Madeira, geanuer gesagt: Porto Santo.
580 Seemeilen, 88 Stunden Atlantik, Zwei- nein Dreisamkeit. Die vier
großen W’s: Wind-Wasser-Welle-Wolkenloser Himmel.
Wie soll man dieses Erlebte in Worte
fassen? Die Geraeusche des Schiffes, dass sich bei den teilweise
recht hohen Wellen windet und aechzt, das Gluckern unterm Schiff und
zuguterletzt auch im Schiff weil wir wahrscheinlich durch die
Kielbolzen unverhaeltnismaessig viel Wasser machen. Das Gefuehl, ganz
mutterseelenallein da draussen mit Eimern dieses Wasser aus der Bilge
zu schoepfen, weil (Murphy’sches Gesetz) von 4 eingebauten
Bilgepumpen keine einzige das macht, wofuer sie eingebaut wurde.
Die Spannung, wenn Werner unter Deck
verschwindet und puenktlich um 10:30 in der Frueh unser Etmal
errechnet. Das Gefuehl, in einem Zug zu sitzen, der sich ratternd wie
auf Schienen durchs Wasser schiebt bis, ja bis wieder so eine
„Monsterwelle“ anrauscht und unser Schiff energisch aus dem Weg
schiebt. So manche Welle klopft auch hart und heftig an die Bordwand
bevor sie dann irgendwie hinter uns durchrauscht.
Und dann das Ankommen. Mitten in der
Nacht. Alles kommt jetzt unglaublich schnell nahe, sieht ganz anders
aus wie bei Tage. Der Mond wirft ein bewoelktes Licht auf die
Szenerie. Von hinten naehern sich Positionslichter. Das AIS sagt
„undefiniertes Objekt, 9,9 Knoten Fahrt“. Bestimmt ein Fischer.
Der haelt aber zackig genau unseren Kurs. Ich jammere ein wenig rum
und bewege den Skipper murrend zu einigen Graden Kursabweichung. ‘Der
wird doch langsamer und ist ganz schoen nah bei uns’….das wuerde
uns ja noch fehlen in der Sammlung: kurz vorm Hafen von Fischerboot
gerammt. Also weichen wir weiter aus. Nochmal ein Blick aufs AIS:
jetzt ist das ein Segler!!! Klar, der Blick durchs Fernglas bringt
Klarheit. Der „Aufbau“ entpuppt sich als vom Positionslicht
angestrahltes Segel!!! Mit Volldampf rauscht das Teil an uns vorbei
und ist ratzfatz im Lichtermeer von Porto Santo verschwunden.
„Fahr dem doch hinterher“ - koennen
vor Lachen! Ei, wo iss er denn?? Ich seh jedenfalls kein
Positionslicht mehr von dem Eilboot. Der hat definitiv zuviel
Endorphine (naemlich 8 laut dem im AIS angezeigten Schiffsnamen).
Immer wieder wechselt der Wind zwischen
8 und ueber 20 Knoten. Fallboen rauschen die Berge herunter bzw.
zwischen zwei Zipfeln hindurch. Das Wasser allerdings ist relativ
ruhig hier. Wir umrunden in grossem Bogen die auf der Seekarte
dargestellten in echt allerdings nicht sichtbaren (weil wie wir
anderntags herausfinden gar nicht ausgelegten) grossen gelben Tonnen
direkt vor der Hafenmole. Drehen in der Wind und bergen unser
Grosssegel. Warum laeuft dieses Schiff trotz Gang raus und Nase in
den Wind immer so derart schwungvoll auf Hafenmauern zu wenn wir
Segel bergen?? Das macht die doch mit Absicht!
Egal. Segel ist unten, nicht schoen,
auch nicht selten, aber wech. Fliegender Wechsel hinterm Steuer.
Jetzt ist mein Part dran: Ausguck halten, gleichzeitig Fender und
Festmacherleinen klar machen. Was ist das denn fuer ein Lichtzeichen
auf der Backbordmole?? Ach ne, Blitzlichtgewitter! Wow, sind wir
jetzt beruehmt? Inge steht auf der Mole und fotografiert unser
Einlaufmanoever, Ralf gibt uns via Handfunke auf Kanal 72
Anweisungen, wo wir den schon beschriebenen Steg finden. Wie
praktisch! Marineros gibt es um diese Uhrzeit hier keine. „Hier ist
das alles anders, die gehen um 18 Uhr alle nach Hause“ so die Info
via SMS von Ralf. Ca. 15 Seemeilen vor Porto Santo hatten wir das
erstemal wieder Handynetz und konnten uns derart austauschen. VHF
ging da noch nicht und fuer das SSB waren wir wohl schon zu nah dran,
darueber kam auch keine Verbindung mehr zustande auf den bisher
positiv getesteten Kanaelen.
Upps, da ankern ja zwei im Hafenbecken.
Das ist hier ebenfalls moeglich, wenn auch gegen Zahlung einer
Gebuehr (ca. 50% des normalen Liegegeldes).
Hinter einer grossen Motoryacht gehen
wir an einem breiten Schwimmsteg laengsseits. Gleich 4 Leute (Inge,
Ralf und 2 von der MY) nehmen Leinen an und helfen.
Angekommen! Sicher sind 580 Seemeilen
keine Riesenstrecke im Vergleich zu dem was da noch so alles vor uns
liegt, aber fuer uns ist es eine weitere Etappe und es wieder neu
nach den langen Liegezeiten so lange auf dem Wasser zu sein.
Und dann fallen wir uns erstmal in die
Arme, stehen auf dem Steg und erzaehlen, sitzen in unserem
chaotischen Cockpit und plauschen weiter. Ankunft ca. 2:45, in die
Koje fallen wir erst gegen 5 Uhr in der Frueh.
Wenn ich die Augen schliesse, rollen
graublaue Wellen auf mich zu. Das Schiff ruht aus, nichts aechzt und
stoehnt mehr. Nur der Wind pfeift und der Windgenerator dreht
unermuedlich seine Runden.