Tages-Archiv 2. April 2016

Frühstück und Kenterung

Der 1. April. Von airberlin bekommen wir ein Werbemail für Stehplätze. Wir sind so fern von allen Realitäten, dass wir erstmal denken, was soll der Quatsch denn. Dann fällt mir das Datum auf: 1. April. Und zur Feier des Tages gönnen wir uns ein luxuriöses Frühstücksbuffet im Hotel Jagua. Für 8 CUC schlemmen wir uns durch Käse, Schinken, Pfannkuchen, Omeletts, Obst und Cerealien, leeren die Saftkrüge, trinken Cappuccino und Tee und können gar nicht genug vom frischen Baguette bekommen. Pappsatt hängen wir dann in der Lobby auf den Korbgarnituren Marke „hol den Kran, ich komm hier nicht mehr raus“ und versuchen das Internet zum mitmachen zu überreden.

Gefluche von der Sitzgruppe gegenüber und von dem Mann neben mir: des Käptns Laptop ist nicht willens, in die Internet-Geschichte einzusteigen und das von La Favorita stellt sich auch bockig an. Meines ist ausnahmsweise mal sehr kooperativ, leider läuft dann die Zeit auf meiner Stundenkarte etwas zu schnell für die anstehenden Aufgabenbereiche ab. Shit happens. Dafür kann dann Lydia ihre Karte nicht mehr stoppen und überlässt uns freundlicherweise ihr Laptop, um noch einiges in Sachen Bootstechnik zu eruieren. Man hilft sich ja.

Auf der Fahrt zurück zu den Mutterschiffen wird der Magen samt Frühstück nochmal ordentlich durchgeschüttelt. Wind und Welle bewegen nicht nur die vor Anker liegenden Schiffe sondern eben auch die Dinghis ganz ordentlich. Heute nochmal von Bord? Definitiv nicht vor Abend. Denn dann schlafen Wind und Welle erfahrungsgemäss immer wieder ein. Das geht hier fast jeden Tag so, mal mehr mal weniger und wir bewundern die kleinen Boote, die relativ weit aussen ankern und entsprechend kräftiger durchgeschaukelt werden.

Und da sitze ich so gemütlich in unserer Plicht und schaue den nickenden Booten zu, als ein kleiner grauer, auf den Wellen tanzender Punkt meine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Der Skipper einer weit draussen ankernden schwedischen Yacht versucht, zu seinem Schiff zu kommen. Setzt etwas zu weit oben an, dreht merkwürdigerweise immer wieder den Bug seines Gummibootes gegen Wind und Welle. Was zur Folge hat, dass das relativ leichte Schlauchboot vorne ziemlich hochgeht. Das sieht gefährlich aus, aber irgendwie bekommt er das Gespann immer wieder in den Griff. So halbwegs. Ist das wirklich der Schwede? Ich bin mir nicht mehr so sicher bei der Richtung, die das Schlauchboot einschlägt. Dann ist es klar: das Ziel ist das schwedische Boot. Das verfehlt er aber um mehrere Meter, kämpft sich erneut gegen Wind und Welle wieder heran, wird wieder abgetrieben.

Und justamente als ich den Käptn zur Hilfeleistung aktiviere, hebt sich das schwedische Schlauchboot kräftig in die Höhe – und kippt um! Mann und Motor sind im Wasser, unterm Schlauchboot. Wir geben Gas und ein etwas näher liegender anderer Nachbar hat das Drama auch mitbekommen, eilt ebenfalls zur Hilfe. Er ist schnelle dran und packt den völlig konfusen Schwedenmann am Kragen, hält ihn über Wasser. Werner hilft, ihn aus dem Wasser ins andere Schlauchboot zu ziehen. Ein weiterer Helfer fängt derweil das umgekippte Schlauchboot ein und mit vereinten Kräften wird es wieder umgedreht, Wasser läuft aus dem Aussenborder. Salzwasser, tödlich für unsere braven Zwei- und Viertaktgesellen.

