Montag — 09.12.2014 Le(H(erfahrt nach Chaguanas

Den Naja-Kaeptn hat der Chikungunya Virus dahin gerafft, er liegt mit Fieber, Schlappheit und Schwindel danieder. Gliederschmerzen und Muedigkeit komplettieren das koerperliche Desaster. Irgendwie schafft er es aber — mit Peers Hilfe — unser Schiff ins Krangeschirr und spaeter an die Mooringboje zu buxieren. Geschafft, wir sind wieder im Wasser, die Kuehlschraenke werden umgehend aktiviert — endlich gibt es wieder cool Drinks an Bord!

Das Dinghi schaffe ich ebenfalls mit Peers Unterstuetzung zu Maxwill, dem Gummi-Experten in der Tardieu-Marina. Der verpasst der Gummiwutz vier neue Flicken und zwei Stunden spaeter koennen wir es wieder abholen. Maxwill glaenzt durch Abwesenheit, wir sollen das Geld in seinem Workshop deponieren.

Fuer zwei Uhr verabrede ich mich mit Peerzu einer Autofahrt. Die Gasflaschen-Fuellstation wollen wir suchen. Und da die Einspritzduesen der Voodoochile einer Bosch-Behandlung beduerfen, soll es auch gleich noch weiter nach Chaguanas gehen, wo ein Bosch-Service stationiert ist. Fuer beide Stationen haben wir detaillierte Anfahrtsskizzen bzw. Adressen erhalten. O.k. die von der Gasstation ist jetzt eher duerftig und so fahren wir auch einmal prompt an der Abfahrt (ein staubiger Feldweg) vorbei.

Der Roundtrip kostet uns Zeit und Gas gibt es somit heute keines mehr. Der hilfsbereite Pfoertner flitzt extra noch ins Office und fragt nach, ob wir vielleicht doch …. Aber kein Erbarmen fuer arme Segler, die nur noch heute ein Leihwaegelchen haben.

Also weiter nach Chaguanas. Peer unkt schon, dass die bestimmt auch Feierabend haben, bis wir eintreffen. Auf der Autobahn geht es nach Sueden. Bis wir einen Massy-Markt auf der rechten Seite sehen, so die Beschreibung. Dann kommt die Abfahrt. Wir fahren und fahren und fahren. Vielleicht ist der Markt ja auch links? Nein, er ist rechts, aber es ist kein Supermarkt.Die dazu passende Ausfahrt ist leider gesperrt. Also die naechste und schon stehen wir mitten in Chaguanas. Links oder rechts? Wir entscheiden uns fuer links und werden wild von einem entgegenkommenden Auto angeblinkt. Das erregt die Aufmerksamkeit des Polizeiaufgebotes, das gerade den Rechtsabbieger-Verkehr koordiniert. Strenger Blick, energisches Winken zum Linksranfahren. Entwaffnendes Laecheln und sofortiges Praesentieren unseres Adresszettels. Ach so ist das, die armen Gringos suchen was. Gestenreiche Erklaerungen plus Wiederholung. Rechts, links, U-Turn dann wieder links. Ob das alles stimmt, mit rechts und links?? Jedenfalls sollen wir bis zur Polizeistation fahren. Und schon sind wir mittendrin im prallen Leben von Chaguanas. “Das ist ja klasse hier” — Peer ist begeistert und navigiert mich durchs Chaos von Autos, Strassenverkaeufern und bunten Shops der Marke “Gemischtwarenladen”. Musik, Geschrei, Hupen, der grosse Markt ist auch am Nachmittag noch belebt. “Hier muessen wir unbedingt nochmal herfahren, das ist besser wie Port of Spain”.

Aber erst einmal muessen wir den Bosch-Laden finden. An einer Strassenecke steht wieder geballte Ladung Polizeimacht. Wir halten und an erregen mit unserer Frage nach der Polizeistation gleich die Aufmerksamkeit eines finster dreinsehenden Beamten. Peer haelt ihm beruhigenderweise den Adresszettel des eigentlich gesuchten unter die Nase und schon bekommen wir eine erneute, gestenreiche Erklaerung. Diesmal gespickt mit “Right?!”. Joh, wird schon right sein. Oder doch eher left? Wir finden unser Ziel in letzter Minute — “Hurry, they are only open for 2 minutes” der Pfoertner winkt Peer ins Gebaeude und mich auf einen Parkplatz. Uff, wenigstens das haetten wir just-in-time erreicht. Punktlandung. Peer kommt kurz darauf ohne Einspritzduesen zurueck. ,Sehr professionell’ ist sein Eindruck von dem Laden. Na, mal sehen, wie Reparaturdauer und Rechnung ausfallen.

