„Die 1. Von den 1001 Naechten haetten wir also schon mal“ – Peer streckt sich auf der orangenen Sitzbank, die er im Laufe der Nacht wieder geentert hat. Sein Anfangs so gemuetlicher Platz auf dem Fussboden zwischen den Sitzbaenken erwies sich im Laufe der Nacht als recht zugig und kalt. Ueberhaupt war es recht frisch und wir haben so ziemlich alle Jacken ueber uns geworfen, deren wir habhaft werden konnten. Gefuehlt haben wir mehr gestanden, als das der Zug gefahren waere. Mit dem Morgengrauen und Sonnenaufgang werden auch wir munter, bewundern die erstaunlich gruene Landschaft. Irgendwie vertraut (schaut wahlweise nach Norddeutschland oder Bayern aus um uns herum) und doch fremd ist das da draussen. Vorm Bahnhof offeriert man uns sofort wieder die Taxidienste. Aber wir streben erstmal ein Fruehstueck an. Das Café Venezia Ice direkt neben MCD erscheint uns ein geeignetes Etablissement. Sogar mit Wifi. Prima, da koennen wir nochmal bei Gockelmaps nachschauen, wo genau unser Hotel liegt und wie weit es vom Bahnhof aus ist. Uli ordert ihren heiss geliebten Tee a la menthe, aus der gestrigen Erfahrung heraus ohne Zucker! Der Kellner spricht franzoesisch, ist sehr serviceorientiert und vollkommen entsetzt, als Uli die mitgelieferte Serviette in ihr Teeglas stopft und als Filter „missbraucht“ – das geht ja gar nicht! Sie bekommt flugs eine Einweisung, wie die Teezeremonie zu verlaufen hat und ein frisches Glas. Das Fruehstueck ist ungewohnt (obwohl Continental laut Speisekarte) aber lecker und der frisch gepresste Orangensaft einfach nur koestlich. Auch wenn Peer schon schicksalsschwere Folgen des Genusses herauf beschwoert ;-) Unsere Magen-Darmflora erweist sich auch im spaeteren Verlauf des Tages als extrem orienttauglich!

Angekommen - in der Medina gegenueber der Gasse, die zu unserem Riad fuehrt

Angekommen - in der Medina gegenueber der Gasse, die zu unserem Riad fuehrt

Sitzen in warmer Sonne, ach was ist das schoen – wir geniessen, lachen, erzaehlen, planen den weiteren Verlauf des Tages. Erstmal zum Riad, am Besten per Taxi. 2kommairgendwas Kilometer wollen wir dann doch nicht zu Fuss zuruecklegen, dafuer warten noch zuviele Meter Medina auf unsere Fuesse. Nebenan am Taxistand stehen sich Autos und Fahrer eh die Latschen platt. Hartnaeckiges Verhandeln (Uli muss einen Orientalen in ihren Vorfahren haben) bringt uns mit einem aeusserst klapprigen Mercedes samt ueber den Preis fluchenden Fahrer in die Medina. An der Ecke zur Derb el Bomba irgendwas ueberlaesst er uns unserem Schicksal. Wir bringen uns vor anderen Autos und Mopeds in Sicherheit und fluechten in die schmale und relativ ruhige Gasse. Kein Wunder: Hier sind kaum Laeden, nur rotbraunes Mauerwerk und wenige, schmale vergitterte Fenster. Immerhin gibt es gut erkennbare Hausnummern! 3 Seitengassen weiter weist ein Schild zum Riad Mahjouba. Diese Seitenseitengasse wird gerade neu gepflastert. Den Damen unserer Truppe, die ja fuer die Hotelbuchung verantwortlich zeichnen, wird es etwas flau und vorm geistigen Auge ziehen nochmal die Fotos auf der booking.com Seite vorrueber. Haben wir uns da etwa derart verhauen? Die Nr 149 wird mittels einem schoenen Keramikschild verkuendet. Und das haengt neben einem ebenso schoenen Eingangstor. Die Hauswand wird von Gruenpflanzen in hohen Tontoepfen flankiert. Wir klingeln und ein massiver Riegel wird innen weg geschoben, das Tor geoeffnet. Wir treten ein in eine komplett andere Welt. Vogelgezwitscher, das Plaetschern eines Brunnens, wunderschoene Fliesen an Waenden und auf dem Boden, Metallstuehle und Mosaiktische, bunte orientalische Lampen und Stoffe umgeben uns. Bequem aussehende Polsterbaenke ziehen sich die Wandnischen entlang, eine Etage hoeher fuehrt eine Balustrade rund herum. Bemalte Tueren fuehren zu den Zimmern und eine weitere Treppe zur Dachterrasse. Die erweist sich als sonnig und ruhig – genau richtig, um auszuspannen. Aber wir wollen ja was von der Stadt sehen. Im „Foyer“ geniessen wir einen stilvoll servierten Tee a la menthe bevor wir uns eine kurze Ruhephase in unseren kleinen aber nett eingerichteten Zimmern goennen.

