Monats-Archiv März, 2014

Mittwoch, 12.03.2014 - 5. Etmal

Mittwoch, 12.03.2014 Fischers Fritze fischt frische Fische?. ?. Und nervt uns in der Nacht ganz gewaltig! Gleich zwei Fischereifahrzeuge (nachfolgend kurz Ffz genannt) kurven vor und um uns herum. Sooooviel Wasser und ausgerechnet in unserer Zugbahn muessen die auf Beutezug gehen. Mal rechts voraus, mal links, mal an Steuerbord, mal an Backbord, mal achteraus verschwindend, dann wieder voraus auftauchend. Kein AIS-Signal, keine Antwort auf Funkrufe. Dazu quert noch eine Art Frachter von Steuerbord nach Backbord. Jedenfalls macht das die Nachtwache spannend und an ein kurzzeitiges Einnicken ist kein Denken. Fuer eine Stunde lassen wir die Maschine mitlaufen, zwecks Stromerzeugung. Bewoelkter Himmel und ein empfindsamer Windgenerator, der nur bei Windstaerken ab 7,8 Knoten anspringt, reduzieren unsere Energieversorgung doch bedenklich, was sich logischerweise in der Nacht noch steigert. Als die Maschine wieder aus ist, zeigt sich das empfindliche Triumvirat aus Segelflaeche, Wind und Welle veraergert - wir eiern herum, die Geschwindigkeit faellt rapide, die Segel schlagen und zerren. Der Windgenerator schweigt beleidigt. Eh, halloooo - das war nicht persoenlich gemeint, war doch nur wegen Strom und so. Nach einer Viertelstunde positiven Zuredens und Denkens stabilisiert sich die Lage wieder, der Wind kommt mehr raumschots bis halb und nimmt zu. 13, 16 und einmal sogar 18 Knoten zeigt unsere Windmessanzeige an, die Logge steigert sich entsprechend ebenfalls und der Windgenerator surrt wieder fleissig. Na also, geht doch. Segeln ist schoen!! Da stoeren auch die dicken, dunklen Wolken ueber uns nicht, aus denen ein paar Tropfen Regen fallen. Gegen 6 Uhr in der Frueh nochmal kurzzeitige Erregung des Wachhabenden: Wieder liegt ein Ffz genau voraus. Keine Reaktion auf unsere Funkrufe, kein AIS-Signal. Da hilft kein Schuetteln, Druecken, Zoomen und im Menu rumblaettern - alle Anzeigen und Geraete verheimlichen das Schiff. Gute Gelegenheit, das Radar einzuschalten, aber was bringt uns das? Wir sehen ihn ja, wuessten halt nur gerne, was er vorhat und - ganz wichtig - ob er uns sieht! Werner vermutet einen Schwarzfischer und erleuchtet unser Schiff erstmal hell mittels des Decksscheinwerfers am Geraetetraeger. Das wirkt tatsaechlich! Eine umgehende Kursaenderung des Ffz wird eingeleitet und wir sind schon erleichtert, als die Lichter zuegig an Steuerbord gen Horizont verschwinden. Unter Deck ist es mittlerweile richtig kuschelig warm geworden, an Deck ebenfalls. Die Sonne bretzelt auf uns nieder, strahlend blauer Himmel woelbt sich ueber uns. Zum Fruehstueck gibt es Pizzareste von gestern. Lecker. “Mit den Gemueseresten von gestern koennten wir ja statt einer 2. Pizza vielleicht Fisch mit Gemuese machen” ?.Hab ich mich da grad verhoert?? Ich frage nach: “Fisch???? - Wo soll der denn herkommen????” Unglauebiges Staunen meinerseits. Leichte Irritation meines Gegenuebers: “Na aus dem Meer (ist ja eigentlich auch logisch und ich sollte vielleicht meine Frage umformulieren?). Ich dachte, wir koennten ja mal Angeln”. Das Thema wird schnell ad acta gelegt, als ich resolut erklaere, dass das von A-Z SEINE Angelegenheit waere und ich mich in keinster Weise an einer solchen Aktion zu beteiligen gedenke. Und