Monats-Archiv Februar, 2016

11.02.2016 Wir bewegen uns - von Port Antonio nach Oracabessa

Wir bewegen uns, sind noch nicht festgewachsen an der Mooring No 5, die jetzt für fast 2 Monate unser Zuhause war in Port Antonio. Aber bevor wir unser Germaica verlassen können, müssen wir erst noch einen Stempel vom Zoll abholen. Dann geht es an die gegenüberliegende Pier des Boatyard, Diesel fassen. 16 Gallonen passen in unseren Tank, der Käptn passt nicht auf, der überflüssige Diesel schiesst aus dem Einfüllstutzen ins Cockpit und über die Sprayhood. Sauber.

Mit dem La Favorita Taxi geht es dann in die Marina, die Endrechnung samt Diesel begleichen und noch eine schnelle Tschüssrunde durchs Ankerfeld drehen. Die verbleibenden Yachten sind uns in den letzten Wochen gute Freunde geworden und wir haben gemeinsam viel erlebt.

Ich putze derweil Deck und Plicht, räume die letzten Utensilien in die Schapps und bereite alles zum Segelsetzen vor. Aries Dream dümpelt derweil schon in der weitläufigen Bucht und wartet darauf, dass wir endlich ablegen. Der Käptn kommt an Bord, Leinen los, erstaunlich willig und problemlos legt Frau Panzerkreuzer vom Pier ab ? ob sie wohl auch endlich mal wieder Seeluft spüren will? Schon in der Zufahrt empfangen uns ordentliche Wellen, Schiffschaukel vom Feinsten.

Draussen wird es dann etwas besser, unter gerefftem Gross und Fock laufen wir der Aries hinterher. Die hat einen satten Vorsprung von 2 Meilen, den sie später auf 4 Meilen ausbaut. Über Funk verständigen wir uns darüber, dass wir uns Oracabessa auf jeden Fall anschauen wollen. Allein schon, damit die Bordfrau sich erst einmal langsam wieder an die ungewohnte Beweglichkeit des Schiffes gewöhnen kann. Etwas bleich um die Nase sitze ich nämlich an meinem bevorzugten Platz hinterm Steuerrad und beobachte die anrollenden Wellen.

Die linsen immer mal wieder über die Bordwand, drohen mal neckisch verspielt mal energisch mit ihren weissen Fingern zu mir hin und einige Tropfen Salzwasser finden auch ihren Weg bis zu mir, wecken mich unsanft aus meinen Tagträumen und lassen mich fröstelnd die Sonne suchen. Die linst nur spärlich aus dem blau-schwarzen Wolkenkleid, das über Jamaica hängt und die Insel fast unsichtbar werden lässt. Immerhin, hier draussen regnet es nicht.

Gut kommen wir voran, das übliche Poltern und Klappern unter Deck ignorieren wir geflissentlich. Beobachten das AIS-Signal von Aries auf dem Plotterbildschirm und erfahren über Funk, dass die anvisierte Ankerbucht von Oracabessa pupsklein und gar nicht so tief wie erwartet ist. Grade mal 70cm habe er noch unterm Kiel, und das bei 2 Meter Tiefgang. Sch?. denke ich, hab mich so gefreut auf diese Ankermöglichkeit. Nutzt nix, wir halten unverdrossen auf die Einfahrt zu, runden mehr versehentlich ein kleines unscheinbares Stängelchen im Wasser auf der richtigen Seite und halten dann auf die Einfahrt zur Bucht zu. Aries liegt ziemlich weit vorn, überlässt uns den etwas tieferen Raum weiter drinnen und unser Anker fällt dann doch noch recht entspannt auf fast 4 Metern Wassertiefe. Das entspricht dann auch den Angaben auf der Seite ?Goodanchoring? (sehr informative Seite zu Ankerplätzen).

Im Ohr habe ich noch die Worte des Marina-Managers von Port Antonio: ?its a little bit like Port Antonio, not so deep but deep enough for you?. Ein Klein bisschen ist dann die Untertreibung schlechthin. Oracabessa Bay ist mit den bereits hier festgemachten 2 grösseren Booten, einem grossen Fischkutter, einem kleinen Fischerboot an einer Mooring und unseren beiden 50 Fuss Yachten ganz gut ausgelastet.

Am kleinen Strand und dem dahinterliegenden Gelände ist noch ordentlich was los. Menschen, Musik, sogar richtige Reisebusse sehen wir. Unsere Befürchtung, ein 2. Port Antonio gefunden zu haben, wird etwas später zerstreut: die Veranstaltung an Land löst sich auf, die Musik verstummt, Ruhe legt sich über die Bucht. Nur unterbrochen vom Rauschen der Wellen gegen die Mauern im Zufahrtsbereich. Vielleicht doch nicht so schlecht hier?

Nach dem gemeinsamen Abendessen an Bord der naja lassen wir uns zufrieden darüber, dass wir los gefahren sind, in den Schlaf wiegen. Einziger Wermutstropfen dabei ist der immer wieder einsetzende Regen, der uns das Luke auf-Luke zu Spiel aufzwingt. Gute Gelegenheit, immer mal wieder die Position zu überprüfen. Aber ? der Anker hält.

