicht breit, einen Handkuss bekomme ich zugeworfen. Ein einfaches Stück Seife kann Glücksmomente zaubern, unvorstellbar für uns in unserer konsumgewohnten Welt in der alles jederzeit zur Verfügung steht. Ein paar Strassen weiter sitzen Frauen, Kinder und ältere Männer vor ihren Häusern im Schatten. Freundliches grüssen, scheue Blicke unsererseits in die geöffneten Türen der Häuser. So wohnen? Nicht wirklich vorstellbar für uns. Auf wenigen Quadratmetern versammelt sich die Familie auf alten Schaukel- und sonstigen Stühlen. Schön anzusehen, unbestritten. Manchmal passt noch eine Couch in den Raum. Dunkel wirkt alles, beengt. Ein grauer, nur selten begrünter und sehr kleiner Hinterhof öffnet sich dahinter noch, fertig. Viel Platz ist das nicht gerade. Und doch ist es ihr eigenes, kleines Reich. Mit schönen Ornamentfliesen auf dem Boden und oft liebevoll eingerichtet. Und so manches Mal bereichert durch den kostbaren Drahtesel oder das Moped. Das muss dann nämlich auch noch mit in die gute Stube. Und an ganz vielen dieser Türen findet man dann auch noch das Hostal-Zeichen. Wo die Pensionszimmer sich wohl verbergen?Ein Mann läuft uns nach, fragt ob wir ein Zimmer suchen. Leider nein, wir leben auf einem Segelboot. Aah, ja, da braucht man kein Zimmer in Cienfuegos. Wo wir her kommen? Allemagne, tolle Fussballmannschaft. Lächeln, Nicken, man wünscht sich gegenseitig eine gute Zeit. Das sind die Erlebnisse, die bleiben, die sich tief einprägen. Aber auch die schönen Abende an Bord der diversen Fahrtenyachten, mit ganz unterschiedlichen Menschen gemeinsam zu Abend essen, einen Wein trinken und über Gott und die Welt sprechen, ganz erstaunliche Dinge erfahren, Menschen besser kennen lernen, die man bis vor kurzem überhaupt nicht kannte.

Und morgen früh in aller Herrgottsfrühe geht es los, nach Cayo Largo. Unserem letzten Stückchen Cuba. Vorgelagert, weit weg und nochmal ganz anders. Ein Stück Kuba wie aus dem Urlaubsprospekt? Vielleicht für die in den All-inclusive-Hotels. Für uns wird es wieder eine Herausforderung: Behördengang, Ankerplatz suchen (mit 2,40 Tiefgang in den hiesigen Gewässern nicht immer lustig), mit dem Dinghi an Land fahren, alles erkunden. Und hoffentlich feststellen, dass man – entgegen anderslautender Aussagen – auch auf Cayo Largo zumindest etwas Obst und Gemüse einkaufen kann! Notstand im Urlaubsparadies? Da werden wir uns dann vielleicht etwas einfallen lassen müssen, etwas improvisieren. Wir werden sehen.