ueberhaupt: wir haben weder Gaff noch Kescher. Und was ist, wenn da so ein 1,40 Monster anbeisst? Wie wollen wir einen solchen Fisch an Bord bekommen? Oder haengen wir vielleicht ein Zettelchen an den Koeder mit dem Hinweis, dass doch bitte nur Fischlein mit einer Maximallaenge von sagen wir mal 60 cm anzubeissen haben?? Das ist ein Argument, dem kann sich der Kaeptn nicht verweigern. Also doch Pizza und dazu vielleicht Thunfisch aus der Dose?? An Steuerbord treiben in grossem Abstand nacheinander erst ein Ffz und spaeter dann gleich zwei knallrote dicke Kugelfender vorbei. Zufall? Oder haengen da vielleicht doch Netze dran? Ein Schwarm fliegender Fische uebt Synchronfliegen und platscht einige Meter weiter ebenso synchron ins Wasser zurueck. Zu den schon bekannten eleganten, kleinen schwarzen Voegeln haben sich zwei weisse und ein etwas groesserer, eher graufarbener gesellt. So ein Viehzeug-Bestimmungsbuch waere schon auch nett. Muss ich mir bei naechster Gelegenheit vielleicht mal aus dem Internet was zusammen basteln. Die Meeressaeuger dagegen bleiben weiterhin unsichtbar. Ob es hier vielleicht keine gibt? ?Warum nicht’ will Werner wissen. Na, vielleicht ist es denen hier draussen zu langweilig und oed, kommt ja kaum einer vorbei. Hoechstens so ein bloedes Ffz und da muessen sie sich auch noch vor den Netzen in Acht nehmen. Der Rest des Tages vergeht mit lesen, Kuchen backen (Werner), Emails lesen und schreiben, doesen und faulenzen. Wie meinte der Kaeptn heut frueh so treffend - weisst du eigentlich, wie reich wir sind. Reich, weil wir ein solches Leben fuehren koennen/duerfen. Recht hat er . Etwas spaeter beschaeftigt uns die Frage, wo sich die Ffz eigentlich tagsueber rumtreiben. Und wir entwickeln die gemeinsame Theorie, dass die irgendwo knapp hinter der Kimm auf die Dunkelheit warten, um uns dann - sobald der Mond sich auch wieder verkruemelt hat und alles so richtig stockfinster ist - wieder einzukreisen und auf Trab zu halten. Jedenfalls laesst sich den Rest des Tages keiner mehr blicken. Am Spaetnachmittag kommt der Wind leider wieder voll von achtern, was das altbekannte nervige Getue der Genua zur Folge hat. Da der Grossbaum so schoen still und ruhig seine Arbeit an Steuerbord verrichtet, wollen wir ihn auch nicht anruehren. Getreu Peers Motto “never change a winning team”! Also Genua etwas einrollen und auf eineerneute Winddrehung warten. Aus den Tiefen unserer Vorratskisten habe ich als Alternative zum Frischfisch eine Dose Thuna geangelt (das kann ich sehr gut!), eine Dose Champignons dazu. Die letzte gelbe Paprika wird mittels Schnippeln vorm Vergammeln gerettet und der Pizzabaecker laeuft wieder zur Hochform auf. Unser heutiges Etmal betraegt 136 Seemeilen - unser Standort um 18:15 UTC lautet: 04?37,69′N und 028?26,47′W, Kurs: 208?, SOG: 4,9-5,4 Knoten, Wind: schwankt zwischen 8 und 12,6 Knoten - Welle: etwas hoeher aber mitlaufend und somit gut ertragbar. Ausserdem haben wir ja jetzt schon einige Tage Uebung im Festhalten und einhaendig arbeiten. Gut 1/3 der Gesamtstrecke ist geschafft und der Aequator rueckt naeher. Ein herrlicher Tag neigt sich dem Ende. Mal sehen, ob wir heute einen richtig kitschig-schoenen Sonnenuntergang bekommen. Gestern Abend gab es immerhin schon sehr schoen rosa-grau getoente Wolkenbilder am Abendhimmel.