Weiter geht es zum Flughafen. Ganz entspannt, denn wir sind der festen UEberzeugung, diesen auf jeden Fall puenktlich zur Ankunft unserer Freunde zu erreichen. Mittlerweile staut es etwas auf dem Highway. Strassenverkaeufer gehen gemuetlich und entspannt zwischen den Autoreihen entlang. Ganze Voelkerwanderungen queren die insgesamt 8 Fahrspuren voellig relaxt und ein Fahrradfahrer radelt munter quer von einer Seite zur anderen.Am Strassenrand weiden wieder Ziegen, ein nicht mehr ganz einwandfreier Rollstuhl dient zur Gepaeckbefoerderung.

So ganz genau weiss Peer nicht mehr, wo es zum Flughafen geht. Auf jeden Fall muessen wir an einer Ampel nach rechts abbiegen. Ein Hinweisschild gibt es definitiv nicht, daran kann er sich erinnern. Nachdem die angeschrieben 8,5 km des letzten Hinweisschildes gefuehlt schon um einige Kilometer ueberschritten sind, befinden wir eine zweispurige Abbiegemoeglichkeit als geeignet, vergewissern uns aber nochmal bei unseren Nachbarn. Yes, yes, wir sind richtig. Warum ich mich ganz rechts einordnen muss erschliesst sich uns nicht. Geht es doch kurz nach dem Abbiegen LINKS zum Flughafen weiter! Hab ich das doch glatt wieder verwechselt — rechts=links! Ausser bei Polizisten!

17:33 — wir fahren auf den Parkplatz. Und sitzen und warten und sitzen und warten. Eisgekuehlt, mit Blick auf stilvolle geschmueckte Weihnachtsbaeume, bunt beleuchtete Palmen, Nikolaus, die heilige Familie in der Krippe und auf die erstaunlich zahlreichen Besucher des Flughafens. SMS von Heiner: Flug von Tobago nach Trini verpasst, sind auf standby fuer einen der naechsten Fluege. Dann beginnt das Elend: naechster Flug voll, weiterhin standby, gefolgt von technischen Schwierigkeiten. Fluege werden gestrichen. Nur noch eine Maschine verkehrt zwischen den Inseln, ist hoffnungslos ueberlastet.

Ich bin fix und fertig von den Autofahrerei, von dem ganzen Tag, der Hitze und ueberhaupt. Ein Schlaefchen im warmen Auto hilft da etwas. Und als die von Tobago avisierte moegliche Ankunftszeit von 24 Uhr am Schalter des hiesigen Flughafens auf 2 Uhr in der Frueh revidiert wird, brechen wir unsere Warteaktion ab. Nun muessen die Freunde doch ein Taxi nehmen. Und wir fahren quasi “leer” nach Chaguaramas zurueck, mit leeren Gasflaschen und leerer Rueckbank. Klassische Leerfahrt, aber gelehrt hat sie uns auch einiges.

Anderthalb Stunden spaeter liege ich in der Koje. Und wieder eine Stunde spaeter piepst Werners Handy: “Sind angekommen, kein Taxi mehr hier, koennt ihr uns doch abholen? Und habt ihr Platz fuer einen 3. Segler?” Der fiebergeplagte Skipper taumelt hoch und verkuendet, dass er auf jeden Fall faehrt. Ich hab jetzt die Wahl, 3 Stunden im Bett zu liegen, angstvoll auf seine heile Rueckkehr zu warten und somit doch nicht schlafen zu koennen. Oder mich ebenfalls aufzuraffen und selbst zu fahren. Was mir als die bessere Loesung erscheint, weiss er doch noch nicht einmal, wo er abfahren muss. Eine Stunde 15 Minuten spaeter sind wir trotz einer kleinen Sightseeing-Tour durch Port of Spain (Abfahrt verpasst, Ehrenrunde gedreht und dabei festgestellt, dass wir uns echt schon ein bisschen auskennen) wieder am Flughafen und nehmen drei muede Segler samt Gepaeck in Empfang. Alles wird in unserer Luxuskarrosse (die Innenverkleidung loest sich ab bzw. ist teilweise faktisch nicht vorhanden, bei Nacht kann mit dem Aufblendlicht einigermassen was erkennen und wird trotzdem nicht von entgegenkommenden Fahrzeugen angemeckert, die Stossdaempfer haben ihr Verfallsdatum ebenfalls laengst ueberschritten und das nicht ganz so sorgfaeltige Umfahren der zahlreichen Strassenvertiefungen wird mit harten Schlaegen quittiert) verstaut und den Rueckweg fahre ich schon fast im Schlaf.

Den 3. Mann setzen wir bei Peakes ab, dann geht es noch mit der neuen Doertita-Steuersaeule zum Zoll. Der schnappt sich ein Papier, nickt und schon ist Heiner “abgefertigt”. Dafuer so einen Aufriss, haetten wir auch gut anderntags machen koennen. Die Jungs fallen in ihr nettes Appartment, dass sie vorsichtshalber gebucht haben und das praktischerweise auf dem Powerboat-Gelaende ist.Um 5:30 klingelt der Handy-Wecker. Jetzt wollten wir eigentlich aufstehen. Stattdessen fallen wir erst ins Dinghi und dann in die Koje. Was fuer ein Tag!