Mittwoch, 14.08.2013

Wir sind unterwegs nach Madeira!!!

Sind auf dem tiefblauen Atlantik. Der
schaeumt – vor Wut, vor Freude?? Jedenfalls rauscht eine Welle nach
der anderen von achtern an. Zischend, brausend, das Schiff von rechts
nach links und wieder zurueck schaukelnd.

Wind aus NE, fast von achtern –
Raumschotskurs. Darueber strahlendblauer Himmel und voraus die
Abendsonne, die ihr immer noch gleissendes Licht als Bahn aufs Wasser
wirft.

Werner hat Freiwache. Einen
2-Stunden-Rhythmus haben wir vereinbart. Dank einer
Stutgeron-Tablette ist mir sogar nach Abendessen –
Haehnchengeschnetzeltes mit Nudeln. Wenigsten haben wir die
ungeplante Liegezeit in La Linea zum Vorkochen von Gulasch etc.
genutzt.

Kalt pfeift der Wind in die Plicht. Da
kommt unser neuer Regenschutz an der Sprayhood genau richtig. Was
Regen abhaelt, ist auch bei Wind gut. Gleich sitzt es sich viel
gemuetlicher und man hat trotzdem den vollen Durchblick.

Obwohl wir mit gerefften Gross
unterwegs sind, laufen wir zwischen 5,3 und 6,5 Knoten. Durch die
Strasse von Gibraltar und auch noch ein Stueck darueber hinaus war
mitlaufender Motor angesagt. Was uns zuletzt 7,2 Knoten Fahrt
bescherte.

Versuche, die Genua
schmetterlingsmaessig nach der BB-Seite auszubringen, scheitern
klaeglich. Wildes Hin- und Hergeflappe endet schliesslich in einer
kunstvollen Tuete am Vorstag. Die BB-Schot hat sich um das zu ¾
aufgerollte Segel geschlungen, die Steuerbord-Schot haengt irgendwo
auch noch mittendrin – das Vorstag-Wuhling ist perfekt und nix geht
mehr! Also in den Wind drehen und auf dem Vorschiff (Werner, mein
Held) erstmal alles irgendwie klarieren. Uiuiui, da spuert man erst
so richtig den Wind (25 Knoten!) und die Welle!!

Als alles wieder „ordentlich“ ist,
gehen wir wieder vor den Wind und klarieren die Steuerbord-Schot. Ob
wir vielleicht doch das Gross runter nehmen und nur unter Genua
fahren= Schafft das der Autopilot= Was ist in der Nacht besser
handhabbar?

Wir lassen alles, wie es ist. Die Genua
bleibt eingerollt.

Der Autopilot (Mr Clutch genannt, nach
dem Aerger, den uns die Kupplung letzten Sommer bereitet hatte) muss
zwar ganz schoen drehen und korrigieren, arbeitet aber brav und
zuverlaessig. Wer haette das gedacht nach den letzten Tagen?!?

Malwieder mit Inge & Ralf ist
letzte Nacht auf Porto Santo angekommen. 480 Seemeilen in 3,5 Tagen –
eine schnelle Fahrt. Wir haben gut 100 SM mehr an Wegstrecke – 1
Tag mehr Fahrtzeit? Ungewohnt, wieder auf dem Atlantik zu sein. Dabei
ist er doch gar nicht sooo viel anders wie letztes Jahr. Nur das
Wissen, das da gaaanz lange kein Land kommt da rechts von uns , das
macht (mir jedenfalls) ein klein wenig Bauchgrummeln, laesst mich die
letzten Tage aeusserlich ruhig wirken, treibt mich aber wieder
haeufiger zur Toilette ;-).

Dieses Mal sind es halt mehrere Tage
und Naechte, die wir auf dem Wasser unterwegs sein werden. Wie war
das eigentlich, letztes Jahr auf der Biskaya – ohne
Selbststeueranlage? Wie war das 2005 auf dem Toern mit der Doertita
von den Kanaren zu den Kap Verden? Gedanken kommen und gehen wie die
Wellen.

An Backbord steigt eine schmale, blasse
Mondsichel hoch. Die Sonne voraus sinkt nur langsam tiefer. Das
Schiff aechzt und stoehnt – Holz eben und die Juengste ist sie ja
auch nicht mehr. Was so ein Schiff, was das Material doch so alles
aushaelt.

19 Uhr UTC – 21 Uhr Ortszeit (welcher
Ort???) = Funken mit der Malwieder. Auch so ein Phaenomen: Monatelang
hoert man da niemand, verliert schon fast die Lust daran. Und dann
ist da jemand hoerbar den man sogar kennt! Man kann sich unterhalten
fast wie am Telefon.

Auf dem Plotterbild weicht die
marokkanische Kueste immer mehr zurueck. Bald ist da nur noch Wasser
zu sehen. So wie um uns herum auch.

Wir segeln! Nach Madeira! Kaum fassbar.
So viele machen das, waren vor uns unterwegs, werden nach uns
unterwegs sein. Und trotzdem ist es fuer jeden Einzelnen ein kleines
Wunder, etwas Einzigartiges, Unvergesslich!

Und Jou-Jou ankert jetzt auf dem
suessen, idyllischen Bodensee. Geniesst es ,kein Salzwasser mehr auf
der Haut zu haben. Und auch wenn ihre Crew ‘Salzwasser in den Venen’
hat, geniessen auch Coni & Stefan die Unbeschwertheit eines
Binnenmeeres, Treffen an Bord mit Freunden und Familie, alle ganz oft
sehen zu koennen. Ob sie uns irgendwann einmal besuchen, um wieder
Salzwasser zu schmecken? Um vielleicht doch irgendwann wieder Lust
aufs Lossegeln zu bekommen?

Jetzt ist fuer mich erst einmal
Schlafenszeit. Werner steht im Niedergang, mit leicht
schmerzverzerrtem Gesicht. Bei einem Wechsel des Baumes hat die Schot
etwas unerwartet nachgegeben und er sich entsprechend unsanft auf den
Po gesetzt. Das ist seinem Steissbein nicht so sehr gut bekommen.
Aber er ist tapfer und uebernimmt seine Wache.