Monats-Archiv Dezember, 2015

Alle Jahre wieder ….

… feiern wir Weihnachten. Irgendwo auf der Welt. Die Stationen unserer letzten 3 Jahre waren:

La Linea, Spanien - Santa Cruz de Teneriffe, Kanaren - Grenada, Karibik. Und dieses Jahr sind wir in Port Antonio, Jamaica. Feiern wieder ohne unsere Kinder, unsere Familien. Und sind doch in Gedanken bei Ihnen, nicht nur an diesen Tagen. Vielleicht wird man an solchen “Fest”-Tagen besonders sentimental in dieser Hinsicht. Bei genauerem Hinsehen muss man sich eingestehen, dass wir die Tage normalerweise und noch in Deutschland lebend auch nicht unbedingt sooo viel mit der Familie verbringen würden. Oder doch? Würden wir heute mehr Wert darauf legen? Zeit miteinander verbringen. Das einzig wahre, das grösste aller Geschenke. Denn die Zeit, die wir füreinander haben, ist so endlich und kann so unglaublich schnell zu Ende sein. Da hilft keine bunte Verpackung, kein Geschenkpapier, kein noch so edles Bändchen hilft, uns diese Kostbarkeit zusammen zu halten.

Wir können durch die von uns gewählte Lebensform grade nicht so viel Zeit mit unseren Lieben verbringen, wie wir es uns oft wünschen. Aber wir können die Zeit, die wir miteinander teilen, intensiv nutzen und verbringen. Und wir können uns glücklich schätzen über unsere moderne Zeit, die es uns ermöglicht, mit den heutigen Kommunikationsmitteln in Kontakt zu bleiben. Denn auch das ist Zeit, die wir miteinander teilen. Wir sprechen miteinander, schreiben uns. Teilen, was wir erleben, im Kleinen wie im Grossen, Freud und Leid. Sind füreinander da.

Wir wünschen Euch allen in diesem Sinne eine schöne Weihnachts-Zeit, eine friedliche, liebevolle Zeit.

Werner & Elke

Port Antonio, Jamaica Dezember 2015

Port Antonio, Jamaica Dezember 2015

Rush Hour in Port Antonio

Reiher.jpg

Im Gleichschritt marsch - Mensch und Vogel im Einklang (so scheint es)
RIMG1768.jpg
Wir dachten, es sei Weihnachten - das hier sieht eher nach Karneval aus

RIMG1759Aus.jpg
Blick in die Hinter”höfe” Port Antonios vom etwas erhöht gelegenen Gelände der Christ Church

RIMG1746.jpg
Die nächste Regenfront ist im Anmarsch undverhüllt die Blue Mountains

RIMG1736.jpg
christ Church Haupteingang, leider verschlossen

RIMG1734.jpg
Strassenverkauf von Kleidung aus dem Auto heraus

RIMG1732.jpg
Ja, hier wird noch gewohnt

RIMG1724.jpg
Bunte Warenvielfalt auch bzw. in erster Linie bei den Strassenverkäufern. Besonders toll finden wir, wenn an den Hauswänden steht, dass hier Strassenverkauf strengstens untersagt ist - und die komplette Fläche dann mit solchen mobilen Verkaufs”ständen” bedeckt ist.

RIMG1723.jpg

RIMG1721.jpg
Die Royal Mall ist gesperrt, die Schaulustigen drängeln sich vor der Absperrung

RIMG1710.jpg
Auch eine Art Marina, aber nur für Locals. Schade, hier hätten wir uns sicherlich auch wohl gefühlt, sind wir doch eher fürs urbane

RIMG1709.jpg

Auf dieser Seite der Bucht war früher die Bananenpier. Heute ist hier der Boatyard und die Tankstelle der Marina