Dienstag 11.03.2014 - 4. Etmal

Dienstag, 11. M?rz 2014 - Nachtarbeit Da wir ja tagsueber nur faul auf dem Allerwertesten rumlungern, betaetigen wir uns eben Nachts sportlich. Zumindest ist unser Schiff wohl der Meinung, es muesse uns jetzt mal langsam Feuer unterm A… machen und uns etwas auf Trab bringen. Grad hab ich mich in meine Wachecke gekuschelt, da knallt es mal wieder vom Vorschiff her. Sche?.. Spibaum! Ich muss es gar nicht sehen, um es zu wissen. Wieder hat er die Schot durchgesaebelt. Werner bleibt allerdings hartnaeckig bei seiner Theorie, dass die Steuerbordschot einfach schon zu poroes ist. Wenigstens ist der Baum dieses Mal auf der Reling zu liegen gekommen und nimmt kein Salzwasserbad! Die Frage nach dem Topnant stellen wir uns mal erst gar nicht, der war naemlich nicht dran. Und somit ist bewiesen: dieses Boot verzeiht nicht die kleinste Nachlaessigkeit oder Unaufmerksamkeit und schlaegt unbarmherzig zu wenn es grad eigentlich nicht passt. So wie jetzt halt: Feinster Segelwind mit einer Staerke zwischen 10 und 13 Knoten, raumschots kommend, der Mond hat sich schon verdrueckt, die Nacht ist relativ dunkel. Ideale Bedingungen also, um auf dem Vorschiff rumzukaspern. Damit das ganze erst so richtig zu einem Nachtstunden fuellenden Programm wird, verwurstet sich die Genua beim einrollen zu einer Tuete, faengt das Schlagen an und die verbliebene Schot ist auch kunstvoll um das ganze Arrangement drapiert. Der Kaeptn geht nochmal nach vorn, dieses Mal ziehen wir die Schot aus den Umlenkrollen und legen sie am Vorstag entsprechend frei. Ich stehe an der Winsch parat, um das verbliebene Segel noch einzurollen. Von vorne schreit es das Kommando: “Hol jetzt rein”. Ich kurbele. Das geht aber schwer. “Du sollst den Lappen reinholen”. Dreh ich hier vielleicht Daeumchen? Nach fest kommt ab und in diesem speziellen Fall ist dann die Reffleine ab und zwar von der Rolle. Also Reffleine aus saemtlichen Umlenkrollen rausziehen und das ganze Paket in liebevoller Wicklungsarbeit wieder auf die Rolle bringen. Madam naja laesst sich von alldem Tohouwabohou in keinster Weise beeindrucken segelt unter des Pilots sicherer Fuehrung unbeirrt und mit ordentlich Speed durch die Nacht. Segeln koennt so schoen sein?.. Dann ist die Reffleine drauf, umgelenkt und das Spiel beginnt von vorn. Hatte ich schon erwaehnt, dass die Genua nun logischerweise komplett freie Bahn hat und froehlich an der verbliebenen, jetzt Steuerbordseitig liegenden Schot zerrt? Ein Schaekel hat sich auch noch verabschiedet. Und so turnt die Crew, meist der Kaeptn, mehrere Male uebers Deck, bis alles wieder ordentlich aussieht. Leider ist die erste Wickelarbeit etwas zu dick ausgefallen, einkurbeln ist nicht. Wir stoppen umgehend, abwickeln und wieder neu aufwickeln. Die Stunden ziehen uebers Meer. Ueber uns blitzt ein Stern? Moment, seit wann blitzen Sterne??? Nee, das muss ja dann wohl ein Flugzeug sein. Aber das andere, das sind eindeutig Sterne. Neben dem Schiff leuchtet es immer mal wieder gruenlich - wenn auch laengst nicht so intensiv wie in der ersten Nacht. Vorne am Bug funkelt die Stirnlampe und bringt Skippers Werk ins rechte Licht. Welch segensreiche Erfindung, so eine Lampe. Zwischendurch schreien wir uns noch etwas an, weil laut dem Herrn vorne die Steuerbord-Schot nicht frei ist und ich zurueck schreie, dass sie sehr wohl frei ist. Doch, wir haben uns schon noch lieb. So ein bisschen Schreierei reinigt ja auch