11.-12.11.2014 Tobago-Trinidad

Stockdunkel, weit und breit kein Mond. Island Kea bereitet sich zur Abfahrt vor, wir ebenfalls. Anker auf heisst es bei uns. Vom Mond weit und breit noch nix zu sehen. Wir tasten uns aus dem Mooringfeld. Gut, dass wir so weit hinten lagen, wo war nochmal die eine Boje?? Das Echolot geht kurzzeitig rapide runter, jetzt nur nicht ins Flach laufen.Dann sind wir draussen, drehen in den Wind, Grosssegel setzen. Das geht dieses Mal wieder nur mit Verheddern, haken, klemmen. Irgendwann ist es oben und wir eilen Island Kea hinterher — unter Maschine! Denn Wind ist eher keiner angesagt. Der kommt dann im Laufe der Nacht doch noch. Moderat und ziemlich raum. Motor aus heisst es auf beiden Booten. Mit unserer Lichtmaschine scheint was nicht zu stimmen. Irgendwie gingen da doch frueher viel mehr Amp’s in die Batterien rein, wenn wir unter Maschine liefen.

Mitten im entspannten Segeln gibt es vorne am Rumpf ein dumpfes Geraeusch, dann ein gequaeltes Quietschen. Alles wird umgehend vom empoerten Aufpiepen unserer Instrumente quittiert, der Autopilot displayt ganz ungewohnte Bilder und verweigert den Dienst, unser SOG sackt rapide ab bis uns nur noch die Stroemung voranbringt. Und voranbringen ist irgendwie relativ: “Wir stehen doch!!!” Und das Ruder geht totalt schwer, laesst sich kaum nach Backbord drehen. Maschine an befiehlt der Kaeptn. Ob das so gut ist? Einkuppeln, Gas geben, laut Log machen wir Fahrt. Aber gefuehlt bewegt sich da nix. Sinnestaeuschung? Nein, irgendwas haelt uns fest. Ein Blick am Heck ins Wasser bestaetigt dieses Gefuehl: da haengt ein dicker Tampen und weiter hinten schwimmt eine Styroporboje. Sch….. jetzt hat es uns also auch erwischt: wir haengen in einem Fischernetz. Bzw. ein dicker Tampen haengt in unserem Ruder und daran wohl das Netz.Stochern mit dem Bootshaken bringt nicht den gewuenschten Erfolg. “Ich muss ins Wasser, versuchen, uns frei zu schneiden”. Unglaeubig schaue ich den Kaeptn an. Das Heck schlaegt munter aufs Wasser, wir liegen quer zur Welle und es platscht ordentlich. Mittlerweile laeuft die via Funk informierte Island Kea auf uns zu. Deren Dinghi haengt an Davids und ist somit schnell zu Wasser gelassen. Bei uns an Bord bereitet sich der Skipper mit dem Lifebelt und einem Tampen zur Wasserung vor und springt beherzt in die Fluten. Bewaffnet mit einem Saebelmesser. Mit dem Kopf mal ueber mal unter Wasser befreit er uns von dem Hindernis. Die Boje entschwindet — wohin auch immer — unser Heck dreht sich, Island Kea steht neben uns. Blutend klettert der Befreier wieder an Deck. Leider hat er sich auch in den Finger gesaebelt. Erstmal notduerftig die Blutung stoppen, Schiff wieder auf Kurs bringen. Das Ruder dreht sich einwandfrei. UEber Funk informieren wir die Helfer, die sicherheitshalber standby neben uns her fahren. Aber alles ist in Ordnung, wir koennen weiter segeln.

Im Morgenlicht praesentiert sich Trinidads Silhouette in verschiedenen Grautoenen. Dicht bewaldet wie Tobago, Wolken haengen oben in den Berggipfeln. Voraus sind die vorgelagerten Inselchen und Felsen zu sehen, verschwimmen noch mit der Kuestenlinie der grossen Insel. Und das da hinten? Das muss schon Venezuela sein, wir sind ja dann ganz dicht dran. Komisches Gefuehl. Aber so am hellichten Tag mit dem ganzen Schiffsverkehr. Von hinten saust die schnelle Catamaranfaehre von Tobago heran, passiert uns und ist auch schon verschwunden. Island Kea ueberholt uns, Fotosession mit Marcus als Gallionsfigur a la Titanic. Dann quetschen wir uns nacheinander in das Kabbelwasser zwischen Trinidad und Monos Island. Gegenstrom. Dabei hiess es, um diese Zeit haetten wir mitlaufenden Strom.Bei unruhigerem Wetter haetten wir sicherlich den etwas laengeren Weg aussenrum gewaehlt. So aber laufen wir an steilen Felshaengen und einer einsamen Ankerbucht vorbei. Nur wenige Yachten liegen hier im Outback. Wie hiess die nochmal? Scotlandbay? Sieht auf jeden Fall schoen aus. Abgeschieden, ruhig.