Rush-Hour Nach einem kompletten Regentag zeigt sich heute des öfteren die Sonne ? diiiiieee Gelegenheit, um unseren bedrohlich anwachsenden Wäscheberg zu bekämpfen. Bewaffnet mit mehreren Coins für Waschmaschine und Trockner lege ich los. Sicherheitshalber wandert vieles in den Trockner ? die nächste Regenwolke ist schon wieder im Anmarsch. Port Antonio ist ein echtes Regenloch, das bestätigen uns auch die locals, ist also kein von uns subjektiv empfundener Eindruck. Und Port Antonio ist von Jamaicas Städten noch eine der optisch besten. Ohha, das steigert unsere Erwartungsfreude. Aber wahrscheinlich punktet die Insel auch eher durch ihre Naturschönheit, mit Wasserfällen, Wanderpfaden, Fauna & Flora, den Blue Mountains. Nur Haushalt, sprich Wäsche, ist doof. Also erkunden wir mit dem Dinghi erst noch einen Teil der anderen Buchtseite. Hier liegen Boatyard mit Travellift und Tankstelle der Erroll Flynn Marina. Und an weiteren Stegen sind ganz offensichtlich lokale Boote festgemacht. Auf einem Segelboot hantiert ein junges Paar gerade mit dem Schlauch ihres Fäkalientankes; take care, wir sollen etwas Abstand halten. Äh, wie jetzt, hier im Hafen bzw. in der Bucht?? Die Bar hier drüben sei ab und zu auch mal geöffnet. So genau scheint man aber nicht zu wissen, wann das der Fall ist. Seit 2 Jahren leben und arbeiten sie auf Jamaica, wohnen auf dem Boot. Wir bekommen noch ein paar eher allgemeine Tipps für evtl. stattfindendes Ausgehvergnügen , dann lassen wir die Beiden mit ihrem Sinktankproblem wieder alleine. Und nu? Der Käptn ist tatendurstig, sein Knie bereitet kaum noch Probleme, der angeschlagene Fusszeh ist ebenfalls wieder belastbarer. Da steht doch einem weiteren Stadtbummel nichts im Wege. Und ausserdem muss doch dringend noch die Backwarenszene (hier Bakery genannt) erkundet werden, ein Muss im naja-Sightseeingprogramm. Im Ort ist der Teufel los, die Royal Mall ist aus uns unerfindlichen Gründen mit gelbem Plastikband und polizeilich angeordnet versperrt. Jede Menge Einheimische drängeln sich neugierig vor dem Eingang. Ich würd ja mal fragen, aber das spöttische Gesicht des Käptns (Du willst doch wohl nicht) gebietet mir Einhalt. Klar, die Bäckereitour hat Vorrang. Strassenverkäufer mit einem extrem bunt-gemischten Warenangebot, Passanten, hupende Autos, ein LKW kommt brüllend vor dem Fussgängerüberweg zum Stehen. Ein Lautsprecherbestücktes Auto dreht unermüdlich seine Runden und weist die anderen Autofahrer nonstop auf eine zusätzliche, jetzt von der Verwaltung freigegebene, Parkfläche hin. Nutzt aber irgendwie nix, PKW reiht sich an PKW und irgendwie hat man den Eindruck, alle fahren im Kreis. Dazwischen springen karnevalsmässig kostümierte Gestalten herum, quatschen die Fahrer an und drohen wild mit ihren Forken und Speeren. Sehr zum Amüsement der Fussgänger. In den kleinen Supermärkten steppt der Bär - oh du fröhliche Einkaufsfreude auch hier auf Jamaica. Alles untermalt von leistungsstarken Lautsprechern, die aus so ziemlich allen Shop-Eingängen heraus irgendwelche Musik auf die Strasse brüllen. Fleischstücke verkohlen auf den Rosten einiger Ölfassgrills. Anblick und Geruch lassen mich spontan zum Vegetarier werden. Hier was essen? Nee, nicht vorstellbar. Selbst der Käptn verzieht das Gesicht negativ.

Aus der Ladeklappe eines Vans heraus werden Klamotten verkauft und der Käptn wird aufgefordert, doch seiner Holden (also mir) mal was schickes zum anziehen zu kaufen. Die Holde verzichtet jedoch Dankend, geht lieber mit dem Fotoapparat “einkaufen”. Die Christ Church zieht uns magisch an, steht leicht erhöht und ist weithin sichtbar. Leider ist die mächtige Eingangstür verschlossen. Dafür haben wir von hier einen Blick auf Dächer und Hintergärten einiger Häuser und über die Bucht. Von den Blue Mountains zieht die nächste Regenfront heran vor der uns das Vordach des Seiteneingangs der Christ Church Schutz bietet. Für heute reicht es uns. An soviel Trubel müssen wir uns erst wieder gewöhnen. Und so atmen wir fast etwas auf, als wir im letzten Tageslicht das Gelände der Erroll Flynn Marina mit seiner tropischen Pflanzenvielfalt und den schönen Schmetterlingen betreten.