Hinter uns schliesst sich geraeuschvoll die massive Holztuer des Riad und wir stuerzen uns ins Getuemmel. Eine unglaubliche Geraeuschkulisse umgibt uns nach wenigen Metern. Autos, Mopeds, Hand- und Eselkarren Fahrradfahrer, Fussgaenger, Alt und Jung, Gross und Klein – alles wuselt wild durcheinander, hupt, ruft, schreit – und ueber allem droehnt etwas spaeter auch noch der Muezzin. Teilweise sogar Kanonartig und mehrstimmig. Erstaunlicherweise laesst das einen Grossteil der Marokkaner weitgehend unbeeindruckt. Kaum einer faellt auf den Gebetsteppich nieder. Auch sind keine Voelkerwanderungen in die naechst gelegene Moschee oder Gebetstraum zu beobachten. Aber vielleicht haben wir auch einfach (noch) keinen Blick dafuer. Wir wandeln durch die Gassen der Medina, vorbei an unzaehligen Garagengrossen Laeden und Werkstaetten. Obst, Gemuese, Mopedreifen, Holzdrechselarbeiten, Fliesen, Teekannen und –glaeser, Tabletts, gehaemmerte Waschbecken aus Messing (?) und anderem Metall, Teppiche, Kleidung verschiedener Art, Schuhe, Lederwaren, Geschirr (allen voran natuerlich die Tajine), Lebensmittel, Gewuerze, Stoffe, Schmuck, Steine und Fossilien – es gibt nichts, was es hier nicht gibt. Das Angebot ist unueberschaubar gross und wie meist in solchen Faellen komme ich vor lauter schauen erst gar nicht auf die Idee, irgendetwas zu erwerben. Uli dagegen schon. An der einen Ecke handelt sie den Preis einer Teekanne schon mal locker und nebenbei von 200 auf 100 Dirham runter, an der naechsten laesst sie sich die Handhabung von Indigo und Kajaltoepfen erlaeutern und beschnuppert die Tee-Zutaten.

Wir sind in guter Gesellschaft: mit uns erleben noch unzaehlige andere Touristen aus allen Herren Laender diese Vielfalt. Ein englischsprachiges Paar meint, auch der Stadtplan versage in diesem Wirrwarr von Gassen, Gaesschen und Plaetzen. Wir sind naemlich auf der Suche nach dem grossen Platz Djamaa el Fna. Von dort sollen laut Hotel“manager“ die Rundfahrtbusse abgehen. Und eine solche Rundfahrt wollen wir auf jeden Fall machen!

Aber auch ohne Stadtplan bzw. mit unserem virtuellen, als Foto im Ipad gespeicherten und immer wieder konsultieren Plan sind wir auf dem rechten Weg, finden markante Punkte, Strassen und Plaetze und landen – oh Wunder! – tatsaechlich auf dem gesuchten Platz. Hier gibt es Staende mit Getraenken und Garkuechen werden aufgebaut. Der ganze Platz wird gut beschallt vom Muezzin und ringsum reiht sich Café an Café. An eine