Mitten in der Nacht, alles ist ruhig. Die Boote schwingen leicht am Anker, kein Mond der fuer etwas Helligkeit sorgt. Dinghis sind hochgezogen, zur Sicherheit, damit sie niemand klaut. Dunkle Schatten bewegen sich durch die Nacht, uebers Wasser, lautlos. Entern eine Segelyacht, ueberfallen das ahnungslose, schlafende Paar.Irgendwo an der Kueste Kolumbiens. Oder in einem anderen Land.

Eine Meldung im Caribbean-Safety and Security Net; beim Sundowner in der Bar wird man gefragt, ob man schon davon gehoert hat. Will man doch auch nach Kolumbien und ist vielleicht grad etwas sensibilisierter fuer “solche Meldungen”. Ein UEberfall. Immer wieder mal kommt es vor, dass Yachten ueberfallen werden.Und immer wieder kommt es vor, dass dabei auch Menschen umgebracht werden. Wegen ein paar Dollars, einem Fotoapparat oder sonstwas. Was ist ein Menschenleben wert in diesen Laendern?

Fragen nach Sicherheitsvorkehrungen, Waffen an Bord, Fuer und Wider des “sich wehrens”. Und immer ist es irgendwie weit weg, betrifft “Andere”, nie uns selbst. Auch dieses Mal betrifft es “Andere”. Mit dem Unterschied, dass es dieses Mal keine anonymen Segler sind, dass sie fuer uns Gesichter haben, lachende, froehliche und braun gebrannte Gesichter. Das wir das Boot kennen, die Lazy Duck aus Holland. Das wir schon in Brasilien gemeinsam in einer Marina lagen, dass wir hier auf Curacao nebeneinander geankert haben. Das wir vor unserem Flug nach Deutschland einen Abschieds-Sundowner getrunken haben und uns ganz sicher waren: “wir begegnen uns wieder auf unserer weiteren Reise”. Das wir vor wenigen Tagen noch eine Email erhielten mit den Erlebnissen in Kolumbien.

Ja, wir haben davon gehoert, dass eine Yacht ueberfallen wurde. Dass die Ehefrau ermordet und der Mann verletzt wurde. Aber wir haben nicht realisiert, dass es sich um diese lieben Menschen handelt, die wir nun schon seit 2014 kennen. Die wie wir 2012 zu dieser Reise aufgebrochen sind. Eine Reise ohne Wiederkehr fuer die lebenslustige, energiegeladene Durdana.

Die Erkenntnis trifft uns schockartig. Macht betroffen, nachdenklich, laesst Traenen fliessen. Warum, warum, warum???

Und unbegreiflicherweise geht das Leben weiter. Anders, aber es geht weiter. Die Zeit bleibt nicht stehen. Und es werden weiterhin Segelboote nach Kolumbien fahren oder in andere Laender. Crews werden sich sagen “uns passiert so etwas nicht”. Wem passiert es aber und warum? Wann wird aus “den Anderen” ein “Wir/uns”? Hoffentlich nie. Nie sollen unsere Kinder, unsere Angehoerigen, unsere Freunde diesen Schmerz empfinden, mit diesem Schock klarkommen muessen. Aber kann man es ausschliessen? Nein, kann man nicht. Man kann nur auf sich aufpassen, nicht leichtsinnig werden, achtsam sein. Aber veraengstigen lassen wollen wir uns auch nicht. Der Mensch verdraengt und vielleicht ist das auch gut so.