18.09.2014 - 19.09.2014 - Ankunft in Franzoesisch Guyana Der letzte Tag und die dazugehoerige Nacht auf See fordern uns nochmal so richtig. Tagsueber vertreiben wir uns die aufkommende Langweile mit Spibaum-Manoevern und puenktlich zur Abendessenvorbereitung rei?t dann endlich der schon lange und einmal bereits nachgespannte Keilriemen der grossen Lichtmaschine! Da ich eh grad in der Pantry stehe, bekomme ich das “merkwuerdige Geraeusch” wenigstens gleich mit und kann dieses Mal den Dringlichkeitstonfall an den Tag bzw. in die Stimme legen. Muss wohl ziemlich dringlich geklungen haben, jedenfalls spurtet der Kaeptn ohne laengere Nachfragen gleich herbei. Diagnose: Keilriemen hinueber. Maschine stop (die lief gerade mal zwecks Stromerzeugung und gleichzeitigem Vortrieb mangels ausreichend Windantrieb). Der Kochbetrieb wird eingestellt, der Suchbetrieb nach Ersatzkeilriemen (die raeumen wir jedes Mal von einer Ecke des Stauraumes in die andere) wird aufgenommen. Fuendig wird man(n) auch relativ schnell, aber irgendwie sind die Dinger alle nicht in der richtigen Groe?e vorhanden und passen wohl eher zur zweiten Lichtmaschine. Irgendwo sollen aber passende sein. Ich vermute sie in einer gelben Pappumantelung in meinem Geheimfach ueber dem Tank. “Das sind Ventildichtungen”, voellige Empoerung auf Seite des Kaeptns, voellige Verblueffung meinerseits - sowas, und ich fahre jetzt seit mehr als 2 Jahren in dem Glauben durch die Lande, es handele sich um Keilriemen! Irgendwann tauchen die Gesuchten dann doch noch auf und die Montageversuche werden gestartet, was einen Extremsaunaeffekt auf die Schweissproduktion des Kaeptns zur Folge hat. Ich kann nicht helfend mitschwitzen, mangels Platz muss er da alleine werkeln. Die Versuche scheitern, dem Ding fehlt ein entscheidender Zentimeter (vielleicht auch nur ein halber). Ob man irgendwie dehnen kann? Die entsprechenden Versuche mit heiss Wasser und Dampfkochtopf schlagen fehl. Ganz schoen zaeh und unnachgiebig - wie der Herr so’s Gescherr ?.! Nachdem saemtliche Ersatzkeilriemen und das entsprechende Werkzeug malerisch im Schiff verteilt ist, wird die Batteriebank mithilfe von Starterkabeln ueberbrueckt und ueber die Starterbatterie geladen. Was mich ja argwoehnen laesst, dass diese irgendwann leer sei. Nein, nein, die wird ja von der zweiten Lichtmaschine geladen und gibt den Strom einfach nur weiter. Dein Wort in Gottes Gehoergang. Und ueberhaupt, was kommt der Mann jetzt auf einmal so in Wallung? Tagelang jaule ich rum, weil die Spannung unter 24V geht, was ihn voellig kalt laesst. Tagelang retten wir uns irgendwie ueber die Naechte und paeppeln unseren Bordstrom tagsueber liebevoll wieder auf. Und jetzt bekommt er das P ins Auge? Aber davon versteh ich wohl nix. Ich koche erstmal weiter, auch wenn wir Beide nicht so wirklich Hunger haben. Auch gut, bleibt was fuer morgen ueber. Unter uns droeselt die Maschine und ersetzt den mittlerweile gaenzlich eingeschlafenen Wind. Schon ein Wunder, dass wir ueberhaupt vorwaerts kamen, maechtige Unterwasserkraefte muessen da am Werke sein und schieben uns unaufhaltsam die Kueste entlang, unserem Ziel entgegen. Mit der Dunkelheit kommen auch zwei Frachter auf und nehmen uns in die Zange. Der eine geht letztendlich hinter uns vorbei, der andere laeuft (schon wieder!) quer vor unserem Bug und relativ dicht vorbei, gibt aber immerhin ueber Funk die klare Auskunft, dass wir “red to red” passieren werden. Alles klar. Dann tauchen die UFO’s auf. Eigentlich sind es ja stinknormale Fischerboote. Aber mit ihrer Arbeits- und Fahrbeleuchtung gleichen sie kleinen