manchmal die Luft. Und es hoert uns ja sonst keiner. Nach gut 4 arbeitsreichen und anstrengenden Stunden ist es dann endlich geschafft und wir segeln wieder mit Gross und ein paar Quadratmetern Genua - nicht ausgebaumt. Dazu haben wir erstmal keine Lust mehr. Beiden fehlt uns dann ueber Tag der naechtliche Schlaf, trotzdem raffen wir uns zu einigen Aktivitaeten wie Manikuere, Pedikuere und selbstgemachter Pizza auf. Von irgendwas muss der Mensch ja leben. Die eingedellte Relingsstange muss ebenso fotografiert werden wie ein unsanft auf unserem Deck gelandeter Flying Fish und das heute sehr zahlreich voruebertreibende gelbliche Pflanzenzeugs. Weissblauer Himmel ueber uns, tiefblaues Atlantikwasser unter uns, Welle mit uns, Wind raumschots und weiterhin von akzeptabler Staerke. Ich teste die Bequemlichkeit unsers Gennakers auf dem Vorschiff. Schon toll, so ein multivunktionales Teil an Bord zu haben - Segeln IST soooo schoen. Der Pizzateig ist inzwischen schoen aufgegangen - kein Wunder bei den Temperaturen! Des Kaeptns neueste Leidenschaft ist, Hefeteig zu kneten. Seitdem Michl ihm das auf der Kassiopeia gezeigt hat, backen wir bevorzugt Hefeteig-Produkte. Nur die Pizzateigformung muss ihm nochmal ein waschechter italienischer Pizzabaecker zeigen, das hat er noch nicht so drauf. Unser 4. Etmal betraegt 128 Seemeilen Aktuelle Position um 17:30 UTC: 06?53,030N und 027?51,34′W - Kurs 207?, SOG 6,3 Knoten Und jetzt hoffen wir mal auf eine ruhigere Nacht.

Montag, 10.03.2014 - 4. Etmal

Fruehsport! Ein lauter Rumms an Deck scheucht mich aus meiner Nachschlafrunde. Jetzt ist es passiert - der Grossbaum ist abgerissen! Nein, ist er nicht. Der Spibaum hat beschlossen, einen Selbsttest in der Disziplin “taucht der was” durchzufuehren und bammelt neben der Bordwand im Wasser. Weiss der denn gar nicht, wie tief das hier ist???? Mutiges Kerlchen! Die komplette Crew (also der Kaeptn und die Bordfrau) eilt zur Rettung des Selbstmoerders herbei. Mit vereinten Kraeften wird er an Deck gehievt und die Ursache fuer den Absturz erforscht. Ganz klarer Fall von gleich zweifachem Durchscheuern: die Genuaschot ist komplett durch gesaebelt und der Niederholer haette es auch nicht mehr lange ausgehalten. Also Genua erst einmal einkurbeln. Das geht natuerlich nicht ohne vertuedeln der Backbordschot mit der Rollanlage ab. Schot somit raus aus allen Rollen und nach vorne bringen. Dann Steuerbordschot zurecht schneiden, dran tuedeln, Niederholer neu befestigen, Spibaum in Schot einhaken und alles wieder plazieren. Das alles immer mehr oder einhaendig weil trotz wenig Wind und Welle doch Bewegung im Schiff ist. Das Fruehstueck haben wir uns jedenfalls verdient. Ansonsten vertreiben wir uns die Zeit mit Grossbaum hin und her schiften, raetseln wann wohl die Sonne sich heute das erste Mal richtig blicken laesst und dem Beobachten fliegender Fische. Die habe ich erst fuer Voegel gehalten, musste aber im direkten Vergleich mit den schnellen, schwarzen was-auch-immer-Voegeln feststellen, dass dem nicht so sein kann. Was mich nur wundert, ist die Tatsache, dass die “Flifis” in schoener Regelmaessigkeit auf unserem Deck landen. Wo sie doch offensichtlich immer nur ganz dicht ueber der Wasseroberflaeche rum fliegen. Parallel zu unserer Fahrt lese ich die Reiseberichte der SY Just-do-it nach und finde interessante Parallelen. Nur das mit dem eifrigen und aeusserst erfolgreichen Angeln an Bord der Just-do-it, das weicht doch