Rush Hour in Port Antonio
Auf dieser Seite der Bucht war früher die Bananenpier. Heute ist hier der Boatyard und die Tankstelle der Marina
Rush-Hour Nach einem kompletten Regentag zeigt sich heute des öfteren die Sonne ? diiiiieee Gelegenheit, um unseren bedrohlich anwachsenden Wäscheberg zu bekämpfen. Bewaffnet mit mehreren Coins für Waschmaschine und Trockner lege ich los. Sicherheitshalber wandert vieles in den Trockner ? die nächste Regenwolke ist schon wieder im Anmarsch. Port Antonio ist ein echtes Regenloch, das bestätigen uns auch die locals, ist also kein von uns subjektiv empfundener Eindruck. Und Port Antonio ist von Jamaicas Städten noch eine der optisch besten. Ohha, das steigert unsere Erwartungsfreude. Aber wahrscheinlich punktet die Insel auch eher durch ihre Naturschönheit, mit Wasserfällen, Wanderpfaden, Fauna & Flora, den Blue Mountains. Nur Haushalt, sprich Wäsche, ist doof. Also erkunden wir mit dem Dinghi erst noch einen Teil der anderen Buchtseite. Hier liegen Boatyard mit Travellift und Tankstelle der Erroll Flynn Marina. Und an weiteren Stegen sind ganz offensichtlich lokale Boote festgemacht. Auf einem Segelboot hantiert ein junges Paar gerade mit dem Schlauch ihres Fäkalientankes; take care, wir sollen etwas Abstand halten. Äh, wie jetzt, hier im Hafen bzw. in der Bucht?? Die Bar hier drüben sei ab und zu auch mal geöffnet. So genau scheint man aber nicht zu wissen, wann das der Fall ist. Seit 2 Jahren leben und arbeiten sie auf Jamaica, wohnen auf dem Boot. Wir bekommen noch ein paar eher allgemeine Tipps für evtl. stattfindendes Ausgehvergnügen , dann lassen wir die Beiden mit ihrem Sinktankproblem wieder alleine. Und nu? Der Käptn ist tatendurstig, sein Knie bereitet kaum noch Probleme, der angeschlagene Fusszeh ist ebenfalls wieder belastbarer. Da steht doch einem weiteren Stadtbummel nichts im Wege. Und ausserdem muss doch dringend noch die Backwarenszene (hier Bakery genannt) erkundet werden, ein Muss im naja-Sightseeingprogramm. Im Ort ist der Teufel los, die Royal Mall ist aus uns unerfindlichen Gründen mit gelbem Plastikband und polizeilich angeordnet versperrt. Jede Menge Einheimische drängeln sich neugierig vor dem Eingang. Ich würd ja mal fragen, aber das spöttische Gesicht des Käptns (Du willst doch wohl nicht) gebietet mir Einhalt. Klar, die Bäckereitour hat Vorrang. Strassenverkäufer mit einem extrem bunt-gemischten Warenangebot, Passanten, hupende Autos, ein LKW kommt brüllend vor dem Fussgängerüberweg zum Stehen. Ein Lautsprecherbestücktes Auto dreht unermüdlich seine Runden und weist die anderen Autofahrer nonstop auf eine zusätzliche, jetzt von der Verwaltung freigegebene, Parkfläche hin. Nutzt aber irgendwie nix, PKW reiht sich an PKW und irgendwie hat man den Eindruck, alle fahren im Kreis. Dazwischen springen karnevalsmässig kostümierte Gestalten herum, quatschen die Fahrer an und drohen wild mit ihren Forken und Speeren. Sehr zum Amüsement der Fussgänger. In den kleinen Supermärkten steppt der Bär - oh du fröhliche Einkaufsfreude auch hier auf Jamaica. Alles untermalt von leistungsstarken Lautsprechern, die aus so ziemlich allen Shop-Eingängen heraus irgendwelche Musik auf die Strasse brüllen. Fleischstücke verkohlen auf den Rosten einiger Ölfassgrills. Anblick und Geruch lassen mich spontan zum Vegetarier werden. Hier was essen? Nee, nicht vorstellbar. Selbst der Käptn verzieht das Gesicht negativ.
Aus der Ladeklappe eines Vans heraus werden Klamotten verkauft und der Käptn wird aufgefordert, doch seiner Holden (also mir) mal was schickes zum anziehen zu kaufen. Die Holde verzichtet jedoch Dankend, geht lieber mit dem Fotoapparat “einkaufen”. Die Christ Church zieht uns magisch an, steht leicht erhöht und ist weithin sichtbar. Leider ist die mächtige Eingangstür verschlossen. Dafür haben wir von hier einen Blick auf Dächer und Hintergärten einiger Häuser und über die Bucht. Von den Blue Mountains zieht die nächste Regenfront heran vor der uns das Vordach des Seiteneingangs der Christ Church Schutz bietet. Für heute reicht es uns. An soviel Trubel müssen wir uns erst wieder gewöhnen. Und so atmen wir fast etwas auf, als wir im letzten Tageslicht das Gelände der Erroll Flynn Marina mit seiner tropischen Pflanzenvielfalt und den schönen Schmetterlingen betreten.
eingetragen am 22. Dezember 2015 | von Elke |