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Donnerstag, 13.02.2014 — Ein Loch ist in der “na ja” oder: Schon wieder kranen

Wir lassen ja nix aus und wer kann schon von sich behaupten, in Palmeira auf Sal ausgekrant zu haben? O.k. WIR haetten jetzt auch gut drauf verzichten koennen, aber das sind selbstgemachte Leiden und da muessen wir nun durch.

Durch Vermittlung von Carlos, TO-Meetinpointchef, haben wir Fran als Guide gewinnen koennen. Er lotst uns durch die Instanzen und vermittelt den Kontakt zum Chef ueber die Kraene, welche normalerweise im Handelshafen Schiffe be- und entladen.

Die Odysee beginnt gegen 8:30 mit dem ersten Vorstellig werden im Buero des Handelshafenchefs. Um 10 Uhr koennten wir gekrant werden, hiess es gestern. Wir also mit dem Dinghi zurueck zum Schiff, Anker auf und an die Pier. Der Platz der Guardia Costeira ist praktischerweise frei, gut mit Fendern bestueckt und Dank der tatkraeftigen Unterstuetzung von Ludwig, Rosi und einiger Hafenarbeiter legen wir dort an. Ganz unseemaennisch mit dem Wind. Dann geht es wieder ins Office der vermeintlichen Hafenverwaltung. Hm, ja kranen ist wohl doch nicht so ohne weiteres moeglich, erst einmal soll sich der Kranfuehrer die ganze Chose anschauen, ob es ueberhaupt geht. Gegen 14 Uhr! Vorher aber muessen wir auf jeden Fall die Krangebuehren loehnen, sonst bewegt sich gar nix.So nutzt der Kaeptn die Wartezeit, um die Krangebuehren mit Kreditkarte zu bezahlen. Insgesamt 3 Karten- und Fehlversuche spaeter (die “Linea” ist indisponiert und verweigert jegliche Kooperation mit unseren Zahlungsmitteln) wackele ich mit Rosi an meiner Seite zum naechsten Geldautomaten (zum Glueck ist einer hier in Palmeira) und werde dort vorstellig. Die Mastercard des Kaeptns mag er nicht, die Pin sei falsch. Mit Visacard habe ich mehr Glueck und da wir im Besitz von gleich zwei solcher Karten sind, ist es auch moeglich, in insgesamt VIER!! Vorgaengen den Gesamtbetrag abzuheben. Merke: Pro Karteneinschub sind max umgerechnet 200 Euro erhaeltlich und pro Karte haben wir wiederum ein Limit von 2 Abhebungen pro Tag. Man gut, dass wir nicht noch mehr zahlen muessen, mit round about 620 Euro ist die Aktion eh schon als nicht gerade preiswert zu bezeichnen.

Zwischenzeitlich laeuft das Wasser ab, wir haben grad mal noch 1,10 unterm Echolot, unser Schiff sitzt leicht auf. Ich stehe kurz vor einer Heulattacke, bin nach diversen Alptraeumen der letzten Nacht eh noch etwas duennhaeutig.

Inzwischen bricht untypische Hektik aus: der Kran ist vorgefahren, der Herr ueber den Schalthebel ist der Meinung, dass er unser Schiffchen heben kann und jetzt muss alles ganz schnell gehen: Geld einzahlen, Quittung erhalten, Kopieren (fuer uns), mit dem Original flitzt Fran davon und kommt mit den Gurten im Schlepptau wieder zurueck. Wir blockieren nun schon seit Stunden den angestammten Liegeplatz der Guardia Costeira (die sich freundlicherweise und mit Unterstuetzung einiger Naja-Fender hinter uns platziert haben) und sind natuerlich die Attraktion fuer alle Leute, die hier im Hafen zu tun haben.