ganz stark ab von unserem Bordleben. Und wenn ich mir das so durchlese und die Fotos dazu anschaue - ich glaube, Spaghetti al Oglio schmecken mir weiterhin sehr gut ohne Frischfisch-Beilage! Um 13 Uhr UTC kommt - wie eigentlich taeglich - dann tatsaechlich die Sonne raus. Und fast zeitgleich sichtet Werner an unserer Steuerbordseite ein Schiff!!! Wieder taucht es wie aus dem Nichts auf: Ein Fischerboot mit 0,8 Knoten Fahrt, Rufzeichen JMYN, steht quer zu uns. Auf unseren Funkruf meldet sich niemand. Da trifft man in dieser Wasserwueste schon mal ein Schiff und dann spricht das nicht mit uns! Den werden wir wohl etwas genauer im Auge behalten. Wer weiss, ob der uns ueberhaupt bemerkt hat. Nicht, dass der uns mit einem besonders dicken Fisch verwechselt und versucht, uns einzufangen sprich zu rammen. Diese grossen Fischtrawler erinnern mich persoenlich ja an die Eisenbahnloks an Land. Grosse, laute, gesichtslose und mir sehr unheimliche Monster denen einfach alles zuzutrauen ist. Wir fuehlen uns bei dieser Begegnung jedenfalls wieder darin bestaetigt, dass es gut ist, den Horizont sowohl bei Tag als auch bei Nacht immer im Blick zu haben. Zwar zeigt unser AIS den Fischer ebenfalls an, hat aber bislang noch keinen Alarm gegeben. Dafuer ist er dann halt zu weit entfernt und auch nicht auf gefaehrlichem Kurs zu uns. “Was macht der denn da oben, ist der voellig desorientiert??” Der Windgenerator zeigt spontan in Fahrtrichtung, dabei kommt der Wind nach wie vor von achtern. O.k. grad nicht so stark, dass jack sich schon drehwillig zeigen muesste, aber so aus dem Kurs zu laufen?. Wenig spaeter hat er sich gefangen und produziert wieder brav Strom. Geht doch! Nur die Sonne mag uns heute nicht, hat sich wieder verzogen. So ein Wellengenerator, das waere schon eine feine Sache. Aber steht das alles noch in Relation zu den Anschaffungskosten? Wenns eng wird, lassen wir halt mal eine Stunde die Maschine laufen, dann passt das Energiemanagement auch wieder. Zwischenzeitlich segeln wir Schmetterling - Grossbaum an Backbord raus, Genua an Steuerbord ausgebaumt. Brav laeuft Madam damit, nutzt jede Windboe gleich mit Schub nach vorn aus und schwingt ganz elegant und locker mit den Wellen mit. Komischerweise empfinde ich die Bewegungen ganz vorne am Bug als sehr angenehm. Und muss dran denken, dass mein Sohn bei einer sehr holprigen Rheintalwaerts-Fahrt juchzend vorne auf dem Bug des damaligen Stahlknickspanters sass und seine aufkommende Uebelkeit voellig vergessen hatte. Nach dieser Erfahrung verbrachte er Uebelkeitsmomente immer - gut gesichert - vorne auf dem Bug und fuehlte sich bestens. Wenn das ja nicht so salzig-nass werden wuerde da vorne ?? Ersatzweise scheint bei mir folgende Variante aber auch gut zu funktionieren: Am Tag der Abfahrt nehme ich eine Tablette Stutgeron, mindestens zwei, besser 3-4 Stunden vorm losfahren. Danach dann nix mehr. Kaffee ist die ersten Tage tabu und an Nahrhaftem gibt es nur, worauf ich wirklich Appetit habe. Saure Wuermer z.B. vertrage ich sehr gut und auch Chips sind sehr beliebt bei mir. Diese Massnahmen foerden offenbar ein stress- und uebelkeitsfreies Einschaukeln. Soweit meine Theorie und zweifache Praxiserprobung. Ob das aber bei jedem und vor allem: auf jedem Schiff funktioniert? Der Nachmittagshimmel zeigt sich dann bayrisch, aber die netten weissen Tuffwoelkchen sind laut Aussagen des bordeigenen Passatwolkenexperten immer noch keine Passatwolken! Hmm, also doch erst im naechsten Leben! Immerhin ist es recht warm und wir geniessen es, leicht bis gar nicht bekleidet den Tag verbringen zu koennen. Unser 4. Etmal betraegt sagenhafte 125 Meilen Aktuelle Position um 19:24 UTC: 08?47,78′N und 027?22,97′W

