Kurze Krisensitzung der Naja- und Malwieder Crews via Handy: „Besser wird es wohl nicht, lass uns losfahren“ … gemeint ist das Wetter und los wollen wir nicht mit den Schiffen (noch nicht), sondern mit dem Auto. Die Route der „Weissen Doerfer“ ist unser Ziel und dafuer sind wir fuer unsere Verhaeltnisse ungewohnt frueh aufgestanden, haben das Fruehstueck sausen lassen und starten nun. Bewaffnet mit Regenjacken und –schirmen, mit Navigeraet und Fotoapparaten.

 

Da das Navi nicht mehr so ganz taufrisch aber dafuer sehr hoeflich ist (es fragt gerne mal nach: „Wie bitte??“), entdecken wir ungewollt San Roque und fahren dann auf einer schmalen, kurvenreichen Strasse durch saftig gruene Weidelandschaft zur Nationalstrasse 369, die uns nach Arcos de la Frontera bringen soll. Die ist fein ausgebaut, fuehrt am uns nun schon bekannten Castello de Frontera und unzaehligen Storchenbehausungen entlang. Ganze Heerscharen von dunkelbraunen Rindern grasen auf den saftig-gruenen Weiden neben der Strasse. Schafe, Esel und hin und wieder auch ein paar Pferde sieht man. Ein Rudel streunender Hunde erkundet ebenfalls die Moeglichkeiten der Wiesen, einer von Ihnen schaut sich die Strasse an und zwingt Werner zu einem Bremsmanoever.

Orangenplantagen wechseln sich mit Olivenbaeumen und Weiden ab. Immer wieder fahren wir an Korkeichen vorbei durch eine Landschaft, die uns an Deutschland erinnert, an Hessen, an die Holsteinische Schweiz: hueglig, eine Weidelandschaft, durchsetzt mit Baeumen und vereinzelt stehenden Gehoeften.

Wir lassen das Dorf Jimena de la Frontera samt eindrucksvoller Burgruine im gerade besonders kraeftigen Regen links liegen. Jetzt aussteigen? Brrr, geht ja gar nicht! Kurz danach hoert der Regen dann auch schon wieder auf, steile Gebirgszuege ragen vor uns auf.

Die schmale Landstrasse CA 8201, auf der wir uns jetzt befinden, teilt sich. Wir ignorieren geflissentlich ein grosses Warnschild, das eine Haelfte der Strasse versperrt. Kann schon so schlimm nicht werden, bestimmt sind da nur Risse und grosse Loecher im Asphalt. Kurvig und noch schmaler winden wir uns an einem Berghang weiter hinauf. Regen und Sonne wechseln sich ab, unten im Tal windet sich ein Fluss. Die felsigen Berghaenge glitzern in der Sonne vor Naesse und in den Graeben neben der Strasse plaetschert es munter und truebbraun vor sich hin. Auf der anderen Strassenseite geht es steil bergab. Hier darf man keinen Fehler machen. Immer wieder kommen richtige Wasserfaelle den Berg hinunter. An einer kleinen Ausbuchtung halten wir, fotografieren begeistert die Landschaft. Im Tal zu unseren Fuessen rauscht der Fluss gewaltig. In einer kleinen Schlucht schiesst das Wasser ebenso geraueschvoll unter der Strassenbruecke hindurch ins Tal um sich mit dem grossen Bruder zusammen zu schliessen. Unzaehlige kleine Rinnsale plaetschern sanft und leise einen sanfteren Hang rechts von der Strasse hinab. Thymian, Lavendel, Pinien, Korkeichen, Ginster und unzaehlige andere Pflanzen duften sanft vor hin. Voegel zwitschern fruehlingsmaessig froehlich. Und ueber allem schweben auch hier wieder die Greifvoegel, der Groesse nach muessten es Adler sein.