Port Antonio, Jamaica - “Yo Mon”

RIMG1698.jpg

Unser erstes Red Stripe haut reinRIMG1696.jpg

RIMG1680.jpg

RIMG1675.jpg

RIMG1674.jpg
Die liegen aber ziemlich dicht an Land

RIMG1668.jpg

RIMG1654.jpg

RIMG1651.jpg

RIMG1646.jpg

RIMG1645.jpg

RIMG1638.jpg

Paul, der Marinamanager, hat uns auf einem Stadtplan gezeigt, wo es was gibt. Port Antonio ist überschaubar und so stehen wir schon nach wenigen Metern vor der ersten ATM-Schlange. Jetzt schon Geld holen? Nee, kann warten. Wir wandern weiter durchs pralle Jamaica-Leben mit hupenden Kleinbussen, Autos, vorbei an einer Mall die nicht so wirklich nach Mall aussieht, an einer Ansammlung von Aluminiumtöpfen (irgendwas mit Peanuts wird hier gemacht) und an bunten Klamottenverkäufern, an Groceryshops und gleich 2 Tankstellen, an den Ölfassgrills (das Fleisch auf dem Grillrost sieht jetzt nicht so wirklich lecker aus) und an 2 Kirchen. Dann haben wir schon den Osthaven erreicht und stehen vor der Entscheidung, zurück oder eine längere Wanderung rund um die Bucht bis zum kleinen Leuchtturm zu machen. In Anbetracht des fusskranken Skippers ? zum Knie ist noch ein lädierter Fusszeh gekommen, der in rot-blau-Tönen brilliert ? wählen wir den Rückweg. Und Geld wollen wir ja auch noch bei Tageslicht holen. 1USD ist gleich ca. 120 jamaicanische Dollar. Das heisst, wir haben ziemlich viel Geld in der Tasche. Und damit ziehen wir uns erst einmal in den Schutz der Marinabar zurück, ordern unser erstes Red-Stripe Bier und das zweite gleich hinterher. Schmeckt, kann man gut trinken. Alle guten Dinge sind zwar drei, aber wir verzichten in Anbetracht der Tatsache, dass wir jetzt schon am Tresen einschlafen könnten. Und mitten in die Bratkartoffel-Vorbereitungs-Session tönt es vom Wasser her: ?Hey Rastaman, hey Mon? ? der lässt nicht locker. DER ist Clive und hockt auf einem Floss aus Bambusstämmen. Bierkiste drauf als Sitzgelegenheit, fertig ist der fahrbare Untersatz. In Bremen hat er gelebt, 3 Monate. Tolle Stadt und so viele ?Birds? ?. äh, für uns irgendwie normal, ob er die Möwen meint?? An die Nordsee ist er auch mal gefahren. Ich frage, ob das Wasser weg gewesen sei. Er lacht, entblösst eine äusserst lückenhafte Zahnreihe im tiefschwarzen Gesicht. Die langen Rastalocken wackeln hin und her. In den Mangroven lebt und in der Nacht fährt er zum fischen raus, hinter die Insel, draussen. Mit dem Floss? Oh Mon, take care. Warum er in den Mangroven lebt frage ich ihn. Seine Mutter sei tot, das Haus hinüber, die Mangroven wären o.k.. Und was ist mit Moskitos. Nicht so viele, letztes Jahr war es schlimmer. Und es gibt zwei Arten von Moskitos, die ganz kleinen, die man nicht sieht, nur fühlt und etwas grössere. Hunde hat er auch, 15 Stück ?. da hab ich mich doch jetzt irgendwie verhört?!? Egal. Wir werden Clive mit ziemlicher Sicherheit jetzt öfters begegnen und sicherlich auch noch mehr über ihn erfahren. Oder er hält irgendwann Distanz, weil er gelernt hat, dass wir nicht jeden Tag etwas kaufen werden, egal ob Red Snapper oder ?honey Bananas?. Clive ist der dritte Jamaicaner, der in Deutschland gelebt hat oder eine deutsche Freundin hat. Die deutschen Frauen scheinen auf jamaicanische Jungs zu stehen. Einige sprechen sogar recht viele Brocken Deutsch, einer war in Stuttgart, der andere in Dortmund. Entweder werden CD?s mit ?real good music, no shit? oder Lemongras der Sorte Extrafresh oder jamaicanische Äpfel angeboten. Ein schlechter Tag sei es heute gewesen, wir sollen ihm doch etwas abkaufen, für ein Bier, in Town, da ist es preiswerter. Klar, dass sich der Käptn beim Stichwort ?Dortmund? spätestens breitschlagen lässt während ich knurre ?so kann man sein Geld auch loswerden?. An die Permanent-Anbieter von Waren jedweder Art oder Dienstleistungen und an die ganz ordinären Bettler (die es hier auch wieder vermehrt gibt) müssen wir uns erst gewöhnen.