Der Schwedenmann wird samt Dinghi erst einmal zu seinem Schiff gebracht. Lallend sitzt er auf dem Achterdeck und gesteht „ich bin wohl etwas betrunken“ . Die Sonnenbrille hängt von einem Brillenband gehalten auf halb-acht irgendwo um den Hals, das T-Shirt klebt am schmalen Körper und seine grösste Sorge gilt dem Dinghi. Unsere Sorge dagegen gilt ihm. Hoffentlich versucht er nicht, mit dem nicht einsatzfähigen Dinghi wieder an Land zu fahren, wo seine Frau irgendwann auf ihn wartet. Der niederländische Nachbar verspricht, die Frau abzuholen und unser Schwede verzieht sich glücklicherweise ins sichere Mittelcockpit seines Schiffes.

Etwas später dann nimmt sich ein 3-köpfiges deutsch-niederländisches Rettungsteam dem versalzten Aussenborder an. Mit vereinten Kräften gelingt es ihnen, den fast versenkten Aussenborder wieder zum Leben zu erwecken. Währenddessen schläft der Eigner seinen Schock oder was auch immer aus. Er sei immer noch nicht ganz von dieser Welt meint der niederländische Nachbar, der ihm ebenfalls zuHilfe geeilt ist.

Wir haben das schwedische Boot seit Curacao immer wieder einmal getroffen und sind schon lange der Meinung, dass der Skipper ein Alkoholproblem hat. Ob es da so gut ist, mit einem Segelboot unterwegs zu sein? Nicht immer werden aufmerksame Retter vor Ort sein. Und ohne die hätte das heute ganz anders ausgehen können. Wir mögen es uns nicht vorstellen.

Unser 1. Monat in Kuba

Kuba

„Ihr werdet es lieben“. Nun sind wir fast einen Monat in/auf Kuba. Lieben wir es? Nun, mich hat es erst einmal im wahrsten Sinne des Wortes umgehauen. Ohrenschmerzen, Kopfschmerzen, nur noch Schlafen wollen. 5 Tage hüte ich das Schiff, möchte nur meine Ruhe, empfinde jegliche Musik an Land als Krach. Haue mir letztendlich ein Zwiebelsäckchen aufs schmerzende Ohr und Antibiotika in den Schlund. Furcht vor einer Hirnhautentzündung kommt auf – das kommt davon, wenn man zuviel medizinische Fachliteratur an Bord hat und die in einem solchen Fall auch noch konsultiert. Warum ist der eine Knochen hinter dem rechten Ohr dicker, warum schmerzt es dort??

Am 4. Tag wird es allmählich besser, die kleine Portion Spaghetti schmeckt nach Chlor und kann meinen Appetit nicht wirklich antörnen. Positiver Nebeneffekt: die etwas enge Shorts passt wieder hervorragend, die Speckröllchen werden kleiner. Vielleicht ist es ja auch meines Körpers Art, sich gegen zuviel Hektik, zu viel Aktivität zu wehren?

Fakt ist: viele Segler haben Probleme mit den Ohren. Das Wasser in dem wir schwimmen, ist wohl doch nicht so sauber und verursacht Entzündungen in Kombination mit dem hier auf Cuba durchaus schonmal etwas kühleren Wind. Oder werden wir einfach empfindlicher mit zunehmendem Alter?

Bis zum 3-tägigen Havannatrip jedenfalls bin ich wieder auf den Beinen. Auch wenn ich mich noch etwas müde durch die Strassen Havannas schleppe und meine Orientierung irgendwie noch ziemlich marode ist. Meine Fitness wird allerdings fix angekurbelt, liegt doch unsere Unterkunft im 3. Stock und es führen über 70 Stufen hinauf. Dafür haben wir einen grandiosen Ausblick (bei geöffneter Eingangstür) über die Dächer der Nachbarhäuser. Können mit Hund, Katz und Hühnern reden, die ebenfalls auf den Dächern leben.

