Dienstag, 11. M?rz 2014 - Nachtarbeit Da wir ja tagsueber nur faul auf dem Allerwertesten rumlungern, betaetigen wir uns eben Nachts sportlich. Zumindest ist unser Schiff wohl der Meinung, es muesse uns jetzt mal langsam Feuer unterm A… machen und uns etwas auf Trab bringen. Grad hab ich mich in meine Wachecke gekuschelt, da knallt es mal wieder vom Vorschiff her. Sche?.. Spibaum! Ich muss es gar nicht sehen, um es zu wissen. Wieder hat er die Schot durchgesaebelt. Werner bleibt allerdings hartnaeckig bei seiner Theorie, dass die Steuerbordschot einfach schon zu poroes ist. Wenigstens ist der Baum dieses Mal auf der Reling zu liegen gekommen und nimmt kein Salzwasserbad! Die Frage nach dem Topnant stellen wir uns mal erst gar nicht, der war naemlich nicht dran. Und somit ist bewiesen: dieses Boot verzeiht nicht die kleinste Nachlaessigkeit oder Unaufmerksamkeit und schlaegt unbarmherzig zu wenn es grad eigentlich nicht passt. So wie jetzt halt: Feinster Segelwind mit einer Staerke zwischen 10 und 13 Knoten, raumschots kommend, der Mond hat sich schon verdrueckt, die Nacht ist relativ dunkel. Ideale Bedingungen also, um auf dem Vorschiff rumzukaspern. Damit das ganze erst so richtig zu einem Nachtstunden fuellenden Programm wird, verwurstet sich die Genua beim einrollen zu einer Tuete, faengt das Schlagen an und die verbliebene Schot ist auch kunstvoll um das ganze Arrangement drapiert. Der Kaeptn geht nochmal nach vorn, dieses Mal ziehen wir die Schot aus den Umlenkrollen und legen sie am Vorstag entsprechend frei. Ich stehe an der Winsch parat, um das verbliebene Segel noch einzurollen. Von vorne schreit es das Kommando: “Hol jetzt rein”. Ich kurbele. Das geht aber schwer. “Du sollst den Lappen reinholen”. Dreh ich hier vielleicht Daeumchen? Nach fest kommt ab und in diesem speziellen Fall ist dann die Reffleine ab und zwar von der Rolle. Also Reffleine aus saemtlichen Umlenkrollen rausziehen und das ganze Paket in liebevoller Wicklungsarbeit wieder auf die Rolle bringen. Madam naja laesst sich von alldem Tohouwabohou in keinster Weise beeindrucken segelt unter des Pilots sicherer Fuehrung unbeirrt und mit ordentlich Speed durch die Nacht. Segeln koennt so schoen sein?.. Dann ist die Reffleine drauf, umgelenkt und das Spiel beginnt von vorn. Hatte ich schon erwaehnt, dass die Genua nun logischerweise komplett freie Bahn hat und froehlich an der verbliebenen, jetzt Steuerbordseitig liegenden Schot zerrt? Ein Schaekel hat sich auch noch verabschiedet. Und so turnt die Crew, meist der Kaeptn, mehrere Male uebers Deck, bis alles wieder ordentlich aussieht. Leider ist die erste Wickelarbeit etwas zu dick ausgefallen, einkurbeln ist nicht. Wir stoppen umgehend, abwickeln und wieder neu aufwickeln. Die Stunden ziehen uebers Meer. Ueber uns blitzt ein Stern? Moment, seit wann blitzen Sterne??? Nee, das muss ja dann wohl ein Flugzeug sein. Aber das andere, das sind eindeutig Sterne. Neben dem Schiff leuchtet es immer mal wieder gruenlich - wenn auch laengst nicht so intensiv wie in der ersten Nacht. Vorne am Bug funkelt die Stirnlampe und bringt Skippers Werk ins rechte Licht. Welch segensreiche Erfindung, so eine Lampe. Zwischendurch schreien wir uns noch etwas an, weil laut dem Herrn vorne die Steuerbord-Schot nicht frei ist und ich zurueck schreie, dass sie sehr wohl frei ist. Doch, wir haben uns schon noch lieb. So ein bisschen Schreierei reinigt ja auch manchmal die Luft. Und es hoert uns ja sonst keiner. Nach gut 4 arbeitsreichen und anstrengenden Stunden ist es dann endlich geschafft und wir segeln wieder mit Gross und ein paar Quadratmetern Genua - nicht ausgebaumt. Dazu haben wir erstmal keine Lust mehr. Beiden fehlt uns dann ueber Tag der naechtliche Schlaf, trotzdem raffen wir uns zu einigen Aktivitaeten wie Manikuere, Pedikuere und selbstgemachter Pizza auf. Von irgendwas muss der Mensch ja leben. Die eingedellte Relingsstange muss ebenso fotografiert werden wie ein unsanft auf unserem Deck gelandeter Flying Fish und das heute sehr zahlreich voruebertreibende gelbliche Pflanzenzeugs. Weissblauer Himmel ueber uns, tiefblaues Atlantikwasser unter uns, Welle mit uns, Wind raumschots und weiterhin von akzeptabler Staerke. Ich teste die Bequemlichkeit unsers Gennakers auf dem Vorschiff. Schon toll, so ein multivunktionales Teil an Bord zu haben - Segeln IST soooo schoen. Der Pizzateig ist inzwischen schoen aufgegangen - kein Wunder bei den Temperaturen! Des Kaeptns neueste Leidenschaft ist, Hefeteig zu kneten. Seitdem Michl ihm das auf der Kassiopeia gezeigt hat, backen wir bevorzugt Hefeteig-Produkte. Nur die Pizzateigformung muss ihm nochmal ein waschechter italienischer Pizzabaecker zeigen, das hat er noch nicht so drauf. Unser 4. Etmal betraegt 128 Seemeilen Aktuelle Position um 17:30 UTC: 06?53,030N und 027?51,34′W - Kurs 207?, SOG 6,3 Knoten Und jetzt hoffen wir mal auf eine ruhigere Nacht.