Von Aruba nach Jamaica Dezember 2015 - Fotos

RIMG1629.jpg

RIMG1626.jpg

RIMG1623.jpg

RIMG1618.jpg

RIMG1617.jpg

RIMG1612.jpg

RIMG1608.jpg

RIMG1606.jpg

RIMG1605.jpg

RIMG1632.jpg

RIMG1631.jpg

Von Aruba nach Jamaica

Von der Schiffschaukel zum Schaukelschiff oder von Wellenreitern und Blitzjägern

“Von Süd nach Nord, so um Weihnachten rum - das ist HARD CORE”. Diesen Satz im Ohr und mit den neuesten, nicht gerade fröhlich stimmenden Wetterdaten versorgt, humpeln wir (bzw. der Käptn, geplagt von starken Schmerzen im linken Knie) von der Bibliothek zurück zum Strand. Nur noch das Dinghi an Deck, die Kuchenbude abbauen, dann sind wir startklar. Oder sollen wir vielleicht doch noch warten?

Letzteres ist nicht so unsere Stärke. Grosse Verabschiedung also von Karin & Wolfi von der Paranda und das Versprechen, uns sofort nach Ankunft zu melden. Die Paranda’s, das wäre auch ein Grund, noch auf Aruba zu bleiben. Wenn nicht dieser für uns gruselige, weil gar so schaukelige Ankerplatz wäre!

Also Anker auf, über Funk bei Aruba Port Control zum Ausklarieren anmelden, die Bordwand mal wieder von den scharzen Fenderreifen im 2. Dock einsauen lassen, die Klampen über Gebühr beanspruchen: eine Stunde später dürfen wir Aruba ordnungsgemäss verlassen. Nett sind sie alle, die Jungs und Mädels von Customs, Immigration und der Port Authority.

Jamaica, wir kommen!

Wir schaukeln langsam von der Insel weg, setzen Segel und lassen das A der ABC-Inseln hinter uns. Kaum sind wir aus der Abdeckung der Insel heraus, hauen die quer zur Fahrtrichtung anlaufenden Wellen unbarmherzig gegen den Schiffsrumpf. Weisse Schaumfinger recken sich drohend über die Reling - was wollen die von uns? Welle um die 3 Meter, hier hat die Wetterprognose absolut richtig gelegen. Wind -  darfs ein bisserl mehr sein, vorzugsweise in der Nacht? Klar, nehmen wir. Und kommen in den Genuss von bis zu 38 Knoten Wind. Halbwind, raumschots, wenig Wind, drehender Wind, einreffen, ausreffen, Genua rein, Fock raus und umgekehrt; das volle Programm. Und s’Schiffle gibt auch alles, ist gerade von der Autobahn auf die Schotterpiste mit Schlaglöchern abgebogen, rumpelt und ruckelt vor sich hin. In der Wetterküche zwischen ABC-Inseln und Jamaica sind wir inzwischen in einem besonders beliebten Programm angekommen: Blitze zucken, weit weg noch, bald aber schon bedrohlich nahe. Donnergrollen, Regenprasseln; klatschnass zittere ich vor mich hin bis deKäptn die Regenkluft aus dem Schapp gezerrt hat. Bei den Bocksprüngen, die unser Schiff absolviert, mache ich keinen Schritt zuviel unter Deck. Wann haben wir zuletzt das Ölzeug raus geholt? Jetzt bin ich froh über die Hightech-Matschehose Marke never schwitz, die mich relativ schnell aufwärmt. 4 Stunden hält uns das Szenario wach und auf Trab. Hatten wir in der ersten Nacht noch ein zwar bewegtes aber doch relativ entspanntes Segeln inclusive Sternenhimmel und Sternschnuppen, ist die 2. Nacht stockdunkel, wolkenverhangen und wird nur von den Blitzen um uns herum erhellt. Kann man gut verzichten.