Unten in den Gassen tobt das pralle Leben. Fast jede 2. Haustür ziert das Hostal-Zeichen und irgendwie scheint Deutsch grad die zweite Landessprache zu sein. Nur wenige Autos fahren über den breiten Paseo in dessen Mitte sich ein schöner Fussgängerbereich erstreckt. Der ist am Abend Treffpunkt der Einheimischen, hier üben die Kinder Purzelbaum und Fahrrad fahren, hier spielen junge Hunde miteinander. Zeitgleich mit uns fällt Obama in Havanna ein. Spürbar daran, dass justament dann, wenn wir den Paseo queren wollen, selbiger gesperrt ist. Von wichtig aussehenden, ganz stinknormal gekleideten Cubanos, Männlein wie Weiblein. Wir sind uns sicher: ein echtes Hindernis würden die nicht darstellen wenn der Mob denn lostoben würde. Aber wer weiss, was da noch so auf uns gerichtet ist ausser Fernsehkameras und Fotoapparaten. Dezenter Jubel als dann endlich die beflaggten Limousinen vorüber brausen. Warum denn keiner richtig laut jubelt wollen wir Ausländer wissen. Nun, man könne ja nicht wissen, wie zuviel Jubel irgendwann mal gewertet wird. Nachdenklich gehen wir in die Altstadt, suchen und finden wunderschöne Plätze mit alten, prächtigen Gebäuden. Havanna hat sich fein gemacht, das Interieur der Prachtbauten ist stilvoll, ehrwürdig, imposant, beeindruckend, bewundernswert. Skurrile Ecken gibt es auch, mit bemalten Hauswänden und einem Auto in einem Haus als Kunstobjekt. Aber auch die häufig noch anzutreffenden maroden Bauwerke sind irgendwie kunstvoll und sehenswert.

In einer schmalen Seitengasse sitzt eine alte Frau hinter dem Gitter ihrer Wohnzimmertür, im kolonialen Schaukelstuhl. Die Katze schnurrt zu ihren Füssen, die Dame lächelt mir zu, nickt. Unsere Blicke treffen sich im stillen Einverständnis. Wenn wir eine Sprache sprächen, hätten wir uns sicherlich viel zu erzählen, würden miteinander lachen.Gleich nebenan ist eine Casa de Abuelos, hier treffen sich andere Senioren mit jüngeren Menschen, schauen Farbfotos an, trinken Kaffee, schaukeln stillvergnügt vor sich hin in der Hitze des Tages und der Kühle des Gebäudes. Ein sonnendurchfluteter Innenhof leuchtet in grüner Pracht.

Im allgemeinen sind die Hinterhöfe und Hauseingänge eher dunkel, düster und oft ziemlich marode. Aber es wird überall gebaut und renoviert, die Strassen werden aufgerissen, veraltete Rohrsysteme erneuert. Das alles allerdings stockt während des Obama-Besuches umeinen Tag später mit ungebremster Wucht neu los zu legen.

Während der President zum kubanischen Volk spricht, besucht die First Lady eine Schule in Havanna Vieja. Bedeutet für uns: undurchsichtige Sperrungen unzähliger Seitengassen. Am Ufer der Hafenzufahrt dürfen wir nur auf der Wasserseite entlang laufen. Eine entgegenkommende Dame wird gar komplett ausgebremst. Warum sie jetzt nicht in diese Richtung weitergehen darf, während zeitgleich unzählige Touristas genau daher kommen (unbehelligt), das wird ein Geheimnis der kubanischen Strassenwächter bleiben. Denn sie wissen nicht wirklich was sie tun. Wie sonst ist zu erklären, dass der Paseo an einer Stelle noch gesperrt ist und ihn keiner queren darf, während 20 Meter weiter alle Fussgänger die Strassenseite wechseln?

Leider fahren auch die beliebten Doppeldecker Rundfahrtbusse derzeit nicht. So kommen wir in den Genuss einer Fahrt mit einem echten Oldtimer-Cabrio. Michael, stolzer Besitzer und Fahrer, kubanisch braun mit Strohhut und schwarzem Blouson fährt uns stolz durch die Stadt. Alles original an seinem Auto, Baujahr 1951. Quietschgelb mit gelbschwarzem Interieur. Das ist ein Auto nach des Käptns Herzensfarben, BVB halt.

