Tages-Archiv 18. November 2014

Oh Du froehliche

Oh Du fr?hliche. Ja, iss es denn schon wieder soweit? Haben wir tats?chlich schon bald Weihnachten? Den ?usseren Zeichen nach zu urteilen, die uns hier allerorten begegnen, muss es wohl so sein. Mitte November und schon wird alles festlich rot-gold oder peppig-bunt umwickelt und beleuchtet, stehen k?nstliche aber daf?r extrem sch?n geschm?ckte Weihnachtsb?ume in den Eckenund damit auch der letzte Ignorant weiss um was es geht, k?nden sch?n geschwungene Schriftz?ge “Happy Christmas” vom bevorstehenden Ereignis. Und ich dachte immer, Weihnachtsb?ume in der Karibik, das geht ja gar nicht. Geht doch. Sogar recht gut. Ist es ein Anflug von Heimweh, der mich das aus einer anderen Perspektive sehen l?sst? Zu Hause w?rde ich jetzt auch schon in den Startl?chern stehen, um das allj?hrliche Dekofestival starten zu k?nnen. Wechseljahre. Auch in diesem Punkt. So beschr?nke ich mich auf die Bewunderung der hier ebenfalls vollzogenen Symbiose von maritimer und weihnachtlicher Deko: im B?ro des Peakes Boatyard leuchten Steuerrad und Segelboot weihnachtlich und geben dem eh schon netten B?ro ein richtig heimeliges Ambiente. Dazu l?uft die Klimaanlage und auf dem Boden dient ein dickes Handtuch als Fussabtreter weil es draussen mal wieder heftig geregnet hat. Nix mit Stiefeln abklopfen und Schneeresten. Aber das wollten wir ja so.

Bei uns an Bord werden ein paar Tannenzapfen und der liebevoll vom Ex-Kollegen gebastelte Laubs?ge-Elch am rot-weiss-karierten Band gen?gen m?ssen. Immerhin gibt es dieses Jahr einen Adventskalender in Form von Teebeuteln. Was die Marketingstrategen sich doch immer wieder einfallen lassen. Lebkuchen, Dominosteine, Spekulatius — hoffnungsvoll hatte ich ja auf den Koffer unserer Besucher geschielt. Aber die enthielten nur so schn?de Mitbringsel wie Borddurchl?sse, Absperrventile, Polfett — b?h! Noch nicht mal Haribo-Lakritze, seufz. Meine H?ften werden es euch danken!! Frau kann sich ja vieles sch?n reden. Also auch den Mangel an lukullischen Weihnachtsgen?ssen. Und ?berhaupt: selbst schuld. Wer Weihnachten in der Karibik verbringt, der muss halt auch diese Konsequenzen tragen.

Eine Woche Trinidad

17.11.2014 — Zeit rennt. Jetzt sind wir schon fast eine Woche auf Trinidad. An das oelig-schmutzig-dunkle Wasser haben wir uns immer noch nicht gewoehnt, an die Geraeuschkulisse schon. Die Tage vergehen mit Werftbesuchen und vergleichen von Preis und Angebot. Der hohe Kran von Peake’s Boatyard begeistert mich auf Anhieb. Noch mehr die Tatsache, dass wir hier kein Vorstag oder den Windgenerator demontieren muessten, um aus dem Wasser gehoben zu werden. Traumhaft! So sind allerdings auch die Preise. Naja, ist jetzt ein bisserl uebertrieben. Aber teurer sinds schon, die bei Peakes. Ob wir wohl die schoene (jetzt grad sehr weihnachtliche) Deko im Office und die laessigen amerikanischen Sitzmoebel auf der Terrasse mitbezahlen?? Wir sitzen ehrfurchtsvoll erstarrt im Buero vor Danielas Schreibtisch. Herrin ueber die Krantermine. Oder auch nicht. Denn der wahre Herr stuermt ins Buero, fuchtelt mit dem Finger in ihrem Terminbuch rum. “Thats the wrong week” . Au, das war jetzt nicht so gut. Ungeduldig haut der braungebrannte Finger des blonden, langmaehnigen Menschen auf die Seite. Das Boot dahin und das auf diese Uhrzeit … whats the problem?? Boah, den moechte ich nicht als Chef haben. Daniela wirft mir einen Blick zu, der eindeutig ist. Sie weiss, dass ich weiss und was ich denke.Laessig wirft der langhaarige die Lockenpracht (da wird jede Frau neidisch) hinters Ohr, klimpert nochmal mit dem Goldarmband (Klischees alle erfuellt) und rauscht vondannen. Abgang der Majestaet, Ruhe kehrt ein. Nicht ohne uns vorher laessig auf den 8 Uhr Termin am kommenden Dienstag platziert zu haben. Darueber (und ueber die Preise) muessen wir aber erst nochmal nachdenken und so verabschieden wir uns mit dem Versprechen, uns morgen wieder zu melden. Weil ja der Kran so schrecklich busy ist und die Termine rar sind.

