Episoden vom Boatyard

Heute: von gefiederten Weckern und Rostklopfern

Es trippelt an Tag, scharrt und zwitschert, flattert und raschelt. Tippelnde Schatten auf dem Sonnensegel. Die Morgensonne steigt langsam hoch und unsere gefiederten Nachbarn sind schon längst wach.

Amseln sehen sie etwas ähnlich und sind doch graziler. Die Augen auffällig hell umrandet, der Körper unauffällig schwarz-braun-grau. Je nach Alter und Geschlecht. Aufgeregt flattert das Jungtier mit den Flügeln, bettelt um Futter. Dabei ist es schon genauso gross wie seine Mutter. Die ihm aber unverdrossen irgendwelche Leckerbissen in den weit aufgerissenen Schnabel stopft. Unsere Sonnensegel, Solarpaneele und die Reling aber auch das Deck sind beliebte Aufenthaltsorte für die zwitschernde Zunft, so früh am Tag. Später dann ist das grosse, schwarze Ungetüm namens Guantanom Bay Express ein beliebterer Landeplatz. Wahrscheinlich wird es dann bei uns Bord zu umtriebig.

Guantamo Bay Express. Das ist überhaupt das Stichwort. Unbewegt, schwarz, massiv und klotzig liegen diese gefühlt 100 Meter Stahl direkt neben uns. Manchmal schwappt das Wasser am Rumpf entlang. Bewegt sich der Koloss etwa oder ist es nur eine Sinnestäuschung? Die armdicken Festmachetrossen jedenfalls machen nicht den Eindruck, dass sich das was rührt.  Wochen- wahrscheinlich monatelang lag der Klotz unbeachtet so da. Jetzt schleicht ein älterer Herr mit relativ heller Hautfarbe ständig die Gangway hoch und runter Bewegt sich möglichst unauffällig auffällig.

Und dann ist es soweit: ein Trupp Arbeiter entert das Deck, klopft mit Hämmern auf Deck herum, löst den Rost. Ein kleinerer Kran fährt heran, liftet die Gangway etwas an, positioniert sie neu. Immer dabei José, die gute Seele des Boatyard. Unverdrossen im blauen Jeansgewand, den weissen Helm auf dem Kopf.

Klong-klong dröhnt es von drüben, macht Gespräche an Bord etwas schwieriger. Heute sind wir irgendwie schon froh, wenn hier Feierabend ist und Ruhe einkehrt. Oder ob die wohl auch eine Nachtschicht einlegen, wie die Rostklopfer von der Nachbarwerft? Nein, pünktlich fällt der Hammer im wahrsten Sinne des Wortes und es kehrt Ruhe ein auf dem Boatyard.

Ein für uns gammeliger Tag neigt sich dem Ende. Motivationslos fühlten wir uns heute. Vielleicht waren die letzten Tage zu anstrengend, der gestrige Tag zu lang und überdies haben wir einige Zeit am überklimatisierten Flughafen zugebracht wo wir einen lieben Segelfreund abgeholt haben.

Vielleicht brauchen wir das einfach mal, etwas abzuhängen, ein bisschen Wäsche waschen, ein paar Schrauben eindrehen, den Wassermacher ausbauen und eine defekte weil korrodierte Wasserpumpe samt korrodiertem Ölfilter lokalisieren. Kleinigkeiten aber irgendwie zeitaufwendig, anstrengend.