Bob Marley Birthday Bash

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Die Würfel sind gefallen: naja bleibt in der Obhut der deutschen Gemeinde an der vertrauten Mooring in Port Antonio und wir, wir stürzen uns in den Bus nach Kingston. Bob Marley Birthday Bash und somit viele Veranstaltungen auf der ganzen Insel. Wir haben uns für die in Kingston entschieden. Unsere Lust auf Abenteuer wird auch gleich belohnt: der Bus ist eigentlich schon gut voll, trotzdem werden in Buff Bay 3 Männer noch auf die hinteren Sitzbänke gequetscht. Als der Fahrer von einer kurzen Stippvisite in der Tankstelle zurück kommt, startet der Kassierer (in Jamaicas Bussen oder Routetaxis fährt immer ein 2. Mann mit, der für die Finanzen und die Akquise der Fahrgäste zuständig ist, wichtiger Job) ein Palaver mit den hinten sitzenden Herrschaften. Kurz darauf stürmen 7 junge Männer aus dem Bus. Dicke Fragezeichen in unseren Augen, die Jungs steigen in ein Routetaxi ein, kurz darauf fahren wir auch schon los. Nochmal Fragezeichen, als wir Fahrscheine! In die Hand gedrückt bekommen. Das gabs ja noch nie!!! Kurz nach Buff Bay passieren wir eine Polizeikontrolle, freundliches Grinsen und Winken auf beiden Seiten. Noch ein paar Kurven und unser Bus hält. Ein Taxi überholt uns, schert ein und die 7 Männer entern wieder den Bus - weiter geht?s.

Über die uns bekannte Junction geht es durch Regen Richtung Kingston. Dieses Mal sind wir besser vorbereitet, sitzen strategisch günstig ganz vorn und können so an Manor Park aussteigen. Von hier ist es nicht weit zu Fuss bis zu unseren Freunden, die uns auch dieses Wochenende Obdach gewähren. Und nach dem langen, beengten Sitzen sind wir über etwas Bewegung ganz froh.

Kurze Pause, dann geht es auch schon zum Bob Marley Museum wo heute einige Vorträge gehalten werden bevor dann am Nachmittag die grosse Musiksause startet. Den Geburtstagskuchen zu Ehren von Robert Nesta (BOB) Marley’s 71. Geburtstag hat die Familie schon in der Früh unter Ausschluss der Öffentlichkeit angeschnitten. Auf dem Museumsgelände versammeln sich heute viele Rastamänner und -Frauen. Alt und jung, ganze Familien, weiss und schwarz - alles friedlich in der Musik Bob Marleys vereint. Die Stimmung ist super, musikalisch hat das ganze seine Höhen und Tiefen. Wir wippen ordentlich mit und staunen über die farbenfroh und exotisch gekleideten Herrschaften um uns herum. Ein bekannter Duft zieht über das Gelände, hier muss man nicht selbst rauchen, um seine Dröhnung zu bekommen: ein, zwei tiefe Atemzüge reichen da schon fast aus.

Gegen 20 Uhr machen unsere müden, alten Knochen dann leider schon schlapp; die Suche nach einem Taxi oder Bus beginnt. Der von uns angepreite Taxifahrer will uns für 1000 JAD ans ersehnte Ziel bringen. Leider hat er überhaupt keinen Plan, wo die genannte Strasse ist und wie er dorthin kommt. Mit links und rechts klappt es auch nicht so richtig. Wir benötigen einige Boxenstopps, die uns wütende Hupkonzerte der anderen Autofahrer eintragen und die Vorfahrhilfe eines anderen Taxis, bis wir in vertrautes Terrain und ans Ziel kommen. Erstaunlicherweise ist weder die Vorderachse zusammen gebrochen noch haben die im Fond sitzenden Herren einen Bandscheibenschaden davon getragen. Erleichtert zahlen wir den Fahrlohn und wünschen dem Taxista viel Glück beim zurückfinden.

Für den Sonntag steht eine Besichtigung von Port Royal mit Fischessen bei Gloria’s an. 2. Versuch für uns. Um es kurz zu machen: wir haben schon besseren (aber auch schlechteren) Fisch gegessen, der Service ist schlichtweg unter aller Sau, aber man sitzt ganz nett und vor allem luftig. Da wir mit unseren Freunden im Auto hier und somit flexibel sind, machen wir noch einen Abstecher in den Yachtclub von Kingston. Nette Anlage, weit ab von der Strasse und der Bushaltestelle, schöne Bar mit tollem Ausblick über die Bucht hinüber nach Kingston und auf die Blue Mountains. Kurz unterhalten wir uns mit einer Dame vom Yachtclub (sehr nett) und erfahren: es gibt Besucherplätze, die zur Zeit alle belegt sind. Die Wassertiefe am Tanksteg beträgt ca. 9-10 Fuss. Die meisten Gastyachten ankern vor dem Yachtclub und können dann gegen das Entgelt von 12 USD pro Tag und Schiff Schwimmbad, Dusche etc. nutzen. Wer die Ruhe sucht, gut zu Fuss ist oder schnelle Fahrräder hat, ist hier bestens aufgehoben. Wir sind allerdings schon froh, uns für Port Antonio entschieden zu haben.