Damit uns nicht langweilig wird, holen wir dann um 15 Uhr noch Carlos von der Polsterfirma ab. Die Kuchenbude loest sich allmaehlich auf. Nach dem Motto “Loch an Loch und haelt doch” zerbroeseln die Naehte peu a peu und lassen an Stellen Luft rein, die eigentlich dicht sein sollten. Also nachnaehen. Und bei der Gelegenheit gleich noch nach einer Kombination aus Sonnen- und Regenauffangsegel fragen. Und wie waere es mit einem Lazy-Bag fuer unser Grosssegel? Carlos schaut, schreibt, misst und gibt vorsichtige Kostenschaetzungen fuer die Reinigung plus Impraegnierung unserer Kuchenbude ab. Das allein haut uns schon fast ueber die Reling. Nochmal soviel und wir bekommen eine neue Bude. Vielleicht nicht grad hier, aber irgendwo schon. Den Rest lassen wir uns sicherheitshalber erst morgen sagen, solche Zahlen vertragen wir nur portionsweise.

Und Portionsweise muessen wir auch das Zahlungsmittel fuer unser Antifouling am Automaten abholen. Der ist nicht gewillt, uns groessere Summen auszuhaendigen (kennt der uns und unseren lotterhaften Umgang mit den Scheinen???). 2500 TTD sind das Maximum, vielleicht gehen auch 3000, genaues weiss man nicht. Und evtl. bleibt beim naechsten Versuch die Karte gleich ganz im Automat. ??? wie jetzt, und das nur, weil wir einen zu hohen Betrag eingetippt haben?? Die nette Residentin, die ebenfalls Geld abheben will, gibt uns jedenfalls den Tipp, es doch lieber bei der anderen Bank zu versuchen. Wir gehen auf Nummer sicher und testen unsere zweite Karte. Visa. Wie war doch der Werbespot? Egal, jedenfalls bekommen wir damit ueberhaupt Bargeld. Den Rest ergattern wir mit Karte 1 am Automaten 2. Nicht ohne saftige Gebuehren angezeigt zu bekommen.

Und jetzt ? Von Muecken zerstechen lassen oder gleich zurueck ans Schiff? Ich bin fuer Rueckzug, die Voodoochilisten sind eh unterwegs und nochmal zu Peakes eiern, die Cacique heimsuchen — Morgen ist auch noch ein Tag! Beim Gang ueber den Boatyard treffen wir einige nach dem gestrigen Grillabend schon bekannte Segler wieder. Am Sonntagabend treffen sich die Deutschsprachigen Yachties unterm Mangobaum auf dem Gelaende der Peakes Marina und grillen gemeinsam. Zwar nicht so ganz multikulti aber immerhin sind auch OEsterreicher und Schweitzer vertreten und nett ist es schon, sich ausschliesslich in der ureigenen Muttersprache ueber alles Moegliche unterhalten zu koennen. Klatsch und Tratsch, aber auch wichtige Informationen. Das der Markt in Port of Spain das fruehe Aufstehen und Hinfahren wahrlich lohnt z.B.. Oder dass man es hier tatsaechlich doch mehrere Jahre hintereinander aushalten kann. Und still vor sich hin laechelnd steht John neben uns. Ein Local, der bei Power Boat an der Tankstelle arbeitet, deutsch spricht. Und das hat er nur von den Seglern gelernt, so nebenbei, an den Grillabenden. Erstaunlich, ein Naturtalent in Bezug auf Sprachen?!