Das Nobelviertel Vedado mit seinen schönen alten villenähnlichen Wohnhäusern (hier wohnen keine armen Kubaner), der grosse Platz der Revolution (eine riesige Säule und viel Platz, die Konturen Che’s und Camillo’s auf den Gebäuden rundherum) und dann der John Lennon Platz.John sitzt lebensgross in Bronze gegossen auf einer Bank. Eine Parkwächterin nimmt ihm nach jeder Fotosession die Nickelbrille ab, verstaut sie liebevoll. Leider darf ich mich nicht auf seine Knie setzen; obwohl die schon ziemlich blank geputzt sind. Wir schauen uns tief in die Augen, sinnieren über das Leben, das John jetzt nicht mehr wirklich bewegt. Mich wird jedenfalls niemand in Bronze giessen.

Und weil Obama zu Besuch ist, gibt es heute in der ganzen Stadt auch kein Benzin, alle Tankstellen sind abgesperrt und geschlossen. Die Taxistas tauschen sich darüber aus. Bei 1 Ltr. Verbrauch auf 5 km kein guter Tag für die Oldtimer. Aber wahrscheinlich sind sie sowas gewöhnt und tanken immer schön voll, vorausschauend-kubanisch.

Dann geht es auch schon wieder über den breiten Malecon. Das Salzwasser schäumt über die Brüstung bis auf die Strasse und die Gischt nagt ganz offensichtlich nicht erst seit heute an den Gebäuden entlang des Boulevards. Hier soll am Abend das pralle kubanische Leben toben, mit Musik etc. Bei der derzeitigen Nordwind-Lage wahrscheinlich eher weniger, wer will schon eine Salzwasserdusche wenn er gerade Musik macht.

Der grosse Palacio, die ehemalige Tabakfabrikation direkt dahinter, Chinatown (in dem laut unserem Taxista so gut wie keine Chinesen leben); auf einem grossen öden Platz vegetieren ein ausrangierter Bus und eine uralte Lok nebeneinander her. Im grossen Theater wird demnächst Wagners Thannhäuser aufgeführt. Und die Stones geben ein Gratiskonzert für alle Kubaner, hier in Havanna, am 25.3. Denkwürdige Momente, die in die Geschichte eingehen und wir sind irgendwie Teil davon und stehen doch daneben. Am Stones Konzert nehmen wir nicht teil, hören später von anderen Seglern, es sei super gewesen. Chance gehabt, Chance vertan. Man kann nicht alles sehen im Leben.

An einem Mittwoch nehmen wir Abschied von Havanna. Nicht ohne ein letztes Mal durch die engen Gassen zu schlendern und erstaunliche Entdeckungen zu machen. So finden wir noch kleine schattige Plätze mit der Figur des Sancho Pansa oder anderen Kunstwerken. Eine Museumsapotheke oder die Casa de Chocolate. Schauen in wunderschöne Innenhöfe, die ganz offensichtlich von spanischen Vorbildern inspiriert sind. Dann geht es auch schon wieder mit unserem Taxista Esteban zum Flughafen Varadero, Werners Tochter fliegt zurück nach Deutschland nach 3 Wochen Kuba. Und dann holpern wir mit einem Boxenstopp zwecks Obsteinkauf zurück nach Cienfuegos, zurück zu unserem Zuhause.

3 Tage sind etwas zu kurz für Havanna, wir picken nur kurz an der Oberfläche, vieles bleibt nicht wirklich entdeckt, wird nicht erlebt. Aber wir haben einen ersten Eindruck bekommen und vielleicht kommen wir ja irgendwann wieder.

