Uik-Uik-Uik-Uik – rythmisch dreht sich das Windrad. Kein modernes, hohes. Nein, ein kleines, auf einem Strebengestell, in der Maccia stehend, hinter uebermannshohen Kakteen und vom Wind auf West gedrueckten, stacheligen Bueschen.

Windrad in Brakkeput

Windrad in Brakkeput

Wenn jetzt noch der Sheriff auf einem Schimmel ueber den staubigen Feldweg galoppiert kaeme, an dem alten Plantation-House halten wuerde …. Eine perfekte Kulisse fuer einen Western gaebe die Landschaft hier ab. Wenn, ja wenn da nicht die gebogenen Strassenlaternen, die modernen Hinweistafeln auf Sehenswuerdigkeiten oder die geteerte Strasse mit ihren Verkehrsinseln waeren. Oder die vielen vorbeifahrenden Autos und der Zivilisationsmuell in dem stacheligen Gestruepp.

Ein moderner Sheriff kommt in seinem SUV angefahren und checkt das Tor zu einem weitlaeufigen Gebaeudekomplex, eine Art ehemalige Schule, heute leerstehend, zerfallend. Etwas hoeher thront eines der alten Plantagen-Haeuser. Kein besonders grosses. Ein hohes Tor verwehrt die Zufahrt, der knapp 60 cm hohe Erdwall daneben stellt fuer mich und meine Neugier allerdings kein Hindernis dar. Kein „Toegang verboden“ Schild macht mir ein schlechtes Gewissen. Ein weitlaeufiges Gelaende eroeffnet sich mir, planiert. Erdreich sinnlos von A nach B geschoben, ohne Struktur. Das Plantagenhaus mit dem klangvollen Namen „Maris Stella“ verliert bei naeherem Ansehen viel von seiner Pracht.

Maris Stella Plantagenhaus in Brakkeput

Maris Stella Plantagenhaus in Brakkeput

Und erstaunlicherweise ist die Meerseite zwar mit einem fantastischen Ausblick ueber Spanish Water gesegnet, aber das Haus selbst wirkt gerade von dieser Seite erschreckend trostlos.

Warum steht sowas leer? Warum hat noch keiner der hier lebenden Millionaere ein paar NAF in die Hand genommen und sich hier eine absolut einmalige Wohnimmobilie erschaffen? 

Fantastischer Ausblick vom Plantagenhaus

Fantastischer Ausblick vom Plantagenhaus

Rundherum bellen die Wachhunde, hinter mir liegen die Felder der noch in Betrieb befindlichen Brakkeput Plantage. Hier werden Pflanzen gezuechtet, wird Gemuese angebaut und an Sams- und Sonntagen kann man die Produkte auch kaeuflich erwerben.

Aus einem vorbeifahrenden Pick-Up winken und johlen mir einige Kinder zu, die Zaehne strahlen weiss aus den dunklen Gesichtern und die Oberkoerper werden bedenklich weit aus den Fenstern gereckt im Bestreben, auch ja gesehen zu werden. Ich winke zurueck was das Freudengeheul fuer einen kurzen Moment noch steigert. Auf dem Weg zur Schule, zum Kinderhort Brakkeput? Dessen Gebaeude leicht erhoeht hinter der Kimakalki Marina liegen und wo man sich um nicht ganz so leicht erziehbare Kinder der Insel kuemmert, um Kinder, die aus nicht ganz so guten Familien kommen. Direkt daneben verweist ein Schild auf den Campingplatz. Hmm, wer da wohl wie campt? Zu sehen ist jedenfalls nix ausser dem Hinweisschild und einem grossen Fussballplatz. Eine Katze schleicht ueber die Strasse, immer wieder attackiert von einem Vogel. Der versucht sie wohl von seinem Nest abzulenken. Erfolgreich? Katze und Vogel sind verschwunden im duerren und doch irgendwie undurchdringlichen Gestruepp.