Vor dem grossen Cricketfeld Sabina Park in Kingston verabschieden wir uns vorerst von den Freunden. Und gleich stürmt ein Ticketverkäufer auf uns zu. 200 JAD pro Ticket, das man haben muss. René, der mit uns unterwegs ist, zückt schon die Geldbörse und wird prompt von uns ausgebremst. Nix da, das klären wir erst nochmal. Haben wir doch die ausdrückliche Aussage des Hauptsponsors, das der Eintritt frei ist. Und siehe da: eine beleibte und energische Ordnerin lässt uns auch ohne Ticket eintreten und der clevere Geschäftsmann kassiert gleich noch einen ordentlichen Anschiss. Warum so viele Einheimische aber ein solches Ticket in den Händen halten, erschliesst sich uns nicht. Egal, wir sind drin, schlendern über den gepflegten Cricketrasen, bewundern das technische Equipment und harren der Dinge die da kommen.

Mit uns warten einge andere Bob Marley Fans, von jung bis alt ist auch heute wieder alles vertreten. Ob es aber 13.000 musikbegeisterte werden (wie letztes Jahr in Downtown) wagen wir stark zu bezweifeln. Die auftretenden Künstler werden zwar mit Euphorie von der Dame mit Mikro angekündigt, reissen aber die meist einheimischen Zuschauer irgendwie nicht wirklich vom Hocker. Applaus? Kennt man hier irgendwie nicht. Erst zu vorgerückter Stunde vergrössert sich die Menge vor der Bühne und taut auch irgendwie auf. Da werden Feuerzeuge und Fähnchen geschwenkt, es wippt und schaukelt, es wird mit gesungen und gegrölt. Und auch uns gefällt die Musik jetzt wesentlich besser.

Trotzdem machen wir uns auch hier deutlich vor Veranstaltungsende vom Acker. Dieses Mal erwischen wir ein Taxi, dessen Fahrer die angesagte Adresse zu kennen verspricht. Und tatsächlich führt sein Fahrstil zügig und ohne weiteres Nachfragen zum Ziel. Obwohl mir völlig rätselhaft ist, wie der Mann bei dem schwachen Scheinwerferlicht überhaupt erkennt, wo er gerade ist. Auf meine diesbezügliche Nachfrage meint er mit einem Lachen, er orientiere sich am Mittelstreifen. Gut, dass er wohl wusste, dass dieser auf einer der Strassenabschnitte aus dicken Betonblöcken besteht!

Der Montag sieht uns auf dem Weg zum Bootsshop von Kingston. Ja, einen solchen gibt es. Und zwar mitten in einem Wohngebiet, ganz in der Nähe unserer Freunde. Was liegt also näher, als wieder einmal per Pedes dorthin zu gelangen. Auch wenn die Freundin uns davor warnt, wir würden durch eine nicht ganz so sichere Gegend laufen. Ach, wird schon schief gehen, ist ja nicht weit. Dank Google und einem netten älteren Herrn in einem Garten finden wir die gesuchte Adresse relativ schnell. Ein schlichtes, graues Wohnhaus. Davor ein Motorboot, ein Jetski, ein Mercedes-Cabrio älteren Baujahres, jede Menge Fender, Tauwerkrollen und ein Miniminiminiladen, der mit 3 Kunden hoffnungslos überfüllt ist. Aber nette Leute hinterm Tresen. René kann schnell und unkompliziert seinen Dieseleinfülltrichter umtauschen und schon zockeln wir weiter.

Leider ist an der angepeilten Bushaltestelle kein Bus willens, uns mit nach Port Antonio zu nehmen. Warum nicht bekommen wir zwar erklärt, verstehen es aber rein akustisch nicht wirklich. Jedenfalls wird uns bedeutet, erst nach Half Way Tree zu fahren um dann von dort …. o.k. dann halt so. In Half Way Tree stehen wir uns eine Weile die Beine in den Bauch, knüpfen nette Kontakte zu den Strassenverkäufern und werden ganz aufgeregt zum anrollenden Bus gewinkt. Leider wollen mit uns noch mindestens 40 andere Leute nach Port Antonio - verflixt, wo kommen die auf einmal alle her? Irgendwie propfen wir uns in den Bus, sitzen eingekeilt auf den Notsitzen im Mittelgang. Erst ab Buff Bay wird die Sitzplatzsituation entspannter - warum sind die nicht mit dem Buff Bay Bus gefahren? Der stand ewig lange, hupend und nicht ausgelastet an der Haltestelle, wartete vergeblich auf weitere Fahrgäste bevor er resignierend abrauschte.

Etwas steifbeinig klettern wir raus und staksen zur Marina wo uns schon die Germaika-Gemeinde am Dinghisteg erwartet. Wieder zu Hause nach einem anstrengenden, superschönen und sehr interessanten Wochenende in der Grossstadt Kingston.

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