Ufos, die fuer uns wild und unkontrolliert uebers Wasser sausen, mal hier, mal dort auftauchen, aber uns nie wirklich in die Quere kommen und irgendwann beruhigend weit achteraus liegen, bis sie nicht mehr zu sehen sind. Dann beschliesse ICH, dass der Spinnakerbaum weg muss. Super Entscheidung, traege flappt das Segel rum, geht gar nicht. Also Spinnakerbaum wieder raus. Bei dem ganzen hin und her wurschtelt sich die Unterliekstreckleine der Genua (sowas haben wir auch???) aus dem Segel heraus und in die Rollanlage rein. Nix geht mehr. Also Leine raustuedeln, alles sortieren, neu eintuedeln. Das dauert. Wenigstens ist es relativ ruhig hier auf dem Vorschiff. Und eigentlich ganz schoen, hier zu sitzen waehrend die Wellen sanft unterm Schiff durchlaufen und in Hoehe des Buges links und rechts rauschend und mit weissen Schaumkronen zusammenfallen. Sternenhimmel ueber uns, funkelnde Positionslichter der Fischer links und rechts von uns - eigentlich sehr romantisch. Eigentlich. Irgendwann ist alles wieder richtig (glauben wir), Kurs liegt wieder an, Maschine aus und weiter geht das traege Dahinschwappen im Takt der Atlantikwelle. Alles zurueck auf Entspannung. Ein Teil der Crew schwaechelt und gaehnt ganz offen. Der andere Teil ist immer noch mit Adrenalin vollgepumpt und uebernimmt freiwillig die Wache. Eine Stunde spaeter steht die Freiwache schon wieder an Deck, ohne Brille. Die liegt - vor lauter Aufregung vergessen - noch im Salon. Was-wo-wie?? Der Wind hat gedreht, die Genua steht back. Mit dem Baum dran nicht so pralle, also Segel einrollen, Baum shiften. Gesagt, getan. Hoppla, warum veraendert sich da vorn Segelfaechenmaessig so rein gar nix? Kaeptn wieder aufs Vorschiff, Reffleine ist uebergesprungen, also wieder aus- und eintuedeln. Das uebt. Aber innerlich fluchen wir Beide ueber diese alte, nervige Rollanlage, die sich immer wieder in den unpassendsten Momenten irgendwelche UEberraschungen fuer uns ausdenkt. Mal ist keine Reffleine mehr auf der Trommel aber noch einiges an Segelflaeche einzurollen, mal springt die Reffleine ueber die Trommel und blockiert diese. Egal, wie wir die Leinenfuehrung veraendern, sie findet immer einen Weg, uns auf Trab zu bringen. Vorzugsweise Nachts und normalerweise vorzugsweise bei Starkwind und hohem Wellengang. Innerlich mache ich schonmal eine Kostenanfrage fertig fuer eine neue Anlage, sende aber jetzt und hier eine Danksagung an den Wettergott, der dieses Mal fuer Entspannung in diesem Punkt sorgt. Mittlerweile sind wir Winschmaessig jedenfalls ziemlich fit. Ich finde, meine Muckis haben da einen echten Leistungsschub bekommen in den letzten Tagen. Trotzdem sind wir bei solchen Aktionen tagsueber Beide total fertig und schlapp, was aber auch an den Temperaturen und der gnadenlosen Sonne liegt. Der Tag vergeht mit wenig Wind, einem Atlantik fast ohne Wellen, einigen Motorstunden und immer wieder mal kleinen Kurskorrekturen. Dann der spannende Moment: Land in Sicht!!!!!! Die ersten, Franzoesisch-Guyana vorgelagerten Inselchen werden immer groesser. Der Navigator guckt das Fernglas eckig auf der Suche nach den Untiefentonnen und der Ansteuerungstonne. Die ist schnell in Sicht und wird gross und groesser. Dann die Untiefentonnen. Da muessen wir durch. Wie schiebt der Strom? Von welcher muss ich mich mehr freihalten? Wie berechnet sind wir zu Beginn der auflaufenden Tide im Zufahrtskanal nach Degrad des Cannes. Um 13:20 passieren wir die ersten Tonnen, fahren mit wechselnden Wassertiefen Richtung Ankerplatz. Wie Ampelmaennchen stehen die roten und gruenen Wegweiser links und rechts der