Jetzt heisst es erst einmal zurück in die Zweisamkeit zu finden und dann revanchieren wir uns für die Beaufsichtigung unserer Naja in dem wir die Aries Dream hüten während die Crew eine Havanna-Tour unternimmt. Und bringen, argwöhnisch wie wir sind, in Erfahrung, dass wir kein 3-Monats Visa erhalten haben für unsere 75 CUC Visagebühren bei der Einreise. Nein, wir müssen eine Verlängerung für einen weiteren Monat beantragen. Denn wir stellen erstaunt fest, dass wir in wenigen Tagen schon einen Monat auf Kuba sind. 3x nachfragen, 3x bekommen wir die gleiche Auskunft: eine Art Briefmarken bei einer ganz bestimmten Bank kaufen, dann geht es mit unserer Krankenversicherungsbestätigung ein paar Strassen weiter in ein unscheinbares Büro namens Esens Seguros Nacionales. Hier bekommen wir eine Bestätigung für unsere Bestätigung. Mit dem ganzen Kram geht es dann wieder weiter zur UNIDAD MUNICIPAL DE TRAMITES. Das war die Kurzversion.

In ausführlich stiefeln wir an einem sonnigen Donnerstagmorgen in die Stadt. Die gesuchte Banco Comercial y Credito ist in der Nähe eines tollen, alten Hotels und uns schon bekannt. Klar, dass die obligatorische Warteschlange schon auf den Treppenstufen ausharrt. Die Visabedürftigen werden aber irgendwie bevorzugt vom Hüter des Türschlosses eingelassen und zum entsprechenden Schalter geleitet. Son un grupo holpern wir auf behelfsmässigem Spanisch rum und dürfen sogar alle 4 auf einmal rein. Weiter geht es durch uns unbekannte Strassen in denen halb gerupfte, lautstark krähende Hähne kundtun, dass sie die schönsten sind. Warum die wohl untenrum ihrer Federn beraubt wurden? Die nächste Station lautet „Esens Seguros Nacionales“ und versteckt sich unscheinbar und schüchtern hinter einer grünen Fassade und hohen, schattenspendenden Bäumen. Jetzt verstehen wir auch die Adresse: c 49 y 51. Zwischen der Calle 49 und 51. Hier legen wir unsere Kuba-Erklärung vor, die ja eigentlich bereits bestätigt, dass wir im Fall des Falles eine Versicherung haben, die alle unsere Krankheitskosten übernimmt. Das bekommen wir hier aber nochmal bestätigt. Station Nr. 3 liegt in der Nähe des Bahnhofs und an einer Rumfabrikation kommen wir auch vorbei. Die Tabakfabrikation lassen wir erstmal links liegen, eine innere Stimme sagt mir, dass es gut wäre, die Aktion noch am Vormittag abzuschliessen. Und der ist bereits im fortgeschrittenen Stadium. Also zur „Unidad Municipal de Tramites. Eine freundliche Hostalbetreiberin sowie ein Fahrradschiebender Gebäckverkäufer weisen uns die letzten Meter. Im Oficina ist gut was los und die Namibianer vom Nachbarschiff sind auch schon da. Mit ihren Mountainbikes sind sie dann doch etwas schneller wie wir. Und ihre Visaverlängerung dauert und dauert. Irgendwann sind aber auch wir dran und kurz vor Feierabend (um 12 Uhr heute!) bekommen dann auch wir unsere Visaverlängerung aufs Papier geklebt und werden freundlich entlassen. Die Wartezeit verkürzen wir uns damit,andere Segler über das genaue Prozedere aufzuklären. Was zur Folge hat, das ein Franzose fluchtartig das Gebäude verlässt – ihm fehlt die Krankenversicherungsbestätigung. Ein anderes Paar kann gar nicht verstehen, warum sie Marken und eine Krankenversicherung benötigen, wenn sie doch nur eine Visaverlängerung haben wollen. Die Dame vom Amt verschiebt die Aktion kurzerhand auf manana und die Französin tobt.

Runzelige, wettergegerbte Gesichter lächeln uns zu und erzählen mir in flottem spanisch was vom Pferd oder vom kubanischen Leben. No comprendo. Ein alter Mann leistet auf einem behördlichen Papier die Unterschrift für seine Frau. Von einem anderen Herrn – in Begleitung eines Polizeibeamten, der aber mehr fürsorglich mit dem Herrn umgeht – werden Fingerabdrücke genommen. Auf dem Bildschirm erscheint nach Eingabe meiner Passnummer alles, was meine Einreise in Kuba betrifft. Trotzdem wird erstmal ein Formular für die Visaverlängerung ausgefüllt. Wahrscheinlich muss die Azubine (die aber immerhin ein paar Brocken Englisch spricht) das dann später noch in den PC hacken. Die Behörde ist jedenfalls frauendominiert, Männer sehen wir nur in der Kundschaft.