Von einer verlassen wirkenden Beton“fabrik“ stuermen zwei Wachhunde heran. Ein rostiger, nicht mehr fahrtuechtig wirkender Lastwagen und ein kleiner Bagger wirken mit den Kalksteinen ein fast malerisches Ensemble. Kima Kalki – daher kommt der Name der Marina. Hier wurde Kalk zu Steinen verarbeitet, auch heute noch? „SAILMAKER“ steht auf einem anderen Schild an einem der Schuppen. Haette man hier eigentlich nicht vermutet, ist doch etwas weitab vom Seglerleben. Aber vielleicht ja auch nicht mehr aktiv. Ein Hinweisschild an der Strasse suche ich jedenfalls vergebens. Es war einmal. Wie so manches hier auf dieser Insel (und auf anderen).

Stilleben auf der Betonfabrik - Brakkeput

Stilleben auf der Betonfabrik - Brakkeput

Am Strassenrand liegen grosse Steinbrocken. Durchzogen mit in der Sonne glitzernden, kristallinen Einschluessen. Erinnerungen an meine Kindheit, an die weissen „Edelsteine, die ich mit dem Opa im Waldboden gefunden habe – vor einer Ewigkeit, in einem anderen Land. So weit weg wie die Erinnerung, aber noch vorhanden.

Kalksteine am Strassenrand

Kalksteine am Strassenrand

Noch eine Runde ueber „Peninsula Island“, die klitzekleine Halbinsel, fast komplett bebaut mit adretten (und weniger adretten) Ferienhaeusern. Die verschanzen sich oft hinter Mauern, aus Naturstein oder auch mal knallpink gestrichen. Und fast hinter jedem Zaun, hinter jeder Mauer freut sich die vierbeinige Wacharmada ueber die willkommene Abwechslung in Form einer Fussgaengerin, deren Schuhe leicht quietschende Geraeusche erzeugen. Nur einer der Wuffis bleibt angenehm unaufgeregt, laeuft ohne Bellerei hinterm Zaun entlang, schaut mich nur an. Der kennt mich wohl schon, von gestern und vorgestern.

Noch ein Blick ueber die Bucht, die Ankerlieger, vorbei am kleinen, desolaten Holzsteg auf dem immer noch eine grosse, unscheinbar-dunkelfarbene Muschel liegt und an dessen Ende ein buntes kleines Holzboot im flachen Wasser schaukelt. Ein graues Audi-Cabriolet faehrt zum zweitenmal an mir vorbei, haelt im Schatten eines Baumes an; ob der Fahrer wieder telefoniert, wie vorgestern frueh auch?

Mit den Laufklamotten geht es unter die Dusche. Als ich rauskomme, ist einer meiner Schuhe weg. Der alte Herr, der auf dem Gelaende etwas fuer Ordnung sorgt, steht am Wasser, sieht mich und lacht: mein zweiter Schuh steht neben ihm im Sand. Einer der Wachhunde hat ihn in seinem Spieltrieb verschleppt. Haett ich mir ja denken koennen, schlich der dunkle Kerl doch vorhin schon so um mich rum.

Die Tage hier in der Marina ziehen gemaechlich vorrueber, mit Laufen am fruehen Morgen meinerseits, mehrfachem taeglichen Duschen, doesen, Wassertank auffuellen. Die Fock ist segelklar waehrend die Genua immer noch darauf wartet, ans Vorstag zu kommen. OElwechsel wird gemacht, der Chartplotter montiert und getestet. So allmaehlich bereiten wir uns vor. Auf was? Auf ca. 100 Meter Lageveraenderung, vor Anker gehend in der schmalen Seitenbucht direkt vor der Marina. Auf unseren „alten“ Ankerplatz. Zigmal sind wir mit dem Dinghi dran vorbei gefahren: passt es oder eher nicht? Ist zwischen dem vor Mooring liegenden Boot und dem naechsten Ankerlieger noch ausreichend Platz fuer uns? Wir werdens sehen. Noch liegen wir in der Kimakalki Marina und rufen dem Piraten Ko jeden Morgen ein „goede morgen Ko“ zu, laden ihn zu einer Tasse Kaffee oder zum Abendessen ein. Oder werden von ihm mit Fisch beschenkt.

Müllkippe Strassenrand/Gebüsch

Leider sieht man so etwas hier viel zu oft: Müllkippe Strassenrand/Gebüsch