Sonntag 09.03.2014 - unser 3. Etmal

Sonntag, 09.03.2014 So wirklich nennens- oder berichtenswertes passiert ja derzeit bei uns nicht. Wind und Welle sind unveraendert - mal pustet es etwas staerker, mal schwaechelt der Wind etwas. Werner hat die Hoffnung auf die Sichtung von Passatwolken noch nicht aufgegeben, ich vertrete eher die Meinung “in diesem Leben sehen wir keine mehr”. Getreu dem Motto “wo ich nix erwarte, kann ich auch nicht enttaeuscht werden”. Und nein, ich bin generell NICHT pessimistisch eingestellt, vertrete ich doch auch die Auffassung, dass der Wind zunimmt, wenn wir nur lange genug die Windmessanzeige hypnotisieren. Oder man sitzt ganz unbeteiligt lesend in der Ecke und tut so, als wuerde es einen gar nicht interessieren, wie stark der Wind gerade weht. Funktioniert aber nur zeitweise. Die Naechte sind ziemlich dunkel, der Mond verkruemelt sich nach seinem Erscheinen relativ schnell wieder hinter Wolken und ist dann komplett verschwunden. Sterne - ja, gibt es noch, haben wir auch schon welche gesehen. Kann es sein, dass der grosse Wagen in dieser Region auf dem Kopf steht?? Ich muss wohl doch mal das Sternenbuch rauskramen…. Ansonsten hat man bei so einem Toern viel Zeit zum Lesen, vor-sich-hin-gucken und Nachdenken: Ich gruebele z.B. ueber die Tatsache, dass das Meer so scheinbar leer aussieht und doch ist da unter uns so viel Leben - oder doch nicht? Wie tief ist es hier eigentlich? Und wieviel Wasser haben wir noch vor uns? Spasseshalber zoomen wir im Kartenplotter soweit raus, dass wir sowohl Afrika als auch Suedamerika sehen - und mittendrin (naja, noch deutlich naeher an Afrika dran) ein kleiner schwarzer Fleck: Unser Schiffchen! Ich bin beeindruckt, was wir doch schon an Strecke geschafft haben ;-). Noch mehr beeindruckt mich allerdings, was wir irgendwann an Strecke zurueck legen muessen, um von Salvador in die Karibik zu kommen. Und nach Jamaica. Aber vielleicht klappt es ja bis dahin mit dem “Beam me up, Scotty”. Da geb ich die Hoffnung definitiv nicht auf. Eigentlich ist ja Samstag der traditionelle Badetag. Da es uns - respektive mir - gestern aber zu kuehl war fuer eine Dusche mit Meerwasser, steht dieser Punkt auf dem heutigen Tagesplan. Und hinterher fuehlen wir uns wie neu geboren. Gut nur, dass die Schiffsbewegungen so moderat sind. Gar nicht so einfach, bei 5-6 Knoten Fahrt mit dem Puetz Wasser an Deck zu schaffen! Denn traditionell weicht sich der Segler ja erst mit Salzwasser ein und spuelt dann mit dem kostbaren, weil begrenzten Frischwasser nur noch kurz nach. Und Salzwasser soll ja gesund sein fuer Haut und Haar und ueberhaupt. So schaukeln wir also auch durch diesen Tag, freuen uns darauf am Abend mit Emails von zu Hause versorgt zu werden. Zum Kurzwellenfunken kann ich mich noch nicht durchringen. Eigentlich geniesse ich diese ruhige Zeit sehr. Und stelle wieder einmal fest, dass ich nicht muede werde, Meer und Himmel zu beobachten. Einfach nur sitzen und schauen, dem heben und senken im Rhythmus des Schiffes und der Wellen nachspueren. Unser 3. Etmal betraegt sagenhafte 125 Seemeilen - aktuelle Position um 17 UTC: 10?59′72N und 026?6′35 W - Kurs 203 - SOG 5 Knoten Und jetzt gibt’s Bratkartoffeln!