Highnoon, sanft aber bestimmt schiebt man uns zur Türe raus, hinter uns wird umgehend abgesperrt und wir stehen wieder in der prallen Sonne. Was nun? Erstmal zum Bahnhof. Den Käptn drängt es zu einer Bahnfahrt und jetzt ist die Gelegenheit, das mal genauer zu eruieren. Mehrere Züge stehen rein theoretisch zur Auswahl. Leider sind die fast alle gestrichen – cancelado. Nur nach Santa Clara kann er fahren, früh am Morgen, um 4 Uhr! Und am Abend geht es zurück, rein theoretisch. Was das ganze kostet? Die nette Dame, die sich irgendwie ihre Arbeitszeit totschlägt, weiss es auch nicht so genau und ruft eine Kollegin zu Hilfe. Ein paar CUP wohl. Der Käptn ist weiterhin wild entschlossen, mit der Bahn durchs Land zu reisen. Angesichts der herumstehenden Waggons wird er wohl dieses Mal auf meine Begleitung eher verzichten müssen. Denn er kann mich nicht davon überzeugen, dass das ja unmöglich der Zug sein kann. Irgendwo auf dem Bahngelände schnauft eine Lok, gegenüber stehen die Pferdekutschen im Schatten einiger grosser Bäume – Kuba an einem sonnigen Nachmittag.

Und nu? Die Tabakfabrik muss doch ganz in der Nähe sein. Ist sie auch, gleich neben dem Krankenhaus und einer Schule. Man kann sie war besichtigen, muss die Eintrittskarte dafür aber in einem Büro von Cubanacan (eine Art Reisebüro) für 5 CUC erwerben. Und heute ist in die Fabrikation in einer Stunde eh geschlossen. Uns vergeht die Lust auf Tabakblätter, wir sind irgendwie platt und hungrig. Da kommt ein Mittagsimbiss in einem der kleinen Restaurants am Paseo gerade recht. Leider ist des Käptns Huhn wohl schon vor geraumer Zeit verstorben, es kommt etwas zäh daher und bleibt ihm des öfteren im Halse stecken.Und warum auf Arnos Fischfilet nun doch Käse thront wo er ausdrücklich ohne bestellt hatte….. dafür wird der Cafe con Leche dann mit ziemlich viel Milch und wenig Kaffee sowie einer schönen Milchhaut serviert. Gut, dass ich mich für einen Cortado entschieden habe.

Endgültig müde treten wir den Heimweg aber trotzdem tapfer per Pedes an. Wir bewegen uns eh zu wenig, Sport muss sein. Am Paseo treffen wir auf die Crew der Libera, die es auch endlich von Jamaica hierher geschafft hat. Freudige Begrüssung, grosses Hallo und ausführliche Erklärungen, was-wo-wie. Die beiden rollen mit den Augen und sind ganz froh über den Stadtplan, den wir leihweise überreichen.

Und wir haben uns wieder auf interessante Weise neue Ecken in Cienfuegos erarbeitet, haben viel gesehen und gestaunt. Haben hilfsbereite Menschen getroffen und sind um einige Erfahrungen reicher. Soviel Zeit haben wir in unserem ganzen Leben noch nicht für Behördengänge verbracht wie in den letzten 4 Jahren. Da lernt man Europa schätzen. Zumindest als Europäer. Und bekommt einen Eindruck davon, wie es vielleicht für Südafrikaner, Amerikaner oder gar Syrer und andere Nationalitäten bei der Einreise in unser schönes Heimatland zugehen kann. Hier sind wir die Ausländer und können uns wohl noch glücklich schätzen, Deutsche bzw. Europäaer zu sein. Denn auch hier in der Karibik haben einige andere Nationalitäten noch ganz andere Behördenhürden zu überwinden.