Das Schicksal nimmt seinen Lauf: Gurte werden mit dicken Schaekeln an Drahtseile gekloeppelt, auf unserem Schiff wuseln Leute hin und her, ein Junge taucht um die ordnungsgemaesse Platzierung der Gurte unterm Schiff zu kontrollieren. Das Achterstag muss weg und Ludwig ist ueberrascht, dass unser Mast ohne Stag tatsaechlich nicht umfaellt. Fran testet die Tragfaehigkeit unserer Windschutzschreibe samt Sprayhood, die Dirk muss auch noch aus dem Weg geraeumt werden. Dann ploetzlich Stillstand aller Aktivitaeten: der wahre Hafenmeister betritt die Buehne! Unterstuetzt von einem blau unformierten Vertreter der oertlichen Policiastation wird nach unserer Erlaubnis fuer die Aktion gefragt. Wann wir angekommen sind auf Sal, wo unsere Schiffspapiere sind und warum das ganze Theater ueberhaupt veranstaltet wird. Ganz klar, der Typ ist stinkig! Und zwar auf uns. Weil wir ihn naemlich uebergangen haben. Der Weg waere ganz klar (fuer ihn) der gewesen, beim Hafenkapitaen eine Erlaubnis einzuholen, DANN die Kranverfuegbarkeit zu klaeren. Ob es sich denn um einen Notfall handele will er nach unseren wortreichen Erklaerungen, warum-wieso-oder auch nicht wissen. Claro, Wasser im Schiff und das durch das Auspuffrohr des Motors ist ganz klar ein Notfall! Er bestellt uns fuer den naechsten Tag ein und verschwindet. Das hat ein Nachspiel, aber wir koennen jetzt erstmal kranen. Die Gurte ziehen an und unsere zierliche Holz-Fussreling knirscht und biegt sich verdaechtig. Also nochmal ablassen und Reifen als Puffer dazwischen legen. Zu spaet zwar aber naja. Ich bin noch nicht mal zu irgendwelchen Emotionen faehig und bete nur, dass es bald vorueber ist.

Irgendwann schwebt unser dicker Fisch dann doch ueb er Land, der Kran wird abgestellt, das ausbauen des Auspuffrohres beginnt. Fachmaennisch begutachtet von der Besatzung des Guardia Costeira Schiffes und einiger Hafenarbeiter. Spaeter erfahren wir von Carlos, dass wir DAS Tagesthema im Ort sind.

Endlich rutscht das Rohr aus dem Rumpf und hinterlaesst ein sauberes Loch mit gesundem Holz drumherum. Wenigstens etwas positives! Samt dem Rohr kommt ein kleines Loch knapp oberhalb der Sikaflex-Reste: Lochfrass vom feinsten! Das Loch haetten wir nie gefunden und schon gar nicht abdichten koennen. Hafenmeister 2. Auftritt. Mit seinem schicken Gelaendewagen faehrt er vor und schaut sich unsere Baustelle an. Deutlich freundlicher und besaenftigt angesichts der tatsaechlichen Bedrohung unseres Schiffslebens. Ein Loch im Auspuff geht ja gar nicht. Leicht gehaessig macht er uns allerdings noch die Mitteilung, dass eine Reparatur heute wohl nicht mehr moeglich sei und in Espargos durchgefuehrt werden muesse. Schei…..! Unser Schwergewicht den grazilen, freundlicherweise von Fran schon herbei geschafften Stuetzen anvertrauen und das bei den aktuellen Windstaerken von bis zu 26 Knoten??? Never-ever!

Ludwig hat den rettenden Einfall: Intaktes Innenrohr abtrennen und an das ebenfalls intakte Aussensstueck aufschweissen — das ganze also quasi umdrehen. Pedro versteht, nickt und zieht umgehend von dannen. Warten. All we can do, is sit and wait. Langsam versinkt eine blassgelbe Sonne ueber der Mole im weiten Atlantik. Die obligatorischen “Hofhunde” kommen schwanzwedelnd zu uns und schauen mal nach dem Rechten.Heute frueh war die Mole belebt von Faehrpassagieren, kleine Kutter wurden von ihrer Ladung in Form von Kartons und Saecken befreit, alles wurde auf Lastwagen gepackt und abtransportiert. Jetzt ist Ruhe eingekehrt, alle Waren sind verteilt, die schrottelige Faehre hat wieder abgelegt., die Guardia Costeira Herren haben ihre Zivilkleidung uebergeworfen und schieben offenbar Ueberstunden da sie ja ihren Liegeplatz noch nicht wieder haben einnehmen koennen.

Pedro kommt zurueck, prasentiert sein Werk und dann wird das Roehrchen wieder an seinen Platz gepackt. Mit viel Druck von aussen, ordentlich Panterra und einigen Schrauben ist endlich alles wieder wie vorher — naja, hoffentlich nicht ganz wie vorher, sondern jetzt dicht!