Wir koennen uns kaum satt sehen. Immer wieder fahren Autos an uns vorbei. Erst in die eine Richtung, kurz darauf wieder zurueck. Was uns aber nicht wirklich wundert. Bis, ja bis wir dann auch wir einige Kurven weiter gefahren sind! Direkt hinter einer Biegung ist die Strasse endgueltig und definitiv gesperrt! Fast 90% der Fahrbahn ist quasi tiefer gelegt. Und zwar so tief, dass man hier auch mit einem Gelaendewagen nicht weiter kommt. Wir dokumentieren dieses Erlebnis, fachsimpeln ueber moegliche Ursachen und Wiederherstellungsmassnahmen und drehen wieder um. Also Planaenderung: das Navi wird auf Ronda eingestellt.

Aber erst erklimmen wir noch einen Aussichtspunkt: den Puerto de las Asomadillas. Gelegen direkt vor dem Zugang des Naturparkes . Beim Abstieg rutscht mir der rechte Fuss weg und patsch sitze ich auf meinem Allerwertesten. Der ist ja vorteilhaft gut gepolstert, aber Dank der Regenfaelle habe ich jetzt ordentlich Matschepampe an der rechten Hand und natuerlich auch auf der Hose und Jacke. Nur wenige Meter entfernt nutze ich das fliessende Frischwasser und reinige zumindest Hand und Jacke. Jetzt ist alles halbwegs sauber aber dafuer gut durchnaesst. Man (Frau) kann nicht alles haben ;-).

Bald haben wir die N erreicht und schrauben uns auf eine Hoehe von ueber 800 Metern, halten an fast jedem der angelegten Aussichtspunkte und sehen immer wieder (oft leider im Regen) die vorausliegenden, hoeheren Berge (bis zu 1919 Meter hoch!) und die in der Umgebung verstreut an die Berghaenge geschmiegten weissen Doerfer, die dieser Route ihren Namen gaben. Gaucin und Algatocin bleiben unbesucht. Wieder ist die Strasse abgesackt, nicht ganz so viel aber immerhin. Ganze Heerscharen von Einwohnern des nahe gelegenen Dorfes (Gaucin?) pilgern zur Abrutschstelle.

Ronda selbst liegt etwas tiefer, auf immer noch ueber 700 Metern, kalt ist es hier also auch! Eine Touristin trotzt der Kaelte in einer duennen Kurzarmbluse, alle anderen sind dick eingemummelt: 6°C zeigt die Temperaturanzeige des Autos an. Los gefahren sind wir in La Linea bei immerhin 14°C. Auch hier oben in Ronda pfeift der Wind kraeftig und immer wieder lassen uns Regenschauer Schutz suchen. Die trockenen Phasen nutzen wir nach einem Zwischenstopp in einem kleinen Café zu einem ausgiebigen Erkundungsrundgang durch die Altstadt. Weihrauchduft und Gitarrenmusik durchziehen die Arkaden zweier Bauwerke. Ersteres kommt von einer Art Basar im Inneren der ……, zweites stammt von einem Gitarristen, der auf diese Art Werbung fuer seine CD’s macht. Mit maessigem Verkaufserfolg. Auch der untere Teil der Altstadt ist vor uns nicht sicher. Und so stehen wir mal auf der eindrucksvoll hohen Bruecke, die eine Art tiefe Klamm ueberquert, und mal schauen wir uns das Bauwerk von unten an. Ein trotz seiner Baufaelligkeit immer noch beeindruckendes Gebaeude, das „Casa del Rey Moro“ aus der Maurenzeit wird samt dahinterliegendem Jardin gerade saniert. Bestimmt ein laengerwieriges, aber lohnenswertes Projekt. In den unzaehligen Tapa-Bars und Restaurants ist es mal spanisch-quierlig gut gefuellt, mal herrscht gaehnend Leere. Touristen sind zwar unterwegs, aber die grossen Massen werden sich wohl erst in ein, zwei Monaten hier durch schieben. Gut fuer uns! Wunderschoene Hotels liegen etwas versteckt in schmalen Gassen. Gut, dass Sonntag ist und die Laeden geschlossen haben. Ein von aussen sehr stilvolles Ladengeschaeft zieht auch durch die Art des Schaufensterinhaltes unsere volle Aufmerksamkeit an. Hier waeren wir bestimmt schwach geworden und haetten den ein oder anderen Euro ausgegeben :-) Ein „Se alquiler“ Schild zieht unsere Aufmerksamkeit auf sich: in einem schoen restaurierten alten Haus kann man Wohnungen mieten. Der durch die geoffnete, massive Eingangstuer sichtbare Patio und die ausgehaengten Fotos lassen erahnen, dass man es hier gut einige Monate aushalten koennte. Warum eigentlich irgendwo fest ansaessig werden, wenn man sich derart ueberall gut einmieten kann? In einem solchen Haus zu wohnen, waere fuer uns auf jeden Fall eine akzeptable Alternative zum sonst bevorzugten mehr laendlichen Leben.