Fahrrinne. Wie Perlen an der Schnur aufgereiht und weithin gut sichtbar. Mal mit spitzem Kopf (rot) und mal mit eckigem Kanisterkopp ausgestattet etwas plumper wirkend (gruen) winken sie mit ihren “AErmchen” und lotsen uns den Weg. Die aufregende Farbe rot scheint die Damen heute besonders anzuziehen, immer wieder sind wir zu dicht dran, muessen den Kurs korrigieren. Mindestiefe im Kanal 4,20 Meter. Wie ist das Echolot nochmal eingestellt?? Da kein Rucken oder Schaben von unten kommt und wir unbehelligt durch das tuerkisgruene Wasser gleiten, bin ich ganz entspannt. Nette Haeuser saeumen das Ufer. Das sieht nicht nach den Armen des Landes aus. Mensch, das zieht sich ja elend lange, klar 12 nm sind nicht gerade wenig. Dann eine Kurve. Dahinter taucht ein Kran auf. Ein Blick durch Fernglas und aufs AIS klaert: “Das ist ein Containerfrachter einer franzoesischen Firma, der hat 6 Meter Tiefgang”. “Was?? Hier muss es definitiv noch eine andere Zufahrt geben, wie will der denn hier rein kommen?? Geht doch nur bei absolutem Hoch-Hochwasser!”. Na jedenfalls hat er es geschafft und den vielen Containern am Kai nach zu urteilen auch nicht zum ersten Mal. Die “Marina” kommt in Sicht. Marina ist zu viel gesagt; zwei Stege und daran ein Sammelsurium an Booten. Gleich dahinter das Ankerfeld. Wir halten Ausschau nach bekannten Booten und sind enttaeuscht: keine Kuaka zu sehen. Sind sie wohl doch schon weiter gezogen. Schade. Aber den Cat dort, den kennen wir aus Jacare und die gelb betuchte Aluyacht haben wir auch schon mal gesehen. Ach und da, als letztes Boot vor dem Schiffsfriedhof in den Mangroven, da liegt doch noch Kuaka. Hatte sich ganz klein gemacht und versteckt. Um 16:30 liegen wir fest vor Anker in ihrer Naehe. Keiner zu Hause, das Dinghi ist weg. Auch gut, erst mal aufklaren und etwas Ordnung in das Segelchaos bringen. Der Ankergrund hier ist gut, das konnten wir gleich testen, beim ersten Ankermanoever kamen wir zu nahe an Kuaka ran, daher hiess es nochmal Anker auf. Kein leichtes Unterfangen. Beim aufklaren donnert dem Kaeptn der Spibaum auf den Fuss. Aus einem haesslich klaffenden Riss quillt das Blut und dick wird der Fuss auch. Also gleich verarzten und erstmal Arbeitspause. Klage ich nicht schon seit Stunden ueber Hunger?? Dazu ein Anlegebier, gut gekuehlt. Leider hat eine Dose im Tiefkuehler den Toern nicht ueberlebt und sich ins Kuehlfach ergossen. Mir bleibt auch nix erspart, jetzt kann ich den Kasten schon wieder auswaschen?.. Kurze Zeit spaeter braust das Kuaka-Taxi auf uns zu. Die Beiden sind voellig fertig von einer Radtour. Nur gut, dass es heute nicht so sonnig war meint Charlotte. Sonst sei sie jetzt krebsrot. Ich nicke mitfuehlend, neige ich doch auch zu dieser Farbe bei sportlichen Betaetigungen bei Sonnenschein. Ein kuehles Bier fuer Serge, Wasser mit Saft fuer Charlotte und erzaehlen, erzaehlen, erzaehlen. Gleich werden Plaene geschmiedet. Auto leihen, nach Kouru fahren oder am Sonntag nach Cacao zum Markt. Wo ist der naechste Supermarkt, wo gibt es dies, wo jenes. Kein Internet in der Naehe, das ist nicht so gut. Charlotte nutzt eine Simcard fuers Mobiltelefon. Unser Keilriemenproblem wird besprochen. Dann zieht es uns in die Wagerechte und die Beiden zurueck zu ihrem Schiff. Unsere erste Nacht in Franzoesisch Guyana, seit langem wieder einmal unter franzoesischer Gastlandflagge! Vor uns liegt tiefe Dunkelheit und an unserem Heck strahlt und brummt die Containerpier, blinken die Tonnen des Zufahrtskanals gut erkennbar. Trotzdem bin ich froh, dass wir bei Tag hier einlaufen konnten. Wann wohl die Trident eintrifft?