Wie aus dem Nichts ist auch der Kranfuehrer wieder aufgetaucht, schmeisst seinen Motor an und wir werden wieder ins Wasser gesetzt. Jetzt bei Hochwasser — was bin ich erleichtert. Schiff und Herz der Bordfrau plumpsen hoerbar einige Meter tiefer und entspannen sich sichtlich. Nochmal viele Haende beim Gurte loesen (woher weiss der Gabelstaplerfahrer, dass er jetzt wieder seinen Einsatz hat??), Leinen los, Fender etwas umplatzieren, Fran, Patrick und Pedro lassen es sich nicht nehmen, uns bis zum Ankerplatz zu begleiten. Was ist so eine abendliche Bootstour doch schoen! Pedro kontrolliert noch einmal die Dichtigkeit seiner Arbeit und kommt mit erhobenem Daumen wieder nach oben. Super!

Drei Ankeranlaeufe spaeter liegen wir fast wieder an unserem bisherigen Platz, knipsen die Ankerlaterne an und kredenzen unseren Begleitern ein Bierchen. Fran telefoniert mit seiner Frau zwecks gemeinsachaftlichem Abendessen im Fradinho und kurze Zeit spaeter befoerdert das treue Willi-Gummiwutz fuenf hungrige Menschlein an Land. Rosi & Ludwig klinken sich aus, es war ein anstrengender Tag auch fuer sie und wir sind unendlich dankbar fuer ihre unermuedliche, moralische wie auch tatkraeftige Unterstuetzung und Hilfsbereitschaft. Irgendwie haben wir zwischenzeitlich diesbezueglich doch einige wirklich gute Freunde gewonnen! Wir denken da auch an Uli & Peer, an Inge-Lore & Ralf. So unterschiedlich sie alle von ihrer Art und ihrem Wesen auch sind, eines haben sie alle gemeinsam: Sie sind uns wahre Freunde geworden, die unsere Freud aber auch unser Leid teilen und helfen, wo es nur geht. Vielen Dank euch allen!!

In Frans Bar-Restaurante stapeln sich die trinkfreudigen Gaeste. Fuer uns ist im “Separee” der Tisch eingedeckt und wir kommen in den Genuss eines leckeren Auflaufes: Kichererbsen, Kartoffeln, geschmorte Gurken, Fleisch, Fisch, Mais bunt gemischt und mit hart gekochten Eierscheiben bedeckt. Dazu der offenbar obligatorische Reis und einen Salat aus Tomaten, Gurken und richtigen Salatblaettern. Vino Tinto, Aqua und fuer Pedro eine Limo — weil Wein im Kopf fuer durcheinander sorgt. Kaffee zum Abschluss und einige interessante Details aus dem Leben unserer Tischnachbarn dazu.Trotzdem sind wir muede, zahlen und verabschieden uns schon bald. Gut, das Patrick (der irgendwie zu Frans Familie gehoert) recht gut Franzoesisch spricht und somit de Verstaendigung schon um einiges leichter ist, wie auf kreol!

Die Bar hat sich geleert, dafuer sitzen schraeg gegenueber am Tischkicker mehrere recht jung aussehende Gestalten, klimpern mit einer Gitarre und haben Spass. Irgendwie ist hier an fast jeder Ecker eine Bar oder ein kleinerMini-Mini-Mercado.

Willi Wutz hat wieder brav gewartet und wir wurschteln uns erstaunlich gut durch das Leinenwirrwarr der Fischerboote zurueck zu unserem Schiffle. Der Wind hat inzwischen deutlich nachgelassen und saeuselt nur noch mit sanften 7-9 Knoten vor sich hin. Wie angenehm!!! Der Windgenerator wedelt trotzdem unablaessig wenn auch dezent mit den blauen Fluegelchen und sorgt fuer den Erhalt unserer elektrischen Stroeme. Auch sehr angenehm. Ab in die Koje, mein Ruecken bricht gleich durch und es ist einfach nur schoen, entspannt liegen zu koennen, dem vollen Mond durchs Luk ueber mir dabei zusehen zu koennen, wie er langsam von links nach rechts “durchs Bild wandert”.

Leider wird die ruhige, windstille Nacht offenbar von boesen Buben dazu genutzt, einem etwas weiter vorn ankernden Franzosen das Dinghi zu klauen. Aber das erfahren wir erst am naechsten Tag und der ist eine eigenen Bericht wert!