Das Losreissen faellt uns schwer, aber wir haben ja noch ein Stueck Fahrt vor uns und die Zeit ist schon wieder unerwartet schnell fort geschritten.

Um Ronda ist der Strassenbau schwer in Action. Kreisel, Umgehungen, fast koennte man glauben, eine Autobahn entsteht hier. Die A397 jedenfalls ist ziemlich neu, breit und gut ausgebaut. Sie fuehrt uns hoeher und hoeher, die Landschaft wird karg, wir haben die Baumgrenze schnell ueberschritten. Hier ist nur noch Fels zu sehen. In unterschiedlichen Formen und Farben. Kaum geht es wieder etwas bergab, tauchen erst Buesche und niedrige Gewaechse, dann wieder Baeume auf. Die Aussicht ist spektakulaer und Werner als unser Fahrer muss sich sehr bemuehen, mehr auf die Strasse denn auf die Landschaft zu schauen. Die Strasse allerdings fordert volle Konzentration: der Rand faellt ganz schoen ab, die Kurven sind eng und Steigung bzw. Gefaelle sind ordentlich.

Der Himmel erstrahlt in schoenstem Blau und darunter haben wir schon wieder Blick auf das Mittelmeer! Kaum zu glauben. Kleine spanische, verkappte Schumis draengeln oder ueberholen uns in einem wahnwitzigen Tempo und einer sogar in einer Kurve! Die Strasse schraubt sich immer tiefer Richtung Marbella. El Madronal und die ersten atemberaubenden Villen tauchen auf Bergkuppen und an den Haengen auf. Hohe und eindrucksvolle Zugangstore verwehren den Zutritt zu den Nobelherbergen und hueten in Kombination mit Kameraueberwachung und Hinweisschildern auf Security und aehnliche Schutzmassnahmen die Privatspaehre der Bewohner. Trotzdem liegen die Anwesen teilweise so exponiert, dass man sie sehen kann. Was nutzt denn auch schon all die Pracht und der Reichtum, wenn das keiner gebuehrend bewundern kann?

Den Abschluss unserer Tour bilden Puerto Banus und Marbella selbst. Von beidem bin ich nicht wirklich beeindruckt. Was finden die Reichen und Schoenen hier dran? Vielleicht haben wir ja auch die falsche Strasse erwischt? Egal, wir haben es mal gesehen, hier muss ich nicht wieder her. Im Puerto Banus liegen mehr Motoryachten, der Puerto Deportivo von Marbella ist sehr klein und mehr von ebensolchen Sport- und Fischerbooten bevoelkert.

Es wird dunkel, wir haben Hunger, sind muede von den ganzen Eindruecken und so wird Werner auch auf dem Heimweg nur noch selten von mir kritisiert, wenn er mal wieder wie ein verkappter Rennfahrer und ganz nach spanischer Manier durch die zahlreichen Kreisel fliegt.

The Rock empfaengt uns mit seinem gewohnten Anblick, in der Bucht liegen zahlreiche Frachter vor Anker, vertrautes Bild – vertrautes Wetter: Nieselregen und Wind :-) – La Linea halt - geliebt, verflucht - je nach Wetterlage ;-)

Fotos kann man gucken hier:

http://www.facebook.com/media/set/?set=a.483098431739390.1073741828.194932657222637&type=1&l=a6df7fcc21