IMG_0193komp.JPG

IMG_0192komp.JPG

IMG_0167komp.JPG

IMG_0155komp.JPG

IMG_0197komp.JPG

“MAS, MAS, MAS for Sailingvessel Naja, can you copy me”. MAS (Maritime Authorities Suriname) erhoert uns auf Kanal 12, antwortet und gibt uns das “Go” in Form von “there is some traffic, but you can proceed”. Und wir laufen ein in den eeeeewiglangen Zufahrtskanal zum Fluss namens Paramaribo. Eine andere Yacht weiter ausserhalb ist nicht so erfolgreich, ruft MAS mehrfach vergeblich auf Kanal 16. Vielleicht sind sie noch zu weit draussen und MAS denkt, lass die erstmal kommen. Allerdings haben wir in verschiedenen Berichten zu Suriname bereits gelesen, dass MAS wohl nicht mit jeder Yacht spricht.

Nur gruene Tonnen gibt es erst einmal. Die Breite des Fahrwassers ist Gefuehlssache und Vertrauen in die Kartentiefen. Und gruen auf milchig-schlammbraunem Wasser gegen dunklen Hintergrund bei Regenbewoelkung — geiles Suchspiel! Aber so nach und nach schaelen sich alle aus dem Zwielicht heraus, nehmen Form an. Wir sind etwas zu frueh dran, aber uns sitzt die Zeit bis zum Sonnenuntergang im Nacken. Einen Ankerzwischenstopp gilt es ebenso zu vermeiden wie ein Anlaufen der Marina Domburg in stockdunkler Nacht. Also hurry on. Das ist leicht gesagt, arbeitet die Stroemung doch noch gegen uns. Mit 3,8 bis 4,3 Knoten tuckern wir die breite Flussmuendung hinauf. Und jetzt, wo wir ihn nicht wirklich haben wollen, kommt Wind auf!! Quierlt das Wasser auf und drueckt mit bis zu 20 Knoten gegen das Schiff. Mist, Mist, Mist. Haette der nicht ein paar Stunden eher kommen koennen??? Das haette uns einige Motorstunden auf dem Weg von den Iles du Salut hierher erspart.

Wir hangeln uns von Tonne zu Tonne. Die wechseln an einer Biegung von gruen auf rot. Und wir fuehlen uns wie in Holland. Hochwasserschutz vom Feinsten in Form von Steinwaellen. Schiebern, kleinen Seitenarmen. Haeuser ducken sich ins Gruen, das irgendwie auch sehr europaeisch und von weitem nicht wirklich tropisch wirkt. Sogar die Fischerboote koennten ebensogut auf der Nordsee fahren. An Land erheben sich Firmengebaeude aller Art, vor vielen Haeusern am Ufer sind kleine Segel- oder Motorboote geparkt — typisch hollaendisch alles. Fehlen eigentlich nur die von mir so geliebten typischen dunklen Backsteinhaeuser mit den verschnoerkelten Giebeln und den schmalen, hohen Fenstern. Und in der Flussmuendung ist sogar das Wetter typisch hollaendisch ;-), mit Regen, dunklen Wolken, Windboen. Nur die Temperaturen erinnern daran, dass wir uns im kleinsten Land Suedamerikas aufhalten. “Hier geh ich definitiv nicht ins Wasser, stecke noch nichtmal den grossen Fusszeh rein. Und wenn wir den Anker wieder hochholen, sitzt da bestimmt ein kleiner Kaiman drauf oder ein Piranha und grinst uns an”. Der Kaeptn lacht sich schlapp, verstehe gar nicht warum, das wird so sein, ich schwoers, das sieht man dieser Muckefuck-Milchkaffeefarbenen Bruehe doch schon an, dass da irgendwelche Schlammmonster hausen. Farblich gesehen, ist der Paramaribo definitiv die Kroenung unserer bisherigen Flussfahrten.

Der Fluss windet und biegt sich. Immer wieder ist ein Seitenwechsel angesagt, um ausgedehnten Flachstellen auszuweichen. Vor Paramaribo liegt ein auseinandergebrochenes Wrack mitten im Fluss. Dahinter erhebt sich die hohe Bruecke. Sicherheitshalber nehmen wir die goldene Mitte und fahren durch den hoechsten Bogen hindurch. Trotzdem bange Sekunden. Gottohgott, das reicht doch nie im Leben …. reicht, natuerlich, dicke. Oben stockt der Verkehr — aber nicht, um unsere Durchfahrt zu bewundern, nein, auch hier gibt es offensichtlich eine Rush-Hour. Ein klein wenig erinnert uns das Ganze an die Koehlbrandbruecke in HH.