Zweites Etmal

Samstag, 08.03.2014 “Kawumm” - es ist 00:16 und ich schiesse foermlich aus meiner Freiwachenkoje im Salon hoch! “Werner, was ist das??” Voellig orientierungslos und aus tiefsten Schnarchtraeumen hochgeschreckt kann ich das ploetzliche Geraeusch fuer einige Sekunden nicht zuordnen. “Ich hab die Maschine gestartet” - oh Mann, naechstes Mal bitte mit Vorankuendigung! Erleichtert, dass nichts mit unserem Rigg oder sonstwas passiert ist, sinke ich zurueck aufs Kissen, die Schnarchrunde kann weiter gehen. Eine Stunde spaeter ist die Maschine wieder aus. Unsere Batterien sind wieder etwas aufgeladen und der Wind ist auch wieder etwas kraeftiger, wir machen wieder deutlich mehr als 2,5 Knoten Fahrt. Am Nachthimmel blinken die Sterne durch groessere Wolkenluecken, der Mond ist deutlich zunehmend aber noch nicht so gross, dass er die Szenerie richtig ausleuchten wuerde. An unserer Steuerbordseite taucht ein anderes Licht am Horizont auf: Ein Schiff. So schnell wie es zu sehen war, entfernt es sich auch von uns und wird von der Nacht und der Erdkruemmung verschluckt. “Patsch” - ein fliegender Fisch klatscht gegen meinen Ruecken, landet auf dem Cockpitboden und zappelt derart, dass ich ihn nicht packen und ins Meer zurueckbefoerden kann. In der hintersten Ecke, hinterm Steuerrad bleibt er liegen. Sorry mein Kleiner, haette Dich gerne lebend wieder in dein Element gebracht, aber so ist mir das nicht moeglich. Etwas spaeter klatscht der naechste gegen Werners Kopf und endet bei Tageslicht ebenfalls als Futter fuer die gefraessigen Kollegen im Meer. So viel also zum Thema “Angeln an Bord der naja” :-)! An Deck machen wir dann noch eine etwas ominoese Entdeckung: der Fluegel eines Vogels lugt unter einem Festmacher hervor. Wann und wie der dorthin gekommen ist, bleibt uns ein Raetsel. Der Wind schlaeft weiter ein und wir duempeln wieder extrem gemuetlich ueber den Atlantik. Sollen wir vielleicht doch jetzt den Gennaker??? Gerade als wir strategisch die Gennaker-Aktion durchgeplant haben und die benoetigten Schoten parat liegen, brist er wieder auf. Mit um die 10 Knoten Wind machen wir ganz gute Fahrt, die Segel ziehen und wir werden sanft ueber den Atlantik geschaukelt. Sehr angenehm alles. Die Sonne schaut auch immer wieder mal durch die Wolken. Aber Beide, Wind und Sonne, sind sehr unstete Kameraden derzeit. So allmaehlich gewoehnen wir uns auch an den Schlaf-Wachrhythmus und unser Leben an Bord plaetschert im Takt der Wellen so vor sich hin. “Man merkt aber schon, dass es waermer wird” - der Kaeptn sprichts und entkleidet sich. Ja klar, waermer - mir reicht immerhin die Fleecedecke zum drunterkuscheln, Pullover und lange Hose sind nur noch Nachts angesagt. Was aber auch daran liegt, dass ich in meiner Ecke im Wind sitze, waehrend ER von der Sprayhood sehr windgeschuetzt, dafuer aber bei Schiffsbewegungen eher etwas absturzgefaehrdet sitzt. Man kann halt nicht alles haben. Unser zweites Etmal: 120 Seemeilen. Das ist jetzt nicht berauschend, aber unter Beruecksichtigung des oft sehr schwachen Windes sind wir doch noch ganz zufrieden damit.

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