Immer wieder passieren uns Frachtschiffe. Einige kommen recht nah, was den Käptn immer gleich zum Funkgerät greifen lässt. “Oh, you are a sailingboat ?? aaah, yes, you are in front of me, right??” Der hatte uns wohl nicht wirklich im Blick. Die moisten aber passieren uns weitab, manchmal können wir sie via AIS noch nicht einmal richtig identifizieren.

Sonnenaufgang der Güteklasse 1a. Zupp, schon ist sie wieder weg, die gute Sonne. Versteckt sich hinter eindrucksvollen Wolkenbildern, aus denen es schon wieder unheilvoll nach unten prasselt. Immerhin sind die Wellen mehr mitlaufend und auch nicht mehr so hoch. Dafür lässt auch der Wind etwas nach bzw. raumt und kommt mehr von achtern. Nicht gut, mögen wir nicht wirklich. Aber mit Etmalen von 173 und 174 nm sind wir die ersten beiden Tage und Nächte sehr gut voran gekommen, peilen daher eine Ankunft am Donnerstag bei Tageslicht an.

Aber wie das so ist -  der Wind lässt wieder einmal nach, wir wechseln die Genau gegen die Fock. Bei irgendeinem Manöver dann tänzelt unsere Steuerbordschot elegant übers Deck bis zum Bug vor. Die wird doch nicht ?? Sie wird nicht nur, sie ist es schon: ausgerauscht!!! Voller Freude übers gelungene Schelmenstück tanzt sie mit ihrer Kollegin von der Backbordseite und schon sind beide innig und mehrfach umschlungen. Nein, wir diskutieren jetzt nicht, warum das überhaupt passieren konnte. Wir wissen ja den Grund. Und da wir ja sonst grad nix zu tun haben (ausser dem bereits erwähnten einreffen, ausreffen) entwirren wir also gemeinschaftlich die beiden Schotleinen. Gut, dass die Wellen wenigstens grad ein Einsehen haben und unser Schiff sehr komod über die Wellen surft. Und ich frage mich doch immer mal wieder, was ich hier eigentlich mache. Ein Haus am Meer wäre vielleicht doch schön. “Nein, wenn schon, dann ein Hausboot auf den Flüssen und Kanälen Europas” kontert der Käptn. Ja, akzeptiert. Aber noch sind wir hier, müssen durch und weiter.

Aber irgendwann schält sich doch tatsächlich Jamaica aus den Wolken. Empfängt uns mit Regenschauern und einem doppelten Regenbogen. Lange hüllen sich die Blue Mountains in den Wolkendunst. Hier wächst der berühmte und sackteure Blue Mountain Kaffee! Wir segeln die Küste entlang nach Port Antonio und irgendwie ist der ganze Frust der vergangenen Stunden vergessen. Fasziniert bestaunen wir die üppige grüne Vegetation, die abwechslungsreiche Küstenformation der Insel. Jamaica, unsere bislang grösste Karibikinsel.