Vor uns schiebt sich ein kleines Flussfrachtschiff gegen den Strom. An der Seite ein Leichter mit Bagger. Quaelend langsam schiebt sich der Verband vorwaerts, wir ueberholen mit Leichtigkeit. Uns schiebt der Strom jetzt kraeftig und wir laufen mittlerweile zwischen 6,8 und ueber 7 Knoten. Vor Paramaribo ankern ebenfalls drei Yachten. Unser Ziel aber liegt weiter flussaufwaerts. Boah, wie weit ist das denn noch??? Die Sonne geht langsam unter, die Zeit bis zum Dunkelwerden wird knapp.

Hinter der Bruecke wird es nochmal breiter und auf fast der ganzen Breite ungewohnt tief. Wir folgen dem Tiefwasserkanal und das Echolot zeigt von 5 ueber 6, 7 auf schliesslich ueber 9 Meter Wassertiefe an. Wie hatten wir das nochmal eingestellt?? Ist das jetzt abzueglich Tiefgang, abzueglich Kiel oder ab Kielsohle nach unten??? Egal, es reicht allemal. An einigen Stellen allerdings habe ich mich schon gefragt, wie da die dicken Poette mit ihren ueber 5 Metern Tiefgang durchschrappen, trotz Lotse. Der brettert gerade im Lotsenboot an uns vorueber. Jetzt aber hurtig, haben wir doch im Funk was von 18 und 18:30 gehoert. Zu dieser Zeit wollen die beiden vor der Muendung ankernden grossen Poette naemlich an die Lotsenleine genommen werden. Wir sind voll informiert, dank Traffic Control Paramaribo und Kanal 16.

Und wo ist jetzt die Marina?? Wo beginnt Domburg, wo hoert es auf?? Der letzte Wegpunkt naht, vom Navigator auf gut duenken gesetzt, da auf unserer elektronischen Karte noch keine Marina Domburg eingezeichnet ist. Kein Wunder, wird doch die Fertigstellung ueberall mit 2014 angegeben. Und sie besteht aus einigen Gebaeuden an Land mit Dusche etc. sowie 14 Mooringbojen. Wie das dort wohl aussieht?? Spannend, so ein neues Land, neue Gegebenheiten.

Vor uns erscheinen Masten samt der dazugehoerigen Schiffsruempfe. Alle fein ausgerichtet durch die Stroemung und relativ weit auseinanderliegend. Vor Anker oder gucken, ob noch eine Mooring frei ist? Wo bitte sind denn hier die Mooringbojen?? Ich kann jedenfalls keine entdecken. Das letzte Buechsenlicht geht naemlich gerade auch noch dahin. Eindrehen hinter einem grossen Motorboot, das scheinbar das Mooringfeld begrenzt. Da haengt ein Dinghi dran, aber ansonsten ist alles dunkel. Auch Ankerlichter sieht man eher weniger. Dabei waeren die schon sehr hilfreich. Langsam laufen wir nach vorne, bereiten den Anker vor. Da braust besagtes Dinghi heran. Ein niederlaendisches Paar ist an Bord und wird uns helfen. Die Beiden fahren voraus und suchen eine Mooring mit Leine. Aha, da gibt es also noch Unterschiede. Die erste passt nicht. Zum ersten Mal fahre ich unser Schiff bei einem solchen Manoever rueckwaerts, drehe, stoppe auf, richte aus und halte schliesslich gegen den Strom. Weiter geht es zur naechsten Mooring. Die liegt weiter innen. Das wird mir jetzt zu hakelig. Positionswechsel, ich uebernehme die Mooringleine und mache meinen Job als Linehander. Mit Hilfe aus dem Dinghi klappt das alles supereasy und wenige Minuten spaeter sind wir fest. 20: 08 Ortszeit. Es ist dunkel. Und ganz still. Kein Wind, keine Wellen. An der langen Leine haelt naja ihren Bug brav neben der Boje und wartet darauf, dass der Strom kippt. 10 Meter Wasser haben wir unterm Kiel!! Wow, das haette ich hier nicht vermutet. Vor allem nach den anfaenglichen Tiefstmessungen von 2,90! Die Bohnensuppe (jawoll, sowas essen wir sehr gerne, auch oder gerade hier in den tropischen Temperaturen) schmeckt wunderbar, das selbst gebackene Brot und ein kuehles Bier dazu sowieso.

Von Domburg her naehert sich ein montones Brummen: unser Schubverband hat es auch geschafft und kommt um die Flussbiegung, verschwindet gaaaanz langsam hinter der naechsten. Noch lange hoeren wir das gleichfoermige Motorengeraeusch, sehen das Hecklicht. Dann ist wieder Stille. Wetterleuchten am nachtschwarzen Himmel. Am Ufer sieht man Menschen vor ihren Haeusern sitzen, vom Motorboot her plaetschert es und leise Stimmen sind zu hoeren. Vor uns erahnen wir die anderen Boote schemenhaft. UEber uns woelbt sich ein tiefschwarzer Nachthimmel. Angekommen nach zwei Tagen und einer Nacht in Surinam, dem niederlaendischen Zipfel Guyanas. Immer noch Suedamerika und doch wieder ganz anders.