UEber Funk wird die Coastguard gerufen, mehrfach, von einer Yacht. Die sehen wir seit geraumer Zeit auf dem AIS. Antwort bekommt sie keine. Eigentlich soll man sich bei der Coastguard melden, der Skipper macht das also schon richtig. Antwort bekommt er trotzdem keine. Also schenken wir uns das dieses Mal. Auch Island Kea schweigt.

Dann laufen wir in die beruehmte Bucht von Chaguaramas ein. “Boah, ist das haesslich hier”! Das Wasser ist dunkel und nicht gerade sauber. Schlepper, Frachtschiffe, grosse Fischerboote und andere comercial ships liegen vor Anker oder an den grossen Mooringtonnen.In einem Dock wird gerade ein kleinerer Frachter auf Vordermann gebracht. Dann folgen die Boatyards fuer Yachten. Und wo ist in dem Gewimmel der Anlegesteg des Zolls?? Wir ankern! Der Beschluss ist schnell gefasst. Aber wo? Kreiseln im Anker- und Mooringfeld. Meine Guete, wird das tief hier! Nach einigem Hin und Her finden wir einen Platz ziemlich weit draussen. Kommen nicht ganz wie gewollt zum liegen. Abstand o.k.? Der italienische Nachbar an Backbord hat kein Problem mit uns. Mal sehen, wie sich seine 50 Tonnen drehen im Verhaeltnis zu uns. Der Nachbar an Steuerbord sei da schon etwas eigen mit den Abstaenden, habe schon einige weg gejagt, die hier ankern wollten. Der relativ junge Italiener kommt mit dem Dinghi laengsseits und erzaehlt uns schon mal einiges. Seit 3 Monaten liegt er hier ….. ich bin sprachlos, wie kann man nur. Angewidert schaue ich ins Wasser. “Das ist heute noch sauber”.Das es schmutzig sei hier haben wir ja schon gehoert, aber so hatten wir uns das nicht vorstellen koennen. Liegeplatz mit Ausblick auf das pralle Leben inclusive OElplattform — Ausgleich dafuer, dass wir unseren Dieseltank und die Kanister mit dem preiswertesten Treibstoff unserer ganzen Reise fuellen koennen. Alles hat eben seine zwei Seiten. Hier ist Arbeiten angesagt und kein karibisches Relaxen.

Irgendwann hat auch die island Kea ein Plaetzchen gefunden, sind die Dinghys startklar und die Crews landfein gemacht. Immigration = zusammen getackertes Papier von Tobago abgeben und die Information in Empfang nehmen, dass wir uns bei Verlassen der Insel wieder hier melden sollen. Weiter zu Customs. Zum ersten Mal treffen wir hier auf zwei grauhaarige, resolute aber freundliche Ladies. Ankunftszeit? Handschriftlich wird was eingetragen in unseren Tobago-Customszettel, dann sind wir schon fertig. Fuer unsere Paesse interessiert sich hier niemand und Detailfragen werden auch nicht gestellt. Wir sind leicht irritiert und fragen sicherheitshalber nochmal nach, ob wir fertig sind. Yes, sind wir. Nix wie raus. Schnelleinfuehrung wo Supermarkt und diverse Shops sind. Im YSATT-Buero fragen wir nach dem Welcome-Pack. Das beinhaltet eine Informations-DVD und zahlreiche Stadt- und Inselplaene, Werbung und fuer alle weiteren Fragen sind wir jederzeit herlich im Office willkommen. Ein Stueck weiter ist ein Autovermietungsbuero. Preise erfragen, dann weiter in den Supermarkt. Zwischendurch noch mal ins www — auf dem Crews Inn Gelaende gibt es freien Zugang und die Geschwindigkeit ist ungewohnt gut.

Mit dem Dinghi geht es gegenueber zur Coral Cove Marina und zu Power Boats, Preisrecherchen fuer Antifouling und fuer den Boatyard. Geduldig wird uns alles erklaert und aufgeschrieben. Jetzt muessen wir uns “nur” noch entscheiden. Wo steht wohl die Voodoochile, wo die Cacique und die Doertita?? So viele Schiffe sind hier dicht an dicht aufgereiht. Und viele sind ziemlich gross.

Auf dem Rueckweg kommen wir an der Elena vorbei. Heimathafen Heidelberg, das kann doch nur die Elena von Kurt und Brigitte sein. Kennengelernt 2012 auf einem TO-Seminar mitten im Gebirge und dann immer nur per Email Kontakt gehalten. Jetzt gibt es ein Wiedersehen, hier in der Karibik. Kleine Seglerwelt. Heute allerdings reicht es nur fuer einen kurzen Schnack von Bordwand zu Dinghi — wir sind muede und irgendwie steckt die naechttliche Befreiungsaktion noch in den Knochen.