Hier auf der Nordseite der Insel wird es ziemlich ruhig, wenig Welle, kaum noch Wind. In Ruhe Segel bergen, alles fürs Anlegemanöver vorbereiten. Dann ist auch schon der kleine rot-weisse Leuchtturm querab. Wir rufen auf Kanal 16 die Erroll Flynn Marina und biegen in den gut markierten Zufahrtsweg ein. Am Dock liegt eine Megayacht längsseits, wir passen aber noch dahinter. Auf der Megayacht stehen 3 Jungs in weissem Dress und beobachten aufmerksam unser Anlegemanöver und auf dem Pier steht ein Mitarbeiter der Marina, nimmt unsere Leinen an und informiert die Behörden. Die kommen heute noch, es ist zwar schon nach 17 Uhr und somit Feierabend, aber alle tanzen sie noch einmal für uns an: Gesundheitsbehörde, Zoll und Einwanderung. Nette Jungs aber unerbittlich in der Vielfalt ihrer Formulare. Zwischendurch regnet es immer wieder. Ich sitze am Navitisch und bekomme eckige Augen. Hatte ich das Formular nicht gerade eben schonmal? Nein, das war nur so ähnlich, ich verliere den Überblick und fülle stumpf aus, was mir der Käptn von oben runter reicht. Ob wir Fleisch an Bord haben und ob jemand auf der Überfahrt hierher gestorben ist. Haben wir Tiere an Bord (ich hoffe nicht) und wie war das mit dem Fäkalientank?? Wir verneinen, bejahen, beteuern, nix wird überprüft, alles bestätigt. Dann noch die Marina-Formulare; nimmt das denn gar kein Ende? Und Kopien der Schiffspapiere sollen wir im Office noch hinterlegen. Das hat aber Zeit bis morgen. Und bitte bei Ankunftszeit 16:30 eintragen - machen wir. Bezahlen müssen wir nix, trotz erneuter Anfahrt nach Feierabend. Dann bekommen wir stolz und mehrfach von hochoffizieller Seite bestätigt, dass wir jetzt an Land gehen dürfen. Und die gelbe Flagge gegen die Landesflagge austauschen dürfen. Ob wir denn eine haben? Aber Claro! Stolz präsentieren wir unsere Jamaica-Flagge. Jetzt aber nix wie weg vom Steg und ran an die Mooring. Die kostet pro Nacht und mit 2 Personen an Bord 15 USD, incl. Abfallgebühren und Benutzung von Pool und Duschen. Absolut windstill und ruhig ist es in der Bucht von Port Antonio. Wenn man mal von der Mucke absieht, die von mehreren Seiten auf unsere Gehörgänge einprasselt.

Boah, Wahnsinn -  wir sind angekommen, haben den Hard-Core Trip zwar mit dem üblichen Durcheinander unter und an Deck absolviert. Haben die üblichen Schäden zu beklagen (gebrochene Backstagklemme, ausgerissene Klüse fürs 2. Reff), das Segel liegt ziemlich unordentlich im Lazy Bag, so ziemlich alle Sitzkissen sind patschnass und wir, wir sind irgendwie platt, müde und fertig. Es war ein anstrengender Törn hierher. Aber wir sind auch froh, hier zu sein, angekommen zu sein. Ganz sanft schaukelt unsere naja an der Mooringleine; nein, eigentlich liegt sie mehr wie festgetackert.

War es wirklich ein Hard-Core-Trip? Es gibt bestimmt einfachere Strecken mit weniger anspruchsvollem Wetter und selbst die 15 Tage Atlanktikquerung haben uns nicht so geschlaucht wie diese 3 Tage und Nächte. Aber als hard-core würden wir es jetzt vielleicht doch nicht einstufen. Was wäre denn auch die Steigerung dazu? Denn die Momente, in denen das Schiff einfach nur gut, ausgewogen und vor allem schnell segelte sind eindeutig in der Überzahl. Und auch wenn ich mir mal wieder vorgenommen habe, jetzt ist endgültig Schluss, ich segele keinen Meter mehr - irgendwie ist das wohl mit den Geburtswehen: liegt man in einer so ruhigen Bucht wie hier in Port Antonio, ist alles vergessen. Es gibt kein Fluchen mehr, kein Unwohlsein, keine Appetitlosigkeit. Vergessen sind die Verrenkungen, die man macht, um eine simplen Vorgang wie den Toilettengang zu erledigen. Was bleibt, ist ein leichter Muskelkater von der ständigen Anspannung, dem ständigen Ausgleichen der Schiffsbewegungen. Dafür kann man/frau sich wieder voll auf Moskitos und fliegende Kakerlaken konzentrieren, der Musik und dem Gezirpe der Zikaden an Land lauschen. Oder dem Lieblingssport 2Luke-auf-Luke-zu” nachgehen. Es geht doch nix über eine Vollpersenning - leider ist unser grosses Sonnensegel eingerissen und muss erst genäht werden.

« Previous PageNext Page »